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Nationales Symposium zum Thema "Berücksichtigung gesundheitsökonomischer Evidenz bei der Einführung neuer Impfungen in Deutschland“

21. Januar 2015

Am 21. Januar 2015 veranstaltete das Robert Koch-Institut ein Symposium zum Thema "Berücksichtigung gesundheitsökonomischer Evidenz bei der Einführung neuer Impfungen in Deutschland“, an dem Vertreter von Bundestagsparteien, vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Robert Koch-Institut (RKI), Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-SV), der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Ständigen Impfkommission (STIKO), Patientenvertreter, sowie von Fachgesellschaften, wissenschaftlichen Instituten und der Industrie teilnahmen. Das Symposium fand im Rahmen des STEErING-Projekts (Standardization of healTh Economic Evaluation of vaccINes in Germany) statt, das auf Antrag des RKI vom BMG gefördert wird.

In ihren Eröffnungsreden betonten Frau MinDir’in Knufmann-Happe, Leiterin der Abteilung 3 (BMG), und Herr Prof. Dr. Burger, Präsident (RKI), die hohe Relevanz der Impfprävention sowie die Rolle der STIKO beim RKI. Herr PD Dr. Wichmann, Leiter des Fachgebiets Impfprävention (RKI) skizzierte in seinem Vortrag die Besonderheiten und die aktuellen wie künftigen Herausforderungen bei der Erarbeitung von evidenzbasierten Impfempfehlungen. Herr Dr. Ultsch (Fachgebiet Impfprävention, RKI) präsentierte das Vorgehen und Zwischenergebnisse des STEErING-Projekts. Herr Damm (Universität Bielefeld) erläuterte anschließend die Mehrwerte, die aus der Nutzung von gesundheitsökonomischen Evaluationen bei der Entwicklung von Impfempfehlungen entstehen könnten. Diese umfassen (I) die Darstellung künftiger Effekte mittels Modellierungen, (II) die Identifikation der effizientesten Impfstrategie, (III) die Identifikation kritischer Inputparameter, (IV) Budget-Impact-Analysen und (V) die Abwägung von Kosten und Nutzen, gegebenenfalls mittels eines Schwellenwertes. Als Replik darauf zeigten Herr Hecken (unparteiischer Vorsitzender, G-BA), Frau Dr. Haas (Leiterin Abteilung Arznei- und Heilmittel, GKV-SV), Herr Dr. Frick (Leiter Abteilung Markt und Erstattung, Verband forschender Arzneimittelhersteller [vfa]) und Herr Professor Dr. Dr. Strech (Medizinethiker, MH Hannover) in ihren Vorträgen die Möglichkeiten und Grenzen gesundheitsökonomischer Bewertungen aus unterschiedlichen Perspektiven auf. Alle Redner begrüßten die Berücksichtigung von gesundheitsökonomischen Evaluationen bei der Entwicklung von Impfempfehlungen, äußerten jedoch auch methodische wie juristische Bedenken, dass alle fünf genannten Mehrwerte in die Entscheidungsfindung der STIKO einfließen sollten. In der darauf folgenden Podiumsdiskussion ermöglichte es der Moderator Herr Dr. Kloepfer den Referenten Hecken, Haas, Frick und Strech sowie Herrn Prof. Dr. von Kries (LMU München und stellv. STIKO Vorsitzender) ihre Standpunkte weiter zu erläutern und mit den Diskutanten auszutauschen. Herr von Kries plädierte in seiner Stellungnahme dafür, dass die Nutzung von Modellierung und gesundheitsökonomischer Evaluationen zum methodischen Standard der STIKO bei der Entwicklung von Impfempfehlungen werden sollte. Hierbei ginge es nicht darum, potentiell unwirtschaftliche Impfungen nicht zu empfehlen, sondern vielmehr darum, die effizienteste Impfstrategie zu identifizieren. Dies müsse laut von Kries konsequenterweise mit einer verbesserten Ressourcenausstattung der STIKO-Geschäftsstelle einhergehen.

Am Nachmittag erläuterte Herr Ultsch, wie andere europäische Länder Evidenz aus gesundheitsökonomischen Evaluationen bei der Entwicklung von Impfempfehlungen berücksichtigen. Darauf aufbauend führten Frau Dr. Passon (Abteilung Fachberatung Medizin, G-BA) und Herr PD Dr. Perleth (Leiter der Abteilung Fachberatung Medizin, G-BA) eine praktische Schulung zum Thema Lebensqualitätsmessung und Erhebung qualitäts-adjustierter Lebensjahre im engeren Sinne durch.

Im Anschluss daran stellte Herr Ultsch drei verschiedene Konzepte, (a) Informelle Bewertung, (b) Multikriterien-Analyse und (c) Fester Schwellenwert, zur Diskussion, wie die STIKO die Ergebnisse aus gesundheitsökonomischen Evaluationen bei der Entwicklung von Impfempfehlungen nutzen könnte und welche Auswirkungen dies jeweils auf die Entscheidungsfindung des G-BA und des GKV-SV haben könnte. Die vorherrschende Meinung der Teilnehmer und der anwesenden STIKO-Vertreter war, dass die STIKO gesundheitsökonomische Evaluationen mittels der (i) informalen Bewertung mit Fokus auf die Mehrwerte I-III in ihre Entscheidungsfindung einbinden sollte.

Herr Prof. Dr. Wasem (Universität Duisburg-Essen) fasste die relevanten Diskussionspunkte und Ergebnisse des Symposiums für das Auditorium zusammen: Das STEErING-Projekt identifizierte fünf Bereiche (I-V), in denen gesundheitsökonomische Evaluationen einen Mehrwert für die Entwicklung von Impfempfehlungen generieren können. Auf dem Symposium bestand ein Konsens, dass die ersten drei Bereiche, (I) die Darstellung künftiger Effekte mittels Modellierungen, (II) die Identifikation der effizientesten Impfstrategie, (III) die Identifikation kritischer Inputparameter − in jedem Falle für die STIKO als Entscheidungsgrundlage aufbereitet werden sollten. Für die Bereiche (IV) und (V) bestand dieser Konsens unter den Teilnehmern nicht mehr. Hierzu sind sowohl weitere methodische Fragen als auch der rechtliche Rahmen noch zu klären. Ebenso erscheint es unklar, wie der G-BA sich positionieren müsste, wenn den STIKO-Empfehlungen bzw. Nicht-Empfehlungen gesundheitsökonomische Erwägungen zugrunde lägen. Zwischen der reinen Informationsaufbereitung einerseits und der routinehaften Berücksichtigung bei STIKO-Entscheidungen andererseits könnte die Phase der „Testballons“ stehen: Darunter wird verstanden, dass für spezielle Impf-Entscheidungen das gesundheitsökonomische Werkzeug exemplarisch genutzt wird. Viele Teilnehmer hielten ein derartiges Vorgehen sowohl für retrospektive Re-Evaluationen bereits getroffener STIKO-Entscheidungen als auch prospektiv begleitend zu künftigen STIKO-Entscheidungen für sinnvoll.

Als Fazit dieses Symposiums lässt sich sagen, dass die Mehrheit der Teilnehmer einen großen Nutzen in der Verwendung von gesundheitsökonomischen Evaluationen bei der Entwicklung von Impfempfehlungen sah. Einigkeit bestand jedoch auch darin, dass die STIKO derzeit keine Legitimation hat, Impfungen ausschließlich aufgrund eines wie auch immer definierten ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses nicht zu empfehlen. Wenn es zu einem Konsens darüber käme, dass alle gesundheitsökonomische Kriterien (Mehrwerte I-V) Grundlage von Impfempfehlungen sein sollen, dann sollte der Gesetzgeber darüber befinden, wer anhand dieser Kriterien Entscheidungen zu treffen habe, um künftig eine effiziente Impfstoffversorgung in Deutschland zu erhalten bzw. diese zu verbessern.

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Stand: 21.01.2015

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