Abwassermonitoring für die epidemiologische Lagebewertung (AMELAG) − abgeschlossene Projekte
Stand: 21.01.2025
Datenplausibilisierung und Normalisierung – Forschung am Umweltbundesamt im Fachgebiet Abwassertechnikforschung, Abwasserentsorgung
Die Konzentration von SARS-CoV-2 im Abwasser kann durch Veränderungen der Abwasserzusammensetzung beispielsweise durch Regenereignisse stark beeinflusst werden. Die Trenderkennung wird dadurch erschwert. Die Durchflussrate ist ein gängiger Parameter um diese Schwankungen in der Abwasserzusammensetzung abzubilden. Es gibt allerdings auch eine Reihe alternativer Parameter und weiterer Möglichkeiten. Daher entwickelt das UBA Methoden, die eine Beurteilung unterschiedlicher Plausibilisierungs- und Normalisierungsansätze ermöglichen. Das Ziel soll eine objektive, standortspezifische Bewertung der unterschiedlichen Parameter sein und wie durch die Verwendung des entsprechenden Ansatzes die Trenderkennung verbessert werden kann.
Publikationen
Saravia, C. et al. “Wastewater-based epidemiology: deriving a SARS-CoV-2 data validation method to assess data quality and to improve trend recognition”, 2024, Frontiers in Public Health, 12/2024
https://www.frontiersin.org/journals/public-health/articles/10.3389/fpubh.2024.1497100/full
Spurenstoffanalytik zur Untersuchung der Eignung weiterer Normalisierungsparameter – Forschung am Umweltbundesamt im Fachgebiet Abwasseranalytik, Überwachungsverfahren
Bei der Ermittlung der Viruslast im Abwasser muss eine „Normalisierung“ der ermittelten Viruslast erfolgen. „Normalisierung“ bedeutet, dass versucht wird die Schwankungen der Abwassermenge und damit auch der Zusammensetzung der Abwasserbestandteile auszugleichen. Je besser man normalisieren kann, umso besser kann die Viruslast in Relation zum Bevölkerungsanteil berechnet werden. Statt der Möglichkeit einer Normalisierung durch die mittlere Durchflussrate, Quantifizierung von Surrogatviren oder üblichen Begleitparametern wie Leitfähigkeit und Ammonium, sollen in Kooperation mit der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) durch Spurenstoffanalytik weitere Möglichkeiten und Parameter für eine Normalisierung an verschiedenen Kläranlagenstandorten ausgetestet werden. Hierbei kommen spezielle, hochdurchsatzfähige Testverfahren (ELISA) zur Anwendung, die zur hochempfindlichen Messung von Arzneimittelrückständen, Inhaltsstoffen und Stoffwechselprodukten modifiziert wurden. Die einzelnen Spurenstoffe werden bezüglich ihrer Eignung als humane Fäkalindikatoren exemplarisch an den jeweiligen Standorten evaluiert.
Laborharmonisierung / Standardisierung / Vergleichsuntersuchungen – Forschung am Umweltbundesamt im Fachgebiet Abwasseranalytik, Überwachungsverfahren
Die derzeit gemessenen Konzentrationen von SARS-CoV-2 im Abwasser werden im Rahmen von AMELAG von über 20 unterschiedlichen Laboren ermittelt. Dabei kommen unterschiedliche Methoden u. a. hinsichtlich Aufkonzentrierung der Probe, Extraktion der Viren-RNA, in der PCR nachgewiesene Gensequenzen sowie der verwendeten PCR-Analytik zum Einsatz.
Im Rahmen dieses Forschungsprojekts wird durch das UBA eine Identifizierung und Clusterung der Labormethoden durchgeführt und anschließend eine Harmonisierung angestrebt. Da davon auszugehen ist, dass verschiedene Methoden zu vergleichbaren Analytikergebnissen führen, soll eine Qualitätsbewertung der Daten mit Bezug zur jeweiligen Analytik durchgeführt werden. Das soll auch der Vorbereitung und Konzipierung eines Vergleichsversuches dienen, der ebenfalls im Rahmen des AMELAG Projekts durchgeführt werden wird. Dieser soll u.a. zur Ermittlung von Bestimmungsgrenzen dienen.
In Erweiterung des Nachweisspektrums werden weitere, das öffentliche Gesundheitswesen betreffende Erreger wie Influenza und RSV, für die Laborroutine getestet und etabliert.
Erarbeitung von Verfahren für den Nachweis von Infektionserregern und antimikrobiellen Resistenzen (AMR) in Abwasserproben – Forschung am Umweltbundesamt im Fachgebiet Mikrobiologische Risiken
Es werden Konzepte für Methoden zum belastbaren Nachweis von relevanten Infektionserregern (einschließlich deren Antibiotikaresistenzen) in Abwasserproben entwickelt. Der Fokus liegt dabei auf Enterobakterien mit klinisch wichtigen Antibiotikaresistenzen. Um diese in den Abwasserproben zu identifizieren wird ein mehrstufiger Screening-Prozess entwickelt, der sowohl auf den direkten Nachweis der lebendigen Bakterien wie auch auf den Nachweis von Resistenzgenen und weiteren Sequenzinformationen abzielt. Hierbei kommen unter anderem massenspektrometrische Messmethoden, die Bestimmung der minimalen Hemmkonzentrationen gegenüber antibiotischen Wirkstoffen sowie molekularbiologische und sequenzbasierte Verfahren zum Einsatz.
Methodenentwicklung und Etablierung von Nachweisverfahren von weiteren Public Health-relevanten viralen Erregern – Forschung am Umweltbundesamt im Fachgebiet Mikrobiologische Risiken
Es werden Influenza A/B-Virusgenfragmente mittels molekularbiologischer Labormethoden nachgewiesen und die Ergebnisse evaluiert. Die Methoden werden für eine mögliche Implementierung in die Routine der Abwassersurveillance vorbereitet. Im Weiteren werden im Rahmen von AMELAG mittels verschiedener Aufbereitungs- und Extraktionsmethoden neue Verfahren zum Nachweis für weitere respiratorische und gastrointestinale Erreger, die sich im Abwasser befinden, entwickelt und erprobt. Je nach Beschaffenheit und Eigenschaften der Erreger sind verschiedene Aufbereitungsmethoden zur Anreicherung und Extraktion der Nukleinsäuren erforderlich. Dazu werden u.a. verschiedene Konzentrationsverfahren verglichen, Versuchsreihen mit Abwasserproben konzipiert, denen inaktivierte Viren oder virale Nukleinsäure zugesetzt wurden und es findet eine Validierung der Verfahren statt. Des Weiteren werden Versuche zur Ermittlung der Bestimmungsgrenzen durchgeführt. Ziel ist es, qualitätsgesicherte und valide Labormethoden zu entwickeln, die schrittweise durch fortlaufende Optimierung und Harmonisierung im Rahmen der Abwassersurveillance angewendet werden können.
„Etablierung von Verfahren für den Nachweis von Viren im Abwasser zur Bewertung der Infektionslage in der Bevölkerung“ (EViAb)
Die Technische Universität Dresden analysiert im Rahmen dieses Vorhabens die Abwässer von acht Kläranlagen im Freistaat Sachsen. Dabei werden die Grundlagen zur Etablierung eines Panels an Viren geschaffen, deren Nachweis im Abwasser die Interpretation der Infektionslage für weitere Erreger neben SARS-CoV-2 unterstützen wird. Ausgewählt wurden Viren, die ebenfalls pandemische Verläufe entwickeln und regelmäßig saisonale Inzidenzgipfel aufweisen: das Influenzavirus und das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV). Neben der Optimierung der Anreichung dieser Viren aus dem Abwasser und der quantitativen Bewertung der Effizienz der eingesetzten Verfahren (Nachweisgrenze, Wiederfindungsrate) sollen Inaktivierungsversuche dazu beitragen, die Auswirkungen unterschiedlich langer Zeiten zwischen Ausscheidung und Analytik auf die gemessene Viruskonzentration einzuschätzen."
"Entwicklung einer landesweiten Abwassersurveillance in Thüringen mittels Mobilitätsdaten und künstlicher Intelligenz" (Abwassersurveillance TH)
"Im Rahmen des Vorhabens werden bis zu 14 Thüringer Kläranlagen wöchentlich beprobt und auf SARS-CoV-2 und Influenza untersucht. Um die Ausbreitungswege spezifischer Erreger beschreiben zu können, sollen Mobilitätsdaten mit den Daten des Abwassermonitorings kombiniert werden. So wird versucht, aufzudecken, wo vermehrt Infektionen verbreitet werden und welche Zusammenhänge zwischen lokalen Bedingungen und der deutschlandweiten Entwicklung der Pandemie bestehen. Das hilft dabei Verbreitungsmuster in der Pandemie besser zu verstehen."
„Etablierung einer Multiplex-PCR aus Abwasser und für Detektion und Charakterisierung von RSV im Rahmen des SARS-CoV-2 Abwasser-Monitoring“
Im Rahmen des AMELAG-Projekts erforschen die Universitätskliniken Bonn und Düsseldorf in einer gemeinsamen Initiative das Potenzial, weitere Erreger mittels Abwassermonitoring zu detektieren und zu charakterisieren. In der Pilotphase wird eine Multiplex-PCR eingeführt, um gleichzeitig SARS-CoV-2, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) und das Influenzavirus nachzuweisen. Gleichzeitig wird eine zeitnahe Sequenzierung von RSV in Abwasserproben durchgeführt, um zirkulierende Virusvarianten zu identifizieren. Aufgrund der räumlichen Nähe der Kläranlage zu den Untersuchungslaboren wird außerdem untersucht, wie schnell eine Abwassertestung durchgeführt werden kann, wenn lange Transportwege entfallen, und welche Hindernisse einer Echtzeit-Erfassung im Wege stehen. Das Ziel dieser Untersuchungen ist es, die Abwassersurveillance als Frühwarnsystem für verschiedene Infektionsgeschehen weiterzuentwickeln und den Nutzen dieser Daten für den öffentlichen Gesundheitsdienst zu evaluieren.
„Sequenzierung von Abwasserproben in Deutschland als Surveillance-System für Krankheitserreger“ (TU Darmstadt)
Es gibt verschiedene Varianten eines Erregers. Diese unterscheiden sich in ihrer genetischen Information. Man kann diese genetischen Informationen eines Erregers auslesen. Dazu verwendet man eine Technik namens Sequenzierung. Die Sequenzierung aus Abwasser ist schwieriger als eine Sequenzierung aus einer klinischen Probe, da Gene von vielen verschiedenen Personen vorliegen und das Genmaterial im Abwasser in Bruchstücke zerfallen ist. Man kann aber anhand bekannter Gensequenzen diese Bruchstücke zusammensetzen und dann die Wahrscheinlichkeit für Varianten bestimmen. Die TU Darmstadt führt dies in einem Kooperationsprojekt mit dem RKI wöchentlich an 7 Standorten für SARS-CoV-2 durch. Die Ergebnisse werden im AMELAG Wochenbericht dargestellt. Auf diese Art und Weise ist es möglich die zirkulierenden Varianten zu erkennen und Veränderungen in der Zusammensetzung der Varianten zu bestimmen. Es ist das Ziel auch vom Erreger Influenza die Verteilung der Varianten zu bestimmen - hierzu führt die TU Darmstadt Forschungsarbeiten durch, um festzustellen wie genau das möglich ist.
Nationales Pilotprojekt ESI-CorA
Im Pilotprojekt ESI-CorA wurden 20 Kläranlagenstandorte in Deutschland ausgewählt, die mit Beginn Februar 2022 gestaffelt mit der Überwachung begonnen haben. In einer Erweiterungsstufe wurden 28 zusätzliche Standorte in das Pilotprojekt integriert, deren Beprobung und SARS-CoV-2-Analytik aus Projektmitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bzw. direkt von einem Bundesland gefördert wurden. Die Implementierung und Durchführung der abwasserbasierten Surveillance wurde wissenschaftlich von verschiedenen Institutionen begleitet.
Ein zentrales Ziel war die Harmonisierung der technischen Verfahren zur Abwasserüberwachung für die einzelnen Standorte. Mit untersucht wurden Verfahren zur Normalisierung der Rohdaten, der angewendeten PCR Analytik und der Berechnung der Trenddynamiken.