Empfehlungen zu Präventions- und Gesund­heits­angeboten für die aus der Ukraine Geflüchteten für HIV und andere sexuell und durch Blut übertrag­bare Infektionen

Stand:  21.03.2022

Laut Daten von UNAIDS hat die Ukraine mit 41/100.000 im Jahr 2020 eine 13-fach höhere HIV-Inzidenz als Deutschland und ist somit eines der Länder mit der höchsten Inzidenz im osteuropäischen und zentralasiatischen Raum. Im Jahr 2018 lebten im Land 240.750 Personen mit HIV. In diesem Jahr wurden 15.787 neue Infektionsfälle und 3.448 AIDS-assoziierte Todesfälle verzeichnet. Die HIV-Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung liegt bei 0,9-1% und ist bei Risikogruppen wie z.B. Konsumenten von intravenösen Drogen (22,6%), Sexarbeiter:innen (5,2%) und Männern mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten (7,5%) signifikant höher (zu HIV/TB-Koinfektionen s. Merkblatt für Tuberkulose).

Seit 2008 steigt in der Ukraine der Anteil der durch sexuellen Kontakt erworbenen Infektionen. Aktuell machen diese 75,4% aller neuen Fälle aus, wobei die parenterale Transmission der zweithäufigste Übertragungsmechanismus ist (24%).
In den letzten Jahren wurde die Versorgung von HIV-Patienten ausgeweitet. So erreichten im Jahr 2018 93% aller mit HIV diagnostizierten Patienten eine dauerhafte Virussuppression (89% im Jahr 2017). Allerdings haben die anhaltenden politischen Konflikte in den Regionen Donezk, Luhansk und Krim bereits zu Einschränkungen bei der Versorgung von HIV-Patienten geführt. Unter den aktuellen Bedingungen ist mit weiteren erheblichen Einschränkungen im gesamten Land zu rechnen.

Außer HIV sind auch Virushepatitis B und C (HBV, HCV) in der Ukraine stark prävalent. Mit einer geschätzten HBV-Prävalenz von 0,8-1,5 % und einer HCV-Prävalenz von 3-5 % in der erwachsenen Bevölkerung, gehört die Ukraine zu den Ländern mit der höchsten Belastung durch Virushepatitis in Mittel- und Osteuropa und Zentralasien. In einem bevölkerungsbezogenen Serosurvey bei Kindern wurde landesweit eine niedrige HBsAg-Prävalenz von 0,2 % gemessen. Dies deutet darauf hin, dass die Prävention von Mutter-Kind Übertragung von Hepatitis B in der Ukraine effektiv umgesetzt wurde. Die Prävalenz von Hepatitis B und C ist in Risikogruppen ähnlich wie bei HIV wesentlich höher.

Hinsichtlich geflüchteter Personen aus der Ukraine steht die Fortsetzung von Behandlungen für HIV und Virushepatitis im Vordergrund. Es wird empfohlen:

  • Bei Personen, bei denen eine HIV-, HBV- oder HCV-Infektion bereits diagnostiziert wurde, sollte die Behandlung möglichst ohne Unterbrechung fortgesetzt oder ggf. angefangen werden;
  • Als weiteres sollten Untersuchungsmöglichkeiten auf HIV und wenn relevant auf HBV und HCV angeboten werden;
  • Um die Mutter-Kind Übertragung von HIV, HBV und Syphilis zu vermeiden, sollten schwangere Frauen im Einklang mit Mutterschafts-Richtlinien entsprechende Screening Tests angeboten bekommen.

Weitere Informationen zu HIV-, HBV-, HCV-Infektionen sind in RKI Ratgeber zu HIV-Infektion/AIDS, Hepatitis B und D und Hepatitis C erläutert.