Die Wirksamkeit, eine Masernerkrankung durch Impfung zu verhindern (Impfeffektivität), wurde vor kurzem in einer systematischen Übersichtsarbeit zusammengefasst (1). Unabhängig vom Impfalter (mindestens aber 9 Monate) und geographischer Region beträgt die Effektivität einer Masern-Impfstoffdosis im Durchschnitt 91%. Aus Europa wurden insgesamt 14 Studien in die Übersichtsarbeit eingeschlossen, wobei in den identifizierten Studien eine Spanne bezüglich der ermittelten Effektivität von 79% bis 99% zu finden ist. Die Impfeffektivität der zweimaligen Masernimpfung zur Verhinderung einer Masernerkrankung wurde in dieser Übersichtsarbeit unter Berücksichtigung von Studien aus Europa je nach Studie mit 93 bzw. 99% angegeben (1).
Wenn alle Kinder nur einmal gegen Masern geimpft würden, könnten Masernausbrüche nicht verhindert werden, da hierzu mindestens 95% der Bevölkerung immun gegen die Masern sein müssen (2). Aus diesem Grund wird eine zweifache Impfung allgemein – auch von der WHO – empfohlen und weltweit in den meisten Ländern umgesetzt. Diese führte zur Elimination der Masern zum Beispiel auf dem nord- und südamerikanischen Kontinent sowie in einigen europäischen Ländern. Die zweite Impfung gegen Masern reduziert entscheidend den Anteil der Kinder, die nach der ersten Impfung empfänglich für die Masern geblieben sind (etwa 10% aller einmalig Geimpften).
Die Wirksamkeit, eine Mumpserkrankung zu verhindern, liegt für die einmalige Mumpsimpfung (Jeryl-Lynn-Stamm) bei Kindern und Jugendlichen bei 64-66% (3). Nach zweimaliger Impfung sind 83-88% der Geimpften wirksam geschützt. Für die Rötelnimpfung liegen nur wenige klinische Daten für die Effektivität der Impfung vor. Nach einer Impfung gegen Röteln weisen 95% der im Alter von ≥ 12 Monaten geimpften Kinder schützende Antikörper auf; nach zweimaliger Impfung sind es 99% (4). D.h. insbesondere für eine höhere Schutzrate gegen Mumps ist eine zweimalige MMR-Impfung erforderlich.
Eine Titerkontrolle nach der ersten MMR-Impfung ist möglich, ist jedoch nach STIKO-Empfehlungen nicht sinnvoll. Falsch positive Laborbefunde können für alle zu testenden Komponenten nicht ausgeschlossen werden. Da aktuell kein monovalenter Mumpsimpfstoff verfügbar ist, soll vorzugsweise ein Kombinationsimpfstoff gegen MMR verwendet werden. So müssten Titerkontrollen zu allen drei Komponenten durchgeführt werden, was auch mit entsprechenden Kosten verbunden ist, wenn dieses routinemäßig bei allen Kindern erfolgt. Etwa 10% der Kinder müssten nach einer Titerkontrolle aufgrund einer unzureichenden Immunität allein gegen Masern eine weitere Impfung erhalten. Andere Kinder müssten eine weitere MMR-Impfung erhalten, wenn keine ausreichende Immunität gegen Mumps aufgebaut werden konnte. Dies würde ca. 35% der Kinder betreffen.
Zudem sollte überlegt werden, dass es sich bei der venösen Blutentnahme, die für eine Titerkontrolle notwendig ist, um einen medizinischen Eingriff handelt. Eine Blutentnahme stellt für das Kind unter Umständen eine erhebliche Belastung dar. Auch hier können unerwünschte Wirkungen auftreten (z.B. Infektionen, Blutungen). Zudem stellt sich die Frage, in wie fern venöse Blutentnahmen bei allen einmalig gegen MMR geimpften Kindern, die nachfolgende Beurteilung der serologischen Befunde und die dann ggf. anfallenden Wiedervorstellungen von Kindern, die eine zweite MMR-Impfung benötigen, im Praxisalltag organisatorisch umsetzbar sind.
Die MMR-Impfung ist eine sichere Impfung. Unerwünschte Wirkungen treten insbesondere nach der zweiten Impfung nur sehr selten auf.
1) Uzicanin A, Zimmermann L: Field Effectiveness of Life Attenuated Measles-Containing Vaccines: A Review of Published Literature. JID 2011; 204: S133-S148
2) Gay NJ: The theory of measles elimination: implications for the design of elimination strategies. JID 2004; 189 (Suppl 1): S27-S35
3) Demicheli V, Rivetti A, Debalini MG, Di Pietrantonj C: Vaccines for measles, mumps and rubella in children. Cochrane database of systematic reviews. 2012; 2:CD004407. Epub 2012/02/18
4)CDC: Prevention of measles, rubella, congenital rubella syndrome, and mumps, 2013. Summary recommendations of the ACIP. MMWR 2013; 62, No 4
Stand: 13.08.2013