Navigation und Service

Zielgruppeneinstiege

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Mit dem Klick auf "Erlauben" erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihren Aufenthalt auf der Seite anonymisiert aufzeichnen. Die Auswertungen enthalten keine personenbezogenen Daten und werden ausschließlich zur Analyse, Pflege und Verbesserung unseres Internetauftritts eingesetzt. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK

STIKO-Stellungnahme zur Bewertung von Impfungen für Erwachsene durch die Stiftung Warentest

Die Stiftung Warentest hat im Oktoberheft der Zeitschrift „Test“ (Heft 10/2012) eine Bewertung von Impfungen für Erwachsene veröffentlicht.

Den gesetzlichen Auftrag, Empfehlungen zur Durchführung von Schutzimpfungen auszusprechen, hat in Deutschland die Ständige Impfkommission (STIKO). Die STIKO begrüßt, dass durch diesen Artikel auf die überragende Bedeutung von Impfungen für die erfolgreiche Bekämpfung von Infektionskrankheiten sowohl in Deutschland als auch weltweit hingewiesen wird. Positiv ist auch, dass an die Notwendigkeit regelmäßiger Impfungen auch im Erwachsenenalter erinnert und nachdrücklich auf bestehende Impflücken bei Erwachsenen in Deutschland hingewiesen wird.

Für die Mehrzahl der in dem Artikel besprochenen Impfungen (Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Kinderlähmung, Masern, Mumps, Röteln) wurden die Empfehlungen der STIKO in unveränderter Form übernommen. Abweichende
Meinungen vertreten die von der Stiftung Warentest beauftragten Wissenschaftler zu den Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken. Die von der STIKO empfohlene generelle Impfung aller Menschen ab 60 Jahren gegen
diese beiden Krankheiten wird in dem Artikel als „wenig sinnvoll“ eingeschätzt. Diese Beurteilung hält die STIKO für derzeit nicht zutreffend. Sie kann möglicherweise dazu führen, dass ältere Menschen auf eine Impfung verzichten, die nachweislich schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle verhindern kann.

Influenzaimpfung

Die Ablehnung der generellen Impfung gegen Influenza ab 60 Jahren wird von Stiftung Warentest wie folgt begründet: „Das Immunsystem wird mit zunehmendem Alter schwächer – und reagiert immer schlechter auf die Impfung.“ Diese Feststellung ist richtig. Allerdings bedeutet die nachlassende Stärke des Immunsystems auch, dass im Fall einer Infektion mit Influenzaviren das Risiko eines schweren, unter Umständen tödlichen Krankheitsverlaufs zunimmt. Gerade deshalb empfiehlt die STIKO die Influenzaimpfung für diese Zielgruppe, selbst wenn die Wirksamkeit der Impfung schlechter ist als bei jüngeren Menschen. Individuell, aber auch je nach Grad der Übereinstimmung der Impfstoff-Antigene mit den in einer Saison zirkulierenden Influenzaviren, kann die Wirksamkeit der Impfung variieren. Aber selbst in einer Saison mit schlechter Übereinstimmung ist eine Impfung mit einer relativ geringen Schutzwirkung von 30 – 50 % [1,2] besser als gar kein Schutz. Zudem stehen Sicherheit und Verträglichkeit der bereits seit vielen Jahren verwendeten Totimpfstoffe (TIV) gegen die saisonale Influenza außer Frage. Daher empfiehlt nicht nur die STIKO die Influenzaimpfung aller älteren Menschen, sondern Impfkommissionen und Gesundheitsbehörden aller europäischen Länder. Es besteht unter Influenzaexperten Konsens, dass es derzeit keine effektivere Alternative zum Schutz gegen Influenza gibt als die jährliche Impfung.

Das in dem Artikel erwähnte Konzept, möglichst alle Kinder und Jugendlichen gegen Influenza zu impfen, um so vulnerable Gruppen wie z.B. Ältere indirekt zu schützen („Herdenschutz“), wird in Fachkreisen schon länger diskutiert. Dabei sind allerdings auch ethische Fragen (darf man Kinder und Jugendliche jährlich impfen mit dem primären Ziel, andere Menschen zu schützen?) und Fragen der Akzeptanz einer solchen Strategie zu berücksichtigen. In der Europäischen Union empfehlen nur wenige Länder die Impfung aller Kinder gegen Influenza. In Großbritannien ist die jährliche Impfung aller Kinder von 2 bis 17 Jahren ab 2014 geplant. Auch die STIKO wird sich mit diesem Thema befassen. In Deutschland ist aktuell eine Influenzaimpfung nur für Kinder und Jugendliche mit Grundkrankheiten empfohlen, da diese individuell am meisten von der Impfung profitieren.

Pneumokokkenimpfung

Die STIKO teilt die Einschätzung, dass die Studienlage zur Effektivität der Impfung aller Personen ab 60 Jahren gegen Pneumokokken unbefriedigend und teilweise widersprüchlich ist. Die Aussage, dass durch den 23-valenten Polysaccharidimpfstoff zwar mehr Serotypen abgedeckt werden, die Immunantwort jedoch geringer auszufallen scheint als nach Impfung mit dem 13-valenten Konjugatimpfstoff, hat auch die STIKO in einer früheren Stellungnahme bereits getroffen.[3] Wie sich diese Unterschiede letztlich auf den Schutz vor Erkrankungen auswirken, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Allerdings kann die Konsequenz dieser Unsicherheit nicht sein, älteren Menschen oder solchen, die wegen bestimmter Grundkrankheiten besonders gefährdet sind, gänzlich von der Impfung abzuraten. Es ist davon auszugehen, dass durch die Impfung zumindest ein teilweiser Schutz erreicht werden kann.[4,5] Eine ausführliche Stellungnahme zu dieser Problematik hat die STIKO am 20. Februar 2012 veröffentlicht.[3] Die STIKO beabsichtigt derzeit eine Überprüfung der Impfempfehlung gegen Pneumokokken, wenn die Ergebnisse der CAPITA-Studie, einer großen randomisierten Fall-Kontroll-Studie zur klinischen Schutzwirkung des 13-valenten Konjugatimpfstoffs bei Personen ab 65 Jahren in den Niederlanden [6], vorliegen. Bis dahin sollte den Empfehlungen der STIKO auch hinsichtlich der Pneumokokkenimpfung gefolgt werden.

Fazit

Die STIKO sieht aktuell keine Veranlassung zur Änderung ihrer Impfempfehlungen. Zum Schutz gegen Influenza ist die Entwicklung besserer Impfstoffe dringend wünschenswert, darauf hat auch die STIKO bereits hingewiesen.[7] Die Verfügbarkeit des attenuierten Lebendimpfstoffs (LAIV) ist eine erfreuliche Entwicklung, allerdings bietet er nur für Kinder, aber nicht für Erwachsene einen besseren Schutz als die konventionellen Totimpfstoffe. Für einige bereits zugelassene adjuvantierte bzw. virosomal-adjuvantierte Influenzaimpfstoffe wurde eine bessere Immunogenität gezeigt; der Nachweis, dass dies mit einer signifikant besseren Schutzwirkung gegen eine Influenzaerkrankung einhergeht, wurde bisher allerdings nicht erbracht.[8] Die STIKO beobachtet – wie für alle Impfungen – laufend die Studienlage und wird ihre Empfehlungen anpassen, wenn sich daraus relevante neue Erkenntnisse ergeben.

In der Tabelle „Impfkalender für Erwachsene“ (S. 87 unten im „Test“-Heft) schreibt Stiftung Warentest zu den Impfungen gegen Influenza und Pneumokokken: „Gängige Impfempfehlung wenig sinnvoll“. Diese pauschale Bemerkung ist aus Sicht der STIKO fahrlässig. Es besteht die Gefahr, dass auch Personen, für die z.B. aufgrund einer chronischen Krankheit oder weil sie zum medizinischen Personal gehören, unbestritten eine Impfindikation besteht, sich nicht impfen lassen. Die STIKO sieht keinen stichhaltigen Grund, älteren Menschen von der Impfung mit einem gut verträglichen Impfstoff abzuraten, der nachweislich schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle verhindern kann, nur weil die Schutzwirkung geringer ist als bei Jüngeren.

Ein Hinweis in dem Artikel auf weitere herstellerunabhängige Informationsangebote zu Impfungen, die von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unter www.impfen-info.de und vom Robert Koch-Institut unter www.rki.de/impfen angeboten werden, wäre hilfreich gewesen. Unter www.stiko.de sind die aktuellen Impfempfehlungen der STIKO sowie – unter dem Menüpunkt „Aufgaben und Methodik“ – eine ausführliche Darstellung ihrer wissenschaftlichen Vorgehensweise bei der Empfehlungserstellung abrufbar.

Literatur

  1. Janjua NZ, Skowronski DM, De Serres G, et al.: Estimates of influenza vaccine effectiveness for 2007-2008 from Canada‘s sentinel surveillance system: cross-protection against major and minor variants. J Infect Dis. 2012;205:1858 – 68
  2. Kissling E, Valenciano M; I-MOVE Case-Control Studies Team: Early estimates of seasonal influenza vaccine effectiveness in Europe among target groups for vaccination: results from the I-MOVE multicentre case-control study, 2011/12. Euro Surveill. 2012;17(15):pii=20146
  3. Robert Koch-Institut: Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI: Stellungnahme zur Impfung Erwachsener gegen Pneumokokken. Epid Bull 2012; 7:55 – 56
  4. Musher DM, Sampath R, Rodriguez-Barradas MC: The potential role for protein-conjugate pneumococcal vaccine in adults: what is the supporting evidence? Clin Infect Dis. 2011;52(5):633 – 40
  5. Fedson DS, Nicolas-Spony L, Klemets P, van der Linden M, Marques A, Salleras L, et al.: Pneumococcal polysaccharide vaccination for adults: new perspectives for Europe. Expert Rev Vaccines. 2011;10(8):1143 – 67.
  6. Hak E, Grobbee DE, Sanders EA, Verheij TJ, Bolkenbaas M, Huijts SM, et al.: Rationale and design of CAPITA: a RCT of 13-valent conjugated pneumococcal vaccine efficacy among older adults. Neth J Med. 2008;66(9):378 – 383
  7. Robert Koch-Institut: Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI: Änderungen der Empfehlungen zur Impfung gegen Influenza. Epid Bull 2010; 31:299 – 309
  8. Durando P, Icardi G, Ansaldi F: MF59-adjuvanted vaccine: a safe and useful tool to enhance and broaden protection against seasonal influenza viruses in subjects at risk. Expert Opin Biol Ther. 2010;10(4):639 – 51

Stand: 22.10.2012

Zusatzinformationen

Gesundheits­monitoring

In­fek­ti­ons­schutz

Forschung

Kom­mis­sio­nen

Ser­vice

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit

© Robert Koch-Institut

Alle Rechte vorbehalten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt.