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Themenblatt: Stressbelastung bei Kindern und Jugendlichen

Kernaussagen

  • Laut DAK-Präventionsradar Welle 3 (2018/2019) empfinden 42 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland oft oder sehr oft Stress
  • Mädchen geben im Vergleich zu Jungen häufiger an, oft oder sehr oft Stress zu haben.
  • Im Jugendalter nimmt die Stressbelastung im Vergleich zum Kindesalter deutlich zu.

Hintergrund

Stress ist ein vielschichtiger Prozess der zunächst das Vorhandensein eines Ungleichgewichtes beschreibt: Als Reaktion auf einen Reiz oder eine Herausforderung kommt es zu einer körperlichen und psychischen Antwort (Stressreaktion) [1]. Grundsätzlich ist Stress nicht automatisch mit negativen Konsequenzen verbunden. Wenn Stress jedoch beim Individuum die Handlungskontrolle bedroht oder einschränkt, führt dies häufig zu negativen Emotionen wie Angst oder Nervosität sowie dem Versuch, die bestehende Herausforderung unter Zuhilfenahme zusätzlicher Ressourcen dennoch zu bewältigen. Im Kindes- und Jugendalter können Stress auslösende Ereignisse alltägliche Herausforderungen beispielsweise im Schulalltag, Anpassungs­prozesse an gesellschaftliche Normen oder kritische Lebensereignisse wie die Trennung der Eltern sein (siehe Themenblatt: belastende Lebensereignisse).

Die Reaktion von Heranwachsenden auf eine andauernde, belastende Stresserfahrung kann sich auf unterschiedlichen Ebenen vollziehen. Als körperliche Stresssymptome werden bei Kindern und Jugendlichen häufig Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Müdigkeit, auf emotionaler und verhaltensbezogener Ebene beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten beschrieben [2]. In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass auch Adipositas im Kindes- und Jugendalter auf vielfältige Weise mit Stressbelast­ungen in Verbindung stehen kann [3]. Ein erhöhter Stresslevel wird als mögliche Ursache von Adipositas diskutiert, wobei die Studienlage hier nicht eindeutig ist [4-6]. Dieser Zusammenhang wird unter anderem durch die bei chronischem Stress vermehrte Ausschüttung des Hormons Cortisol erklärt, die auch zu einer stressbedingt reduzierten Schlafdauer (siehe Themenblatt: Schlaf) und einer gesteigerten Präferenz für besonders energiedichte Lebensmittel führen kann [3, 6]. Zudem können die Abweichung des eigenen Körperbildes vom gängigen Schönheitsideal und Stigmatisierungserfahrungen bei Kindern und Jugendlichen mit Adipositas zu vermehrtem Stress führen.

Indikatoren und Datenquelle

Indikator ist der Anteil der 10- bis 17-jährigen Mädchen und Jungen, die angeben, oft oder sehr oft Stress zu empfinden (Indikator F.1.2). Datenquelle ist der von der gesetzlichen Krankenversicherung DAK-Gesundheit herausgegebene „DAK-Präventionsradar“, der durch das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) durchgeführt wird [7]. Der DAK-Präventionsradar ist eine schulbasierte kombinierte Längs- und Querschnittsbefragung zum Gesundheitsverhalten sowie zum körperlichen und psychischen Wohlbefinden von Schülerinnen und Schülern der fünften bis zehnten Klassen [7]. Die hier verwendeten Querschnittsdaten stammen aus den ersten drei Befragungswellen 2016/2017, 2017/2018 und 2018/2019. In der Befragungswelle 2018/2019 wurden 14.242 Schülerinnen und Schüler in 13 Bundesländern schriftlich oder online befragt. Die Möglichkeit zur Teilnahme an der Studie hatten allgemeinbildende Schulen mit Sekundarstufe I (mit Ausnahme von Förderschulen) aus zufällig ausgewählten Regionen. In allen Befragungswellen wurde die Stressbelastung anhand der Frage „Wie oft hast du Stress?“ erfasst. Antwortmöglichkeiten waren „sehr oft“, „oft“, „selten“ und „nie“ [8].

Ergebnisse

Laut DAK-Präventionsradar Welle 3 (2018/2019) empfinden 42 % der Kinder und Jugendlichen in Deutschland oft oder sehr oft Stress (Indikator F.1.2). Mit dem Alter steigt der von 35 % bei den 10- bis 13-Jährigen auf 52 % bei den 14- bis 17-Jährigen. Mädchen berichten mit 49 % deutlich häufiger als Jungen (35 %), oft oder sehr oft Stress zu haben, wobei die Unterschiede im Jugendalter besonders deutlich ausfallen. Im Vergleich zu früheren Erhebungswellen ist der Anteil derjenigen, die oft oder sehr oft Stress empfinden, weitgehend konstant geblieben. Dies gilt für Mädchen und Jungen gleichermaßen. Weiterführende Auswertungen des Präventionsradars Welle 2 (2017/2018) zeigen, dass Kinder und Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus häufiger sehr oft Stress empfinden als Gleichaltrige mit mittlerem oder hohem Sozialstatus (nicht dargestellt) [9]. Als Stressquelle wird in erster Linie die Schule erlebt und weniger Familie, Freizeit oder Freundinnen und Freunde [9].

Informationsgrafik: Anteil der 0- bis 17-jährigen Mädchen und Jungen, die angeben oft oder sehr oft Stress zu haben (in Prozent). Quelle: © RKI

Einordnung der Ergebnisse

Laut Präventionsradar Welle 3 (2018/2019) empfinden etwa vier von zehn Schülerinnen und Schüler oft oder sehr oft Stress, wobei Mädchen häufiger betroffen sind als Jungen und der Anteil der stressbelasteten Heranwachsenden mit dem Alter zunimmt. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass es sich um Selbstangaben handelt. Es kann also nicht ausge­schlossen werden, dass die Ergebnisse durch Erinnerungsfehler oder soziale Erwünschtheit (d. h. einem Antwortverhalten, bei dem die Befragten eher die Antwort geben, von der sie glauben, dass sie auf Zustimmung trifft [10]) verzerrt sind. Zudem muss berücksichtigt werden, dass im Präventionsradar allgemeines Stresserleben erfasst wird. Studien, die Stresserfahrungen als Einflussfaktor einer Adipositas untersuchen, beziehen sich jedoch überwiegend auf spezifische Stresserfahrungen in der Kindheit und Jugend wie beispielsweise kritische Lebensereignisse [4-6]. Die Daten des Präventionsradars zeigen, dass eine hohe Stressbelastung auch im Kindes- und Jugendalter ein verbreitetes Phänomen ist.

Da Stress nicht nur Ursache sondern – durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Abweichung vom gängigen Schönheitsideal und die Erfahrung von gewichtsbezogener Stigmatisierung – auch Folge von Adipositas sein kann, sollten Maßnahmen der Prävention und Gesundheitsförderung weniger auf das Körpergewicht fokussieren. Vielmehr empfiehlt es sich, dass solche Maßnahmen, beispielsweise im Rahmen schulbasierter Programme [11], einen gesundheitsförderlichen Lebensstil und die Lebensqualität der Heranwachsenden adressieren und gleichzeitig ein positives und vorurteilsfreies Körperbild fördern [12]. Dies reduziert die Gefahr durch Stigmatisierung negatives Stresserleben aufzubauen, das zu einer Beeinträchtigung der Lebensqualität oder zur Entwicklung von Essstörungen beitragen kann [3, 13]. Im Sinne der Prävention von Adipositas im Kindes- und Jugendalter sollten darüber hinaus präventive Maßnahmen neben dem Ernährungs- und Bewegungsverhalten auch die Stressregulation als wichtige Komponente berücksichtigen. Dies ist besonders vor dem Hintergrund von Bedeutung, dass vermehrter Stress ein Auslöser für adipogene Verhaltensweisen wie beispielweise die Aufnahme energiedichter Lebensmittel sein kann [14].

Literatur

  1. Franzkowiak P, Franke A (2020) Leitbegriffe der Gesundheitsförderung und Prävention: Stress und Stressbewältigung. www.leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/stress-und-stressbewaeltigung (Stand: 25.06.2020)
  2. Seiffge-Krenke I, Lohaus A (2007) Stress und Stressbewältigung im Kindes-und Jugendalter. Hogrefe Verlag, Göttingen
  3. Jung F, Weinberger N-A, Bernard M et al. (2017) Chronischer Stress und seine Bedeutung für Adipositas. Adipositas: Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 11(04):198-202
  4. Conklin AI, Guo SX, Tam AC et al. (2018) Gender, stressful life events and interactions with sleep: a systematic review of determinants of adiposity in young people. BMJ Open 8(7):e019982
  5. Gundersen C, Mahatmya D, Garasky S et al. (2011) Linking psychosocial stressors and childhood obesity. Obesity Reviews 12(5):e54-63
  6. Wilson SM, Sato AF (2014) Stress and paediatric obesity: what we know and where to go. Stress Health 30(2):91-102
  7. Hanewinkel R, Hansen J, Janßen J et al. (2019) Präventionsradar. Erhebung Schuljahr 18/19. Kinder- und Jugendgesundheit in Schulen. Ergebnisbericht der Welle 3. Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord), Kiel. www.dak.de/dak/download/praeventionsradar-2019-2266684.pdf (Stand: 25.06.2020)
  8. Hanewinkel R, Hansen J, Janßen J et al. (2019) Präventionsradar. Erhebung Schuljahr 18/19. Fragebogen für Schülerinnen und Schüler. Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord), Kiel
  9. Hansen J, Morgenstern M, Janßen J et al. (2018) Präventionsradar. Erhebung Schuljahr 17/18. Kinder- und Jugendgesundheit in Schulen. Ergebnisbericht der Welle 2. Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord), Kiel
  10. Diekmann A (2009) Empirische Sozialforschung: Grundlagen, Methoden, Anwendungen. Rowohlt Verlag, Hamburg
  11. Dadaczynski K, Paulus P, Babitsch B (2018) Prävention von Übergewicht im Setting Schule: Überblick über Interventionen und deren konzeptionelle Gestaltung. In: Dadaczynski K, Quilling E, Walter U (Hrsg.) Übergewichtsprävention im Kindes- und Jugendalter Grundlagen, Strategien und Interventionskonzepte in Lebenswelten. Hogrefe, Göttingen, S. 319-338
  12. Russell-Mayhew S, McVey G, Bardick A et al. (2012) Mental health, wellness, and childhood overweight/obesity. Journal of Obesity 2012:281801
  13. Cohrdes C, Göbel K, Schlack R et al. (2019) Essstörungssymptome bei Kindern und Jugendlichen: Häufigkeiten und Risikofaktoren. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 62(10):1195-1204
  14. De Vriendt T, Clays E, Huybrechts I et al. (2012) European adolescents’ level of perceived stress is inversely related to their diet quality: the Healthy Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescence study. British Journal of Nutrition 108(2):371-380

Stand: 02.10.2020

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