Labor für Hepatitisvirus-Infektionen
Stand: 17.01.2024
- Leitung:
- Prof. Dr. Claus-Thomas Bock
Die Hepatitis-E-Virus (HEV)-Infektion ist weltweit verbreitet und stellt insbesondere in Entwicklungsländern ein erhebliches Gesundheitsproblem dar. Die HEV-Infektion geht mit großen Ausbrüchen in Indien, Asien und Afrika einher und ist weltweit eine der häufigsten Ursachen akuter Hepatitiden. Klinisch präsentiert sich die HEV-Infektion meist asymptomatisch, kann aber auch fulminante Leberversagen auslösen. Abhängig vom HEV Genotyp wird HEV fäkal-oral (HEV 1 und HEV 2) übertragen und galt bislang als Reise-assoziierte Krankheit. Seit 2007 ist in Deutschland eine stetige Zunahme der nach IfSG gemeldeten HEV-Fälle zu beobachten, wobei 2007 73 Fälle und 2023 3.773 gemeldete Fälle verzeichnet wurden. Hierbei handelte es sich in erster Linie um autochthone Infektionen ohne Reiseanamnese, die zoonotisch durch den Verzehr von ungenügend gegartem durch HEV 3 oder HEV 4 kontaminiertem Tierprodukten, i.d.R. Schweinefleisch, übertragen werden. Die Mortalitätsrate der HEV-Infektion liegt bei etwa 2 %, kann bei Schwangeren mit HEV 1 oder HEV 2 Infektion bis 35 % betragen. Seit 2008 wurden vermehrt chronische HEV-Infektionen beobachtet, insbesondere bei immunsupprimierten Patienten nach Organtransplantation und bei HIV-Infizierten. Die chronische HEV-Infektion kann zu schweren Leberentzündungen, wie Zirrhose, führen. Da molekulare und immunologische Mechanismen, die zu unterschiedlichen klinischen Verläufen und zur Chronifizierung einer HEV-Infektion beitragen können, noch weitgehend unklar sind, sind Ziele die Optimierung serologischer und molekularer Nachweisverfahren, die Bestimmung der Erregervariabilität und Charakterisierung von Chronifizierungsmechanismen mittels molekular-virologischer Methoden.
Das humane Hepatitis B Virus (HBV), ein kleines, streng hepatotrophes DNA-Virus, ist Mitglied der Familie der Hepadnaviren, welche sich durch einen außergewöhnlichen Replikationsmechanismus, ähnlich bei Retroviren über eine reverse Transkription, von allen bekannten DNA-Viren abheben. HBV ist Erreger der Hepatitis B, eine der wichtigsten folgenschweren Infektionskrankheiten. Nach Schätzungen der WHO haben derzeit etwa zwei Milliarden Menschen (ca. 35 % der Weltbevölkerung) Kontakt mit HBV gehabt. In Abhängigkeit vom Immunstatus des HBV Infizierten und weiteren Faktoren (z.B. Virusmutanten) kann die HBV Infektion bei etwa 10 % der akuten Fälle in eine chronische Form übergehen. Global wird bei ca. 269 Millionen Menschen eine chronische Hepatitis B angenommen (WHO 2023). HBV ist vorwiegend in Entwicklungsländern endemisch, wie z.B. Südostasien, Afrika und Südamerika mit 5 %-10 % Virusträgerraten. Für Deutschland ergaben jüngste Erhebungen eine Hepatitis B Virusträgerrate von 0,3 %. Die Prävalenzrate von HBV hängt neben der geographischen Verteilung auch vom Risikoverhalten ab (z.B. i.v. Drogenkonsum mit unsterilen Injektionsutensilien). Der klinische Verlauf der Hepatitis B ist hochvariabel und reicht von asymptomatisch, inapparent bis zu fulminanten und schweren Leberentzündungen, wie Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom (HCC). Jährlich versterben weltweit etwa 820.000 Menschen an den Folgen einer Hepatitis, meist durch HBV induzierte Leberzirrhose und HCC. Die Diagnostik der akuten und chronischen Hepatitis B erfolgt virologisch-serologisch sowie molekularbiologisch entsprechend der Leitlinien der Hepatitis B Virus Infektion. Eine Impfprophylaxe gegen HBV wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen empfohlen.
Das Hepatitis C Virus (HCV), ein hepatotrophes Einzelstrang (+)-RNA-Virus, gehört zur Familie der Flaviviren und wurde 1989 erstmals beschrieben. Im Gegensatz zur Hepatitis B verläuft die Hepatitis C bei mehr als 80 % der Infizierten chronisch. Mit dem HCV sind weltweit etwa 170 Millionen Menschen (~ 3 % der Weltbevölkerung) chronisch infiziert. Die chronische Verlaufsform der Hepatitis C ist neben der chronischen Hepatitis B verantwortlich für die Mehrzahl aller Leberzhirrosen (27 %) und Leberzellkarzinome (25 %) weltweit. Die HCV-Infektion tritt geographisch mit unterschiedlicher Prävalenz auf. In Asien und Afrika finden sich mehr als 20 % Virusträger. Europaweit geht man von etwa 9 Millionen chronisch HCV Infizierten aus. In Deutschland sind ca. 0,6 % (ca. 500.000 Personen) (WHO, RKI 2009) chronisch mit HCV infiziert.
Translationale Forschungsaktivitäten des Hepatitislabors zielen auf wissenschaftliche Fragestellungen zur klinischen Relevanz und sensitivem Nachweis von Virusmutanten (Therapieansprechen und Chronifizierung, insbesondere bei HEV) sowie auf Untersuchungen zu inter- und intramolekularen Virus-Wirt-Interaktionen, insbesondere des Einflusses von Hepatitisviren auf die inflammatorische Signaltransduktion. Die wissenschaftlichen Aktivitäten werden in enger Vernetzung mit Kliniken und Hochschulen sowie in Kooperation mit nationalen und internationalen Institutionen (z.B. Nigerian CDC) durchgeführt.
Leistungsangebot
- Molekularer Nachweis von HEV-RNA, HBV-DNA, HCV-RNA, HDV-RNA mittels Nukleinsäureamplifikationstechniken (PCR, RT-PCR, quantitative real time PCR)
- Molekulargenetische Feincharakterisierung von Virusvarianten insbesondere HEV (Fein- und Genotypisierung; Mutationsanalyse)
Laufende Projekte (Stand 01/2024)
- NiCaDe 2.0 (Nigeria Centre for Disease Control: Kapazitätsentwicklung zur Vorbereitung und Reaktion auf Infektionskrankheiten); BMG gefördert: ZMII2-2523GHP033 (2023-2025)
- ViRGiS 2.0 (Virus detection in the heart by next-generation sequencing); Pro FIT Verbundprojekt (RKI-Charité-IKDT); kofinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE); No. 10198831 (2023-2025)