ADHS in Deutschland – Vergleich und Integration administrativer und epidemiologischer ADHS-Diagnosedaten durch klinisches Assessment (INTEGRATE-ADHD)
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist mit einer bevölkerungsbezogenen Prävalenz von ca. 5% eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Betroffene haben unter anderem ein erhöhtes Risiko für Komorbiditäten, Substanzkonsum, Verkehrsunfälle, geringeren Schul- und Bildungserfolg und eine niedrigere Lebensqualität. Über Jahre hinweg wurden steigende administrative Prävalenzzahlen für ADHS-Diagnosen aus Abrechnungsdaten für Krankenkassen berichtet, während epidemiologische Studien wie die KiGGS-Studie gleichbleibende, zuletzt sogar sinkende Prävalenzen berichteten. Diskrepanzen zwischen den administrativen und den epidemiologischen Daten haben zu einer gesellschaftlichen und fachlichen Diskussion darüber geführt, inwieweit die ADHS-Diagnosen tatsächlich leitliniengerecht gestellt werden und wie hoch die "wahre Prävalenz" der ADHS in der Kinder- und Jugendbevölkerung ist.
Ziel des mit einer Summe von ca. 2.600.000 Euro geförderten Konsortialprojekts INTEGRATE-ADHD (Konsortialführung beim RKI, Dr. Robert Schlack) ist der Vergleich und die Integration administrativer und epidemiologischer ADHS-Diagnosedaten sowie deren klinische Validierung. Dazu werden Eltern von Kindern und Jugendlichen, die bei der bundesweit tätigen Krankenkasse DAK Gesundheit versichert sind und die eine administrative ADHS-Diagnose aufweisen (erwartete Nettostichprobe ca. n=5.000), online mit den epidemiologischen Fragebögen der KiGGS-Studie sowie des KiGGS-Vertiefungsmoduls zur psychischen Gesundheit des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (BELLA-Studie; Kooperationspartnerin: Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer) befragt. Inhalte der Befragung sind Informationen zu einer ADHS-Diagnose, zu störungsspezifischer Symptomatik, zur Inanspruchnahme von und der Zufriedenheit mit Versorgungsleistungen und möglichen Hürden der Inanspruchnahme im Kontext einer ADHS-Diagnose. Eine Unterstichprobe von n=200 Teilnehmenden wird durch die Konsortialpartner Uniklinikum Würzburg (Prof. Dr. Marcel Romanos) und Universität Würzburg (Prof. Dr. Peter Heuschmann) zusätzlich mit einer klinischen Diagnostik gemäß aktueller AWMF-S3-Leitlinie "Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung" untersucht. Fragestellungen zur Versorgungsqualität und -zufriedenheit in Zusammenhang mit der Diagnose und Behandlung der ADHS werden vom Konsortialpartner UKE (Frau Prof. Dr. Ulrike Ravens-Sieberer), gesundheitsökonomische Fragestellungen vom Konsortialpartner Vandage GmbH/Uni Bielefeld, (Prof. Dr. Wolfgang Greiner) bearbeitet.
Aus den Ergebnissen werden unter anderem objektivierbare Aussagen über eine potenzielle Überdiagnostizierung oder Fehldiagnostizierung der ADHS und Empfehlungen zur Verbesserung der diagnostischen und therapeutischen Versorgungssituation von ADHS-Betroffenen abgeleitet. Darüber hinaus soll die Behandlungszufriedenheit, Angemessenheit und Kosteneffektivität der Inanspruchnahme einschlägiger Versorgungsangebote abgeschätzt und daraus Schlussfolgerungen für die Regelpraxis gezogen werden. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden relevanten Entscheidungsträgern und Stakeholdern zur Verfügung gestellt. INTEGRATE-ADHD trägt damit zu einer zielgerichteteren Planung und Steuerung im Gesundheitswesen bei.
Förderung: GB-A Innovationsfonds
Förderzeitraum: 01/2021-12/2024
Konsortialführung (RKI): Dr. Robert Schlack
Projektmitarbeit (RKI): Dr. Ann-Kristin Beyer, Lilian Beck
Kontakt: E-Mail
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