Informationen zu einem internationalen Ausbruchsgeschehen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien im Zusammenhang mit Temperaturregulierungsgeräten bei Herzoperationen
Stand: 26.09.2019
In einigen europäischen Ländern wurden bis zu 10 Jahre nach Herzoperation invasive Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien festgestellt. Inzwischen wurden weltweit mehr als 100 invasive Mycobacterium-chimaera-Infektionen registriert. Ursache für die Infektionen sind Temperaturregulierungsgeräte (Heater Cooler Units), die während Herzoperationen verwendet wurden und mit dem Erreger verunreinigt waren. Die Übertragung erfolgte wahrscheinlich durch Aerosolbildung.
In Deutschland wurden zwischen April 2015 und Oktober 2018 insgesamt 11 gesicherte Fälle an das Robert Koch-Institut übermittelt. Darüber hinaus wurden weitere Fälle an das RKI übermittelt, Nachforschungen haben jedoch gezeigt, dass keine Exposition zu einem Temperaturregulierungsgerät vorlag; diese Infektionen können dem Ausbruchsgeschehen daher nicht zugerechnet werden.
In den 11 gesicherten Fällen waren die Patienten (10 Männer und eine Frau) zum Zeitpunkt der Infektion zwischen 26 und 80 Jahren alt (Mittelwert 63 Jahre). In zehn Fällen wurde Mykobakterium chimaera nachgewiesen, in einem Fall Mykobakterium chelonae. Die Fälle wurden aus 5 verschiedenen Kliniken übermittelt, es handelt sich um ein überregionales nosokomiales Ausbruchsgeschehen. Aufgrund des epidemiologischen Zusammenhangs bei Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien nach Exposition zu Temperaturregulierungsgeräten im Rahmen von Herzoperationen besteht ein Meldetatbestand gemäß § 6 Absatz 3 Infektionsschutzgesetz. Die Meldung von nosokomialen Infektionen erfolgt nichtnamentlich an das zuständige Gesundheitsamt, die weitere Übermittlung an die Landesstelle und das Robert Koch-Institut.
In allen 11 Fällen gab es im Vorfeld der Diagnose eine Operation, bei der eine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt wurde. Die Zeitspanne zwischen Exposition und Infektion betrug zwischen weniger als 1 Jahr und 5 Jahre. Die letzte vermutliche Erregerübertragung fand im April 2015 statt. Bei diesen Daten handelt es sich um Surveillance-Daten. Aufgrund der teilweise langen Latenz zwischen Herzoperation und Diagnose der Infektion ist von einer Untererfassung auszugehen. Weiterhin könnten Fälle im Rahmen der Surveillance übermittelt werden, die nicht dem eigentlichen Ausbruchsgeschehen zuzurechnen sind, da unter anderem nicht alle atypischen Mykobakterien typisiert werden.
Das Robert Koch-Institut hatte das Bundesministerium für Gesundheit und die Landesgesundheitsbehörden frühzeitig über das Geschehen informiert und stand von Anfang an mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM, Link siehe unten), den Fachgesellschaften und dem Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Mykobakterien in Borstel in engem Kontakt. Eine Einsendung von Isolaten, die möglicherweise mit dem Ausbruchsgeschehen in Verbindung stehen, an das NRZ für Mykobakterien (Link siehe unten) zur weiteren Typisierung ist auch weiterhin sinnvoll.
Veröffentlichungen
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