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Polio-Laborcontainment: Hintergründe und Kernaussagen

Poliowildviren Typ 2 (WPV2) und Typ 3 (WPV3) sind eradiziert

WPV2 wurde im September 2015 durch die Globale Zertifizierungskommission für die Polioeradikation (GCC) für global eradiziert erklärt, WPV3 im Oktober 2019.

Somit konnten bereits zwei der drei Poliovirustypen ausgerottet werden.

Eradiziert bedeutet, dass Poliowildviren Typ 2 und 3 weder in der Bevölkerung noch in der Umwelt (Abwasserproben) präsent sind und keine Erkrankungsfälle durch diese Viren mehr auftreten.

Im Mai 2016 wurde die Verwendung des oralen Lebendimpfstoffes Poliovirus Typ 2 (OPV2) als Routine-Impfung für Kinder weltweit gestoppt. Der Kombinationsimpfstoff enthält seither noch OPV1 und 3 und wird daher als bivalent bezeichnet. Die OPV2-Komponente wurde durch eine zusätzliche Dosis mit einem inaktivierten Impfstoff (IPV) ersetzt, der alle 3 Poliovirus Serotypen enthält. Auch nachdem auch WPV3 eradiziert wurde, wird vorerst weiterhin mit dem bivalentem OPV (OPV1 + OPV3) geimpft.

Alle Polioviren Typ 2 (WPV2, OPV2, VDPV2) müssen vernichtet oder angemessen unter Verschluss gehalten werden.

Umgang und Lagerung mit einem eradizierten Pathogen ist ein Risiko und liegt in der Verantwortung aller Länder. Die WHO ruft nachdrücklich alle Länder dazu auf, alle Polioviren Typ 2 zu vernichten, wenn sie nicht für entscheidende nationale/ internationale Belange zwingend erforderlich sind wie z.B. für die Impfstoffherstellung oder für die Forschung. Das Virus zu vernichten (inaktivieren), ist der sicherste Weg, eine absichtliche oder zufällige Freisetzung des Virus aus Laboren in die Bevölkerung/Gemeinschaft zu vermeiden.

Einrichtungen, die PV2 weiterhin für entscheidende Belange aufbewahren wollen, müssen es nachweislich sicher unter Verschluss halten.

PV2 Materialien schließt alle Poliowildviren, Impfstoff-abgeleitete Viren (VDPV), monovalente orale Polioimpfstoffe und Sabin-Polioviren ein, die den Serotyp 2 enthalten.

Das Containment für Polioviren Typ 3 gilt für WPV3 und VDPV3. Es kann weiterhin mit OPV 3 gearbeitet werden bis dieser nicht mehr Teil des Impfschemas ist.

Angemessenes Containment/der Verschluss von Polioviren minimiert das Risiko einer Freisetzung

Das Containment enthält Anforderungen bezüglich Biosafety und Biosecurity für Labore, Impfstoffhersteller oder Einrichtungen, die Polioviren lagern oder handhaben, um das Risiko zu minimieren, dass Polioviren zufällig oder absichtlich freigesetzt werden.

Das Containment ist ein zentrales Ziel und wird entscheidend sein für die Beibehaltung einer langfristig Polio-freien Welt.

Jede Freisetzung von Poliovirus Typ 2 bzw. WPV3 oder VDPV3 kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.

Wenn bereits eradizierte Polioviren in die Gemeinschaft freigesetzt werden, könnten sie erneut zirkulieren und Lähmungen und Todesfälle verursachen. Dies ist insbesondere ein Risiko in Gebieten, in denen die Polioimpfquote gering ist. Aber auch in Ländern mit hoher Polio-Durchimpfungsrate sind manche Menschen möglicherweise nicht vollständig geimpft und somit nicht vor Kinderlähmung geschützt. Sie sind daher gefährdet, wenn es zu einer Exposition mit Polioviren kommt.

Die Freisetzung des einzigen anderen eradizierten human pathogenen Erregers, des Pockenvirus, aus einem Labor in Großbritannien im Jahr 1978 führte zu einem Todesfall. Das veranlasste die Länder, die Anzahl der Einrichtungen, die Pockenviren offiziell handhaben dürfen, weltweit auf zwei Labore zu reduzieren. So ist es bis heute.

Durch die Erfahrungen mit den Pockenviren, arbeitet das Polioeradikationsprogramm mit den Ländern und allen relevanten Akteuren zusammen, um zu gewährleisten, dass angemessene Containment-Anforderungen in einer zu begrenzenden Anzahl von Polio-essential-facilities (PEF) implementiert werden.

Der globale Plan hat zum Ziel, das Freisetzungsrisiko von bereits eradizierten Polioviren zu minimieren

Der "WHO Global Action Plan to minimize poliovirus facility-associated risk after the type-specific eradication of wild polioviruses and sequential cessation of oral polio vaccine use (GAPIII)" wurde im Dezember 2014 veröffentlicht und von der World Health Assembly im Mai 2015 befürwortet (resolution WHA68.3)

Wichtige Strategien für die Risikominimierung sind:

  • Vernichtung von entbehrlichem Poliovirusmaterial und
  • die sichere Verwahrung von erforderlichem Poliovirusmaterial in PEFs.

Eine PEF ist eine Einrichtung, die vom jeweiligen Heimatland bestimmt und beauftragt wurde, entscheidende nationale und internationale Aufgaben (Impfstoffherstellung, relevante Forschung) zu erfüllen, welche die Handhabung oder Lagerung von Polioviren erfordern/beinhalten.

Der GAPIII beschreibt die Anforderungen an eine PEF bezüglich Biosafety und Biosecurity bei der Handhabung und Lagerung von Polioviren. PEFs und die jeweiligen Heimatländer sind verantwortlich für das geeignete Containment von eradizierten Polioviren. PEFs müssen die Anforderung erfüllen und das jeweilige Heimatland muss für eine ausreichende Immunisierung der Bevölkerung, aber auch für einen angemessenen Hygienestandard sorgen.

PEFs müssen zertifiziert sein, um Polioviren Typ 2 bzw. WPV3 oder VDPV3 zu lagern oder damit zu arbeiten

Ausschließlich PEFs, die ein Containment-Zertifikat von ihrer nationalen Containment-Behörde (NAC) mit Unterstützung von der Globalen Zertifizierungskommission (GCC) besitzen, wird es erlaubt sein, mit Polioviren zu arbeiten oder sie zu lagern.

Die WHO hat das GAP III Containment Certification Scheme (GAPIII-CCS) entwickelt, das den Ländern hilft, Einrichtungen zu zertifizieren, welche die Anforderungen des GAPIII erfüllen. Dieses Schema wurde im Oktober 2016 durch die Strategic Advisory Group of Experts on Immunization (SAGE) befürwortet.

Der GAPIII-CSS gibt 3 Zertifizierungslevel vor:

  • Certification of participation (CP): wird vergeben an Einrichtungen in Ländern, die nachweisen konnten, dass sie sekundäre und tertiäre Sicherheitsbestimmungen des GAPIII erfüllen und von Ihrer NAC bei der Zertifizierung unterstützt werden,
  • Interim containment certification (ICC): erlaubt die Weiterführung der entscheidenden Arbeiten wie Impfstoffherstellung oder Forschung während noch nicht erfüllte Anforderungen für eine Vollzertifizierung umgesetzt werden (innerhalb angegebener Fristen),
  • Certificate of containment: wird vergeben, wenn alle Anforderungen des GAPIII durch die Einrichtung erfüllt werden.

In Deutschland hat sich kein Labor um die Zertifizierung als PEF beworben.

Viele Proben können (bisher unbemerkt) Polioviren enthalten

Bei Proben, wie beispielsweise Stuhl oder respiratorischen Proben, die zu einem beliebigen Zweck gesammelt wurden, zu einer Zeit und in einer geografischen Region mit WPV /VDPV Typ 2 und 3 Zirkulation sowie OPV2-Impfung, ist es möglich, dass diese Viren enthalten sind.

Nicht-Polio-Labore arbeiten möglicherweise (ohne es zu wissen!) mit Material, das Polioviren enthält. Betroffen sind vor allem Labore, die mit Stuhl, respiratorischen Proben, aber auch Abwasserproben arbeiten. Dies trifft auf unterschiedlich spezialisierte Labore zu, z.B.: Rotaviren/Noroviren, Enteroviren, Masern, Influenza und andere respiratorische Viren, enterale Bakterien, Abwassertestung, Ernährungsstudien.

Für Nicht-Polio-Labore wurden entsprechende Richtlinien entworfen, die helfen sollen, Proben mit potenziellem Polio-Infektionsrisiko zu identifizieren und angemessene Maßnahmen zur Vernichtung oder zur sicheren Handhabung/Lagerung zu implementieren.

Sobald Polioviren Typ 1 eradiziert sind, müssen auch diese vernichtet oder unter Containment-Bedingungen gehandhabt und gelagert werden

WPV1 zirkuliert noch in 2 Ländern: Pakistan und Afghanistan.

Sobald WPV1 als eradiziert erklärt werden, müssen die Länder entbehrliche Viren vernichten oder nach GAPIII-Richtlinien in einer zertifizierten PEF sicher lagern und handhaben.

Die Zertifizierung der Welt als poliofrei durch die globale Zertifizierungskommission (GCC) wird der Beginn des Containments für alle Poliowildviren sein.

Rechtliche Grundlage für das Containment in Deutschland

Der neue Paragraph 50a des IfSG beinhaltet, dass jedes Labor der zuständigen Behörde unverzüglich anzeigen muss, ob es im Besitz von Polioviren ist oder über Material verfügt, das möglicherweise Polioviren enthält (PIM). Diese Angaben sind stets aktuell zu halten. Die zuständige Behörde übermittelt die Daten unverzüglich der obersten Landesgesundheitsbehörde, die sie unverzüglich der Geschäftsstelle der Nationalen Kommission für die Polioeradikation beim Robert Koch-Institut weiterleitet.

Tätigkeiten mit Poliovirus Typ 2 sind nur in zentralen Einrichtungen mit spezieller Zulassung (Polio essential facility, PEF) erlaubt. Diese erfordern mindestens Schutzstufe 3 und müssen zusätzlich die Anforderungen erfüllen, die nach den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation an die Biosicherheit in Bezug auf Polioviren gestellt werden (WHO Global Action Plan, GAP III).

Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Zeitpunkte festzulegen, zu denen

  • Polioviren und Material, das möglicherweise Polioviren enthält, spätestens vernichtet sein müssen und
  • nur eine zentrale Einrichtung Poliowildviren des Typs 1 und 3, Polioimpfviren des Typs 1 und 3 sowie Material, das möglicherweise solche Polioviren enthält, besitzen darf.

Stand: 02.03.2020

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