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189. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 01.11.2023

1. Genehmigungsinhaber

Deutsches Krebsforschungszentrum, Heidelberg

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • KhES-1 (Kyoto University, Kyoto, Japan)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten sollen In-vitro-Modelle für Plexus-Choroideus-Tumoren (CPT) entwickelt werden, an denen künftig die zellulären und molekularen Grundlagen der Entstehung und Entwicklung dieser Tumoren untersucht werden sollen. Für die Untersuchung dieser Tumoren stehen derzeit keine oder nur unzureichend aussagekräftige Zell- und Tiermodelle zur Verfügung. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht dabei die Untersuchung der Effekte genetischer Veränderungen von Genen, deren Produkte an der Aktivierung bzw. Regulation des Wnt-Signaltransduktionsweges beteiligt sind. Grundlage hierfür sind neuere Erkenntnisse darüber, dass zum einen dieser Signalweg bei der Entwicklung des Plexus choroideus (ChP) eine wichtige Rolle spielt und zum anderen seine Deregulierung offenbar an der Entstehung von CPT beteiligt ist, wobei jedoch nicht bekannt ist, welche spezifischen Veränderungen im WNT-Signalweg der Entstehung von CPT zugrunde liegen. Daher sollen auf Grundlage von hES-Zellen zunächst Reporter-Zell-Linien etabliert werden, die eine Aktivierung des Wnt-Signalübertragungsweges anzeigen, und diese zu ChP-Organoiden differenziert werden. Um eine Tumorentstehung in vitro zu induzieren, sollen in diesen Organoiden dann Gene für die Aktivierung/Regulierung des Wnt-Signalwegs, die mutmaßlich mit der Entstehung von CPT assoziiert sind, funktional ausgeschaltet oder überexprimiert werden. Anschließend werden die Auswirkungen der genetischen Veränderungen auf die Entwicklung und die Eigenschaften der ChP-Organoide auf zellbiologischer und molekularer Ebene detailliert bestimmt, wobei insbesondere Anzeichen von neoplastischer Transformation identifiziert werden sollen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung, wobei die Ergebnisse künftig auch zur Entwicklung neuer therapeutischer Verfahren zur Anwendung bei Menschen beitragen können.

Plexus-Choroideus-Tumore (CPT) sind sehr seltene Tumore des Zentralnervensystems, wobei sowohl gutartige CPT (z. B. das Choroidplexus-Papillom, CPP) als auch bösartige Tumore (z. B. das Choroidplexus-Karzinom, CPC) auftreten können. Während sich gutartige Tumore des Plexus choroideus in der Regel zurückbilden, haben CPC eine schlechte Prognose, und nahezu 40 % der betroffenen Patienten sterben innerhalb der ersten fünf Jahre nach Diagnosestellung. Am häufigsten sind Kleinkinder, vor allem im ersten Lebensjahr, seltener auch Jugendliche von diesen Tumoren betroffen. Die derzeit eingesetzten Therapien bei CPT, die in einer Resektion des Tumors mit nachfolgender Chemo- und/oder Strahlentherapie bestehen, können zwar die Überlebenschancen der Kinder steigern, jedoch leiden die überlebenden Patienten häufig an schweren kognitiven Entwicklungsverzögerungen/-störungen. Die Verfügbarmachung von Tumormodellen, mit deren Hilfe neue, schonendere und effektivere Behandlungsmethoden insbesondere für Kinder mit CPT entwickelt werden können, ist daher ebenso dringend erforderlich wie ein besseres Verständnis von den molekularen Ursachen der Pathogenese von CPT.

Krankheitsmodelle für CPT, die das gesamte Spektrum der Erkrankung abbilden und an denen Aspekte der Pathogenese dieser Tumoren erforscht und neue Medikamente und verbesserte Therapieoptionen entwickelt werden könnten, sind derzeit nicht bzw. nur eingeschränkt verfügbar. Auch liegen die Mechanismen der Krankheitsentstehung zum großen Teil im Dunkeln. Vor diesem Hintergrund sollen im Rahmen der genehmigten Arbeiten unter Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) neue Zellmodelle für CPT entwickelt werden, an denen die zellulären und molekularen Grundlagen der Tumorentstehung und -biologie weiter untersucht und die künftig ggf. als Screening-Systeme in präklinischen Arzneimitteltests genutzt werden könnten.

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten sollen hES-Zellen zunächst zur Etablierung von Reporter-Zell-Linien genutzt werden, die ein Monitoring der Aktivität des Wnt-Signalwegs erlauben. Diese Reporter-Zell-Linien sollen in ChP-Organoide differenziert und die ChP-Organoide dann als Modell für die Entstehung/Progression von CPT genutzt werden. Dabei sollen in hES-Zellen bzw. in sich aus ihnen entwickelnden ChP-Organoiden bestimmte Gene ausgeschaltet bzw. überexprimiert werden, die mutmaßlich mit der Entstehung von CPT assoziiert sind. Während und nach Abschluss der Differenzierung soll der Einfluss der genetischen Modifikationen auf die Entwicklungsfähigkeit der Zellen zu ChP-Organoiden und auf die Charakteristika der Organoide bestimmt werden, wobei zelluläre und molekulare Ereignisse, die während einer möglichen Tumorentstehung auftreten, im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen. Aus diesen Studien werden Erkenntnisse darüber erwartet, welche zellulären und molekularen Veränderungen infolge der genetischen Modifikationen in den ChP-Organoiden auftreten und ob und inwieweit diese die Entstehung von CPT auslösen bzw. begünstigen können. Dies wiederum lässt voraussichtlich Rückschlüsse auf die Beteiligung des Wnt-Signaltransduktionsweges an der Entstehung und Entwicklung dieser Tumore zu und kann zu einem besseren Verständnis der molekularen und zellulären Ursachen der Entstehung von CPT beitragen und ggf. zur Identifizierung von neuen Zielstrukturen für die Entwicklung von Pharmaka führen. Ferner tragen die geplanten Forschungsarbeiten dazu bei, neue und verbesserte humane Krankheitsmodelle für CPT zu schaffen, mit denen künftig auch weitere Prozesse, die bei der Entstehung von CPT ablaufen, erforscht werden könnten. Zudem können auf der Basis dieser Organoidmodelle ggf. neue In-vitro-Screening-Systeme für die pharmakologische Forschung bereitgestellt werden, mit denen mittelfristig Grundlagen für die Entwicklung optimierter und schonenderer Methoden zur Therapie von CPT-Patienten geschaffen werden könnten.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass die Forschungsfragen in allen wesentlichen Punkten hinreichend vorgeklärt sind.

Vorgehensweisen für die Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen zu ChP-Organoiden sind etabliert und in der Literatur beschrieben worden. Ebenso liegen in der Literatur publizierte Arbeiten zu transgenen Mausmodellen für CPT vor, die zur Aufklärung der Tumorentstehung und Tumorbiologie beigetragen haben. So wurde beispielsweise CPT in der Maus durch eine dauerhafte Expression von Notch1 in der dorsalen Dachplatte oder durch die Überexpression von Myc in frühen neuralen Vorläuferzellen mit oder ohne tp53-Knockout modelliert. Die in diesen Modellen induzierten Tumoren ähneln jedoch eher Tumoren, die sich im Erwachsenenalter entwickeln, und die hier besonders interessierenden pädiatrischen Aspekte der Tumorbildung werden durch die derzeit verfügbaren Mausmodelle nicht hinreichend abgebildet.

Die Rolle des in Blick genommenen WNT-Signalweges bei der Entwicklung des Plexus choroideus ist in der Literatur ebenfalls gut belegt, wobei beispielsweise in Mausembryonen gezeigt wurde, dass Wnt3a für die korrekte Ausbildung des endhirnigen ChP bedeutsam ist und Wnt5A die Komplexität und Größe des ChP reguliert. Zudem wurde gezeigt, dass eine konstitutive Aktivierung des WNT-Signalweges in hES-Zell-abgeleiteten ChP-Organoiden zu einem Verlust der Integrität des ChP-Epithels und zu Anzeichen für eine neoplastische Transformation führte.

Mit CPT assoziierte und ggf. für die Tumorentstehung ursächliche genetische Veränderungen wurden von der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin durch die Analyse von Daten aus Gesamt-Genom-Sequenzierungen und Genexpressionsanalysen von Tumorproben aus Patienten bereits identifiziert. Ferner wurden Experimente mit einer hinsichtlich des Wnt-Signaltransduktionsweges modifizierten ChP-Zell-Linie der Ratte durchgeführt, die belegen, dass die Aktivierung dieses Signalwegs auch in diesem Modell in vitro zu transformierten Zellen führt.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Das Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten ist die Entwicklung von neuen, möglichst authentischen Krankheitsmodellen für humane CPT und die Identifizierung von Mechanismen der Tumorentstehung und -progression im Menschen. Dies erfordert die Nutzung eines humanen Zellmaterials. Fragen, die im Zusammenhang mit der Erreichung dieses Forschungsziels stehen, können nicht durch Analysen von ChP-Organoiden aus anderen Spezies, insbesondere von Nagern, geklärt werden. Es bestehen im Vergleich mit dem Menschen erhebliche Unterschiede in der Entwicklung des Gehirns und in der Tumorentstehung.

Die Forschungsziele können ferner auch nur unter Nutzung humaner pluripotenter Stammzellen erreicht werden. Bei CPT handelt es sich um Tumoren, die ihren Ursprung in der frühen Entwicklung, und damit in humanen Zelltypen haben, die sich aus anderen als pluripotenten Stammzellen in vitro nicht gewinnen lassen. Zudem gibt es derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass andere humane Zellen als pluripotente Stammzellen erfolgreich für die hier erforderliche Herstellung von ChP-Organoiden genutzt und damit zur Erreichung der Forschungsziele eingesetzt werden könnten. Durch die Nutzung von Material, das ggf. aus der Resektion von CPT verfügbar ist, können die Forschungsziele ebenfalls nicht erreicht werden. Dieses Material ist heterogen und nicht reproduzierbar. Es steht in den für die Projektdurchführung notwendigen Mengen voraussichtlich nicht zur Verfügung und ist zudem den genetischen Veränderungen, die hier zur Klärung der aufgeworfenen Forschungsfrage vorgenommen werden müssen, aller Voraussicht nach nicht zugänglich.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. Zwar wurden ChP-Organoide in jüngster Vergangenheit auch unter Nutzung von hiPS-Zellen erzeugt, jedoch wurden diese Organoide entsprechend den in der Literatur veröffentlichten Daten deutlich weniger intensiv charakterisiert als aus hES-Zellen abgeleitete ChP-Organoide. Zudem weisen hiPS-Zellen ggf. Mutationen auf, die bereits in der somatischen Zelle, aus der sie abgeleitet wurden, vorhanden waren oder im Reprogrammierungsprozess erworben wurden, wodurch eindeutige Rückschlüsse auf die molekulare Ursache pathologischer Prozesse ggf. nicht oder nicht zweifelsfrei möglich sind. Da die Effekte von genetischen Veränderungen krankheitsassoziierter Gene auf die Eigenschaften und die Entwicklung von ChP-Organoiden untersucht werden sollen, sollten die Untersuchungen möglichst vor einem genetischen Hintergrund stattfinden, der einen weitgehend ursprünglichen Zustand darstellt und nicht bereits durch Mutationen verändert ist. Diese Voraussetzung erfüllen hiPS-Zellen nicht in gleichem Maße wie hES-Zellen.

Stand: 01.11.2023

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