Aufgrund häufiger Anfragen bzgl. der Validierbarkeit der abschließenden Wischdesinfektion, d.h. wenn keine weiteren Schritte der Desinfektion oder Sterilisation im Rahmen der Aufbereitung von semikritischen Medizinprodukten folgen, weisen wir auf unsere nachfolgende fachliche Erläuterung hin.
Gemäß §8 Abs. 1 MPBetreibV soll die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers mit geeigneten validierten Verfahren so durchgeführt werden, dass der Erfolg dieser Verfahren nachvollziehbar gewährleistet ist und die Sicherheit und Gesundheit von Patienten, Anwendern oder Dritten nicht gefährdet wird.
Bezüglich der Aufbereitung von Medizinprodukten verweisen wir auf die in § 8 Absatz 2 MPBetreibV genannte Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionshygiene "Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten" (>> Bundesgesundheitsbl 2012, 55:1244–1310).
Laut Ziffer 1.3 der oben genannten Empfehlung sollen mit der Validierung der Aufbereitungsprozesse auch die Parameter definiert werden, die erforderlich sind, um zu belegen, dass der jeweilige Prozess (Einzelschritt der Aufbereitung, z.B. der Reinigung, Desinfektion bzw. Sterilisation von Medizinprodukten) in einer Form durchlaufen wurde, die die Erzielung der jeweils vorgegebenen Spezifikationen garantiert. Weiterhin soll die Validierung dem Medizinprodukt und seiner Risikobewertung und Einstufung angemessen sein und nach den anerkannten Regeln der Technik unter Berücksichtigung des Standes von Wissenschaft und Technik erfolgen.
Unter Ziffer 2.2.2 wird ferner aufgeführt „Die Anwendung manueller Verfahren setzt bei Verfügbarkeit maschineller Verfahren voraus, dass der Beleg über die Äquivalenz der Leistungsfähigkeit manueller und maschineller Verfahren erbracht wurde“.
Eine Möglichkeit, manuelle Reinigungs- und Desinfektionsverfahren von semikritischen Medizinprodukten zu validieren, eröffnet die Leitlinie der DGSV, DGKH und des AKI in Kooperation mit dem VAH „Leitlinie zur Validierung der manuellen Reinigung und manuellen chemischen Desinfektion von Medizinprodukten“ aus dem Jahre 2013. Dort sind unter Ziffer 3 im Anwendungsbereich explizit Medizinprodukte, für die eine abschließende Wischdesinfektion vorgesehen ist, ausgeschlossen. Als validierbares Verfahren wird dagegen in der Leitlinie die Tauchdesinfektion aufgeführt. Dort wird von den Autoren der Leitlinie detailliert aufgeführt, wie eine abschließende Desinfektion im Tauchverfahren validiert werden kann. Bei Tauchverfahren ist ein Desinfektionsmittel, dessen Wirksamkeit z.B. durch entsprechende Gutachten bzw. Aufnahme in die VAH-Liste belegt wurde, einzusetzen. Da keine mechanische Komponente bei der Tauchdesinfektion vorgesehen ist, sind dort allenfalls Prüfungen der vollständigen Benetzung des Medizinproduktes erforderlich für eine sachgerechte Validierung.
Bei Desinfektionsverfahren durch Wischen ist hingegen die ausreichende Ausbringung des Desinfektionswirkstoffes auf alle zu desinfizierenden Oberflächen durch eine manuelle mechanische Krafteinwirkung erforderlich. Dabei sind auch die unterschiedlichen Geometrien der Medizinprodukte sowie etwaige Spalten zu berücksichtigen. Dies wäre zudem auch bei Oberflächen mit altersbedingten Abnutzungserscheinungen (z.B. Kratzer) zu gewährleisten. Dieser manuelle Verfahrensschritt müsste von jeder die Aufbereitung durchführende Person bei den konkret vorliegenden Medizinprodukten in der jeweiligen Einrichtung reproduzierbar belegt werden. Uns ist keine Leitlinie oder Norm bekannt, die für die Gewährleistung dieser Anforderung als angemessene Grundlage dienen könnte. Auch ist für uns bislang nicht ersichtlich, wie dies im Rahmen der Validierung des Aufbereitungsprozesses vor Ort validiert werden könnte.
Daher sehen wir eine Validierbarkeit der abschließenden Wischdesinfektion von semikritischen Medizinprodukten derzeit als nicht gegeben an.
Abschließend möchten wir ergänzen, dass gemäß KRINKO-BfArM-Empfehlung als keimarme Medizinprodukte, die einer Validierung des Aufbereitungsverfahrens bedürfen, semikritische Medizinprodukte verstanden werden. Unkritische Medizinprodukte, wie auch sonstige zu desinfizierenden Oberflächen im Gesundheitswesen, bedürfen dieser Validierung gemäß §8 Abs. 1 MPBetreibV nicht. Dafür ist eine Anwendung von Wischverfahren grundsätzlich möglich.
Stand: 20.11.2020
siehe auch die Information (Stand: Oktober 2021) der zuständigen Obersten Landesbehörden für Medizinprodukte, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Robert Koch-Institut (RKI)
Stand: 04.11.2021