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180. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 21.06.2022

1. Genehmigungsinhaberin

Charité – Universitätsmedizin Berlin

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HUES1 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES2 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES3 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES4 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES7 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES9 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES10 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES11 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES14 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • I3 (Technion – Israeli Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion – Israeli Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I6 (Technion – Israeli Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • KhES-1 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)
  • KhES-2 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)
  • KhES-3 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Kyoto, Japan)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Untersuchung des Einflusses der Präsenz von C1-Metaboliten auf die Regulation der DNA-Methylierung in sog. metastabilen Epiallele während der frühen Entwicklung humaner embryonaler Stammzellen. Metastabile Epiallele sind genomische Loci, die bereits vor der Gastrulation in stochastischer (d.h. nur in Teilen genetisch bedingter) Weise methyliert werden, was zu stabilen interindividuellen Variationen innerhalb einer Spezies führt. Dabei sollen hES-Zellen zunächst in den ursprünglicheren naiven Zustand überführt, anschließend in ein formatives Stadium (das dem Zustand embryonaler Zellen in der Prä-Gastrulationsphase des Embryo entspricht) weiterentwickelt und schließlich in verschiedene Zelltypen differenziert werden. In jedem dieser Stadien sollen potentielle metastabile Epiallele bezüglich des Status der DNA-Methylierung und in Hinblick auf Chromatin-Modifikationen untersucht und die Bindung bestimmter Transkriptionsfaktoren an metastabile Epiallele bestimmt werden Ziel ist die Erfassung zeitlicher Veränderungen in der Methylierung bzw. den Chromatin-Modifikationen der metastabilen Epiallele. Ferner sollen die Genexpressionsmuster der Zellen auf RNA- und Proteinebene zu verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung analysiert werden. Im Anschluss daran soll dann die Bedeutung der Präsenz von C1-Metaboliten für die Etablierung der Methylierung in metastabilen Epiallelen untersucht werden. Hierfür werden die ES-Zellen während des formativen Stadiums der Pluripotenz unterschiedlichen Konzentrationen an C1-Metaboliten ausgesetzt und die Effekte auf die DNA-Methylierung, auf die Modifikationen des Chromatins, auf die Transkriptionsfaktorbindung an die interessierenden DNA-Regionen sowie auf die Genexpressionsmuster während der weiteren Entwicklung der Zellen untersucht. Ferner soll die Aktivität von Enzymen bestimmt werden, die in Zusammenhang mit dem C1-Metabolismus sowie mit durch die (potentiellen) metastabilen Epigenome regulierten Entwicklungs- und Stoffwechselvorgänge stehen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung:

Während zahlreiche epigenetische Unterschiede zwischen den Individuen der gleichen Spezies eine genetische Grundlage haben, kann der Methylierungsstatus in sogenannten metastabilen Epiallelen bei genetisch identischen Individuen durchaus variieren. Der Terminus „metastabiles Epiallel“ nimmt Bezug darauf, dass die mit den entsprechenden Allelen assoziierte phänotypische Eigenschaft zum einen eine epigenetische Ursache hat und zum anderen der epigenetische Status offenbar stochastisch festgelegt wird. Charakteristisch für metastabile Epiallele ist zudem, dass die Methylierung des betreffenden Allels innerhalb eines Individuums konstant ist und dass sie sich offenbar auch über lange Zeiträume nicht verändert. Die Tatsache, dass die Methylierung nicht gewebespezifisch erfolgt, weist darauf hin, dass der Methylierungsstatus in den Zellen des sich entwickelnden Embryos vor der Differenzierung in verschiedene Zelltypen etabliert und anschließend mitotisch aufrechterhalten wird. Beim Menschen ist die Identifizierung metastabiler Epiallele durch die immense genetische Variabilität erschwert. Zudem stehen derzeit kaum geeignete Modellsysteme zur Untersuchung extrinsischer Faktoren, beispielsweise des Einflusses von Umweltfaktoren oder der Ernährungssituation, auf die Ausprägung der Methylierung im menschlichen Embryo in der Zeit zwischen Konzeption und Gastrulation zur Verfügung. Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten sollen daher zwei wesentliche Fragen im Zusammenhang mit der Etablierung und Rolle metastabiler Epiallele im Menschen geklärt werden. Zum einen soll ein Modellsystem entwickelt bzw. weiterentwickelt werden, an dem die Etablierung metastabiler Epiallele in frühen embryonalen Zellen des Menschen untersucht und ihr weiteres Schicksal im Zuge der Differenzierung in verschiedene Zelltypen verfolgt werden kann. Hierdurch soll zur Identifizierung bzw. Verifizierung (potentieller) metastabiler Epiallele beigetragen werden. Zum anderen soll spezifisch untersucht werden, ob die Verfügbarkeit von C1-Metaboliten während früher Entwicklungsphasen menschlicher embryonaler Zellen einen Einfluss auf die Methylierung metastabiler Epiallele – und damit auf die Expression ggf. Phänotyp-relevanter Gene – auch in der weiteren Entwicklung der betreffenden Zellen haben könnte.

Im Rahmen der Forschungsarbeiten soll zunächst bestimmt werden, welche epigenetischen Modifikationen in (potentiellen) humanen metastabilen Epiallelen während der frühen Differenzierung auftreten und ob und inwieweit sie mit spezifischen Genexpressionsmustern assoziiert sind. Hierfür sollen hES-Zellen naivisiert, in ein formatives Stadium überführt und anschließend in diverse Zelltypen differenziert werden. Die Genregionen (potentieller) metastabiler Epiallele sollen jeweils bezüglich des Methylierungsstatus der DNA, hinsichtlich der Präsenz aktivierender und hemmender Chromatinmodifikationen untersucht sowie in Hinblick auf die Expression der mit den metastabilen Epiallelen assoziierten Gene auf RNA- und Protein-Ebene bestimmt werden. Ziel dieser Untersuchungen ist die Erlangung neuer Erkenntnisse darüber, welche spezifischen Methylierungsmuster und Chromatinmodifikationen in der Umgebung metastabiler Epiallele während der frühen Differenzierung von hES-Zellen bis zum formativen Stadium auftreten, ob diese Methylierungsmuster während der Differenzierung und in terminal differenzierten Zellen stabil bleiben und welche Auswirkungen der (in frühen embryonalen Zellen etablierte) Methylierungsstatus auf die Expression der metastabilen Epiallele während verschiedener Phasen der Zellentwicklung hat. Die Arbeiten werden dazu beitragen, humane Epiallele besser als bislang charakterisieren zu können.

Anschließend soll geklärt werden, ob und in welchem Umfang die Präsenz spezifischer C1-Metabolite während der formativen Phase der Entwicklung embryonaler Zellen für die Etablierung der jeweiligen Methylierungsmuster erforderlich ist und ob die Abwesenheit von C1-Metaboliten zur Änderung des Methylierungsstatus führt. Hierfür sollen die oben beschriebenen Untersuchungen in Gegenwart unterschiedlicher Konzentrationen von C1-Metaboliten im Zellkulturmedium während des formativen Stadiums durchgeführt werden. Angesichts der Tatsache, dass es Hinweise auf einen Einfluss der Ernährungssituation während der frühen Schwangerschaft auf die Methylierung in metastabilen Epiallelen gibt, soll durch die geplanten Experimente geklärt werden, ob und wenn ja wie der Methylierungsstatus bestimmter Epiallele im menschlichen Genom von der Verfügbarkeit von C1-Metaboliten abhängen könnte. Zudem soll Aufschluss darüber erlangt werden, ob durch die Verfügbarkeit von C1-Metaboliten bedingte epigenetische Modifikationen mit veränderten Chromatinmodifikationen in der betreffenden Region sowie mit veränderten Genexpressionsmustern einhergeht. Ferner soll geklärt werden, ob und inwieweit es durch eine veränderte Konzentration bzw. infolge der Abwesenheit bestimmter C1-Metabolite im Zellkulturmedium zu Änderungen der Präsenz/Aktivität spezifischer Enzyme des C1-Metabolismus auch in späteren Phasen der Zellentwicklung kommt.

Die Forschungsarbeiten dienen der Erlangung von wichtigen Erkenntnissen in der Grundlagenforschung, insbesondere der Identifizierung und Charakterisierung metastabiler Epiallele im Menschen. Dies soll Rückschlüsse auf frühe Entwicklungsprozesse im Menschen erlauben. Bei erfolgreicher Etablierung eines Zellkultursystems, an dem die Etablierung der Methylierungsmuster metastabiler Epiallele erfolgreich und reproduzierbar nachgebildet werden kann, könnten diese künftig zur weiteren Untersuchung von Umwelteinflüssen auf Entwicklungsprozesse früher embryonaler Zellen des Menschen genutzt werden.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass die Forschungsfragen in allen wesentlichen Punkten weitestmöglich vorgeklärt sind.

Die Rolle metastabiler Epiallele für die Ausprägung eines bestimmten Phänotyps in genetisch identischen Individuen wurde im Mausmodell anhand der Avy- und AxinFu-Allele umfassend untersucht. Die Tatsache, dass durch variierende Umweltbedingungen verursachte Veränderungen der DNA-Methylierung in metastabilen Epiallelen ggf. zu einer Fehlregulation der betreffenden Gene und damit zu einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Krankheiten führen können, wurde ebenfalls im Nagermodell gezeigt. Menschliche metastabile Epiallele wurden ebenfalls bereits in verschiedenen Studien identifiziert und charakterisiert. Wie in der Maus, so sind auch im Menschen metastabile Epiallele häufig mit bestimmten transposablen Elementen assoziiert, insbesondere ERV und Line-Elementen, und ihre Methylierung wird offenbar ebenfalls vor der Gastrulation etabliert. In einem genomweiten Screening wurde der VTRNA2-1-Locus, dessen Methylierungsstatus bereits zuvor mit dem Risiko für die Entwicklung von Brustkrebs assoziiert werden konnte, als wichtiger Indikator für frühe Umwelteffekte auf die epigenetische Regulation im Menschen identifiziert: eine Hypomethylierung, die auf einen Verlust des Imprinting des VTRNA2-1-Locus hinweist, trat systematisch in bestimmten Individuen verschiedener menschlicher Populationen auf und war über wenigstens 10 Jahre stabil. Auch für das PAX8-Gen wurde beobachtet, dass eine Hypomethylierung des Locus zum einen mit der Ernährungssituation während der frühen Schwangerschaft und andererseits mit einer verminderten Größe und Funktion der Schilddrüse in Zusammenhang steht.

Bereits publizierte Arbeiten des für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlers, die unter Nutzung von humanen Zell- bzw. Gewebeproben aus Gehirn und Blut durchgeführt wurden, zeigten zudem, dass eine bestimmte Region des POMC-Gens in adipösen Kindern und Erwachsenen – verglichen mit normalgewichtigen Individuen – eine erhöhte Methylierung aufweisen, die mit einer verminderten POMC-Genexpression einhergeht. Ferner liegen Hinweise darauf vor, dass bestimmte Faktoren des C1-Metabolismus der Mutter zum Zeitpunkt der Konzeption die Methylierung des POMC-Locus des Kindes beeinflussen können. In unveröffentlichten Arbeiten erfolgten bereits Untersuchungen zu Fragen der Etablierung und Stabilität der DNA-Methylierung im POMC-Locus während der Entwicklung von hES-Zellen in Richtung hypothalamische Neurone. Auch hinsichtlich eines möglichen Einflusses der Präsenz/Abwesenheit von C1-Metaboliten auf die Etablierung der Methylierungsmuster im POMC-Locus wurden bereits Untersuchungen in sich aus hES-Zellen entwickelnden hypothalamischen Neuronen durchgeführt.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die Erreichung der Forschungsziele erfordert die Nutzung menschlicher Zellen. Insbesondere Zellen der Maus können – aufgrund bereits dokumentierter Unterschiede in der Präsenz und den Eigenschaften bekannter metastabiler Epiallele – nicht für die Klärung der Forschungsfragen genutzt werden. Die Tatsache, dass metastabile Epiallele offenbar eng mit transposablen Elementen assoziiert sind, deren Biologie sich zwischen verschiedenen Spezies stark unterscheidet, begründet ebenfalls die Notwendigkeit der Nutzung menschlicher Zellen zur Erreichung der Forschungsziele. Da die Etablierung der Methylierungsmuster metastabiler Epiallele in einem frühembryonalen Stadium erfolgt, können auch andere Zellen als pluripotente Stammzellen des Menschen nicht zur Erreichung der Forschungsziele genutzt werden: adulte oder fötale Stammzellen sowie primäre somatische Zellen haben das entsprechende frühembryonale Entwicklungsstadium bereits durchschritten und können folglich nicht zur Untersuchung der hier interessierenden Fragestellungen genutzt werden.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. Es werden Zellen benötigt, die ein möglichst ursprüngliches und für pluripotente Stammzellen des Menschen charakteristisches Epigenom aufweisen, da sehr frühe epigenetische Prozesse untersucht werden sollen. Diese Voraussetzung erfüllen hiPS-Zellen nicht in gleichem Maße wie hES-Zellen. Unterschiede zwischen hiPS- und hES-Zellen bezüglich ihres Epigenoms sind vielfach dokumentiert worden, darunter auch reproduzierbare und typische Differenzen in der DNA-Methylierung. Ferner liegen Hinweise auf ein epigenetisches Gedächtnis von hiPS-Zellen vor, in dem bestimmte epigenetische Eigenschaften des zur Reprogrammierung genutzten Zelltyps konserviert sind. Durch den für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftler konnte zudem nachgewiesen werden, dass (geprägte) hiPS-Zellen eine selbst im Vergleich zu primären Zellen erhöhte Methylierung des POMC-Gens aufwiesen. Zwar konnte diese Methylierung durch Überführung der Zellen in den naiven Zustand deutlich vermindert werden; jedoch zeigten Neurone, die aus diesen naiven hiPS-Zellen differenziert wurden, erneut die ursprüngliche (und im Vergleich mit primären Zellen verstärkte) Methylierung im POMC-Gen. Derartige Phänomene sind auch für andere, hier interessierende metastabile Epiallele des Menschen nicht auszuschließen, was die Nutzung von hES-Zellen ebenfalls erforderlich macht.

Stand: 21.06.2022

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