DRUCKHAFT
Drogen, chronische Infektionskrankheiten und soziale Determinanten der Gesundheit von Menschen in Haft (Pilotstudie)
Stand: 13.01.2025

Drogen, chronische Infektionskrankheiten und soziale Determinanten der Gesundheit von Menschen in Haft − Pilotstudie
Projektleitung: Ruth Zimmermann (FG 34)
Projektkoordination: Ida Sperle-Heupel, Gyde Steffen (FG34)
Projekt Mitarbeiterinnen: Antonia Genath (PAE), Renke Biallas (FG34) Eva Steinberger, Iris Hunger (ZIG-GS), Katja Kajikhina, Carmen Koschollek, Claudia Hövener (FG28)
Kooperationspartnern:
- JVA Bremen-Oeslebshausen mit Zweigstelle Bremerhaven
- AIDS-Hilfe Bremen
Finanzierung: RKI-Sonderforschungsmittel (Strang B)
Laufzeit: 01.01.2025 bis 31.12.2025
Ziele des Projektes:
- Prävalenzbestimmung von HBV, HCV und HIV und mit diesen Infektionen assoziierten Faktoren und Verhaltensweisen bei Menschen in Haft mit injizierendem Drogenkonsum
- Daten zur Versorgung dieser Infektionen in einer Haftanstalt zu gewinnen
- Pilotierung des Studiendesigns und Prüfung auf Machbarkeit und Akzeptanz.
Zusammenfassung
Weltweit sind unter Menschen in Haft Infektionen wie Hepatitis B, C (HBV, HCV) und HIV häufiger verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Injizierender Drogengebrauch, in Haft einhergehend mit fehlendem Zugang zu sterilen Konsumutensilien, ist dabei einer der Hauptursachen für die Verbreitung dieser Infektionen.
Obwohl es sich bei Gefängnissen um stark kontrollierte Einrichtungen handelt, sind Drogen in Haft verfügbar. In vorangegangenen Erhebungen des RKI unter Drogengebrauchenden gaben etwa 80% aller Teilnehmenden an, bereits inhaftiert gewesen zu sein, und ca. 30% der Teilnehmenden mit Hafterfahrung an, auch beim letzten Haftaufenthalt Drogen injiziert zu haben. Die Häufigkeit und Gesamtdauer früherer Inhaftierungen zeigte sich zudem unabhängig assoziiert mit einer erhöhten Prävalenz von HCV.
Weitere Risikofaktoren in Haft für die oben genannten Infektionen sind zudem ungeschützte (gewaltsame) sexuelle Kontakte, unter unhygienischen Bedingungen durchgeführte Tätowierungen und Piercings sowie ein eingeschränkter Zugang zu Präventions- und Versorgungsangeboten. Soziale Determinanten der Gesundheit wie z.B. Herkunft aus Ländern mit höherer Prävalenz oder ein niedrigerer Bildungsstand können die Krankheitslast, sowie das Wissen um die Infektionen und die Inanspruchnahme medizinischer Angebote beeinflussen.
Stigma von sexuell und durch Blut übertragenen Infektionen kann eine zusätzliche Barriere für Testung und Behandlung in Haft darstellen. Die medizinische Versorgung in Haft liegt in Deutschland bei den Landesjustizministerien, was bei Haftantritt den Verlust der gesetzlichen Krankenversicherung zur Folge hat und bei Entlassung zu einer Diskontinuität der Versorgung führt. Dies ist vor allem für die Fortführung von Substitutionsbehandlung und antiviraler Therapie problematisch und besonders kritisch bei häufiger kurzzeitig inhaftierten Drogengebrauchenden zu werten.
Die Pilotstudie Drogen, chronische Infektionskrankheiten und soziale Determinanten der Gesundheit von Menschen in Haft zielt darauf ab, Daten zur Prävalenz von HBV, HCV und HIV, Demographie, Präventions- und Risikoverhalten, Zugang zu Prävention und Versorgung sowie Wissen und Einstellungen in einer Haftanstalt zu gewinnen. Es handelt sich dabei um die JVA Bremen mit Zweigstelle Bremerhaven. In Bremen gibt es keine weiteren Justizvollzugsanstalten, so dass Daten der Gefangenenpopulation eines Bundeslandes gewonnen werden. Zudem soll die Machbarkeit einer solchen Datenerhebung geprüft werden, um diese in Zukunft in anderen Haftanstalten zu wiederholen, dadurch belastbarere Daten zu Drogen und chronischen Infektionskrankheiten bei Menschen in Haft zu erhalten und eine Grundlage für die Anpassung von Präventions- und Versorgungsangeboten in Haft zu schaffen.
Das Projekt gliedert sich in 4 Arbeitspakete:
AP1 Vorbereitung der Datenerhebungen (Ethik, Datenschutz, Studiendokumente, Kooperationen)
AP2 Quantitative Datenerhebung bei inhaftierten Personen
AP3 Qualitative Befragung des Personals
AP4 Datenauswertung und Berichterstattung
Erwartete Ergebnisse
Die erhobenen Daten ermöglichen eine Bewertung der aktuellen Abdeckung von Maßnahmen zur Schadensminimierung und Prävention für Menschen in einer Haftanstalt. Dazu gehören der Zugang zu Substitutionsbehandlungen, sauberen Drogenkonsumutensilien, HBV-Impfungen sowie Testungen und Behandlungen von HCV, HBV und HIV. Ebenso wird die Prävalenz dieser Infektionen erfasst. Darüber hinaus können spezifische Risikogruppen und Hindernisse beim Zugang zu diesen Maßnahmen identifiziert werden. Die Ergebnisse liefern wichtige Hinweise darauf, wie Maßnahmen in Haft auf verschiedenen Ebenen angepasst und optimiert werden können.