Influenza (Teil 2): Erkrankungen durch zoonotische Influenzaviren
Präambel
Die Herausgabe der RKI-Ratgeber erfolgt durch das Robert Koch-Institut (RKI) auf der Grundlage des § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zielgruppe der RKI-Ratgeber sind Fachkreise, u.a. Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Informationen zu wichtigen Infektionskrankheiten sollen aktuell und konzentriert der Orientierung dienen. Die Beiträge werden in Zusammenarbeit mit den Nationalen Referenzzentren (NRZ), Konsiliarlaboren (KL) sowie weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet. Die RKI-Ratgeber sind auf der Internetseite des RKI (www.rki.de/ratgeber) abrufbar. Neu erstellte RKI-Ratgeber und deutlich überarbeitete Folgeversionen werden im Epidemiologischen Bulletin (www.rki.de/epidbull) veröffentlicht.
Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 7/1999. Vollständig aktualisierte Fassung vom Februar 2016.
Letzte Aktualisierungen:
- Abschnitt "Klinische Symptomatik", April 2024
- Aktualisierung der Falldaten in den Abschnitten "Vorkommen" und "Klinische Symptomatik"; Aktualisierung der gesetzlichen Grundlagen in den Abschnitten "Diagnostik", "Infektionsschutz und Hygienmaßnahmen" und "Gesetzliche Grundlage"; Literaturverzeichnis; November 2023
Erreger
Erreger der Influenza (oder Grippe) sind Orthomyxoviren, die in die Typen A, B und C unterteilt werden. Für zoonotische Erkrankungen kommen nur Influenza A-Viren in Frage. Diese Influenzaviren sind charakterisiert durch spikeartige Oberflächenstrukturen, die durch die Glykoproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) gebildet werden. Das HA ist die Hauptkomponente, die eine Immunantwort auslöst. Es ist für das Andocken des Virus an die spezifischen Rezeptoren der Wirtszelle notwendig. Aviäre Influenzaviren heften spezifisch an α-2,3-Sialinsäurerezeptoren an, die sich beim Menschen hauptsächlich im unteren Atmungstrakt befinden. Das zweite Hüllantigen, die virale NA, spielt eine wichtige Rolle bei der Freisetzung neu gebildeter Viren aus der Zelle. Die NA ist der Angriffspunkt einer Gruppe antiviraler Arzneimittel, der sogenannten Neuraminidasehemmer. Als drittes Hüllprotein fungiert das Matrixprotein (M2-Protein), das Angriffspunkt des Arzneimittels Amantadin ist.
Im Inneren des Virus befindet sich das Genom, das aus 8 einzelnen und voneinander unabhängigen RNA-Gensegmenten besteht. In Tieren zirkulieren Spezies-spezifische Influenza A-Viren weltweit in Populationen von Vögeln, Schweinen und Pferden, wobei Vögel das Hauptreservoir bilden. In bestimmten Regionen sind auch Hunde (Südostasien, USA) und Katzen (Südostasien) von endemischen Influenza A-Virusinfektionen betroffen. Humane symptomatische Infektionen durch Virusübertragungen von Vögeln (Subtypen H5, H6, H7, H9, H10) und Schweinen (Subtypen H1, H3) auf den Menschen sind beschrieben (Freidl GS, et al. 2014).
Ausführliche Informationen zu saisonaler humaner Influenza finden Sie im RKI-Ratgeber zu saisonaler Influenza.
Vorkommen
Die wildlebende Population von Wasservögeln stellt das natürliche Wirtsreservoir aller derzeit bei Vögeln beschriebenen Subtypen der Influenza A-Viren dar. In ihren Reservoir-Wirtspezies induzieren Influenzaviren in der Regel asymptomatisch verlaufende, jedoch hochproduktive Infektionen, die auch auf das Hausgeflügel übergehen können. Bei Hausgeflügel können milde Erkrankungsformen auftreten, die sich vornehmlich als Leistungseinbußen bei intensiv gehaltenem Geflügel zeigen. Diese Erkrankungsform wird zu den Infektionen durch niedrig pathogene (low pathogenic) aviäre Influenzaviren: LPAIV gezählt.
Eine besondere Konstellation kann sich aus Infektionen von Hühnervögeln wie Huhn, Pute, Fasan etc. mit Viren der Subtypen H5 und H7 ergeben. Diese Subtypen können im Zuge rascher Replikation in den genannten Haushühnervogelspezies zu hochpathogenen Varianten mutieren. Solche hoch pathogenen aviären Influenzaviren (HPAIV) sind die Erreger der Klassischen Geflügelpest, einer akut und mit hoher Kontagiosität verlaufenden Infektion, die eine sehr hohe Letalität im Geflügel bedingt und daher weltweit tierseuchenrechtlich kontrolliert wird. Eine Übersicht zur aktuellen globalen Lage von HPAIV unter Tieren wird regelmäßig durch die Weltorganisation für Tiergesundheit (WOAH) veröffentlicht.
Virologisch belegte menschliche Infektionen mit aviären Influenzaviren summieren sich seit 1959 auf über 1.500 dokumentierte Fälle. Die Mehrzahl dieser Fälle stammt aus der Zeit nach 2003. Im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch wird regelmäßig seit dem Jahr 2005 zu humanen Fällen mit aviärer Influenza berichtet.
In Deutschland wurden bisher keine Fälle von aviärer Influenza beim Menschen an das RKI übermittelt (Stand August 2023).
Die in Schweinen nachgewiesenen Influenza A-Viren (porcine Viren) gehören zu den gleichen Subtypen, die auch bei Menschen zirkulieren. In Schweinen können Influenzainfektionen ebenfalls eine Atemwegssymptomatik verursachen. Bei einem hochfieberhaften Verlauf der Infektionen kommt es bei tragenden Sauen nicht selten zu Aborten. Da Schweine in ihrem Atmungstrakt Schleimhautzellen mit Rezeptoren sowohl für aviäre als auch für humane Influenzaviren besitzen, sind Möglichkeiten für Doppelinfektionen durch Influenzaviren verschiedener Spezies gegeben. Dabei kann es zu einem Reassortment, d.h. dem Austausch von Gensegmenten bei gleichzeitiger Infektion einer Wirtszelle mit verschiedenen Influenzaviren, kommen. Daraus können Virusnachkommen mit neuen genetischen und biologischen Eigenschaften hervorgehen.
Influenzaviren sind weltweit in Schweinen endemisch, allerdings zirkulieren in Amerika und auf dem eurasischen Kontinent unterschiedliche Linien, die aus unterschiedlichen Ursprungsviren, oftmals humaner Herkunft, hervorgegangen sind.
Um auch in der Benennung deutlich zu machen, dass ein Mensch mit einem porcinen Virus infiziert wurde, werden die Schweine-Influenzaviren aus menschlichen Proben nach einer gemeinsamen Regelung von Weltgesundheitsorganisation (WHO), Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE) seit Dezember 2011 mit dem Kürzel "v" für Variante gekennzeichnet (WHO 2014). Vereinzelte humane Infektionen mit Influenzaviren, die in Schweinen endemisch zirkulieren, wurden in der Vergangenheit weltweit in verschiedenen Ländern beobachtet. Seit den 1950er Jahren wurden weltweit mehr als 500 Fälle von porciner Influenza bei Menschen registriert, der Großteil davon seit 2005 in den USA. Viele der Patienten hatten Kontakt zu Schweinen. Im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch des RKI wird regelmäßig zu humanen Fällen mit porciner Influenza berichtet.
Auch in Deutschland hat das NRZ für Influenzaviren vor 2009 bei 2 Patienten aus Niedersachsen eine Infektion mit Schweineinfluenzaviren nachgewiesen, einmal mit A(H1N1)v- und einmal mit A(H3N2)v-Viren. Im Fall der A(H1N1)v-Infektion war der Krankheitsverlauf mild, weitere Erkrankungen in der Familie traten nicht auf. Während und nach der Influenzapandemie 2009 konnte das NRZ für Influenza 3 weitere humane Infektionen mit Schweine-Influenzaviren bestätigen, die bekanntermaßen in Deutschland zirkulieren, zweimal mit A(H1N1)v-Viren und einmal mit porciner Influenza A(H1N2)v. Die 5 Fälle sind im Epidemiologischen Bulletin 39/2011 näher beschrieben (RKI 2011). Im Mai 2022 wurde bei einem Erwachsenen Influenza-A(H1N1)v nachgewiesen. Der Fall hatte keinen direkten Kontakt zu Schweinen, lebte jedoch in einer Region mit vielen Schweinefarmen und hatte Kontakte zu Schweinehaltern.
Reservoir
Das Reservoir für humane Erkrankungen mit aviären Influenzaviren sind Vögel, meist Geflügel, z.B. Hühner. Das Reservoir für humane Erkrankungen mit porcinen Influenzaviren sind Schweine.
Infektionsweg
Aviäre Influenzaviren sind bisher nicht gut an den Menschen angepasst. Eine Übertragung kann erfolgen bei engem Kontakt zu infiziertem, erkranktem oder totem Geflügel oder zu mit Geflügelausscheidungen kontaminierter Umgebung. Der Verzehr ausreichend erhitzter bzw. durchgegarter Geflügelprodukte stellt keine Infektionsquelle dar. Porcine Influenzaviren können bei Kontakt mit infizierten Schweinen auf den Menschen übertragen werden. Mensch-zu-Mensch Übertragungen wurden bisher nur in wenigen Einzelfällen berichtet.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt 1 – 5 Tage.
Klinische Symptomatik
Klinisch tritt bei Menschen als erstes Symptom meist Fieber auf, begleitet oder gefolgt von respiratorischen Symptomen wie Husten und Atemnot. Auch Konjunktivitis, gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und insbesondere Durchfall können auftreten. Nicht selten gehen diese sogar den respiratorischen Symptomen voraus. Typische Symptome der saisonalen Influenza-Infektion wie Hals-, Kopf- und Muskelschmerzen können vorkommen, sind aber nicht regelmäßig ausgeprägt. Im Blutbild findet sich häufig eine Leuko-, Lympho- und Thrombozytopenie. Die humanen Erkrankungen mit aviären Influenzaviren gehen meist mit einer Beteiligung der unteren Atemwege einher, da sich die Rezeptoren zum Anheften dieser Viren beim Menschen eher an Epithelzellen des unteren Atmungstrakts befinden. Unter diesen Fällen ist die Letalität mit 20% bis 60%, je nach aviärem Virussubtyp und regionalem Stamm (Clade), relativ hoch.
Die Mehrzahl der laborbestätigten humanen Fälle mit porciner Influenzavirusinfektion zeigt eher eine milde Symptomatik, die mit der der saisonalen Influenza vergleichbar ist. Es wurden allerdings bei Personen mit Vorerkrankungen auch einzelne schwere Krankheitsverläufe und in den USA ein Todesfall nach A(H3N2)v-Infektion und ein Todesfall nach A(H1N1)v-Infektion gemeldet (WHO 2015).
Dauer der Ansteckungsfähigkeit
Die Dauer der Ansteckungsfähigkeit nach Infektion mit zoonotischen Influenzaviren dürfte bei Menschen in einem ähnlichen Rahmen liegen wie bei der saisonalen Influenza. In vielen Fällen zeigt sich ein Zusammenhang zwischen der Konzentration der ausgeschiedenen Viren und der Schwere der Symptomatik. Für die Aufhebung der infektionshygienischen Maßnahmen bei laborbestätigten humanen Fällen sollte ein negatives labordiagnostisches Testergebnis des NRZ für Influenza vorliegen.
Diagnostik
1. Differenzialdiagnostik
Ärzte sollten sich der Möglichkeit von sporadischen Infektionen mit nicht-humanen Influenzaviren bewusst sein. Insbesondere bei Häufungen von Atemwegserkrankungen und bei Auftreten außerhalb der regional üblichen Influenzasaison sollten Verdachtsfälle explizit zu ihrer beruflichen Exposition gegenüber Tieren befragt werden.
Für einzelne aviäre Influenza A-Viren gibt es spezifische Falldefinitionen, die bei Bedarf an die epidemiologische Lage angepasst werden können.
Bereits der Krankheitsverdacht muss gemäß §6 Abs. 1 Buchstabe s IfSG dem zuständigen Gesundheitsamt namentlich gemeldet werden (siehe Gesetzliche Grundlage).
2. Labordiagnostik
Bei Verdacht auf eine humane Erkrankung durch aviäre oder porcine Influenzaviren sollte umgehend das NRZ für Influenza kontaktiert werden. Ein Verdacht kann z.B. vorliegen bei entsprechender Symptomatik und vorliegender Exposition gemäß spezifischer Falldefinition oder bei labordiagnostischem Nachweis eines Influenza A-Virus, das bei Subtypisierung nicht als saisonales A(H3N2) oder A(H1N1)pdm09-Virus identifizierbar ist. Das NRZ hält die entsprechende weiterführende Diagnostik vor und kann diese durchführen.
Therapie
Für die Therapie zoonotischer Influenzaerkrankungen stehen wie bei der saisonalen Influenza antivirale Arzneimittel wie Neuraminidasehemmer zur Verfügung. Vergleichbar mit der saisonalen Influenza ist eine Therapieeinleitung möglichst frühzeitig nach Erkrankungsbeginn, optimalerweise innerhalb der ersten 48 Stunden anzustreben. Da die meisten Erkrankungen mit aviärer Influenza einen schweren Krankheitsverlauf haben, empfiehlt die WHO den Einsatz der antiviralen Therapie (WHO 2007).
Für weitergehende Informationen über antivirale Arzneimittel bei Influenza sowie Dosierungsangaben wird auf die Empfehlungen der Fachgesellschaften sowie die aktuellen Fachinformationen der Hersteller verwiesen (Mertens T 2015).
Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen
1. Präventive Maßnahmen
Ein Infektionsrisiko mit aviärer Influenza besteht zurzeit am ehesten bei Aufenthalten in China, Indonesien oder Ägypten insbesondere bei Besuchen von Geflügelmärkten. Vor Reisen in Länder mit einem erhöhten Infektionsrisiko mit aviärer Influenza sollten die Hinweise des Auswärtigen Amtes unbedingt beachtet werden.
Impfung
Die Weltgesundheitsorganisation aktualisiert in regelmäßigen Abständen ihre Empfehlungen für geeignete Kandidatimpfstämme gegen zoonotische Influenzaviren. Impfstoffe gegen Influenza A(H5N1) sind in Deutschland zugelassen und können z.B. für beruflich exponiertes Personal in Speziallaboratorien / Forschungseinrichtungen im Rahmen des Arbeitsschutzes eingesetzt werden.
Eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) für eine (monovalente) Influenzaimpfung gegen eine zoonotische Influenzainfektion gibt es bisher nicht.
Weitere infektionshygienische Maßnahmen
Spezifische Empfehlungen zum Arbeitsschutz für Beschäftigte im Gesundheitswesen finden Sie in der TRBA 255 "Arbeitsschutz beim Auftreten von nicht ausreichend impfpräventablen respiratorischen Viren mit pandemischem Potenzial im Gesundheitsdienst" sowie in der TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege".
Weitere Empfehlungen zum Arbeitsschutz für Beschäftigte außerhalb des Gesundheitswesens, die in Kontakt mit hochpathogenen aviären Influenzaviren kommen können, finden Sie im Beschluss des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) 608 "Empfehlung spezieller Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch hochpathogene aviäre Influenzaviren (Klassische Geflügelpest, Vogelgrippe)".
Zur chemischen Desinfektion sind Mittel mit nachgewiesener Wirksamkeit, mit dem Wirkungsbereich begrenzt viruzid (wirksam gegen behüllte Viren) oder viruzid anzuwenden. Geeignete Mittel sind in der "Liste der vom Robert Koch-Institut geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren" (RKI-Liste) und in der Desinfektionsmittel-Liste des Verbundes für Angewandte Hygiene (VAH-Liste) aufgeführt. Bei behördlich angeordneten Desinfektionsmaßnahmen ist die RKI-Liste heranzuziehen.
Auf den Internetseiten des RKI finden Sie auch weitere Empfehlungen zur Prävention bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch (hochpathogene) aviäre Influenza A/H5, die angepasst an die jeweilige Expositionssituation empfohlen werden.
2. Maßnahmen bei Einzelerkrankungen
Das RKI stellt auf seinen Internetseiten weiterführende Informationen zur aviären Influenza für die Fachöffentlichkeit zur Verfügung, u.a. aktuelle Falldefinitionen, Empfehlungen zum Umgang mit Verdachtsfällen und Hintergrundinformationen. Für die Aufhebung der infektionshygienischen Maßnahmen bei laborbestätigten humanen Fällen sollte ein negatives labordiagnostisches Testergebnis des NRZ für Influenza vorliegen.
3. Umgang mit Kontaktpersonen
Maßnahmen bei Personen mit direktem Kontakt zu Menschen mit (möglicher) aviärer Influenzainfektion umfassen Hygiene, antivirale Prophylaxe und das aktive Monitoring bzgl. respiratorischer Symptomatik. Sie werden empfohlen für:
- Familienangehörige oder im gleichen Haushalt lebende Personen eines wahrscheinlichen oder bestätigten Falles sowie
- für Medizinisches Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern mit mindestens einem Verdachts-, wahrscheinlichen oder bestätigten humanen Fall
Detaillierte Informationen finden Sie in den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Prävention bei Personen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch (hochpathogene) aviäre Influenza A/H5.
Umgang mit infektiösen Verstorbenen
Der Umgang mit infektiösen Verstorbenen ist in den Seuchen- und Infektionsalarmplänen, den Bestattungsgesetzen der Bundesländer und der Information 214-021 der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung „Biologische Arbeitsstoffe beim Umgang mit Verstorbenen“ geregelt. Erreger werden durch den Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) in Risikogruppen eingestuft. Es wird daher empfohlen, auf der Todesbescheinigung (Totenschein bzw. Leichenschauschein) die Erkrankung namentlich zu benennen. Datenschutzrechtliche Bestimmungen der Länder sind dabei zu beachten. Für in Bestattungsunternehmen tätige Personen gelten auch die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen nach der BioStoffV. Eine individuelle Gefährdungsbeurteilung muss vor Arbeitsaufnahme durchgeführt werden, um das individuelle Infektionsrisiko abzuschätzen und entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Für weitere Informationen hierzu verweisen wir auf die Vorgaben des Arbeitsschutzes (s. u.a. TRBA 250) und auf die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) und die bestattungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Bundeslandes.
4. Maßnahmen bei Ausbrüchen
Häufungen von humanen Fällen mit aviärer oder porciner Influenza konnten bisher in den allermeisten Fällen auf eine gemeinsame Expositionsquelle durch infizierte Tiere zurückgeführt werden. Eine fortgesetzte Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist bisher nicht aufgetreten.
Das RKI berichtet regelmäßig zur epidemiologischen Lage und schätzt das Übertragungsrisiko ein.
Gesetzliche Grundlage
Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Gemäß §6 Abs. 1 Buchstabe s IfSG ist der Krankheitsverdacht, die Erkrankung und der Tod an aviärer Influenza dem Gesundheitsamt namentlichen zu melden.
Darüber hinaus wird dem Gesundheitsamt gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte Nachweis von Influenzaviren, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet. Dazu gehören auch in ärztlichen Praxen durchgeführte Schnelltests.
Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.
In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichteten Personen benannt (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__8.html). In § 9 IfSG ist festgelegt, welche Angaben die namentliche Meldung an das Gesundheitsamt enthalten darf (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__9.html).
Übermittlung
Das Gesundheitsamt übermittelt gemäß § 11 Abs. 1 IfSG an die zuständige Landesbehörde nur Erkrankungs- oder Todesfälle und Erregernachweise, die der Falldefinition gemäß § 11 Abs. 2 IfSG entsprechen. Zusätzlich ist gemäß § 12 IfSG das Auftreten von Influenza, verursacht durch ein neues Influenzavirus, vom Gesundheitsamt unverzüglich an die zuständige Landesbehörde und von dieser unverzüglich an das RKI zu übermitteln. Der Begriff "Auftreten" schließt neben der Infektion/ Erkrankung und dem Tod auch Verdachtsfälle ohne labordiagnostischen Nachweis ein.
Die vom RKI erstellten Falldefinitionen sind auf den Internetseiten des RKI unter www.rki.de/falldefinitionen veröffentlicht.
Weitergehende Mitteilungspflichten
Es bestehen ergänzende Verordnungen in Sachsen.
Beratung und Spezialdiagnostik
Das Robert Koch-Institut führt keine individuelle medizinische Beratung zu Klinik, Therapie oder Impfungen durch. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an Ärzte oder Kliniken in Ihrer Nähe, bei denen möglichst eine Spezialisierung für Infektionskrankheiten besteht. Informationen zu Tropenreisen sind bei Tropeninstituten und anderen entsprechenden reisemedizinischen Beratungsstellen erhältlich (www.rki.de/reise).
Bezüglich Fragen zu Infektionsschutz und -prävention, kontaktieren Sie bitte Ihr zuständiges Gesundheitsamt (https://tools.rki.de/plztool/).
Beratung zur Epidemiologie
Robert Koch-Institut
Abteilung für Infektionsepidemiologie
Fachgebiet 36 - Respiratorisch übertragbare Erkrankungen
Seestraße 10, 13353 Berlin
Ansprechperson: Dr. Silke Buda
Tel.: 030 18754 3753
Fax: 030 18754 3341
E-Mail: Kontaktformular
Beratung zur Spezialdiagnostik
Nationales Referenzzentrum für Influenza
Robert Koch-Institut
Abteilung für Infektionskrankheiten
Fachgebiet 17 - Influenzaviren und weitere Viren des Respirationstraktes
Seestraße 10, 13353 Berlin
Ansprechperson: Dr. Ralf Dürrwald
Tel.: 030 18754 2456
Fax: 030 18754 2605
E-Mail: Kontaktformular
Homepage: www.rki.de/nrz-influenza
Weitere Informationen
Ausgewählte Literaturquellen
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250. Ausgabe März 2014
Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 255. Ausgabe Februar 2021
Buda S, Conraths FJ und Harder T: Influenza als Zoonose. Bericht zur Epidemiologie der Influenza in Deutschland, Saison 2018/19, Kapitel 9, Berlin 2019, S. 107-11
Freidl GS, Meijer A, de Bruin E, et al.: Influenza at the animal-human interface: a review of the literature for virological evidence of human infection with swine or avian influenza viruses other than A(H5N1). Euro Surveill 2014; 19:18. Epub 2014/05/17
Mertens T: Influenza: Prophylaxe und Therapie. Für Neuraminidasehemmer gibt es noch keinen Ersatz. Dtsch Arztebl 2015; 112:27-28;A 464
Robert Koch-Institut (RKI). Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten. Zoonotische Influenza. Berlin
World Health Organization (WHO): Monthly risk assessment summary of human cases at the human-animal interface. 08 September 2023
World Health Organization (WHO): Standardization of terminology for the influenza virus variants infecting humans: Update. Joint announcement of FAO, OIE and WHO. 30 January 2014
Redaktion der Reihe "RKI-Ratgeber"
Hinweise zur Reihe "RKI-Ratgeber" richten Sie bitte an das Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie (Kontaktformular) oder an die Redaktion des Epidemiologischen Bulletins (Kontaktformular).
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