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193. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 07.05.2024.

1. Genehmigungsinhaberin

Universität Ulm

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-2 (ES Cell International Pte. Ltd., Singapore)
  • HES-3 (ES Cell International Pte. Ltd., Singapore)
  • HUES2 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES4 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • MEL-1 (University of Queensland, Melbourne, Australien)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z. B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der umfangreichen Forschungsarbeiten unter Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) ist die Entwicklung von humanen Zellmodellen, an denen Fragestellungen zu den molekularen und zellbiologischen Grundlagen der Entwicklung des menschlichen Verdauungssystems beantwortet und Ursachen von genetisch bedingten (hereditären) Erkrankungen des Pankreas untersucht werden können, wobei insbesondere das Zusammenspiel von Zellen des Pankreas, des Darms und des Fettgewebes erforscht werden soll. Hierfür sollen zunächst Vorgehensweisen für die Differenzierung von hES-Zellen zu pankreatischen und intestinalen Zellen sowie zu Adipozyten etabliert, weiterentwickelt und/oder optimiert werden. Um bestimmte Erkrankungen des Pankreas in vitro modellieren zu können, sollen dann Gene, deren Produkte eine maßgebliche Rolle bei der Entwicklung bzw. Funktion des Verdauungssystems spielen und die in Patienten mit genetisch bedingten Erkrankungen des Pankreas Mutationen aufweisen, in hES-Zellen entsprechend mutiert, die mutierten Zellen in die o.g. Zelltypen bzw. zu Organoiden differenziert und die Effekte der genetischen Veränderungen auf die Differenzierung und Eigenschaften der Zellen auf molekularer und zellbiologischer Ebene umfassend untersucht werden. Dabei sollen ggf. bislang unbekannte Moleküle, Signalwege und Prozesse, die für die Entwicklung und Funktion von Zellen der genannten Organe/Gewebe mutmaßlich von Bedeutung sind, identifiziert sowie näher charakterisiert und ihre Funktion für die Entwicklung/Funktion der betreffenden Zelltypen bzw. für die Organogenese verifiziert werden. Schließlich sollen Kokultur-Systeme entwickelt werden, in denen aus hES-Zellen abgeleitete pankreatische und intestinale Zellen sowie Adipozyten, die jeweils identische Mutationen in mit pankreatischen Erkrankungen assoziierten Genen aufweisen, hinsichtlich der Effekte der jeweiligen Mutationen auf die Entwicklung und Aufrechterhaltung der Funktionen pankreatischer Zellen vor einem einheitlichen genetischen Hintergrund erforscht werden sollen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung:

Aus dem Forschungsvorhaben werden – auf Grundlage der Entwicklung authentischer humaner Zellmodelle für hereditäre Erkrankungen des Pankreas beim Menschen – wesentliche neue Erkenntnisse über molekulare Vorgänge bei der Entwicklung von pankreatischen sowie Darm- und Fettzellen, über den Einfluss krankheitsassoziierter Mutationen auf die Entwicklung und Funktion dieser Zelltypen sowie darüber erwartet, auf welche Weise ein ggf. gestörtes metabolisches und endokrines Zusammenspiel von Beta-Zellen mit anderen Zelltypen des Verdauungssystems zur Entstehung bestimmter metabolischer Erkrankungen beitragen könnte.

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten soll zunächst der Einfluss von mit pankreatischen Erkrankungen assoziierten Mutationen auf die Entwicklung und Funktion des Pankreas untersucht und geklärt werden, ob und auf welche Art und Weise die jeweiligen Gendefekte die Entwicklung und Funktion von endokrinen und exokrinen pankreatischen Zellen beinträchtigen. Hierfür sollen genetische Veränderungen, die mit hereditären Erkrankungen des Pankreas in Zusammenhang stehen, in hES-Zellen eingeführt bzw. die jeweils interessierenden Gene deletiert oder zur Überexpression gebracht werden. Die aus den genetisch veränderten hES-Zellen differenzierten endokrinen und exokrinen Zellen des Pankreas, die teils unter Zusatz von aus hES-Zellen hergestellten endothelialen Zellen gewonnen werden sollen, sollen dann zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Entwicklung in vitro sowie nach Transplantation in diabetische Tiermodelle umfassend charakterisiert und insbesondere hinsichtlich ihres Differenzierungsvermögen, ihrer Genexpressionsmuster, ihrer Sekretome sowie bezüglich der funktionalen Eigenschaften der differenzierten Zellen analysiert werden. Ziel der Arbeiten ist es auch, zur Identifizierung bzw. näheren Charakterisierung von Signalwegen beizutragen, die bislang nicht mit der Entwicklung und Funktion pankreatischer Zellen in Verbindung gebracht worden sind. Mit diesen Arbeiten sollen Erkenntnissen darüber erlangt werden, welche molekularen und funktionalen Veränderungen infolge spezifischer Mutationen in krankheitsassoziierten Genen auftreten. Ziel ist zudem die Identifizierung von Molekülen, Signalwegen und Prozessen, deren veränderte Regulation eine Rolle bei der Pathogenese von hereditären Erkrankungen des Pankreas spielen könnte. Dies kann ggf. auch zur Identifizierung neuer target-Strukturen für pharmakologische Interventionen führen, wodurch sich auch langfristig neue Therapieansätze für die Behandlung dieser Krankheiten ergeben könnten.

Im Folgenden soll dann untersucht werden, ob und inwieweit sich mit pankreatischen Erkrankungen assoziierte genetische Veränderungen auf die Entwicklung und Funktionen von Zellen des Fettgewebes (Adipozyten) sowie auf die Entwicklung und Funktion intestinaler Zellen/Organoide auswirken. Hierfür sollen entsprechende Differenzierungsprotokolle weiterentwickelt bzw. optimiert und die differenzierten Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Entwicklung jeweils umfassend analysiert werden, wobei hier ebenfalls Moleküle, Gene und Signalwege identifiziert werden sollen, die mit der Differenzierung pluripotenter Stammzellen zu Zellen des Fettgewebes bzw. des Darms bislang nicht assoziiert worden sind, deren Rolle in der Entwicklung und für die Funktion intestinaler Zellen/Organoide jedoch bei Vorliegen von genetischen Veränderungen, die mit pankreatischen Erkrankungen assoziiert sind, beeinträchtigt sein könnte. Aus diesen Arbeiten werden Erkenntnisse darüber erwartet, ob und inwieweit genetische Veränderungen, die mit bestimmten Erkrankungen des Pankreas assoziiert sind, die Entwicklung und Funktion von Zellen des Fettgewebes oder des Darms beeinflussen und ggf. über diesen Weg zur Entstehung und Entwicklung von pankreatischen Erkrankungen beitragen könnten.

Schließlich sollen die Effekte von mit pankreatischen Erkrankungen assoziierten Gendefekten auf die Entwicklung, auf die molekularen Eigenschaften und auf die Funktion komplexer, isogener Kokultursysteme untersucht werden, die aus pankreatischen Zellen/Organoiden, Darm-Organoiden, Adipozyten und Endothelzellen bestehen. Auf diesem Wege soll die zentrale Hypothese des Forschungsvorhabens überprüft werden, dass mit Diabetes oder anderen Erkrankungen des Pankreas assoziierte Mutationen in manchen Fällen zwar die Differenzierung von hES-Zellen in pankreatische Zellen nicht beeinträchtigen, jedoch erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung anderer für den Energiestoffwechsel wesentlicher Zelltypen/Gewebe/Organe haben und auf diesem Wege die Funktion pankreatischer Zellen ggf. erheblich beeinträchtigen könnten. Dadurch sollen die bislang wenig untersuchten Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen an der Regulation des Energiestoffwechsels beteiligten Zelltypen offengelegt und insbesondere der Einfluss der Präsenz krankheitsassoziierter genetischer Veränderungen in Darm und Fettgewebe auf die Entwicklung und Funktionalität pankreatischer Zellen bestimmt werden. Dies soll zu einem besseren Verständnis der molekularen Pathogenese bestimmter pankreatischer Erkrankungen führen, die ggf. mit Mutationen in Genen assoziiert sind, die in sich entwickelnden und/oder terminal differenzierten pankreatischen Zellen nicht oder nur geringfügig exprimiert werden und daher bislang bei der Untersuchung der jeweiligen Krankheitsursachen unbeachtet geblieben sind.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass die Forschungsfragen in allen wesentlichen Punkten weitestmöglich vorgeklärt sind.

Hinsichtlich der Differenzierung von hES-Zellen zu pankreatischen Vorläuferzellen sowie zu endokrinen und exokrinen Pankreaszellen hat die Arbeitsgruppe des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers in der Vergangenheit bereits umfangreiche Forschungsarbeiten durchgeführt und publiziert. Protokolle für die Gewinnung humaner Endothelzellen, humaner Adipozyten sowie humaner intestinaler Zellen/Organoide aus pluripotenten Stammzellen liegen in der Literatur vor bzw. wurden in der Arbeitsgruppe des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers in der Vergangenheit etabliert.

Für die hier interessierenden Erkrankungen des Pankreas sind genetische Ursachen hinreichend bekannt. Die Tatsache, dass monogenetischer Diabetes beispielsweise mit Mutationen in den Genen für WFS1, EIF2AK3, PDX1, PTF1A, GLIS3, TRMT10A, PPP1R15B, DUT, DNAJC3, YIPF5 sowie KCNJ11, ABCC8 und INS assoziiert ist, ist teils bereits seit längerem bekannt, auch wenn die genauen molekularen Grundlagen dieser Assoziationen nicht umfassend geklärt sind. Ferner war die Arbeitsgruppe des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers kürzlich an der Identifizierung eines neuen mit Diabetes assoziierten Gendefektes beteiligt, wobei gezeigt wurde, dass Mutationen im Gen für ONECUT1 die Entwicklung der Bauchspeicheldrüse stören und die Insulin-Produktion der Beta-Zellen beeinträchtigen. ONECUT1 wurde dabei als essentieller Faktor für die Transkriptionsregulation während der Entwicklung pankreatischer Vorläuferzellen im Menschen bestimmt. Darüber hinaus wurden bereits weitere Kandidatengene identifiziert, die für die Pankreasentwicklung ggf. bedeutsam sein könnten.

Die Produkte hier interessierender Gene sind darüber hinaus auch hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Funktionen in verschiedenen Zell- und Tiermodellen teilweise bereits umfassend charakterisiert worden. PDX1 (pankreatische und duodenale Homöobox 1) kodiert beispielsweise für einen Transkriptionsfaktor im ParaHox-Gencluster. Bei Wirbeltieren ist Pdx1 für die Entwicklung der Bauchspeicheldrüse, einschließlich der Reifung der Beta-Zellen und der Differenzierung des Zwölffingerdarms, notwendig. Für das Produkt des Gens GLIS3 ist bekannt, dass es mit PDX1, MAFA und NEUROD1 interagiert und auf diesem Wege die Insulin-Gentranskription steuert. GLIS3 spielt auch eine Rolle beim Überleben der Beta-Zellen und wahrscheinlich bei der Insulinsekretion.

Die beantragten Arbeiten stellen zudem eine konsequente Fortsetzung bisheriger Arbeiten des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers dar, deren Ergebnis durch zahlreiche Publikationen belegt sind. Die Techniken für die auf molekularer und zellbiologischer Ebene vorgesehenen Analysen sind in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht und im Labor des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers etabliert.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Fragen, die im Zusammenhang mit der Erreichung der hier angestrebten Forschungsziele stehen, können nicht durch Analysen von Zellen des Verdauungssystems aus anderen Spezies, insbesondere von Nagern, geklärt werden. Es bestehen im Vergleich zum Menschen erhebliche Unterschiede in der Entwicklung und der Architektur des Verdauungssystems. Die Notwendigkeit der Verwendung humaner Zellen zur Erreichung der Forschungsziele ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die mit Erkrankungen des Menschen assoziierten genetischen Veränderungen teils humanspezifisch sind: beispielsweise sind monoallelische Mutationen im Gen für HNF1B beim Menschen mit Diabetes und pankreatischer Hypoplasie assoziiert, während die entsprechenden Mutationen in der Maus keinen krankheitsspezifischen Phänotyp zur Folge haben.

Die Forschungsziele können auch nicht unter Nutzung anderer als humaner pluripotenter Stammzellen erreicht werden, da hier Prozesse der Differenzierung in humanen isogenen Ko-Kulturen verschiedener Zelltypen des Verdauungssystems untersucht werden sollen (Ko-Kultur von pankreatischen Zellen, Darm-Organoiden und Adipozyten sowie ggf. endothelialen Zellen). Das hierfür erforderliche Differenzierungspotential in verschiedenste Zelltypen weisen weder primäre Zellen bzw. Zell-Linien noch adulte oder fötale Stammzellen des Menschen auf; solche Zellen können zur Erreichung der Forschungsziele folglich nicht genutzt werden. Zudem sind diese Zellen den für die Erreichung der Forschungsziele unerlässlichen genetischen Veränderungen ggf. nicht oder nicht in gleichem Maße wie pluripotente menschliche Stammzellen zugänglich.

Die Erreichung der Forschungsziele ist nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) möglich. Zwar werden auch hiPS-Zellen für die Herstellung pankreatischer Beta-Zellen sowie anderer für die Durchführung der Forschungsarbeiten erforderlicher humaner Zellen eingesetzt, jedoch haben hiPS-Zellen insbesondere ein stark variierendes und deutlich geringeres pankreatisches Differenzierungspotential als humane ES-Zellen. Es ist auch nicht hinreichend geklärt, welche Konsequenzen die in manchen Studien beobachteten und infolge des Reprogrammierungs­prozesses auftretenden genetischen Veränderungen sowie das für hiPS-Zellen postulierte epigenetische Gedächtnis insbesondere für das pankreatische Differenzierungspotential von hiPS-Zellen haben. Auch die grundsätzliche Frage danach, in welchem Umfang der Reprogrammierungsprozess zu genetischen Veränderungen führt, ist weiterhin strittig. Eine jüngst publizierte Studie hat erneut starke Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ein Großteil der hiPS-Zellen die in den zur Reprogrammierung genutzten Zellen präsente somatische sowie darüber hinaus im Reprogrammierungsprozess erworbene Mutationen aufweist. Darüber hinaus wurde in einer der wenigen publizierten Studien, in denen gleichzeitig sowohl hES- als auch hiPS-Zellen in Beta-Zellen differenziert wurden, ausdrücklich eine geringere Effizienz der pankreatischen Differenzierung festgestellt, wenn hiPS-Zellen verwendet wurden. Zudem sollen die Forschungsarbeiten teils unter Verwendung von Reporter-Zell-Linien beantwortet werden, die bereits in der Vergangenheit aus hES-Zellen abgeleitet wurden und für die Äquivalente auf der Basis von hiPS-Zellen derzeit nicht verfügbar sind.

Stand: 07.05.2024

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