AFluPEP – Verbesserung der Versorgung durch antivirale Influenza-Post-Expositions-Prophylaxe in Altenpflegeheimen in Deutschland
Stand: 16.05.2025
Projektteam am Robert Koch-Institut (RKI):
Dr. Frank Sandmann (Projektleitung), PD Dr. Ole Wichmann (Ko-Projektleitung), Dr. Felix Günther, Dr. Thomas Harder, Dr. Silke Buda, Dr. Wiebe Külper-Schiek, Johanna Schlaberg, Dr. Mathilde Grimée, Dr. Francisco Pozo Martin
Projektlaufzeit:
01.12.2024 – 30.11.2027
Projektfinanzierung:
G-BA Innovationsfonds (Förderkennzeichen: 01VSF24060), https://innovationsfonds.g-ba.de
Zusammenfassung
Warum AFluPEP?
Ziel der AFluPEP-Studie ist es, deutschlandweit den Nutzen des Einsatzes antiviraler Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) gegen Influenza in Altenpflegeheimen zu quantifizieren.
Influenza belastet als hochansteckende, respiratorisch übertragbare Erkrankung die Gesundheitsversorgung in Deutschland erheblich. Dabei sind ältere Erwachsene besonders anfällig für schwere Krankheitsverläufe: 57% der Krankenhauseinweisungen sowie 95% der Todesfälle, die auf eine Influenza-Erkrankung zurückzuführen waren, betrafen zwischen den Jahren 1998 und 2016 Personen über 60 Jahre [1]. Bewohnende von Altenpflegeheimen haben ein noch höheres Risiko sich zu infizieren und einen schweren Krankheitsverlauf zu erleiden, begünstigt u.a. durch die räumliche Nähe im Bewohnen desselben Heims, die normale altersbedingte Immunschwäche (sogenannte Immunoseneszenz) und eine erhöhte Prävalenz von Begleiterkrankungen.
Die Schutzimpfung ist die wichtigste Präventionsmaßnahme gegen eine Influenzaerkrankung. Durch niedrigere Impfquoten, jährliche Variationen im vorherrschenden Influenza-Stamm und eine reduzierte Immunantwort bei älteren Erwachsenen hat ein erheblicher Anteil jedoch lediglich einen geringen immunogenen Schutz vor Erkrankungen durch Influenza-Viren.
Die Influenza-PEP, also die Anwendung antiviraler Medikamente möglichst frühzeitig nach dem möglichen Kontakt mit einer infizierten Person, kann daher eine wirksame zusätzliche Schutzmaßnahme gegen Influenza sein. Der Einsatz der antiviralen Influenza-PEP bei Bewohnenden und/oder Mitarbeitenden von Altenpflegeheimen in Deutschland kann vermutlich dazu beitragen, Influenza-Ausbrüche zu verhindern, die Zahl schwerer Erkrankungen zu reduzieren und die Lebensqualität dieser besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe zu verbessern.
Aufgrund einer steigenden Alterung der Bevölkerung in Deutschland [2], und einer projizierten Zunahme der Bewohnenden in Altenpflegeheimen auf nahezu eine Million Personen bis 2040 [3], wird die Influenza-bedingte Krankheitslast voraussichtlich weiter steigen. Dies unterstreicht die Wichtigkeit einer verbesserten Prävention von Influenzainfektionen und einer schnellen Reaktionsfähigkeit bei größeren respiratorischen Ausbrüchen.
Mit dieser Studie sollen daher effektive und effiziente Strategien der Umsetzung einer antiviralen Influenza-PEP in Altenpflegeheimen identifiziert werden, um die Gesundheit und Lebensqualität der Bewohnenden zu verbessern.
Was ist das Ziel von AFluPEP?
Das Ziel von AFluPEP ist es, den Nutzen einer antiviralen Influenza-PEP als Präventionsstrategie gegen Influenza in Altenpflegeheimen in Deutschland zu bestimmen. Konkret werden die Effektivität und Effizienz verschiedener Umsetzungsstrategien der antiviralen Influenza-PEP für Bewohnende und/oder Mitarbeitende in Altenpflegeheimen verglichen. Darüber hinaus wird untersucht, ob der Einsatz von Antigen-Schnelltests die Effektivität und Effizienz der antiviralen Influenza-PEP durch eine frühere Influenza-Diagnose verbessern kann. Zudem soll der Einfluss einer Influenzaerkrankung auf das Kontaktverhalten und die Lebensqualität der Bewohnenden in Altenpflegeheimen quantifiziert werden.
Wie funktioniert AFluPEP?
Die AFluPEP-Studie kombiniert Beobachtungsstudien mit mathematischen Modellierungen und gesundheitsökonomischen Analysen.
Im Rahmen des Projekts werden zunächst zwei Erhebungen durchgeführt: Im ersten Teil der Erhebung wird das soziale Kontaktverhalten erfasst, d.h. wie oft und mit wem Bewohnende und Personal mit anderen Menschen innerhalb sowie außerhalb des Altenpflegeheims interagieren. Dies wird zudem zweimal erfasst: einerseits im gesunden Zustand und andererseits während und nach einer Influenza oder akuten, grippeähnlichen Erkrankung (Influenza-like illness, ILI). Diese Ergebnisse ermöglichen anschließend eine genauere Modellierung der Influenza-Übertragungsdynamik und helfen dem Projektteam dabei, das Potenzial der Implementierung der Influenza-PEP in Altenpflegeheimen zuverlässig zu quantifizieren. Im zweiten Teil der Erhebung werden Daten zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität von Bewohnenden und Personal in Altenpflegeheimen erfasst. Dies geschieht wieder zweimal, sowohl vor als auch während und nach einer möglichen Influenza oder akuten, grippeähnlichen Erkrankung (ILI). Diese Ergebnisse sollen anschließend dazu beitragen, die Erkrankungs-bedingten Veränderungen in der gesundheitsbezogenen Lebensqualität in dieser Bevölkerungsgruppe aufgrund einer Influenza oder akuten, grippeähnlichen Erkrankung besser zu verstehen.
Die Ergebnisse dieser Beobachtungsstudien werden danach in mathematischen Modellen angewendet, um die Dynamik der Influenza-Übertragung in Altenpflegeheimen zu simulieren und den potenziellen Effekt nach der hypothetischen Einführung verschiedener Umsetzungsstrategien der antiviralen Influenza-PEP und Antigen-Schnelltests zu untersuchen. Anschließend werden diese Modelle erweitert, um den Einfluss verschiedener PEP-Strategien auf die Krankheitslast für ganz Deutschland prognostizieren zu können. Parallel dazu werden gesundheitsökonomische Analysen durchgeführt, um die ökonomischen Auswirkungen, die Gewinne an Lebensqualität und die Effizienz der hypothetischen Umsetzung verschiedener PEP-Strategien in Altenpflegeheimen zu bewerten.
Im Rahmen der Erhebungen in den Altenpflegeheimen erfolgt keine Anwendungsbeobachtung, d.h. es wird durch das Projektteam keine antivirale Influenza-PEP verabreicht und kein Antigen-Schnelltest eingesetzt. Deren Verwendung wird nach Abschluss der Erhebungen ausschließlich im Rahmen der mathematischen Modellierungen simuliert.
Wofür werden die Ergebnisse von AFluPEP nützlich sein?
Die Ergebnisse von AFluPEP sollen einen erheblichen Mehrwert für den Altenpflegebereich schaffen. Sie werden Empfehlungen für die systematische Umsetzung verschiedener Strategien der antiviralen Influenza-PEP in Altenpflegeheimen liefern und somit die Lebensqualität der Bewohnenden verbessern sowie den Pflegealltag in diesen Einrichtungen optimieren. Außerdem sollen die Ergebnisse von AFluPEP die Verbesserung der allgemeinen gesundheitlichen Versorgung älterer Menschen, z.B. im Bereich der Hauskrankenpflege, unterstützen. Darüber hinaus können Empfehlungen auf Basis der Ergebnisse von AFluPEP zur Verringerung der Influenza-Krankheitslast in der gesamten deutschen Bevölkerung in Altenpflegeheimen beitragen und eine effizientere Ressourcenverteilung im deutschen Gesundheitssystem ermöglichen. Die Ergebnisse der AFluPEP-Studie könnten z.B. auch als Evidenzgrundlage für Diskussionen über eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) dienen.
Antworten auf häufig gestellte Fragen über die AFluPEP Studie
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Die Abkürzung AFluPEP ist ein Akronym aus „Antiviral“, „Flu” (Influenza) und der Abkürzung PEP (Post-Expositions-Prophylaxe).
Stand: 16.05.2025
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Die Untersuchungen im Rahmen der AFluPEP Studie versuchen Antworten auf die folgenden Forschungsfragen zu ermöglichen:
- Welchen Effekt auf die Inzidenz, Lebensqualität und Mortalität sowie auf die Kosteneffektivität hat die Anwendung einer antiviralen Influenza-PEP in Altenpflegeheimen in Deutschland?
- Um wieviel kann die Effektivität der antiviralen Influenza-PEP gesteigert werden, wenn durch Einsatz von Antigen-Schnelltests eine frühzeitige Diagnostik und ein zielgerichteterer Einsatz der antiviralen Influenza-PEP ermöglicht wird?
- Wie viele Personen müssen eine antivirale Influenza-PEP erhalten, um einen Krankheitsfall zu vermeiden (number needed to treat; NNT)?
- Wie viele Ressourcen (Euro) müssen für die antivirale Influenza-PEP aufgewendet werden, um ein zusätzliches qualitätsadjustiertes Lebensjahr (QALY) in Deutschland zu generieren?
- Wie verändern sich Fragen 3) und 4) bei zusätzlicher Anwendung von Antigen-Schnelltests?
- Wie verändert sich das Kontaktverhalten von Personen im Altenpflegeheim durch eine akute Influenza-Erkrankung?
- Welche Auswirkung hat eine akute Influenza-Erkrankung auf die Lebensqualität von Personen im Altenpflegeheim?
Stand: 16.05.2025
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AFluPEP basiert auf der Entwicklung und Anwendung mathematischer Modelle sowie gesundheitsökonomischer Analysen. Zusätzlich werden zwei Erhebungen in Altenpflegeheimen durchgeführt: Eine Erhebung zur Erfassung der Kontaktmuster von Personen vor, während und nach einer Influenza oder akuten, grippeähnlichen Erkrankung, und eine Erhebung zur Erfassung der Lebensqualität von Personen vor, während und nach einer Influenza oder akuten, grippeähnlichen Erkrankung.
Stand: 16.05.2025
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Die Federführung von AFluPEP liegt beim Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. Die wissenschaftliche Verantwortung für diese Studie liegt bei Dr. Frank Sandmann (Projektleiter, Leiter des Teams Impfmodellierung im Fachgebiet Impfprävention/STIKO) und PD Dr. med. Ole Wichmann (Ko-Projektleiter, Leiter des Fachgebiets Impfprävention/STIKO am RKI).
Stand: 16.05.2025
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Menschen in Altenpflegeheimen haben ein erhöhtes Risiko, sich mit Influenza zu infizieren, unter anderem aufgrund der räumlichen Nähe im Bewohnen desselben Heims, was Influenza-Ausbrüche begünstigen kann. Zudem besteht bei älteren Menschen häufig eine altersbedingte Veränderung des Immunsystems (Immunoseneszenz), wodurch die Schutzwirkung der Influenza-Impfung verringert wird. Darüber hinaus leiden Bewohnende von Altenpflegeheimen häufig an Begleiterkrankungen, was ihr Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf und Mortalität erhöht. Die antivirale Influenza-PEP kann in Altenpflegeheimen schnell und unkompliziert umgesetzt werden und stellt daher möglicherweise eine wichtige Präventionsmaßnahme gegen Influenza dar.
Stand: 16.05.2025
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Wenn Sie gefragt werden, an AFluPEP teilzunehmen, werden Sie gebeten, Antworten auf einen Fragebogen zu Ihren sozialen Kontakten zu geben. Dieser Fragebogen erfasst, wie Sie im Alltag mit anderen Personen interagieren. Dies umfasst sowohl Personen, die Sie im Altenpflegeheim treffen (z.B. andere Bewohnende, Personal, Besucherinnen und Besucher, Familienangehörige, etc.), als auch Personen, die Sie außerhalb des Altenpflegeheims treffen (Freundinnen und Freunde, Personen an der Kasse im Supermarkt, im Bus oder Taxi, im Theater, etc.). Sie werden gebeten den Fragebogen zwei Mal zu beantworten: einmal, wenn Sie ohne Beschwerden aufgrund akuter respiratorischer Erkrankung sind, und einmal während und nachdem Sie eine akute grippeähnliche Erkrankung hatten. Gleichzeitig werden wir Fragen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität stellen. Auch dieser Fragebogen wird zweimal ausgefüllt: einmal, wenn Sie gesund bzw. ohne Beschwerden aufgrund akuter respiratorischer Erkrankung sind, und einmal während und nach einer grippeähnlichen Erkrankung. Für beide Fragebögen werden Ihnen zusätzliche Fragen gestellt, z.B. zu Ihrem Alter, Geschlecht und möglichen Vorerkrankungen.
Diese Datenerhebungen (d.h. Ihre Antworten auf unsere Fragen) erfolgen vor Ort in Person mit uns, d.h. das Studienpersonal von AFluPEP plant Interviews mit den Teilnehmenden im Altenpflegeheim anzubieten und durchzuführen. Falls die gesundheitliche Lage der Teilnehmenden ein persönliches Interview zum Zeitpunkt des Besuchs vom Studienpersonal nicht ermöglicht, können Interviews auch nachträglich im Rahmen eines Telefongesprächs erfolgen. Falls erwünscht können die Fragebögen auch von den Teilnehmenden selbstständig ausgefüllt werden.
Stand: 16.05.2025
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Ja. Obwohl AFluPEP auf Bewohnende fokussiert ist, und die teilnehmenden Bewohnenden auch nach ihren Kontakten mit Personal im Altenpflegeheim gefragt werden, interagieren viele Mitarbeitende oft mit allen Bewohnenden des Altenpflegeheims, und/oder anderen Mitarbeitenden und Personen außerhalb des Altenpflegeheims. Dies umfasst daher ggfs. auch Kontakte zu Personen, die nicht an AFluPEP teilnehmen. Gleichzeitig sind wir ebenso daran interessiert Ihr Kontaktverhalten zusammen mit der gesundheitsbezogenen Lebensqualität zu erheben und besser zu verstehen.
Stand: 16.05.2025
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Nein. Die Behandlung mit antiviraler Influenza-PEP oder anderen Medikamenten bzw. die Durchführung von medizinischen Eingriffen ist nicht Teil dieser Studie. Der Nutzen einer antiviralen PEP in Altenpflegeheimen wird ausschließlich im Nachgang der Erhebungen im Rahmen von mathematischen Modellierungen am Computer in verschiedenen Szenarien bewertet.
Stand: 16.05.2025
Weitere Informationen
Projektbeschreibung des Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)
Informationsportal des RKI zu Influenza
Antworten auf häufig gestellte Fragen zur Schutzimpfung gegen Influenza
Häufig gestellte Fragen und Antworten zur Grippe
Quellen
[1] Schindler CJA, Wittenberg I, Damm O, Kramer R, Mikolajczyk R, Schönfelder T. Influenza-Associated Excess Mortality and Hospitalization in Germany from 1996 to 2018. Infectious Diseases and Therapy. 2024;13(11):2333-50.DOI: 10.1007/s40121-024-01043-9
[2] Breidenbach P, Kaeding M, Schaffner S. Population Projection for Germany 2015–2050 on Grid Level (RWI-GEO-GRID-POP-Forecast). 2019;239(4):733-45.DOI: doi:10.1515/jbnst-2017-0149
[3] Destatis. Pflegevorausberechnung - Deutschland und Bundesländer, Berichtszeitraum 2022-2070 2023