Interventions­studie zur Steigerung der HPV-Impfquoten in Deutsch­land - InveSt HPV

Stand:  26.03.2025

Humane Papillomviren (HPV) können schwere Erkrankungen wie Gebärmutter­hals­krebs verursachen, doch eine Impfung bietet wirksamen Schutz. Dennoch sind die Impf­quoten in Deutschland zu niedrig. InveSt HPV, ein vom Bundes­ministerium für Gesundheit gefördertes Forschungs­projekt, untersucht, wie die Impfbereit­schaft erhöht und die Impf­raten nachhaltig verbessert werden können. In Zusammen­arbeit mit Partnern aus Wissenschaft und Praxis werden innovative Strategien untersucht, um mehr Menschen für die Impfung zu gewinnen. Informationen zum Projekt, Ziele, Erfahrungen und Ergebnisse befinden sich in den Klappentexten.

Organisation und Finanzierung

Projektteam: Dr. Anja Takla (Projektleitung), Nora Schmid-Küpke (stellv. Projektleitung), Yvonne Bichel, Jessica Holstein, Johannes Lachmann, Julia Wilhelm, Elisa Wulkotte

Kontakt: invest-hpv@rki.de

Kooperationspartner:
Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung e.V. (ÄGGF)
Universität Erfurt

Unterstützt durch:
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen (BVKJ)
Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI)
Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention
Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz Bremen

Durchführung der Datenerhebung und Gestaltung des Abschluss­workshops in Modul 1 im Auftrag des RKI: YOUSE

Durchführung der Datenerhebung in Modul 2 im Auftrag des RKI: USUMA

Projektlaufzeit: 01.01.2023 – 30.06.2026

Projektfinanzierung: BMG gefördertes Projekt

Warum ein Projekt zur Steigerung der HPV-Impfquoten in Deutschland?

Abbildung 1: HPV-Impfquoten in Deutschland 2011-2023, Stand: Februar 2025.

Abbildung 1: HPV-Impfquoten in Deutschland 2011-2023, Stand: Februar 2025.

© RKI

Humane Papillomviren verursachen Krebs. In Deutschland sind dies fast 8.000 neue Fälle pro Jahr. Die HPV-Impfung bietet einen effektiven Schutz vor diesen Krebs­er­krankungen. In Deutschland liegen die HPV-Impfquoten für eine vollständige Impfserie bei 15-jährigen Mädchen lediglich bei 54,6% und bei Jungen bei 34% (Rieck, Feig, Branke, Steffen (2025): Inanspruchnahme von Routineimpfungen in Deutschland - Ergebnisse aus der KV-Impfsurveillance) – d.h. fast die Hälfte der Mädchen und zwei Drittel der Jungen in Deutschland starten jedes Jahr in ihr junges Erwachsenen­leben ohne einen Schutz frühzeitig vor HPV-bedingtem Krebs. Die Impfung kann zwar bis zum Alter von 18 Jahren nach­g­eholt werden, jedoch bietet diese den besten Schutz, wenn im Alter von 9-14 Jahren geimpft wird.

Wo setzt InveSt HPV für mögliche Impf­quoten­steigerungen an?

Aus Sicht des RKI bieten sich verschiedene Ansatzpunkte, um die HPV-Impfquoten in Deutschland zu steigern.

Da Impfungen in Deutschland fast ausschließlich in Arztpraxen stattfinden, bietet jeder Praxis- bzw. jeder Arztkontakt die Chance für die Durch­führung einer empfohlenen Impfung. Ein Ansatz liegt daher darin, die Wahr­nehmung von empfohlenen Impfterminen durch Erinnerungs­systeme zu unterstützen. Die Wirk­samkeit von Einladungs- und Erinnerungs­systemen wurde bereits durch Studien belegt. Trotzdem werden solche Systeme in Deutschland – im Gegen­satz zu vielen anderen Ländern – nicht flächen­deckend genutzt. Modul 1 des Projektes beschäftigt sich daher mit den Hürden für den Einsatz bzw. der Verbreitung von Einladungs- und Impf­erinnerungs­systemen für die HPV-Impfung.

Ein relevanter Faktor bei der Impf­ent­scheidung stellt außerdem die Arzt-Patienten-Kommunikation dar, um die Bedenken von vor allem unsicheren oder impf­kritischen Eltern zu adressieren. Die Kommunikation wird bei der HPV-Impfung als besonders heraus­fordernd eingeschätzt, da häufig geringes Vorwissen besteht und die Aufklärung zu einer Infektion, die über sexuelle Kontakte übertragen wird, Scham auslösen kann. Modul 2 evaluiert daher entsprechend angepasste bzw. innovative Ansätze zur Schulung von Ärztinnen und Ärzten und bezieht gezielt auch MFA ein. Damit werden diejenigen Gruppen adressiert, die bei der Impf­ent­scheidung die mit Abstand wichtigste Rolle spielen.

Ziel von InveSt HPV ist es nach wissen­schaft­lichen Kriterien zu bewerten, ob und wie flächendeckende HPV-Impf­er­innerungs­systeme umsetzbar und die spezifische Schulung von medizinischem Personal als effektive Maßnahmen zur HPV-Impf­quoten­steigerung in Deutschland geeignet sind.

Das Projekt InveSt HPV auf einen Blick

InveSt HPV erforscht im Rahmen von zwei Studien­modulen Ansätze zur Steigerung der HPV-Impf­quoten in Deutschland:

Abbildung InveSt HPV - Modul 1 Erinnerungssysteme.
© RKI

Obwohl verschiedene Studien die Wirksamkeit von Erinnerungs­systemen für das Einhalten von Impf­terminen belegen, werden solche Systeme in Deutschland nicht flächen­deckend genutzt. Daher werden in Modul 1 Hürden für den Einsatz bzw. für die Verbreitung von Erinnerungs­systemen für die HPV-Impfung eruiert.

Abbildung InveSt HPV - Modul 2 Schulungen.
© RKI

Ein relevanter Faktor für die Impf­ent­scheidung ist die Arzt-Patienten-Kommunikation, um Bedenken von vor allem unsicheren oder impf­kritischen Eltern zu adressieren. In Modul 2 wird in diesem Kontext Motivational Interviewing als innovativer Ansatz zur Schulung in Gesprächs­führung von ärztlichem Personal und medizinischen Fach­an­gestellten (MFA) zur Steigerung der HPV-Impfquoten untersucht.

Abbildung InveSt HPV - Grafik Impfpass.
© RKI

Beide Ansätze werden evidenzbasiert evaluiert, um ggf. bundesweite Maß­nahmen zur Steigerung der HPV-Impf­quoten ableiten zu können.

Projektmodul 1: Erinnerungssysteme

Abbildung InveSt HPV - Modul 1 Erinnerungssysteme.

InveSt HPV - Modul 1 Erinnerungssysteme.

© RKI

In Modul 1 werden bundesweit nieder­ge­lassene kinder­ärztlich tätige Ärzt:innen und Eltern mit Kindern im Alter von 9 bis 14 Jahren im Rahmen jeweils einer quantitativen Studie befragt. Im Fokus der Befragung der Pädiater:innen stehen v.a. Umfang und Art der Nutzung von Erinnerungs­systemen (speziell für HPV-Impfungen) sowie mögliche Hürden und Anreize für deren Nutzung. Bei den Eltern konzentrieren sich die Befragungen auf Erfahrungen mit Einladungs- und Erinnerungs­systemen aus Eltern­perspektive sowie elterliche Akzeptanz und Wünsche bzgl. dieser Systeme. Zusätzlich wird eine Bestands­aufnahme bei gesetzlichen Kranken­kassen im Hinblick auf deren Nutzung von Impf­erinnerungs­systemen, mit Fokus auf die HPV-Impfung, durchgeführt.

In einem Workshop mit allen relevanten Akteuren wird am ganz konkreten Beispiel der HPV-Impfung gemeinsam an möglichen Konzepten für ein zukünftiges Einladungs- und Impf­erinnerungs­system in Deutschland gearbeitet. Grundlage für den Workshop sind neben den im Rahmen des Projektes durchgeführten Befragungen weitere Recherchen, deren Ergebnisse die Evidenzgrundlage für Diskussionen bilden. Idealer­weise folgen aus dem Workshop konkrete nächste Schritte für Umsetzungsmaßnahmen und ggf. Planung für Pilotierungs­phasen für sich anschließende Projekte.

Modul 1 ist mittlerweile abgeschlossen (Laufzeit: 01/2023 – 04/2024).

Projektergebnisse und weitere Details zu Modul 1

Projektmodul 2: Schulungen

Abbildung InveSt HPV - Modul 2 Schulungen.

InveSt HPV - Modul 2 Schulungen.

© RKI

Im Rahmen von Modul 2 werden Schulungen von ärztlichem Personal und MFA in kinderärztlichen Praxen durchgeführt. Hierfür wird zunächst der Schulungsbedarf mittels Repräsentativ­be­fragungen von Ärzten und Ärztinnen, MFA sowie Eltern mit Kindern im Alter von 9 bis 14 Jahren ermittelt. Dabei werden auch Vorbehalte zur HPV-Impfung sowie herausfordernde Themen beim HPV-Impfaufklärungsgespräch erfasst. Die Ergebnisse der Repräsentativ­be­fragungen werden anschließend zur Ausarbeitung der klassischen Schulungen zur HPV-Impfung und für Schulungen zur Gesprächsführung (Motivational Interviewing) genutzt. Es werden explizit auch Schulungen für MFA konzipiert, um diese in ihrer wichtigen Rolle im Kontakt mit den Eltern zu unterstützen. Die teilnehmenden Arztpraxen in den Interventions­regionen Bremen und Bayern werden einem Interventions­arm randomisiert (zufällig) zugeteilt und erhalten somit im Intervention­szeitraum entweder eine klassische Schulung zur HPV-Impfung (Interventions­arm 1), eine Schulung zur Gesprächsführung (Motivational Interviewing, Interventionsarm 2 oder keine Schulung (Interventions­arm 3). Die Praxen in Interventions­arm 3 fungieren somit als Kontrollgruppe, um mögliche HPV-Impf­quoten­steigerungen während des Interventions­zeitraums zwischen den verschiedenen Interventions­armen vergleichen zu können. Nach Abschluss der Intervention erhalten alle Praxen der Kontrollgruppe das Angebot, an den Schulungen teilzunehmen. Die Evaluation der Intervention findet einerseits über Abrechnung­sdaten der kassen­ärztlichen Vereinigung statt, sodass durchgeführte HPV-Impfungen der teilnehmenden Praxen zwischen den Interventions­armen verglichen werden können. Zusätzlich werden das teilnehmende ärztliche Personal und die MFA vor, direkt nach und im Abstand von 3 - 6 Monaten zur Schulung befragt, um Veränderungen z.B. hinsichtlich der Gesprächs­kompetenz und dem Wissen zur HPV-Impfung über die Zeit erfassen zu können.

Weitere Details zu Modul 2

Internationale Vernetzung von Invest HPV

In Modul 2 von InveSt HPV werden medizinische Fachkräfte zu den Gesprächstechniken des Motivational Interviewing geschult. Die Schulung integriert einige Elemente, die im Rahmen des JITSUVAX-Projekts entstanden sind (z. B. zu den psychologischen Ursachen von Impfzögerlichkeit). Wir freuen uns über den engen und regelmäßigen Austausch, den wir mit Forschenden aus dem JITSUVAX-Team pflegen, etwa zur Schulungskonzeption oder zu Erfahrungen in den Schulungen. Zur Internetseite von JITSUVAX

Modul 2 – Internationaler Austausch zu Schulungserfahrungen

HPV – kurz erklärt

Der Großteil der sexuell aktiven Menschen infiziert sich mindestens einmal im Leben mit Humanen Papillomviren (HPV), meist bald nach Aufnahme der sexuellen Aktivität. Dabei können persistierende (fortdauernde) Infektionen mit HPV-Hochrisiko-Typen zu Krebs im Anogenital­bereich (Zervix, Vagina, Vulva, Penis und Anus) sowie im Oropharynx (Mundrachenraum) führen, während Infektionen mit HPV-Niedrig­risiko-Typen für Genital­warzen verantwortlich sind. Laut Zentrum für Krebsregisterdaten am RKI erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 6.250 Frauen und ca. 1.600 Männer an HPV-bedingten Karzinomen. Den größten Anteil von diesen Krebs­er­krankungen nehmen mit 4.500 Fällen pro Jahr Zervixkarzinome bei der Frau ein, ca. 1.500 Frauen versterben pro Jahr daran.

Seit 2006 steht ein gut verträglicher und hoch wirksamer Impfstoff zum Schutz vor Humanen Papillomviren zur Verfügung, der von der Ständigen Impf­kommission (STIKO) seit 2007 für alle Mädchen und seit 2018 auch für alle Jungen im Alter von 9-14 Jahren empfohlen wird. Mit einer zeitgerechten HPV-Impfung könnten damit mittelfristig die meisten der pro Jahr auftretenden HPV-bedingten Krebs­er­krankungen bei Frauen und Männern in Deutschland verhindert werden. Aufgrund des nachweislichen Effekts der HPV-Impfung auf die Krankheits­last dieser Tumore bis hin zur Eliminierung des Zervix­karzinoms als Public Health Problem haben WHO und EU-Kommission sich das Ziel gesetzt, bis 2030 eine Impf­quote von mindestens 90% bei den 15-jährigen Mädchen bzw. eine deutliche Steigerung bei den 15-jährigen Jungen zu erreichen.

Weiterführende Informationen zu HPV und zur HPV-Impfung

RKI: Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Erreger und Impfung

RKI-Faktenblatt zur HPV-Impfung

RKI-Ratgeber zu HPV