FG 36: Respi­ra­torisch über­trag­bare Erkrankungen

Stand:  28.02.2025

Leitung: 
Prof. Dr. Walter Haas
Vertretung: 
Dr. Stefan Kröger
Dr. Silke Buda

Das Fachgebiet ist verantwortlich für die Überwachung, Kontrolle und epidemiologische Forschung mit dem Ziel der Beratung und Entwicklung von Präventionskonzepten für respiratorisch übertragbare Krankheiten in Deutschland. Ein Fokus liegt auf der Legionellose, der Tuberkulose und akuten viralen Atemwegserkrankungen, insbesondere COVID-19, Influenza und RSV-Infektionen.

Aufgaben

Surveillance und Forschung

Zur Überwachung dieser Krankheiten werden Daten analysiert, die aus verschiedenen Surveillancesystemen stammen. Die in unserem Fachgebiet entwickelten und betreuten syndromischen Surveillancesysteme sind eine zentrale Datenquelle für die Analyse und Bewertung der epidemiologischen Situation akuter viraler Erkrankungen. Sie bilden die Grundlage für wissenschaftliche Studien zur Krankheitslast und -schwere akuter viraler Atemwegsinfektionen sowie zur Effektivität von Schutzimpfungen.

Dies geschieht unter Berücksichtigung erregerspezifischer Daten in enger Kooperation mit dem NRZ für Influenzaviren in FG 17 am RKI und in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnerinstitutionen (u.a. dem Europäischen Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle [ECDC], Weltgesundheitsorganisation [WHO]). In die Analysen zur Wirksamkeit von Schutzimpfungen gehen die Daten der Gesamtgenomsequenzierung von Influenzaviren und SARS-CoV-2 ein. Die Daten aus der syndromischen und virologischen Surveillance ergänzen und komplementieren die Daten aus dem Meldewesen gemäß Infektionsschutzgesetz für Influenza, COVID-19 und RSV-Infektionen. Für Legionellose und Tuberkulose bilden die Meldedaten die primäre Datenquelle für die tiefergehende Analyse der Epidemiologie der Erkrankungen, wobei auch weitere Datenquellen (Sekundärdaten, wie z.B. Klimadaten oder Daten zur Bevölkerungsstruktur) für die Auswertung herangezogen werden.

Das Fachgebiet arbeitet sehr eng mit weiteren Organisationseinheiten im RKI zusammen, wie z.B. bei Projekten zum Abwassermonitoring von SARS-CoV-2 und der Modellierung von epidemiologischen Trends.

Ausbruchsuntersuchungen

Die Unterstützung und Beratung der Gesundheitsämter bei Ausbruchsuntersuchungen sind ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Tätigkeiten des Fachgebiets. Eine besondere Rolle spielt die Beratung und Untersuchung bei Ausbrüchen im medizinischen Bereich, Einrichtungen der Altenpflege und in Gemeinschaftseinrichtungen. Bei Legionellose steht die Quellensuche in der Umwelt (Trinkwasser etc.) im Vordergrund, um das Infektionsgeschehen schnell einzudämmen. Hierzu arbeiten wir eng mit dem Konsiliarlabor für Legionellen und dem Umweltbundesamt zusammen. Für die Tuberkulose liegt ein Tätigkeitsschwerpunkt des Fachgebiets zusammen mit dem NRZ für Mykobakterien auf der Entwicklung einer effektiven Transmissionsüberwachung durch die Integration von genomischen Erregerinformationen und klinisch-epidemiologischen Surveillance‑Daten im Rahmen der integrierten genomischen Surveillance. Zu allen Themenbereichen besteht ein kontinuierlicher Austausch und Kooperation mit den jeweiligen Konsiliar- und Referenzlaboratorien, Universitäten und Partnerinstitutionen. 

Nationale und internationale Gremienarbeit

Im Bereich der akuten viralen Atemwegserkrankungen ist außerdem die Geschäftsstelle des Expertenbeirats für pandemische Atemwegsinfektionen angesiedelt. Eine langjährige Zusammenarbeit besteht hier mit dem Friedrich-Loeffler-Institut zur Einschätzung von Ausbrüchen durch Influenzaviren mit zoonotischem Potenzial. Vertreter des Fachgebiets sind als beratende Experten in Arbeitsgruppen der STIKO und an den erkrankungsspezifischen Expertennetzwerken auf nationaler Ebene beteiligt. 

Internationale Zusammenarbeit

Die internationale Zusammenarbeit ist ein weiterer Schwerpunkt unserer Tätigkeit, insbesondere bei der Erkennung und Bewältigung von Infektionsgeschehen. Im Rahmen des europäischen Surveillance-Netzwerks (ELDSNet) für reiseassoziierte Erkrankungen an Legionärskrankheit koordiniert das Fachgebiet die Informationsweitergabe an Gesundheitsämter in Deutschland, die Umsetzung von Präventionsstrategien und den Austausch von Informationen mit dem europäischen Netzwerk. Analoge bilaterale und multilaterale Aktivitäten insbesondere mit anderen europäischen Ländern finden auch im Bereich der Tuberkulose statt. So übernimmt das Fachgebiet die Weiterleitung von Informationen im Rahmen der internationalen Kontaktpersonenverfolgung. Mitarbeitende aus unserem Fachgebiet sind u.a. auf europäischer Ebene in krankheitsspezifischen Netzwerken (den sog. DNCCs [Disease Network Coordination Committees]) sowie verschiedenen ECDC-Arbeitsgruppen beteiligt. Im Bereich der akuten viralen Atemwegserkrankungen arbeitet das Fachgebiet seit vielen Jahren mit dem Globalen Influenza-Programm der WHO zusammen, zum Beispiel bei der Weiterentwicklung von Instrumenten zur Schwerebewertung von Epidemien durch virale Atemwegsinfektionen.

Umsetzung und Kommunikation

Die gewonnenen Erkenntnisse der epidemiologischen Auswertungen und wissenschaftlichen Studien werden in nationalen Publikationen (z.B. im Epidemiologischen Bulletin des RKI) und internationalen Originalveröffentlichungen publiziert und fließen in die Fachkommunikation, die Erstellung von Leitlinien, die Beratung von Kommissionen und die Arbeit in internationalen und nationalen Gremien ein. Sie bilden die Grundlage für die Beratung des ÖGD, die Erstellung von Ratgebern, die Beantwortung von Anfragen aus der Fachöffentlichkeit und die Beratung des Gesundheitsministeriums.

Dabei arbeiten wir eng mit Expertinnen und Experten nationaler Institutionen, Universitäten und Organisationen (wie z.B. dem Deutschen Zentrum Infektionsforschung) zusammen. Die Fortbildung der Fachöffentlichkeit und des ÖGD zu fachgebietsspezifischen Themen ist eine weitere Aufgabe, die durch Kurse, Web-Seminare, die Organisation und Durchführung von Konferenzen (z.B. jährliche Tagung zum Welttuberkulosetag) und andere Maßnahmen begleitet wird. Die zentrale Kommunikation und Informationsweitergabe erfolgt über die RKI-Webseiten zu den von uns betreuten Erkrankungen (s.u.) und Berichtsformate, die ganzjährig wöchentlich für akute virale Erkrankungen sowie jährlich und anlassbezogen für alle Erkrankungen erstellt werden. Die erhobenen Daten werden für weitergehende Analysen auf internationaler Ebene dem ECDC sowie der WHO zur Verfügung gestellt und zu akuten viralen Atemwegserkrankungen auch als Open Data auf GitHub/Zenodo publiziert.

Projekte

(Auswahl)

  • Schätzung der Krankheitslast durch Influenza, COVID-19 und RSV-Infektionen in Deutschland
  • Schwereeinschätzung epidemischer und pandemischer Erkrankungswellen ausgelöst durch akute virale Infektionen und Weiterentwicklung des WHO PISA-Ansatzes (Pandemic Influenza Severity Assessment-Tool)
  • Schätzung der Influenza-Exzessmortalität
  • Monitoring der Wirksamkeit der Impfung gegen saisonale Influenza und COVID-19 im Rahmen der europäischen VEBIS-Studie Vaccine effectiveness, Burden and Impact studies (Impfeffektivität)
  • Weiterentwicklung von digitalen Surveillanceansätzen basierend auf elektronischen Gesundheitsdaten (ICD10-Code-basierte SARI-Surveillance, E-SURE-Projekt des ECDC)
  • Integrierte end-to-end Sentinel-Surveillance von Influenza, RSV-Infektionen und COVID-19
  • Integrierte Molekulare Surveillance von SARS-CoV-2 in der post-pandemischen Ära (IMS-SC2, 2022-2025)
  • Integrierte Genomische Surveillance der Tuberkulose (www.rki.de/imstb)
  • DZIF TTU-TB: Pathogen based diagnostics & epidemiology, Teilprojekt zur Epidemiologie multiresistenter Tuberkulose in Deutschland und Afrika (https://www.dzif.de/de/epidemiologie)
  • Studie zum Thema "Energiekrise und Bevölkerungsverhalten": Temperatursenkung und Legionellose-Inzidenz (TESLI)
  • Vorkommen virulenter Legionellen in Hotels, die mit Reise-assoziierten Fällen von Legionellose assoziiert sind

Ausgewählte Publikationen