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184. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 29.11.2022

1. Genehmigungsinhaberin

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • MEL-1 (University of Queensland, Melbourne, Australien)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten ist die In-vitro-Herstellung menschlicher pankreatischer Organoide aus hES-Zellen, an denen dann Fragen der pankreatischen Entwicklung und Reifung untersucht sowie Wechselwirkungen verschiedener pankreatischer Zelltypen im Kontext der Organoide analysiert, Modellsysteme insbesondere für den Typ-2-Diabetes (T2D) entwickelt und potentielle Wirkstoffe zur Behandlung von T2D identifiziert werden sollen. Hierfür soll zunächst die Rolle bestimmter Transkriptionsfaktoren bei der Beta-Zell-Entwicklung in vitro im Detail untersucht werden. Anschließend sollen verschiedene, auf hES-Zellen basierende Reportersysteme etabliert und diese genutzt werden, um die Reifung und Funktionalität insbesondere von Beta-Zellen in vitro zu optimieren, kritische Parameter für die Reifung von Beta-Zellen zu bestimmen und Verfahren zu entwickeln, mit denen die Maturierung pankreatischer Zellen durch Nutzung kleiner Moleküle induziert werden kann. Im weiteren sollen dann pankreatische Organoide entwickelt werden, die neben aus hES-Zellen abgeleiteten endokrinen Zellen vor allem auch primäre bzw. aus hES-Zellen abgeleitete endotheliale Zellen/Gewebe enthalten. Hieran sollen dann die Eigenschaften der endokrinen Zellen (funktionale Charakteristika, RNA-Profil etc.) in einem komplexen Gewebeverband untersucht sowie ihre Wechselwirkungen mit anderen Zellen im Organoid analysiert werden. Zudem soll der Einfluss von verschiedenen Formen metabolischen und immunologischen Stresses, wie er auch bei T2D auftritt, auf das Überleben und auf die Eigenschaften der pankreatischen Zellen im Organoid bestimmt werden. Schließlich sollen pankreatische Organoide für die Etablierung von In-vitro-Modellen für genetisch bedingte Formen des Diabetes mellitus eingesetzt werden. Nach umfassender Analyse ihrer zellbiologischen, molekularen und funktionalen Eigenschaften sollen diese In-vitro-Modelle dann für ein Screening von Wirkstoff-Bibliotheken mit dem Ziel eingesetzt werden, Substanzen zu identifizieren, die insbesondere die Überlebensfähigkeit von Beta-Zellen unter Stress-Bedingungen erhöhen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung:

Obwohl bei der Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen in pankreatische Zellen erhebliche Fortschritte erzielt worden sind, ist das Verständnis von der pankreatischen Differenzierung beim Menschen weiterhin unvollständig, und die Vorgehensweisen für die In-vitro-Differenzierung pluripotenter Stammzellen zu transplantierbaren Beta-Zellen bzw. pankreatischen Inseln sind derzeit suboptimal. Insbesondere entsprechen der Reifegrad und die Funktionalität der bislang in vitro gewinnbaren pankreatischen Zellen nicht oder nicht vollständig der In-vivo-Situation beim Menschen. Mit dem Forschungsvorhaben soll dazu beigetragen werden, bestimmte Prozesse der pankreatischen Differenzierung und die Rolle einzelner, für die Differenzierung bedeutsamer Faktoren und Signalwege besser als bislang zu verstehen. Durch Etablierung komplexer pankreatischer Organoide und deren Untersuchung unter Bedingungen von metabolischem Stress soll zudem ein besseres Verständnis der molekularen Ursachen des T2D gewonnen und über die Identifizierung von Substanzen, die insbesondere dem Beta-Zelltod entgegenwirken, zur Entwicklung neuer Therapieoptionen beigetragen werden.

Erster Schwerpunkt ist die Entwicklung von Vorgehensweisen für eine optimierte Differenzierung von hES-Zellen, wobei der Fokus auf der Anreicherung von Beta-Zellen und der Verhinderung einer unerwünschten Entstehung sog. enterochromaffiner Zellen ist. Hierfür sollen Gene für Transkriptionsfaktoren, die die Differenzierung in Richtung der genannten unerwünschten Zellen in vitro offenbar begünstigen, ausgeschaltet und jeweils überprüft werden, ob dies zu einer Erhöhung des Anteils von Beta-Zellen führt. Im Ergebnis der Arbeiten sollen dringend benötigte optimierte Vorgehensweisen für die pankreatische Differenzierung von hES-Zellen zur Verfügung stehen, die zu einem höheren Anteil an Beta-Zellen als bislang führen. In diesem Vorhabensteil können voraussichtlich auch neue Erkenntnisse über Faktoren und Signalwege gewonnen werden, die bei der Spezifizierung pankreatischer Vorläuferzellen in bestimmte pankreatische Zelltypen eine Rolle spielen.

Gegenstand eines weiteren Projektteils sind die Optimierung der Bedingungen für die Reifung von Beta-Zellen im Kontext pankreatischer Organoide und die Gewinnung von Erkenntnissen über molekulare Grundlagen der Beta-Zell-Reifung. Hierfür sollen auf Basis von hES-Zellen verschiedene Reporter-Zell-Systeme etabliert bzw. entwickelt werden, mit denen die Entstehung von reifen Beta-Zellen experimentell verfolgt und die entsprechenden Differenzierungsverfahren optimiert werden können. Die jeweiligen Reporterzellen sollen dabei zu pankreatischen Organoiden differenziert und der Einfluss verschiedener (potentieller) Modulatoren der Beta-Zell-Reifung untersucht werden. Gene, deren Produkte eine Rolle bei der Reifung von Beta-Zellen spielen, sollen gegebenenfalls ausgeschaltet, in ihrer Aktivität gehemmt, aktiviert oder überexprimiert werden und der Einfluss der jeweiligen Faktoren/Signalwege auf die Beta-Zell-Reifung bestimmt werden. Im weiteren sollen kleine Moleküle identifiziert werden, mit denen die an der Beta-Zell-Reifung beteiligten Signalwege moduliert und so die Prozesse, die zur Reifung von Beta-Zellen führen, beschleunigt werden können. Diese Arbeiten sollen zu neuen Erkenntnissen darüber führen, welche Moleküle/Signalwege an der Entstehung von in funktioneller Hinsicht reifen Beta-Zellen beteiligt sind, woraus voraussichtlich Rückschlüsse auf die Pankreasentwicklung während der fötalen und frühen postnatalen Entwicklung des Menschen gezogen werden können.

Ferner soll der Frage nachgegangen werden, auf welchem Wege die Kommunikation zwischen pankreatischen und endothelialen Zellen im Rahmen komplexer pankreatischer Organoide erfolgt. Hierfür sollen pankreatische Zellen/Organoide in mikrofluide Systeme eingebracht werden, die aus endothelialen Zellen gebildet werden und einem humanen Kapillarbett ähneln. Dabei soll der Effekt endothelialer Zellen auf die Reifung und Funktionalität pankreatischer Zellen untersucht werden, wodurch der Einfluss des Endothels auf die Beta-Zell-Funktion oder die Relevanz von Rezeptor-Liganden-Paaren, deren Komponenten in den verschiedenen Zellarten produziert werden, für die Beta-Zell-Reifung bestimmt werden kann. Im weiteren sollen in diesem System auch potentielle Stressoren von Betazellen, die ggf. an der Entstehung eines T2D beteiligt sind, hinsichtlich ihrer Effekte auf die Funktion und die Vitalität pankreatischer Zellen, auf deren Transkriptom, Proteom und Interaktom untersucht werden. Diese Arbeiten können aller Voraussicht nach zu einem besseren Verständnis der Ursachen des T2D beitragen; im Ergebnis könnte zudem ein auf menschlichen Zellen basierendes In-vitro-Modell zur Verfügung stehen, an dem die Ursachen von T2D weiter erforscht und neue Wirkstoffe zur Behandlung von T2D entwickelt und erprobt werden könnten.

Schließlich sollen Modellsysteme für genetisch bedingte Formen des T2D etabliert und zur Testung von potentiellen Wirkstoffen genutzt werden. hES-Zellen, die mit T2D assoziierte genetische Veränderungen tragen, sollen in Richtung pankreatischer Zellen/Organoide differenziert und diese unter Bedingungen metabolischen Stresses umfassend untersucht werden. Anschließend sollen Systeme etabliert werden, die die Analyse der pankreatischen Zellen/Organoide in großer Zahl bzw. im Hochdurchsatzverfahren erlauben. Diese sollen dann zur Testung von Substanzen genutzt werden, die zur Verminderung des Zelltodes von Beta-Zellen bei Vorliegen eines bestimmten metabolischen Stresses führen. Die Arbeiten können zur Identifizierung von Wirkstoffkandidaten aus großen Substanzbibliotheken führen und ggf. eine Grundlage für die Entwicklung neuer Medikamente gegen T2D bilden. Dies ist angesichts weiterhin limitierter Möglichkeiten zur Behandlung der Ursachen von T2D ein hochrangiges Forschungsziel.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass die Forschungsfragen in allen wesentlichen Punkten weitestmöglich vorgeklärt sind.

Die genehmigten Forschungsarbeiten stellen eine konsequente Fortsetzung bislang im Ausland durchgeführter Arbeiten der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin dar. Protokolle für die Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen in pankreatische Zellen sind aus der Literatur hinreichend bekannt. Zudem wurde in den letzten Jahren unter Verwendung von hES-Zellen eine Vielzahl von Studien zu pankreatischen Organoiden durchgeführt und publiziert, auch von der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin. Die Tatsache, dass die derzeit verwendeten Vorgehensweisen zur Gewinnung pankreatischer Beta-Zellen aus humanen pluripotenten Stammzellen zu Zellpopulationen führen, die neben endokrinen auch exokrine Zellen und Zellen enthalten, die Ähnlichkeit mit enterochromaffinen Zellen haben, ist aus der Literatur bekannt.

Forschungsfragen mit Blick auf die Herstellung multizellulärer pankreatischer Organoide wurden u. a. bereits durch Arbeiten der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin im Ausland vorgeklärt, wobei auch hES-Zellen als Ausgangsmaterial genutzt wurden. So wurden in den letzten Jahren Methoden entwickelt, um pankreatische Organoide mit einer größeren Zellkomplexität zu erzeugen. Dabei wurden primäre endotheliale Zellen für die Erzeugung von Blutgefäßen genutzt und diese in Zellaggregate mit hES-Zell-abgeleiteten endokrinen Pankreaszellen eingebracht. Zudem wurden bereits in mikrofluidischen Systemen Blutgefäße erzeugt, über die Organoide mit Nährstoffen versorgt werden können. Die Herstellung komplexer vaskulärer Netzwerke aus derartigen mikrofluidischen Modulen ist ebenfalls in der Literatur beschrieben. Auch die Modellierung genetischer Varianten des Diabetes mellitus durch Einfügung von krankheitsassoziierten Mutationen in humane pluripotente Stammzellen und anschließende Differenzierung in pankreatische Zellen ist seit geraumer Zeit etabliert. Im Labor der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin in den USA wurden zudem Verfahren etabliert, um aus hES-Zellen abgeleitete pankreatische Modellsysteme für ein Screening auch großer Substanz-Bibliotheken nutzen zu können. Die für das Screening in Frage kommenden Substanzbibliotheken liegen bereits vor.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die Forschungsziele können nicht durch Nutzung von Zellen aus anderen Spezies als dem Menschen erreicht werden, da erhebliche Unterschiede in den molekularen Grundlagen der pankreatischen Differenzierung und in der Struktur des Pankreas zwischen verschiedenen Spezies bestehen. Zudem führen Mutationen, die im Menschen mit T2D assoziiert sind, in der Maus in vielen Fällen nicht zu Diabetes, so dass auch aus diesem Grunde die Verwendung humaner Zellen erforderlich ist. Ferner können zur Erreichung der Forschungsziele keine anderen als pluripotente Stammzellen des Menschen verwendet werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand enthält das menschliche Pankreas keine Stammzellen, aus denen die hier angestrebten pankreatischen Organoide hergestellt werden könnten. Eine ggf. denkbare Nutzung von Stammzellen aus abgetriebenen Föten ist aufgrund von deren geringer Verfügbarkeit und Reproduzierbarkeit ausgeschlossen. Fragen nach den Eigenschaften und dem In-vitro-Differenzierungspotential fötaler pankreatischer Zellen des Menschen sind zudem weitgehend ungeklärt. Hinzu kommt, dass von diesen Zellen nicht hinreichend bekannt ist, ob sie den für die Projektdurchführung essentiellen genetischen Veränderungen zugänglich sind.

Die Erreichung der Forschungsziele ist nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) möglich. Zwar wurden auch hiPS-Zellen bereits zur Herstellung pankreatischer Zellen eingesetzt, jedoch haben hiPS-Zellen ein stark variierendes und deutlich geringeres pankreatisches Differenzierungspotential als die hier zur Anwendung kommenden humanen ES-Zellen. Es ist auch nicht hinreichend geklärt, welche Konsequenzen die in manchen Studien beobachteten, infolge der Reprogrammierung auftretenden genetischen Veränderungen und das für hiPS-Zellen postulierte epigenetische Gedächtnis für das pankreatische Differenzierungspotential von hiPS-Zellen haben. Auch die Frage danach, in welchem Umfang der Reprogrammierungsprozess zu genetischen Veränderungen führt, ist weiterhin strittig. Eine jüngst publizierte Studie hat erneut starke Anhaltspunkte dafür geliefert, dass ein Großteil der hiPS-Zellen in den zur Reprogrammierung genutzten Zellen präsente somatische oder später erworbene Mutationen aufweist. Darüber hinaus wurde in einer der wenigen publizierten Studien, in denen sowohl hES- als auch hiPS-Zellen in funktionale Beta-Zellen differenziert wurden, zudem ausdrücklich eine geringere Effizienz der pankreatischen Differenzierung festgestellt, wenn hiPS-Zellen verwendet wurden.

Stand: 29.11.2022

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