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Schutzimpfung gegen Diphtherie: Häufig gestellte Fragen und Antworten

Stand: 25.6.2020

Wer sollte sich wann gegen Diphtherie impfen lassen?

Die STIKO empfiehlt die Diphtherie-Impfung als Standardimpfung allen Säuglingen, Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen (siehe Impfkalender der STIKO). Jeder, der nicht über einen aktuellen Impfschutz gegen Diphtherie verfügt, sollte gegen Diphtherie geimpft werden.

Ein aktueller Impfschutz besteht, wenn eine vollständige Grundimmunisierung und eine Auffrischimpfung in den letzten 5-10 Jahren durchgeführt worden ist.

Die STIKO empfiehlt die Grundimmunisierung gegen Diphtherie mit Kombinationsimpfstoffen durchzuführen, um dem Säugling Impftermine und Impfungen zu ersparen. Je nachdem welcher Impfstoff verwendet wird (2-, 3-, 5- oder 6-fach Impfstoffe), sind unterschiedliche Impfschemata zu verwenden.

Die Grundimmunisierung sollte bei reifgeborenen Säuglingen im Alter von 2 Monaten begonnen werden. Für die 6-fach-Impfung bei der neben Diphtherie auch gegen Tetanus, Pertussis, Polio, Haemophilus influenzae Typ b und Hepatitis B immunisiert wird empfiehlt die STIKO ein 2+1 Schema mit Impfungen im Alter von 2, 4 und 11 Monaten.
Um einen Langzeitschutz aufzubauen, ist es besonders wichtig den Abstand von 6 Monaten zwischen der zweiten und der dritten Impfung nicht zu unterschreiten.

Frühgeborene sollen aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems nach dem 3+1-Impfschema, mit vier Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten geimpft werden.

Die erste Auffrischimpfung sollte im Alter von 5-6 Jahren erfolgen und die zweite Auffrischimpfung im Alter von 9-17 Jahren, weitere Auffrischungen alle 10 Jahre.

Fehlende oder unvollständige Grundimmunisierungen sollte unbedingt auch noch im späteren (Erwachsenen-) Alter nachgeholt bzw. vervollständigt werden. Daher sollte auch bei Erwachsenen routinemäßig der Impfstatus überprüft und ggf. aufgefrischt werden.

Näheres siehe in den aktuellen Empfehlungen der STIKO und unter Häufig gestellte Fragen und Antworten zum Impfschema.

Empfehlungen der STIKO zu Nachholimpfungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unvollständigem oder unbekanntem Impfstatus gegen Diphtherie (inklusive potentieller Impfstoffe für die Erstimmunisierung von Kindern > 5-6 Jahre und Erwachsenen) finden Sie in Abschnitt 6 (Empfehlungen zu Nachholimpfungen) in den aktuellen Empfehlungen der STIKO.

Stand: 25.06.2020

Muss eine Grundimmunisierung gegen Diphtherie wiederholt werden, wenn sie mehr als zehn Jahre zurückliegt oder reicht eine Auffrischimpfung?

Jede Impfung zählt! Eine einmal erfolgte Grundimmunisierung gegen Diphtherie muss daher auch bei einem Abstand von mehr als 10 Jahren nicht wiederholt werden, sondern es reicht eine Auffrischimpfung. Auffrischimpfungen sollten aufgrund eines über die Zeit nachlassenden Schutzes alle 5-10 Jahre durchgeführt werden. Weitere Informationen hierzu finden Sie in Abschnitt "Empfehlungen zu Nachholimpfungen" in den aktuellen Empfehlungen der STIKO.

Stand: 20.11.2019

Warum erhalten Säuglinge und Kleinkinder einen anderen Impfstoff als Kinder, Jugendliche und Erwachsene?

Der Diphtherieimpfstoff für Säuglinge und Kleinkinder enthält ca. 20 IE Diphtherietoxoid (mit „D“ gekennzeichnet). Ab dem Alter von 5 Jahren wird für die Auffrischimpfung und Grundimmunisierung ein Impfstoff mit reduziertem Diphtherietoxoid-Gehalt verwendet (ca. 2 IE Diphtherietoxoid; gekennzeichnet durch „d“). Dieses Vorgehen beruht zum einen auf Beobachtungen, dass Personen, die durch eine frühere Impfung bereits gegenüber dem Diphtherietoxoid sensibilisiert sind, häufiger und stärkere lokale Nebenwirkungen entwickeln bei Gabe des höher dosierten Impfstoffs als bei Gabe des niedriger dosierten Impfstoffs. Zum anderen konnten Studien zeigen, dass der niedriger dosierte Impfstoff ab dem Alter von 5 Jahren eine ausreichende Immunantwort erzielt, wenn er für die Grundimmunisierung bei Diphtherietoxoid-naiven verwendet wird, wie auch bei Verwendung für die Auffrischimpfung.

Stand: 20.11.2019

Wie wirkt die Diphtherie-Impfung und gegen was schützt sie?

Die Diphtherie-Impfung richtet sich gegen das Diphtherie-Toxin (DT), das von DT-produzierenden Stämmen der drei Spezies Corynebacterium (C.) diphtheriae, C. ulcerans und C. pseudotuberculosis produziert werden kann. Der Impfstoff enthält durch Formalin inaktiviertes DT des C. diphtheriae, ein sogenanntes Toxoid, welches eine immunogene, aber keine toxigene Wirkung mehr hat. Die durch die Impfung oder durch eine Infektion hervorgerufenen Antikörper werden als Antitoxin bezeichnet.

Die Impfung bietet einen zuverlässigen Schutz gegen die Symptome der Diphtherie, nicht aber vor der Infektion bzw. Kolonisation mit dem Erreger. Somit können Personen trotz Impfung und bestehender Immunität Träger und Überträger DT-produzierender sog. toxigener Corynebakterien sein oder auch an Infektionen erkranken, die durch nicht-toxigene Corynebakterien hervorgerufen werden. Bei letzteren Infektionen handelt es sich dann aber nicht um die DT-vermittelte Diphtherie.

Stand: 20.11.2019

Was ist Diphtherie?

Diphtherie ist eine bakterielle Infektion, die bei Befall der Rachenschleimhäute die charakteristischen klinischen Symptome Halsschmerzen und festanhaftende Belege im Rachen hervorruft (sog.Rachendiphtherie). Bei Befall der Haut kann die Infektion mit schmierig belegten Hautstellen/Wunden einhergehen (sog. Hautdiphtherie). Diese klinischen Symptome werden durch das Diphtherie-Toxin (DT) von DT-produzierenden Stämmen der drei Bakterien-Spezies Corynebacterium (C.) diphtheriae, C. ulcerans, und C. pseudotuberculosis (sog. toxigene Corynebakterien) hervorgerufen.

Das DT führt zum Absterben der infizierten Zellen. Bei der klassischen Rachendiphtherie führt dieser Zelltod zur Bildung von Belägen (sog. Pseudomembranen) im Rachenbereich. Diese können bei Verlegung der Luftwege zum Erstickungstod führen. Andere typische Verlaufsformen der Diphtherie sind die Haut- bzw. Wunddiphtherie oder die Nasendiphtherie, die blutigen Nasenausfluss hervorruft. Selten können auch Schleimhäute im Genitalbereich oder der Konjunktiven betroffen sein. Neben der lokalen Toxinwirkung können auch systemische Symptome (Herzmuskel- oder Nervenentzündung) auftreten.

Corynebakterien, die kein DT produzieren, können keine Diphtherie hervorrufen. Diese nicht-toxigenen Corynebakterien können aber zu anderen Erkrankungen führen, wobei das klinische Bild von Halsschmerzen bis hin zu Fällen schwerer Herzklappenentzündung reichen kann.

Stand: 20.11.2019

Warum spricht man bei der Diphtherie-Impfung von Gemeinschaftsschutz, obwohl die Impfung keinen Schutz vor der Diphtherieinfektion/ -kolonisation bietet?

Die Virulenz des Diphtherie-Erregers entsteht durch das Diphtherie-Toxin (DT). Das DT ermöglicht es dem Bakterium, sich an Zellen anzuheften, in diese einzudringen und diese zu zerstören. Die dadurch verursachte Gewebeschädigung begünstigt die Vermehrung und Übertragung des Bakteriums; toxigene Stämme haben somit einen Überlebensvorteil gegenüber nicht-toxigenen Stämmen.

Die Schutzwirkung der Diphtherieimpfung beruht auf der Antikörperbildung gegen das DT. Diese bewirkt nicht nur einen Schutz vor Diphtherie-Symptomen für das geimpfte Individuum, sondern führt auf Populationsebene auch zu einer Abnahme der Zirkulation toxigener Corynebakterien in einer ausreichend geimpften Bevölkerung (sog. Herdenimmunität) .

Ca. 43% der Erwachsenen haben in den letzten 10 Jahren keine empfohlene Auffrischimpfung erhalten [1]. Dank guter Impfraten unter Kindern und Jugendlichen (> 90% Kinder haben eine abgeschlossene Impfserie aus Grundimmunisierung und 1. Auffrischimpfung erhalten) zirkulieren kaum noch toxigene Corynebakterien in der Bevölkerung. Somit sind auch Personen, die keinen serologischen Schutz haben, in einer Population mit hohen Durchimpfungsraten aufgrund des Gemeinschaftsschutzes und der daraus resultierenden (äußerst) geringen Zirkulation toxigener Stämme vor einer Infektion mit toxigenen Corynebakterien geschützt. Bei Reisen in Gebiete mit endemischem Vorkommen der Diphtherie fehlt ein solcher Schutz, da aufgrund niedriger Impfquoten eine höhere Zirkulation toxigener Corynebaktrien besteht. Hier ist das Risiko, an einer Diphtherie zu erkranken, bei nicht-geimpften Personen deutlich höher.

[1] Poethko-Müller, C. und Schmitz, R. Impfstatus von Erwachsenen in Deutschland – Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) Bundesgesundheitsbl 2013; 56:845–857

Stand: 20.11.2019

Es treten doch kaum noch Diphtherie-Fälle in Deutschland auf. Muss man sich trotzdem noch gegen Diphtherie impfen?

Auch wenn nur noch wenige Diphtheriefälle in Deutschland auftreten, sollte man sich sowohl zum eigenen Schutz als auch zur Aufrechterhaltung des Gemeinschaftsschutzes in der Bevölkerung weiterhin gegen Diphtherie impfen!

Seit Einführung der aktiven Impfung gegen Diphtherie ist weltweit die Zahl an Diphtherieerkrankungen um > 90% in der Zeit von 1980-2010 zurückgegangen (1980: ca. 152.000 Diphtheriefälle, 2010: ca. 4.600 Diphtheriefälle). Gemäß WHO-Daten wurden 2018 weltweit ca. 16.600 Diphtheriefälle aus 39 Ländern übermittelt. Die meisten Fälle wurden aus Indien (8788), dem Jemen (2609), Nigeria (1870) und Indonesien (1026) gemeldet.

In Deutschland wurden 2017 10 Diphtheriefälle an das RKI übermittelt, die sowohl das klinische Bild einer Diphtherie zeigten als auch labordiagnostisch oder epidemiologisch bestätigt wurden. 2018 waren es 26 Diphtheriefälle. Der zuletzt in Deutschland beobachtete Anstieg an Diphtheriefällen ist u.a. auf die seit 2017 ausgeweitete Meldepflicht für Diphtheriefälle ausgelöst durch Corynebacterium ulcerans zurückzuführen.

Die Impfquoten für Diphtherie lagen bei Kindern in Deutschland seit Beginn der jährlichen Erfassung von Impfquoten unter Schulanfängern im Jahr 2001 bis 2015 für die vollständige Grundimmunisierung kontinuierlich bei > 95,0%. Im Gegensatz dazu haben nur 57,1% der Erwachsenen in den letzten 10 Jahren eine Auffrischimpfung gegen Diphtherie erhalten - trotz bestehender STIKO-Empfehlung (Daten gemäß der 2008-2011 durchgeführten bundesweiten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1)). Die Erwachsenen profitieren demnach von dem guten, durch die hohen Impfquoten der Kinder bedingten Gemeinschaftsschutz (siehe auch die Frage "Warum spricht man bei der Diphtherie-Impfung von Gemeinschaftsschutz, obwohl die Impfung keinen Schutz vor der Diphtherieinfektion/ -kolonisation bietet?").

Weltweit haben jedoch nur 86% der Kinder eine Grundimmunisierung erhalten (2017: 85%). Ca. 14% der Kinder haben demnach keinen ausreichenden Impfschutz. Auf Reisen, vor allem in Länder mit niedrigeren Impfquoten, entfällt somit der in Deutschland bestehende Gemeinschaftsschutz. Daher sollte der Impfschutz vor Reisen in eines der zahlreichen Endemiegebiete unbedingt aktualisiert werden.

Die Diphtherie ist in vielen Ländern Afrikas, Asiens, des Südpazifiks und Osteuropas weiterhin endemisch. Oft treten die Fälle dabei in Ausbrüchen auf. So kam es z.B. seit 2011 zu größeren Ausbrüchen in Indonesien, Thailand und Laos. Die letzten ausgedehnten regionalen Epidemien in der WHO-EURO-Region traten in den 1990er Jahren in den GUS-Staaten und im Baltikum auf. Die Ukraine gehörte 2015 zu den acht Staaten weltweit (neben Syrien, Somalia, dem Südsudan, Nigeria, dem Tschad, der Zentralafrikanischen Republik und Äquatorial-Guinea) mit Diphtherie-Impfquoten unter Säuglingen von < 50%. Auch 2017 lag die Impfquote in der Ukraine bei den 1 Jahr alten Kindern bei 50%, in der gesamten ukrainischen Bevölkerung zwischen 50-59%, so dass es dort in Zukunft zu einem Anstieg von Diphtherie-Fällen kommen könnte.

Stand: 20.11.2019

Muss nach einer durchgemachten Diphtherie-Erkrankung trotzdem gegen Diphtherie geimpft werden?

Eine Diphtherieerkrankung erzeugt keine sichere und lang anhaltende Immunität. Nach vollständiger Genesung sollte daher, je nach dokumentiertem Impfstatus, eine Grund- bzw. Erstimmunisierung begonnen bzw. abgeschlossen werden oder eine Auffrischimpfung gegeben werden, wenn die letzte Impfung > 5 Jahre zurückliegt (für Details siehe auch die aktuellen Empfehlungen der STIKO und Ratgeber Diphtherie).

Stand: 20.11.2019

Wie kann es dazu kommen, dass unter gegen Diphtherie geimpften Personen Keimträger vorkommen können?

Die Virulenz des Diphtherie-Erregers entsteht durch das Diphtherie-Toxin. Die Diphtherie-Impfung richtet sich daher gegen das Diphtherie-Toxin, nicht gegen den Diphtherie-Erreger selbst. Die erzeugte antitoxische Immunität verhindert weitgehend Erkrankungen, nicht aber eine Infektion bzw. Kolonisation, sodass auch unter Geimpften Keimträger vorkommen können. Asymptomatische Keimträger, die mit toxigenen C. diphtheriae, C. ulcerans oder C. pseudotuberculosis besiedelt sind, sollten daher zur Sanierung antibiotisch mit Penicillin oder Erythromycin behandelt werden. Der Therapieerfolg sollte nach Abschluss der Therapie mit Rachen- und Nasenabstrichen bzw. bei Hautdiphtherie mit Rachen- und Hautabstrichen kontrolliert werden. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie im RKI-Ratgeber Diphtherie.

Stand: 20.11.2019

Was sollte bei Kontakt zu einer an Diphtherie erkrankten Personen getan werden (postexpositionelle Maßnahmen)?

Das Risiko einer Diphtherie-Infektion ist abhängig von der Nähe und Dauer des Kontaktes mit der erkrankten Person. Als „relevante“ Kontaktpersonen gelten z.B. Personen, die im selben Haushalt leben wie die erkrankte Person oder sich eine Wohnung/Flur/Küche mit der erkrankten Person teilen, Kinder in derselben Kindergartengruppe bzw. -einrichtung, Mitschüler, Personen mit engem körperlichen Kontakt zur erkrankten Person (z.B. Intimpartner), oder Personen, die ohne entsprechende Schutzmaßnahmen eine Mund-zu-Mund-Beatmung, Intubation (bei Rachendiphtherie) oder Wundversorgung (bei Haut-/Wunddiphtherie) vorgenommen haben.

Diese Kontaktpersonen sollten unabhängig von ihrem Diphtherie-Impfstatus eine postexpositionelle antibiotische Prophylaxe erhalten, z.B. mit Erythromycin (bei Unverträglichkeit auch Azithromycin oder Clarithromycin) oder Penicillin. Falls die letzte Diphtherie-Auffrischimpfung > 5 Jahre zurückliegt, sollte zudem eine Diphtherie-Auffrischimpfung erfolgen. Bei fehlender oder unvollständiger Grund- bzw. Erstimmunisierung sollte diese durchgeführt bzw. vervollständigt werden.
Weitere Informationen hierzu erhalten Sie im RKI-Ratgeber Diphtherie.

Stand: 20.11.2019

Warum sollten bei einer Erkrankung durch C. ulcerans oder C. pseudotuberculosis umgebende (Haus-) Tiere auf Diphtherie-Erreger untersucht werden?

Haus- und Nutztiere können für den Menschen eine Infektionsquelle für eine Infektion mit Corynebakterien darstellen. Vor allem bei Infektionen mit Diphtherietoxin-produzierenden (sog. toxigenen) Stämmen von Corynebacterium (C.) ulcerans, bei denen es sich in den meisten Fällen um Haut-/ oder Wunddiphtherie handelt, konnten (Haus-)Tiere wie Hund und Katze als Infektionsquelle ermittelt werden. Aber auch Wild- und Zootiere können Wirte für C. ulcerans sein. Bei Tieren kann C. ulcerans Brustdrüsenentzündungen oder nasalen Ausfluss hervorrufen. Natürlicher Wirt von C. pseudotuberculosis sind Nutztiere wie Schafe und Ziegen, bei denen das Bakterium die sog. Pseudotuberkulose, d.h. eine verkäsende Lymphadenitis mit Abszessen in den Lymphknoten, selten in der Lunge, hervorrufen kann. Eine Übertragung auf den Menschen ist sehr selten und dann vor allem mit einer beruflichen Exposition mit derartigen Tieren verbunden.

Es existieren derzeit keine evidenzbasierten Empfehlungen zum Umgang mit (symptomatischen oder asymptomatischen) tierischen Trägern von toxigenen C. spp. Es gibt jedoch einzelne Fallberichte, die eine erfolgreiche Eradikationstherapie bei Haustieren (Hund, Katze) im Rahmen des Infektionsschutz­managements humaner Erkrankungen beschreiben. Daher sollte der Nachweis von C. ulcerans und C. pseudotuberculosis Anlass geben, (Haus-) Tiere mit Kontakt zu einem humanen Diphtheriefall auf die Besiedelung mit C. spp. hin zu untersuchen und ggf. antibiotisch zu sanieren.

Stand: 20.11.2019

Wann und warum sollte Material zur weiteren kostenfreien Diagnostik ins Konsiliarlabor für Diphtherie gesandt werden?

Zur Festlegung des therapeutischen Vorgehens und der zu ergreifenden Infektionsschutzmaßnahmen muss bei jeglichem Nachweis eines potentiell toxigenen Corynebakteriums (C. diphtheriae, C. ulcerans, C. pseudotuberculosis) stets auch der Nachweis des Diphtherietoxins angestrebt werden. Die Corynebakterien-Stämme dieser Spezies lassen sich anhand ihres Diphtherietoxin (DT)-Status in drei Kategorien einteilen:

  1. toxigene Stämme (engl. toxigenic), die das tox-Gen tragen und aktives DT produzieren
  2. nicht-toxigene (engl. non-toxigenic) Stämme, die kein tox-Gen haben und folglich kein DT produzieren können und
  3. Stämme, die zwar das tox-Gen tragen, aber kein aktives DT produzieren (sog. Toxingen-positive nicht-toxigene Stämme (engl. non-toxigenic tox-bearing oder NTTB)).

Nicht-toxigene Stämme können durch Phagenkonversion die Fähigkeit zur DT-Produktion erwerben. Daher sollte bei Nachweis eines potentiell toxigenen Corynebakteriums stets der Nachweis des DT in zwei Schritten erfolgen:

  1. Molekularbiologischer Nachweis des tox-Gens mittels PCR. Bei Nachweis des tox-Gens handelt es sich um einen nach §7 IfSG meldepflichtigen Befund.
  2. Nachweis des DT mittels Immunpräzipitation (sichtbare Komplexbildung zwischen vom C. produzierten DT und dem Test-Antitoxin) im Elek-(Ouchterlony-)Test bei Isolaten, bei denen das tox-Gen in der PCR nachgewiesen werden konnte. Dies ist insbesondere zur Risikoabschätzung wichtig.

Da der Elek-Test in den meisten Laboren nur noch äußerst selten durchgeführt wird und auch die PCR nicht in allen Laboren etabliert ist, sollten verdächtige Stämme zum kostenfreien Toxin(-Gen)nachweis (PCR und Elek-Test) unverzüglich an das Konsiliarlabor für Diphtherie geschickt werden. Dort können auch Resistenztestungen, Stammdifferenzierungen und -typisierungen (z.B. mittels Multi Locus Sequenz Typsierung (MLST) oder Next Generation Sequencing (NGS) zur Identifizierung von Infektionsketten) durchgeführt werden. Detaillierte Informationen hierzu finden Sie im RKI-Ratgeber Diphtherie.

Adresse des Konsiliarlabors für Diphtherie
Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL)
Veterinärstraße 2, 85764 Oberschleißheim

Der Einsendeschein ist unter https://www.lgl.bayern.de abrufbar.

Stand: 20.11.2019

Wie wird eine Diphtherie behandelt?

Bei klinischer Verdachtsdiagnose einer respiratorischen Diphtherie sollte sofort eine spezifische Therapie mit Diphtherieantitoxin und eine Antibiotikagabe eingeleitet werden!

Das Diphtherie-Antitoxin neutralisiert zirkulierendes, noch nicht in Zellen eingedrungenes Diphtherietoxin und verhindert die Progression der Erkrankung. Antitoxin kann über die von den Landesapothekerkammern eingerichteten Notfalldepots für Arzneimittel (s. Notfalldepots Rote Liste) bezogen werden. Beim Diphtherie-Antitoxin handelt es sich um ein Immunglobulin vom Pferd. Daher kann es häufiger als bei menschlichen Immunglobulinen zu einer schweren anaphylaktischen Reaktion kommen. Entsprechend der Fachinformation des Herstellers sollte vor Antitoxin-Gabe eine Vortestung mit verdünntem Antitoxin erfolgen und die Gabe nur im Krankenhaus durchgeführt werden.

Die antibiotische Therapie dient der Eradikation des Bakteriums, kann aber nicht die Wirkung des Diphtherietoxins (DT) verhindern. Daher ersetzt die antibiotische Therapie nie eine indizierte Antitoxingabe!

Da bei der Hautdiphtherie in der Regel deutlich weniger DT freigesetzt wird als bei der Rachendiphtherie, ist die Entwicklung systemischer Symptome wie z.B. Myokarditis oder demyelinisierende periphere Neuritis deutlich seltener. Eine Antitoxin-Gabe wird daher bei der Hautdiphtherie in der Regel nicht empfohlen. Lediglich bei großen Ulcera (> 2cm2) mit Pseudomembranbildung kann eine Antitoxin-Gabe erwogen werden.

Stand: 20.11.2019

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