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Hinweise für die Labordiagnostik bei Verdacht auf schweres akutes Atemwegssyndrom aufgrund einer Infektion mit Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV)

Aktualisierte Version vom 13.03.2018

Die folgenden Angaben dienen als Hilfe für die Labordiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf eine Infektion mit dem Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV).

Indikation zur Testung von Patienten auf MERS-CoV

Eine spezifische Untersuchung auf eine Erkrankung durch MERS-CoV muss durchgeführt werden bei

  1. Patienten mit respiratorischen Symptomen unabhängig von deren Schwere
    UND
    Kontakt mit einem bestätigten oder wahrscheinlichen Fall
  2. Patienten mit erfülltem klinischen Bild*
    UND
    Aufenthalt in einem Risikogebiet

* akutes respiratorisches Syndrom (mit oder ohne Fieber und mit oder ohne Husten), bei dem basierend auf klinischen, radiologischen oder histo­patho­lo­gi­schen Hinweisen der Verdacht besteht, dass die unteren Atem­wege betroffen sind (z.B. Pneumonie oder Akutes Atemnotsyndrom).

Diese Patienten müssen mittels eines geeigneten labordiagnostischen Ver­fah­rens abgeklärt und einer der vier Falldefinitionskategorien („Bestätigter Fall“, „Wahrscheinlicher Fall“, „Ungeklärter Fall“ oder „Ausgeschlossener Fall“) zugeordnet werden.

Die vollständige Falldefinition kann in der jeweils aktuellen Form von der RKI-Homepage heruntergeladen werden (Link siehe unten).

Bei Erkrankungen mit dem MERS- Coronavirus besteht Meldepflicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 5a IfSG (Auftreten einer bedrohlichen Krank­heit). Dem Gesund­heits­amt sind alle Fälle (Personen unter weiterer Ab­klä­rung, wahr­schein­liche Fälle und be­stä­tig­te Fälle) nament­lich zu melden. Darüber hinaus stellt das Gesund­heits­amt gemäß § 25 Abs. 1 IfSG ggf. eigene Er­mit­tlungen an und ini­ti­iert die labor­diag­nos­tische Unter­su­chung des ver­däch­tigen Patienten. Die Zu­sen­dung von MERS-CoV-ver­däch­tigen Patienten­proben ist mit dem unter­suchen­den Labor vorab telefonisch abzustimmen.

Entnahme von Probenmaterial

Die Probengewinnung sollte von geschultem Personal unter strikter Einhaltung des Arbeitsschutzes gemäß TRBA 250 erfolgen. Bei pflegerischen, diag­nos­ti­schen oder therapeutischen Tätigkeiten an Patienten mit Verdacht auf MERS-CoV-Infektion werden folgende Schutzmaßnahmen empfohlen:

  • Schutzkittel plus wasserdichte Einwegschürze
  • Einweghandschuhe
  • Kopfhaube
  • dicht anliegende Atemschutzmaske (Schutzstufe FFP2 bzw. FFP3; FFP3 oder Respirator, insbesondere bei ausgeprägter Exposition bzw. Aerosolexposition, z.B. Bronchoskopie)
  • geeignete Schutzbrille

Probenmaterial für die PCR-Diagnostik

Wenn möglich, sollte eine Probe aus den tiefen Atemwegen entnommen werden, da hier die Viruslast am höchsten ist:

  • Bronchoalveoläre Lavage
  • Sputum (nach Anweisung produziert bzw. induziert)
  • Trachealsekret

Ist die Entnahme der Probe aus den tiefen Atemwegen nicht möglich, sollte eine Probe aus den oberen Atemwegen entnommen werden:

  • Nasopharynx-Abstrich, -Spülung oder -Aspirat
  • Oropharynx-Abstrich

Bei Abstrichen ist zu beachten, dass für den Virusnachweis geeignete Tupfer verwendet werden („Virustupfer“ mit ent­sprechendem Transport-Medium (kein Agar-Tupfer); bei Naso­pharynx-Abstrich ist ein flexibler Schaft des Tupfers er­for­der­lich). Für Hinweise zur korrekten Durchführung der Pro­ben­nah­me wird auf das WHO-Dokument: "Collecting, preserving and shipping specimens for the diag­no­sis of avian influenza A(H5N1) virus infection" verwiesen (Link siehe unten).

Werden Oro- und Nasopharynx abgestrichen, sollten die Tupfer in einem Medium-Röhrchen vereinigt werden, um die Viruslast zu erhöhen.

Wenn möglich, sollten Proben parallel aus den oberen und den tiefen Atemwegen entnommen werden.

MERS-CoV wurde auch in anderen Materialien nachgewiesen (Serum, Stuhl, Urin). Die Untersuchung von Serum zur Virusdetektion könnte hilfreich sein, ins­be­son­dere wenn Proben aus den unteren Atemwegen nicht verfügbar sind. Die Viruslast in Stuhl und Urin ist niedriger als in den Atemwegen und damit zur initialen Diagnostik weniger gut geeignet.

Alle Proben sollten das Labor schnellstmöglich nach Entnahme erreichen. Erfolgt dies voraussichtlich innerhalb von 72 Stunden, kann die Probe bei 4°C gelagert und versendet werden.

Probenmaterial für den Antikörper-Nachweis

Für die Bestätigung einer MERS-CoV-Infektion durch einen Antikörper-Nachweis sind zwei Serumproben erforderlich, die in der ersten Woche nach Symp­tom­be­ginn und mindestens 14-21 Tage später entnommen werden. Kann nur eine ein­zel­ne Serumprobe gewonnen werden, sollte diese mindestens 14 Tage nach Symptombeginn entnommen werden.

Erfolgt der Transport ins Labor innerhalb von 72 Stunden, kann die Probe bei 4°C gelagert und versendet werden.

Verpackung und Versand

Klinische Proben von Personen mit Verdacht auf eine Infektion mit dem MERS-CoV sind als „Biologischer Stoff, Kategorie B“ der UN-Nr. 3373 zu­zu­ord­nen und nach Maßgabe der Verpackungsanweisung P650 zu verpacken. Der Versand sollte gekühlt erfolgen (s. Probenentnahme).

Die Verpackung besteht aus 3 Komponenten und ist kommerziell erwerblich:

  1. Primärverpackung = Probengefäß (z.B. Tupferröhrchen oder Monovette)
  2. Sekundärverpackung = Schutzgefäß (flüssigkeitsdicht verschraubtes Plastikröhrchen, darin saugfähiges Material)
  3. Umverpackung = Kistenförmige Verpackung

Die verschlossenen Versandstücke sind als „Biologischer Stoff, Kategorie B“ und "UN 3373" in Raute (Seitenlänge mind. 50 x 50 mm) sowie mit der Telefon­num­mer einer verantwortlichen Person zu kennzeichnen. Außerdem ist ein Kennzeichen für die Bauartprüfung der Verpackung vorgeschrieben.

Der Versand sollte über einen Paketdienst und nur nach Absprache mit dem untersuchenden Labor erfolgen.

Labordiagnostischer Nachweis

Der ABAS (Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe) hat am 08.11.2012 das MERS-CoV in die Risikogruppe 3 eingruppiert. Zum Umgang mit dem Proben­ma­terial verweisen wir auf die Informationen zum Thema "SARS": Empfehlungen zum Umgang mit Probenmaterial von Patienten mit Verdacht auf Schweres Akutes Atemwegssyndrom (SARS) (Link siehe unten).

PCR-Nachweis

Für die labordiagnostische Bestätigung des Verdachts auf eine Infektion mit dem MERS-CoV stehen verschiedene PCR-Nachweissysteme zur Ver­fü­gung. Die PCR-Assays zum Nachweis der spezifischen Virus­ge­nom­ab­schnit­te upE und Orf1a haben eine vergleichbare Sensitivität, der Test zum Nachweis einer Sequenz im Orf1b ist etwas weniger sensitiv. Zwei nested PCRs können zur Sequenzierung der RdRp- und N-Gene herangezogen werden:

  • Corman et al. Detection of a novel human coronavirus by real-time reverse-transcription polymerase chain reaction. Euro Surveill. 2012 Sep 27;17(39)
  • Corman et al. Assays for laboratory confirmation of novel human coronavirus (hCoV-EMC) infections. Euro Surveill. 2012 Dec 6;17(49)

Als Referenzmaterial für das zum Screening empfohlene upE-Assay ist in vitro transkribierte RNA vom European Virus Archive (In vitro transcribed RNA for new Betacoronavirus virus (hCoV-EMC); Link siehe unten) zu beziehen. Kommerzielle PCR-Kits sind ebenfalls erhältlich.

Es sollten immer mindestens zwei Nachweis­verfahren unter Verwendung interner und externer Kontrollen herangezogen werden, um ein falsch positives oder ne­ga­ti­ves Ergebnis zu vermeiden. Labore, die nur ein Nachweissystem vorhalten oder nur limitierte Erfahrung in der Detektion von MERS-CoV haben, sollten ihr initiales PCR-Ergebnis von einem Referenzlabor (z.B. Konsiliarlabor für Coronaviren, s.u.) bestätigen lassen. Liegt bei einem symptomatischen Patienten mit möglicher Exposition zum Virus nur ein einzelnes positives Testergebnis vor, gilt er als wahrscheinlicher Fall.

Sind die Ergebnisse zwischen verschiedenen PCR-Testungen diskordant, sollte die Untersuchung mit einer neu gewonnenen Probe wiederholt werden. Zusätzlich sollte versucht werden, Teile des RdRp- oder N-Gens als Bestätigung zu se­quen­zie­ren (Corman et al., Euro Surveill 2012 Dec 6;17(49)).

Ein negatives PCR-Ergebnis schließt die Möglichkeit einer MERS-CoV-Infektion nicht vollständig aus. Falsch-negative Ergebnisse können z.B. aufgrund schlech­ter Probenqualität, unsachgemäßem Transport, un­güns­ti­gem Zeitpunkt der Pro­ben­ent­nahme oder anderen Gründen (z.B. Virusmutation) nicht aus­ge­schlos­sen werden. Wenn ein Patient mit starkem Verdacht auf MERS-CoV-Infektion in der initialen PCR negativ getestet wird, sollte mit dem Labor eine erneute Proben­ent­nahme und –untersuchung - ggf. auch post-mortem – abgesprochen werden.

Die Proben sollten ebenfalls auf andere relevante respiratorische Erreger untersucht werden. Die Testung auf MERS-CoV sollte dadurch aber nicht verzögert werden.

Die vom Patienten gewonnenen Proben sollten asserviert werden, um im Zweifelsfall weitere Untersuchungen zu ermöglichen.

Antikörper-Nachweis

Ein Antikörper-Nachweis dient entweder dem Nachweis einer MERS-CoV-Infektion einer Person im Zusammenhang mit der Meldung des Falles an die nationalen und internationalen Behörden oder der Untersuchung von Bevölkerungsgruppen im Rahmen eines Serosurveys.

Mehrere Assays zum Nachweis von Antikörpern gegen MERS-CoV wurden bereits publiziert. Sie werden überwiegend in einem 2-Schritt-Verfahren durch­ge­führt, bei dem zunächst ein Screening (z.B. mittels ELISA) und im Anschluss ein Be­stä­ti­gungs­test mittels einer hochspezifischen Nach­weis­me­thode (z.B. (Mikro-) Neu­tra­li­sa­tions­test) erfolgt. Die Durchführung dieser Teste sollte von spezialisierten Laboren vorgenommen werden.

Wird bei einem Serumpaar eines Patienten ein mindestens 4-facher Titeranstieg festgestellt, so ist diese Person unabhängig vom PCR-Ergebnis als bestätigter Fall einzustufen. Ein wahrscheinlicher Fall liegt vor, wenn bei einem sympto­ma­tischen Patienten auch ohne positive MERS-CoV-PCR mindestens ein positives Screeningergebnis sowie ein positives Ergebnis im Neutralisationstest in mindestens einer einzelnen Serumprobe vorliegen.

Die vom Patienten gewonnenen Proben sollten asserviert werden, um im Zweifelsfall weitere Untersuchungen zu ermöglichen.

Vorgehen bei Patienten mit bestätigter MERS-CoV-Infektion

Bezüglich der Empfehlungen zu Infektionskontrolle und Hygienemaßnahmen verweisen wir auf die Dokumente zum Thema „SARS“ (Link siehe unten).

Zur Kontrolle des Infektionsverlaufs sollten bei positiv getesteten Personen Proben aus den Atemwegen ca. alle 2-4 Tage mittels PCR untersucht werden. Tritt eine klinische Gesundung ein und bleiben zwei aufeinander im Abstand von 24 Stunden entnommene Proben PCR-negativ, wird die Person damit als virusfrei eingestuft.

Um das Wissen über dieses noch immer relativ neue Virus zu vergrößern, wird empfohlen, bei positiv getesteten Patienten wiederholt auch andere Mate­ri­a­lien (Serum, Stuhl, Urin) zu untersuchen, und diese Proben einer Labor­diagnostik gemäß den oben aufgeführten Empfehlungen zu unterziehen (PCR und Antikörper-Nachweis).

Zum Vorgehen bei Kontakt­personen von Patienten mit bestätigter MERS-CoV-Infektion wird auf das Dokument "Empfeh­lungen des RKI für das Management von Kontakt­personen laborbestätigter sympto­matischer MERS-Fälle" verwiesen (Link siehe unten).

Ansprechpartner zu Fragen der Labor­diagnostik und Referenz­unter­suchungen:

Konsiliarlabor für Coronaviren

Prof. Dr. C. Drosten (Leiter)
Dr. Victor M. Corman (Stellv. Leiter)
Institut für Virologie
Campus Charité Mitte
Charité Universitäts­medizin Berlin
Helmut-Ruska-Haus
Charitéplatz 1
10117 Berlin
Tel.: 030 - 450 525 092
Telefax: 030 - 450 525 907
E-Mail: christian.drosten@charite.de
victor.corman@charite.de
Homepage: https://virologie-ccm.charite.de/diagnostik/konsiliarlaboratorium_fuer_coronaviren/

Stand: 13.03.2018

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