Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Krankenhausinfektionen und Antibiotikaresistenz
Stand: 07.02.2018
Was ist eine Krankenhausinfektion?
Als nosokomiale oder Krankenhausinfektion bezeichnet man Infektionen, die sich Patienten während ihres Aufenthalts in einem Krankenhaus oder bei einer ambulant durchgeführten medizinischen Behandlung zuziehen. Die Gründe für solche Infektionen sind vielfältig. Manche Patienten benötigen invasive Untersuchungen oder Therapien, zum Beispiel mittels Gefäßkatheter, Harnwegskatheter, Ernährungssonden oder künstliche Beatmung, das sind Eintrittswege für Erreger in den Körper. Häufig besiedeln die Erreger zunächst den Patienten auf der Haut oder im Darm, bevor sie eine Infektion verursachen. Hygienemängel, insbesondere die Händehygiene, spielen eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Erreger. Zu den häufigsten Krankenhausinfektionen gehören Lungenentzündungen, Wund- und Harnwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen durch Clostridium difficile und Sepsis (Blutvergiftung). Ein Teil dieser Infektionen wird durch Erreger verursacht, die gegen Antibiotika resistent sind (siehe Frage "Wie viele der Krankenhausinfektionen werden durch Erreger verursacht, die resistent gegen Antibiotika sind?").
Stand: 14.11.2017
Wie viele Krankenhausinfektionen gibt es jährlich in Deutschland und zu wie vielen Todesfällen kommt es dadurch?
Jedes Jahr kommt es in Deutschland zu geschätzten 400.000 bis 600.000 nosokomialen Infektionen und etwa 10.000 bis 15.000 Todesfällen dadurch. Die Zahlen beruhen auf einer im Jahr 2008 veröffentlichten Hochrechnung des Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für Surveillance von nosokomialen Infektionen, für die mehrere Datenquellen herangezogen wurden: das Statistische Jahrbuch 2006, das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) und Studien aus den 1990er Jahren. Diese Hochrechnung wird durch eine Studie vom NRZ aus dem Jahr 2016 gestützt, die Teil einer europaweiten Prävalenzerhebung des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) ist.
Die Zahl der Todesfälle in Europa, die auf nosokomiale Infektionen zurückzuführen sind, wird in einer 2016 veröffentlichten Studie des ECDC, an der das Robert Koch-Institut beteiligt war, auf rund 91.000 Fälle pro Jahr geschätzt. Diese Schätzung für die EU liegt in etwa auf dem Niveau der bisherigen Hochrechnungen für Deutschland.
Diese Zahl ist aber schwierig zu schätzen. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass viele der Betroffenen an schweren Grundkrankheiten leiden, die bereits ohne Krankenhausinfektion häufig zum Tod führen. Gastmeier und Kollegen schreiben in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift 2016: "Interessant ist die deutlich geringer geschätzte Zahl der infolge einer nosokomialen Infektion Verstorbenen in Frankreich. Neben der aktuellen Studie von Decoster et al. existiert eine weitere Studie von 2004 aus Frankreich, in der auf der Basis einer Beurteilung jedes einzelnen Erkrankungsfalles durch zwei Ärzte diese Fragestellung sehr präzise untersucht wurde. In dieser Studie hatten 60 % der verstorbenen Patienten bereits vor dem Auftreten der nosokomialen Infektion schwere Grundkrankheiten, die auch ohne das Hinzutreten einer Krankenhausinfektion innerhalb kurzer Zeit zum Tode geführt hätten. Nach Ausschluss dieser Patienten ergab sich eine Zahl von ca. 4.000 Todesfällen als unmittelbare Folge einer nosokomialen Infektion pro Jahr in Frankreich (70 pro 1 Mio. Einwohner). Würde man diese Hochrechnung für Deutschland anwenden, wären es weniger als 6.000."
Literatur:
- Gastmeier et al.: Nosokomiale Infektionen und Infektionen mit multiresistenten Erregern - Häufigkeit und Sterblichkeit, DMW 2016, 141: 421-426
- Gastmeier, Geffers: Nosokomiale Infektionen in Deutschland: Wie viele gibt es wirklich? Eine Schätzung für das Jahr 2006. Dtsch Med Wochenschr 2008; 133: 1111-1115
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2016 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
- Bericht des ECDC: Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012
- Cassini et al.: Burden of Six Healthcare-Associated Infections on European Population Health: Estimating Incidence-Based Disability-Adjusted Life Years through a Population Prevalence-Based Modelling Study. PLOS Medicine, DOI: 10.1371/journal.pmed.1002150, October 1, 2016
- Gastmeier et al.: Wie viele nosokomiale Infektionen sind vermeidbar? Dtsch Med Wochenschr 2010; 135:91-93
Stand: 14.11.2017
Hat die Zahl der Krankenhausinfektionen zugenommen?
Im Rahmen einer vom Nationalen Referenzzentrum für Surveillance nosokomialer Infektionen durchgeführten Studie (Prävalenzstudie) in Krankenhäusern wurde im Frühjahr 2016 unter anderem die Zahl der nosokomialen Infektionen in Deutschland erhoben. Die Daten zeigen, dass bei rund 2,5% der Patienten eine während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes erworbene nosokomiale Infektion vorlag. Dieser Wert ist verglichen mit früheren Erhebungen zurückgegangen.
Literatur:
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2016 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
- Bericht des ECDC "Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals 2011–2012"
- Rüden, Daschner, Schumacher: Nosokomiale Infektionen in Deutschland - Erfassung und Prävention (NIDEP-Studie), Teil 1: Prävalenz nosokomialer Infektionen, Qualitätssicherung in der Krankenhaushygiene; 1995
Stand: 14.11.2017
Welche Erreger spielen bei Krankenhausinfektionen eine Rolle?
Nach Daten der 2016 durchgeführten Prävalenzstudie sind die häufigsten Erreger von Krankenhausinfektionen Escherichia coli, Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium, Clostridium difficile und Staphylococcus aureus.
Literatur:
Stand: 14.11.2017
Was sind Antibiotika-Resistenzen und wie entstehen sie?
Bakterien verfügen über die natürliche Fähigkeit, sich gegen Anti`biotika, die von anderen Mikroorganismen (wie z.B. Pilzen) produziert werden, zu schützen. So kommen Antibiotikaresistenzen ganz natürlich in der Umwelt vor. Sie entstehen durch natürliche Mutationen im Erbgut der Bakterien oder durch Aufnahme von Resistenzgenen aus der Umgebung, die Bakterien untereinander austauschen und dabei weitergeben. Bakterien können mehrere Resistenzgene aufnehmen, die sie gegen verschiedene Antibiotika schützen. So entstehen mehrfach- bzw. multiresistente Bakterien, die einer Vielzahl von Antibiotika widerstehen können.
Durch den Einsatz von Antibiotika entsteht ein Selektionsdruck: Bakterienstämme, die eine Resistenz gegenüber dem Antibiotikum besitzen, überleben, können sich weiter vermehren und ausbreiten. Wenn Antibiotika zu oft, über einen zu langen Zeitraum oder unsachgemäß angewandt werden, begünstigt das die Entstehung und Verbreitung von resistenten Erregern. Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibiotikaresistenzen ist daher der gezielte Einsatz von Antibiotika.
Stand: 16.11.2016
Wie viele der Krankenhausinfektionen werden durch Erreger verursacht, die resistent gegen Antibiotika sind?
In Deutschland treten schätzungsweise 400.000 bis 600.000 nosokomiale Infektionen pro Jahr auf. Nur ein Teil davon geht auf antibiotikaresistente Erreger zurück. Anhand der Daten der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) des RKI und der Prävalenzerhebung von 2011 lässt sich schätzen, dass im Jahr 2013 circa 6% durch multiresistente Erreger (MRE) bedingt waren. Bei einem Mittelwert von 500.000 nosokomialen Infektionen pro Jahr bedeutet das: 11.000 Infektionen würden durch Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), 4.000 Infektionen durch Vancomycin-resistente Enterokokken (Enterococcus faecalis und Enterococcus faecium), 8.000 Infektionen durch multiresistente Escherichia coli, 2.000 Infektionen durch multiresistente Kebsiella pneumoniae und etwa 4.000 Infektionen durch multiresistente Pseudomonas aeruginosa verursacht. Die fünf wichtigsten multiresistenten Erreger führten damit zu etwa 29.000 nosokomialen Infektionen. Werden zusätzlich weitere Erregerarten berücksichtig, kommt man auf 30.000 bis 35.000 nosokomialen Infektionen mit MRE pro Jahr in Deutschland).
1.500 Fälle bzw. 0,3% aller nosokomialen Infektionen in Deutschland gehen auf multiresistente Erreger zurück, die gegen fast alle Antibiotikaklassen resistent sind.
Literatur:
- Gastmeier, Fätkenheuer: Dilemma mit Begriffen und Zahlen. Deutsches Ärzteblatt, April 2015
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2011 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
Stand: 14.11.2017
Wie viele Todesfälle gehen auf antibiotikaresistente Erreger zurück?
Petra Gastmeier, Leiterin des Nationalen Referenzzentrums für die Surveillance von nosokomialen Infektionen, und Kollegen schreiben dazu in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift:
„Zur Häufigkeit von nosokomialen Infektionen und Infektionen durch multiresistente Erreger (MRE) in Deutschland kursieren unterschiedliche Angaben. […] Etwa 30.000 bis 35.000 Patienten entwickeln eine nosokomiale Infektion mit einem multiresistenten Erreger (MRE). Aktuell gibt es keine belastbaren Daten, wie viele Todesfälle durch nosokomiale MRE Infektionen bedingt sind. Nach derzeit bestmöglicher Schätzung dürfte diese Zahl zwischen 1.000 und 4.000 liegen.“
Das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) und die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) haben basierend auf Zahlen, die im Jahr 2007 erhoben wurden, geschätzt, dass in Europa 25.000 Todesfälle im Jahr auf nosokomiale Infektionen mit antibiotikaresistenten Erregern zurückzuführen sind. Für die USA hat das US-amerikanische Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention (CDC) mindestens 23.000 Todesfälle durch antibiotikaresistente Erreger geschätzt.
Literatur:
- Gastmeier et al: Nosokomiale Infektionen und Infektionen mit multiresistenten Erregern - Häufigkeit und Sterblichkeit, DMW 2016; 141: 421-426
- ECDC-/EMA-Bericht "The bacterial challenge: time to react" (2009)
- CDC-Bericht "Antibiotic Resistance Threats in the United States, 2013"
Stand: 16.11.2016
Welche antibiotikaresistenten Erreger breiten sich besonders stark aus?
Nachdem die letzten Jahrzehnte durch eine zunehmende Ausbreitung grampositiver nosokomialer Infektionserreger wie Methicillin-resistente Staphylokokken (MRSA) gekennzeichnet waren, wurde in den letzten Jahren auch eine Zunahme der Resistenzen bei gramnegativen Stäbchen-Bakterien beobachtet, wie beispielsweise die Resistenz von Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae gegenüber bestimmten Klassen von Antibiotika, z.B. Cephalosporine der 3. Generation oder Carbapeneme. Unter anderem durch zahlreiche Maßnahmen im Bereich Infektionsprävention und Krankenhaushygiene wurde in den letzten Jahren eine weitere Zunahme von Methicillin-resistenten Staphylokokken verhindert, zuletzt wurde sogar ein Rückgang verzeichnet.
Stand: 16.11.2016
Hat die Antibiotikaanwendung in Krankenhäusern zugenommen?
Laut Prävalenzstudie von 2016 erhielt etwa jeder fünfte Krankenhaus-Patient (21,5%) zum Zeitpunkt der Studie Antibiotika. Dieser Wert ist gegenüber der Prävalenzstudie von 2011 konstant geblieben; gegenüber der ersten Prävalenzstudie aus dem Jahr 1994 hat der Wert zugenommen – damals wurden nur bei 17,7% der Patienten Antibiotika eingesetzt. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass einige Patientencharakteristika sich im Verlauf der Zeit geändert hatten: unter anderem hat das Durchschnittsalter der Krankenhauspatienten seit 1994 zugenommen, während die Verweildauer der Patienten im Krankenhaus im selben Zeitraum abgenommen hat. Bei den Antibiotikaanwendungen fällt – wie bereits bei der Erhebung 2011 – der hohe Anteil von perioperativen (das heißt vor, während und nach einer Operation verabreichten) Antibiotika-Prophylaxen auf, die häufig auch länger als empfohlen gegeben wurden.
Literatur:
- Abschlussbericht der Punkt-Prävalenzerhebung 2016 zum Vorkommen von nosokomialen Infektionen und zur Anwendung von Antibiotika an Akutkrankenhäusern in Deutschland, Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen
- Rüden, Daschner, Schumacher: Nosokomiale Infektionen in Deutschland - Erfassung und Prävention (NIDEP-Studie), Teil 1: Prävalenz nosokomialer Infektionen, Qualitätssicherung in der Krankenhaushygiene; 1995
Stand: 14.11.2017
Wie wird die Ausbreitung antibiotikaresistenter Erreger am RKI erfasst?
Mit der Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS) hat das RKI die Infrastruktur für eine flächendeckende Überwachung antibiotikaresistenter Erreger implementiert. Das Ziel von ARS ist es, Daten zu Vorkommen und Verbreitung der Antibiotika-Resistenz in Deutschland für den ambulanten und den stationären Bereich zu erheben. ARS ist konzipiert als laborgestütztes Surveillance-System zur kontinuierlichen Erhebung von Resistenzdaten für das gesamte Spektrum klinisch relevanter bakterieller Erreger.
Die Nationalen Referenzzentren (NRZ), die vom RKI in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) berufen und finanziell gefördert werden, berichten regelmäßig zur Epidemiologie von resistenten Erregern und nosokomialen Infektionen. Hier sind insbesondere das NRZ für die Surveillance nosokomialer Infektionen, das NRZ für Staphylokokken und Enterokokken und das NRZ für gramnegative Krankenhauserreger zu nennen.
Zur Überwachung von MRSA-Infektionen besteht seit 2009 eine Meldepflicht im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes für Labornachweise aus Blut und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Zudem besteht eine Melde- und Übermittlungspflicht für nosokomiale Ausbrüche. Die Meldedaten zu MRSA-Fällen können in einer interaktiven Datenbank, SurvStat@RKI 2.0, öffentlich zugänglich abgerufen werden.
Auch zur Überwachung der carbapenem-nicht-empfindlichen Enterobacteriaceae und Acinetobacter spp. existiert seit Mai 2016 eine Meldepflicht von Infektionen und Kolonisationen. Diese Daten können ebenfalls über SurvStat@RKI 2.0 abgerufen werden.
Stand: 14.11.2017
Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?
Der Anteil des Einsatzes von Antibiotika bei landwirtschaftlichen Nutztieren am Resistenzproblem beim Menschen lässt sich gegenwärtig noch nicht genau beziffern und kann auch bei den einzelnen für den Menschen bedeutsamen Erregern, Resistenz(gen)en und Tierarten unterschiedlich sein.
Es ist unstrittig, dass bestimmte resistente Bakterien oder ihre Resistenzgene aus dem Bereich der Landwirtschaft (wie etwa der Tiermast) auf den Menschen übertragen werden können. Genauere Daten gibt es für den Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus, MRSA. Der bei konventionell gehaltenen Masttieren (Schweine, Rinder, Geflügel) vorwiegend als Besiedler weit verbreitete Livestock-assoziierte MRSA CC398 (LA-MRSA CC398) besiedelt vor allem Menschen mit beruflichen Kontakten zu diesen Tieren und tritt auch als Infektionserreger bei Menschen auf. Dementsprechend gibt es in Deutschland regionale Unterschiede. In Regionen mit einer hohen Dichte an Mastanlagen stieg der Anteil von LA-MRSA CC398 unter allen MRSA aus Infektionen beim Menschen auf rund 10% an.
Bei mehrfachresistenten Darmbakterien ist die Situation weniger klar. Diese Bakterien bilden Enzyme, die sogenannten Extended Spectrum Beta-Lactamasen (ESBL), die eine wichtige Gruppe von Antibiotika unwirksam machen können. Studien zeigten eine Verbreitung über alle Altersgruppen von 4-8% ESBL-bildenden Escherichia (E.) coli im Darm der Allgemeinbevölkerung in Deutschland. Die molekulare Typisierung der Resistenzgene zeigte, dass die Hälfte dieser resistenten E. coli eine ESBL-Variante bilden, die fast ausschließlich beim Menschen vorkommt und durch den Antibiotikaeinsatz im ambulanten Bereich und im Krankenhaus selektiert werden kann. Circa 5% der humanen ESBL-E.-coli stammen vom Tier, wie vegleichende Erbgutanalysen zeigen. Der Anteil der E. coli mit ESBL-Varianten, die sowohl beim Menschen als auch beim Tier bzw. Tierprodukt vorkommen, liegt bei 25-30%. Eine Aufnahme über (ungekochte) Lebensmittel wäre somit möglich, weshalb der Küchenhygiene besondere Bedeutung zukommt. Ausführliche Informationen zum Thema Lebensmittelsicherheit und Antibiotikaresistenzen sind beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) abrufbar (www.bfr.bund.de > A-Z Index > Antibiotikaresistenz). Beim BfR ist auch ein Verbrauchermerkblatt zum Thema Schutz vor Lebensmittelinfektionen zu finden.
Für den Erwerb ESBL-bildender Bakterien spielen auch Auslandsreisen eine Rolle. Mehrere Studien zeigten, dass bis zu 30% der Reiserückkehrer aus Regionen mit hoher ESBL-Prävalenz (z.B. Asien und indischer Subkontinent) mit ESBL-bildenden E. coli kolonisiert sind. In einer Untersuchung schieden mehr als die Hälfte von Asien-Reiserückkehrern nach Deutschland, die an Durchfall litten, ESBL-E.-coli mit dem Stuhl aus.
Problematisch ist, dass nicht nur resistente Stämme weitergegeben werden, sondern auch die Resistenzgene zwischen verschiedenen bakteriellen Spezies ausgetauscht werden können. Welche Rolle der Austrag resistenter Bakterien und ihrer Resistenzgene aus Mastanlagen (z.B. Gülle, Immission von Staub) als Reservoir von Antibiotikaresistenzen hat, ist noch Gegenstand von Untersuchungen. Es ist sicher, dass die Humanmedizin durch breite Anwendung von Antibiotika eigene Resistenzprobleme schafft. In der Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie (DART) stehen daher sowohl die Landwirtschaft als auch die Humanmedizin im Mittelpunkt.
Eine ausführliche Darstellung der Bedeutung von LA-MRSA und ESBL-bildenden Enterobakterien (insbesondere E. coli und Klebsiella pneumoniae) bei Masttieren für den Menschen ist auf der Antibiotikaresistenzseite des RKI abrufbar.
Stand: 15.05.2017
Welche Rolle spielen antibiotikaresistente Keime in Gewässern?
Es ist schon länger bekannt, dass antibiotikaresistente Erreger in der Umwelt – unter anderem in Gewässern – vorkommen und sich dort auch ausbreiten können. Auch die Gene, die Resistenzeigenschaften verleihen, können in der Umwelt vorkommen. Im Jahr 2017 wurde aus Hessen ein Fall berichtet, in dem eine Person, die länger in einem Bach gelegen hatte und zu ertrinken drohte, offenbar resistente Keime aufgenommen hat (siehe z.B. Äußerungen des Gesundheitsamt Frankfurt im Deutschen Ärzteblatt https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/76687/Frankfurter-Uniklinikum-Multiresistenter-Erreger-von-Patient-eingeschleppt). Die Bewertung von Infektionsrisiken in Gewässern ist Aufgabe des Umweltbundesamtes und der entsprechenden Behörden auf Landes- und kommunaler Ebene.
Gewässeruntersuchungen der Technischen Universität Dresden und des Universitätsklinikums Gießen (gemeinsam mit dem NDR) haben gezeigt, dass das Resistenzgen mcr1 offenbar häufig in der Umwelt vorkommt. Dieses Resistenzgen ist seit einigen Jahren bekannt, es wurde jedoch in Deutschland selten bei vom Menschen isolierten Erregern nachgewiesen. Bakterien, die mcr1 in sich tragen, sind resistent gegen das wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin, das in der Nutztierhaltung häufig verwendet wird (siehe auch "Welche Rolle spielt die Antibiotikaanwendung bei landwirtschaftlichen Nutztieren?"). Darüber hinaus wurden Erreger gefunden, die gegen Carbapeneme resistent sind. Die im Februar 2018 veröffentlichten Ergebnisse der TU Dresden und des Universitätsklinikums Gießen sind überraschend und sollten Anlass für weitere Untersuchungen geben.
Fragen zum Eintrag von antibiotikaresistenten Krankheitserregern aus unterschiedlichen Risikobereichen und die Entwicklung von Maßnahmen zum Risikomanagement waren bzw. sind Inhalt mehrerer Projekte, die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert werden: Im Verbundprojekt „HyReKA“ (Biologische bzw. hygienisch-medizinische relevante Relevanz und Kontrolle Antibiotika-resistenter Krankheitserreger in klinischen, landwirtschaftlichen und kommunalen Abwässern und deren Bedeutung in Rohwässern) etwa werden die Ausbreitung resistenter Erreger über Abwässer aus Krankenhäusern, Tiermastbetrieben und Flughäfen untersucht und Gegenstrategien geprüft (siehe auch www.hyreka.net). An HyReKA sind neben Wissenschaftlern unterschiedlicher Forschungseinrichtungen auch Wasserver- und -entsorger, Industriepartner und Behörden beteiligt. Auch das Konsortium InfectControl 2020 (www.infectcontrol.de), das sich auf nationaler und internationaler Ebene mit der Bekämpfung von Infektionskrankheiten befasst, nimmt den Umgang mit Rückständen in Abwässern in den Blick.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat 2015 ein Projekt (REDU-Antiresist) zur Wirkung von Abwasseraufbereitungstechniken auf die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen gefördert. Die Ergebnisse des Projekts dienen der Bewertung von Abwasserreinigungstechniken zur Reduktion klinisch relevanter Infektionserreger und Determinanten von Antibiotikaresistenzen.
Stand: 07.02.2018
Was kann man selbst tun, um Antibiotikaresistenzen zu verringern?
Wenn Patienten unnötig Antibiotika einnehmen oder eine antibiotische Behandlung vorzeitig abbrechen, kann das dazu führen, dass die Antibiotika ihre Wirksamkeit gegen bakterielle Erreger verlieren und dann, wenn es wirklich darauf ankommt, nicht mehr helfen. Informationen darüber, was Patienten bei der Einnahme von Antibiotika beachten sollten, sind unter anderem auf den Internetseiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) abrufbar: http://www.bzga.de/antibiotika
Stand: 16.11.2016
Wo kann man sich weiter informieren?
Unter www.rki.de/antibiotikaresistenz sind umfangreiche Informationen für die Fachöffentlichkeit abrufbar. Auch Links zu Bürger-Informationen sind dort abrufbar, unter anderem vom Bundesinstitut für Risikobewertung, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten.
Stand: 16.11.2016