Gesundheitsämter ermitteln nicht nur im Rahmen der Umgebungsuntersuchung Kontaktpersonen, die sich bei dem Fall angesteckt haben könnten, sondern erheben auch, wo sich ein Fall selbst angesteckt haben könnte (Quellensuche). Die betroffenen Personen werden hierfür vom Gesundheitsamt eingehend befragt, ob sie innerhalb der 14 Tage vor ihrem Symptombeginn Kontakt zu einem bestätigten Fall hatten und wenn ja, ob sich dieser Kontakt im Haushalt, am Arbeitsplatz oder in einer medizinischen Einrichtung zugetragen hat. Diese Informationen lassen sich nicht immer ermitteln, sie liegen nur für einen Teil der Fälle vor.
Das wahrscheinliche Infektionsumfeld wird ebenfalls erhoben und in die Meldesoftware eingegeben. Die Daten und Entwicklungen werden dienstags im Situationsbericht veröffentlicht. Tatsächlich ist es in der Praxis für Gesundheitsämter und Betroffene oft sehr schwer, den exakten Infektionsort zu bestimmen. Die Inkubationszeit ist mit bis zu 14 Tagen sehr variabel und die Symptome beginnen schleichend und sind oft unspezifisch. Übertragungen können auch von Personen ausgehen, die (noch) keine Symptome zeigen. In den 14 Tagen vor Symptombeginn kann sich ein COVID-19 Fall an vielen möglichen Orten und Umständen angesteckt haben. Eine eindeutige Aufklärung der eigenen Infektionsumstände ist daher für sehr viele Einzelfälle nicht möglich. Die Angaben hierzu im Meldewesen sind daher nur mehr oder weniger hohe Wahrscheinlichkeiten, keine Gewissheiten.
Gemäß Infektionsschutzgesetz soll auch übermittelt werden, ob die COVID-19-Fälle in einer für den Infektionsschutz relevanten Einrichtung betreut, untergebracht oder tätig sind. Dabei wird zwischen verschiedenen Arten von Einrichtungen unterschieden (z.B. betreut oder tätig in einer Gemeinschaftseinrichtung, einer medizinischen Einrichtung oder einer Gemeinschaftsunterkunft. Auch diese Daten erscheinen täglich im Situationsbericht. Da Angaben zu Betreuung, Unterbringung und Tätigkeit bei einem Teil der Fälle fehlen, sind die Anteile der Fälle mit einer Betreuung, Unterbringung oder Tätigkeit in den einzelnen Einrichtungen als Mindestangaben zu verstehen. Betreuung oder Tätigkeit in einer Einrichtung ist nicht gleichbedeutend mit einem Infektionsort in derselben. Aus den Angaben zur Einrichtung kann also nicht direkt auf den Infektionsort geschlossen werden – die Angaben sollen vielmehr das Gesundheitsamt frühzeitig in die Lage zu versetzen, nach Auftreten des Falls in diesen Einrichtungen Infektionsschutzmaßnahmen zu treffen und z.B. durch Betretungs- oder Tätigkeitsverbote oder auch Schließungen die weitere Verbreitung des Erregers zu verhindern.
Da eine eindeutige Aufklärung der eigenen Infektionsumstände für sehr viele Einzelfälle nicht möglich ist, ist die Aufarbeitung von COVID-19-Ausbruchsgeschehen umso wichtiger. Die Gesundheitsämter ermitteln im Umfeld von Fällen, ob weitere Fälle auftreten. Solche Ausbruchsgesehen werden den Landesbehörden und dem RKI ebenfalls übermittelt. Die bisherigen Daten zeigen, dass Ausbrüche in vielfältigen Settings in Deutschland stattfinden und dass daher ein breiter Präventionsansatz mit Beachtung der AHA+L-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmasken und Lüften) in allen Lebenswelten essenziell ist, um COVID-19-Ausbrüche zu verhindern. Auswertung von Ausbrüchen sind im Epidemiologischen Bulletin 38/2020 abrufbar und werden seit dem 20.10.2020 jeden Dienstag im Situationsbericht veröffentlicht. Die Daten sind auf der Webseite verfügbar: www.rki.de/covid-19-ausbruchsdaten.
Für die zielgerichtete Prävention von COVID-19-Infektionen und -Ausbrüchen ist es wichtig zu wissen, unter welchen Bedingungen sich Infektionsübertragungen besonders leicht ereignen und Ausbrüche entstehen.
Die Ausweisung von Ausbrüchen dient in erster Linie der Erleichterung der Arbeit im Gesundheitsamt und besseren Zusammenarbeit zwischen beteiligten Gesundheitsämtern. Wie Ausbrüche in den Gesundheitsämtern als solche gekennzeichnet werden, ist sehr unterschiedlich und hängt von den Gegebenheiten vor Ort sowie der Charakteristika der Ausbrüche ab. Manchmal kann es sinnvoll sein, einen größeren Ausbruch in mehrere kleinere Cluster zu unterteilen, sodass die absolute Anzahl der übermittelten Ausbrüche nicht immer aussagekräftig ist.
Auch bei Ausbruchsgeschehen wird erfasst, in welchem Infektionsumfeld sie sich ereignen. Dabei kann zwischen Wohnstätten, Übernachtungen, Arbeitsplatz, Ausbildungsstätten, medizinischen Behandlungseinrichtungen, Betreuungseinrichtungen, Freizeit, Speisestätten, Verkehrsmitteln, und sonstigen unterschieden werden. Es sind jeweils weitere Unterteilungen möglich. Allerdings sind auch diese Angaben mit Vorsicht zu interpretieren: Die Zuordnung ist nicht immer eindeutig. Trotz der Vielzahl der Auswahlmöglichkeiten werden nicht alle Settings abgedeckt, in denen es zu Ausbrüchen kommt. Die Gesundheitsämter hatten zudem während der Krisensituation der ersten Welle aufgrund des hohen Aufkommens von Fällen häufig nicht die Kapazität, detaillierte Informationen zu Ausbrüchen zu erheben und zu übermitteln. Im Mittelpunkt stand zu dieser Zeit die Übermittlung der Fälle.
Viele Erkenntnisse zu besonderen Übertragungsrisiken werden nicht direkt aus dem Meldewesen- Surveillancedaten gewonnen, sondern aus der aktiven Beteiligung des RKI an Ausbruchsuntersuchungen, beispielsweise in Tirschenreuth.
An einzelnen Ausbruchsgeschehen können Übertragungswege manchmal im Rahmen von Studien genauer nachvollzogen werden
Für weitere Informationen siehe auch „Wie funktioniert der Meldeweg und welche Informationen zu den Erkrankten werden an das RKI übermittelt?“.
Stand: 02.12.2020