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171. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 31.08.2021

1. Genehmigungsinhaber

Helmholtz-Zentrum München GmbH

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten soll untersucht werden, inwieweit und auf welchem Wege Ferroptose, eine durch eisenabhängige Peroxidation von Membran-Phospholipiden bedingte Form des regulierten Zelltodes, die Pluripotenz und die neurale Differenzierung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) beeinflusst. Hintergrund für die vermutete Relevanz der Ferroptose insbesondere für neurale Differenzierungsprozesse beim Menschen sind neuere Erkenntnisse über die Beteiligung von Ferroptose an der Entwicklung verschiedener neurodegenerativer Erkrankungen. Zunächst soll untersucht werden, ob die in gängigen Differenzierungsmedien befindlichen und für die Aufrechterhaltung von Pluripotenz und eine erfolgreiche neurale Differenzierung essentiellen Antioxidantien während der Differenzierung der Ferroptose entgegenwirken. Dabei soll die Differenzierung zu verschiedenen Typen neuronaler Zellen und Gehirn-Organoiden untersucht und der Einfluss der Inhibitoren/Aktivatoren der Ferroptose auf die Morphologie der Zellen/Organoide sowie auf deren Transkriptom, Proteom, Lipidom, Metabolom und auf intrazelluläre Signalwege bestimmt werden. Für den Fall, dass in diesen Untersuchungen Gene oder Signalwege identifiziert werden, die an Ferroptose-hemmenden oder -fördernden Prozessen potentiell beteiligt sind, sollen diese im Detail untersucht werden, beispielsweise durch Überexpression bzw. knockout/knockdown der entsprechenden Gene und durch pharmakologische Aktivierung bzw. Hemmung der identifizierten Signalwege. Die jeweiligen Effekte auf die Pluripotenz und Differenzierung von hES-Zellen zu neuralen Zellen/Organoiden soll anschließend auf den o.g. Ebenen analysiert werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) in erster Linie der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen ist die Klärung der Frage, ob der durch eisenabhängige Peroxidation von Membran-Lipiden gekennzeichnete Prozess der Ferroptose an der Regulation der neuronalen Differenzierung im Menschen beteiligt ist. Bei Ferroptose handelt sich um eine Form des regulierten, nicht-apoptotischen und nicht-nekrotischen Zelltodes, die erst in jüngerer Zeit in den Fokus des Interesses gerückt ist. Die Vermutung, dass Ferroptose an Prozessen der neuronalen Differenzierung und an der Gehirnentwicklung beteiligt sein könnte, stützt sich im wesentlichen auf zwei Arten von Hinweisen. Zum einen ist Ferroptose offenbar an der Entstehung und Pathogenese einiger neurodegenerativer Erkrankungen beteiligt, beispielsweise bei Amyotropher Lateralsklerose, bei der Alzheimer-Krankheit oder bei Morbus Huntington, wobei der zentrale Effekt der Ferroptose hier offenbar über die Dysregulation der Glutathion-Peroxydase 4 (GPX4)-Aktivität vermittelt wird. Zum anderen hat die für die Forschung verantwortliche Wissenschaftlerin außerhalb Deutschlands bereits selber Daten darüber gewonnen, dass eine neuronale Differenzierung von hES-Zellen in Abwesenheit von Antioxidantien nur möglich ist, wenn gleichzeitig eine selektive Hemmung der Ferroptose erfolgt. Die Frage danach, welche mit Ferroptose in Zusammenhang stehenden Prozesse insbesondere für die neurale Differenzierung – und folglich ggf. bei der Degeneration von Neuronen – eine Rolle spielen, ist jedoch bislang weitgehend ungeklärt.

Im Rahmen der Forschungsarbeiten sollen hES-Zellen unter Bedingungen, die die Ferroptose hemmen oder induzieren, zu Gehirn-Organoiden differenziert die Effekte der jeweiligen Bedingungen auf die zellulären und molekularen Eigenschaften sich differenzierender neuronaler Zellen und auf sich entwickelnde Gehirn-Organoide, aber auch auf die Eigenschaften der Zellen im Stadium der Pluripotenz bestimmt werden. Dabei soll geklärt werden, welche Effekte die Induktion bzw. Hemmung der Ferroptose auf die morphologischen Eigenschaften pluripotenter Stammzellen und auf sich entwickelnde neuronale Zellen hat. Ferner sollen durch Untersuchungen des Transkriptoms und Proteoms der Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten der Differenzierung mögliche Veränderungen in der Ferroptose-Signalkaskade bestimmt und durch umfangreiche Analysen des Metaboloms potentielle Veränderungen in der Präsenz relevanter Metabolite und Lipide bestimmt werden. Dies soll Aufschluss darüber erbringen, ob und inwieweit das ferroptotische metabolische Netzwerk in den Zellen bzw. Organoiden verändert ist und zu welchen konkreten Veränderungen im Transkriptom, Proteom, Lipidom und Metabolom die Modulation der Ferroptose in pluripotenten Stammzellen, in sich neuronal differenzierenden Zellen, in terminal differenzierten neuronalen Zellen und in menschlichen Gehirnorganoiden führt. Dabei sollen Hinweise darauf gewonnen werden, welche Gene, Moleküle und Signalwege an diesen Veränderungen beteiligt sind.

Anschließend sollen die Gene und Signalwege, die infolge der Modulation der Ferroptose-Aktivität Veränderungen erfahren haben, durch genetische und pharmakologische Studien verifiziert und bezüglich ihrer Funktion in der Aufrechterhaltung von Pluripotenz und in der neuronalen Differenzierung näher charakterisiert werden. Hierzu sollen die entsprechenden Gene in hES-Zellen mittels CRISPR/Cas ausgeschaltet oder überexprimiert bzw. in ihrer Expression gehemmt und die Effekte auf Pluripotenz und Differenzierung sowie deren Modulierbarkeit durch Aktivierung/Hemmung von Ferroptose untersucht werden. Signalwege, die im Zusammenhang mit Pluripotenz und neuraler Differenzierung als Ferroptose-sensitiv identifiziert wurden, sollen auch auf pharmakologischem Wege moduliert und die jeweiligen Effekte bestimmt werden. Dadurch sollen weitere und stärker detaillierte Kenntnisse über die molekularen und zellbiologischen Grundlagen der durch die Ferroptose vermittelten Veränderungen in Pluripotenz und neuraler Differenzierung menschlicher Zellen gewonnen werden.

Zudem lassen sich durch die zu erwartenden Erkenntnisse über den Einfluss Ferroptose-inhibierender oder Ferroptose-fördernder Prozesse auf die Entwicklung und Eigenschaften menschlicher Neuronen sowie über die Moleküle und Signalwege, die an einer Ferroptose-abhängigen Veränderung von deren Identität beteiligt sind, auch Rückschlüsse darauf zielen, auf welchem Wege Ferroptose an krankhaften Veränderungen in menschlichen Neuronen beteiligt ist.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Aus verschiedenen Studien an Zell- und Tiermodellen liegen bereits Erkenntnisse zum ferroptotischen Zelltod vor. Ferroptose ist eine spezifische Form des regulierten Zelltods, der durch die Akkumulation von intrazellulärem Eisen gekennzeichnet ist und dessen zentrales Merkmal die unkontrollierte, eisenabhängige Akkumulation von Lipidperoxiden in zellulären Membranen ist. In der jüngeren Vergangenheit konnten bereits Gene identifiziert werden, deren Produkte offenbar an der Regulation von Ferroptose beteiligt sind. Zudem wurde bereits eine Reihe von Molekülen identifiziert, die Ferroptose induzieren oder hemmen. Ferner liegen in der wissenschaftlichen Literatur Arbeiten vor, die beschreiben, dass der ferroptotische Zelltod mit neurodegenerativen Erkrankungen in Verbindung steht, beispielsweise mit amyotropher Lateralsklerose (ALS) sowie mit Morbus Alzheimer, Morbus Parkinson und mit der Huntington-Krankheit. Untersuchungen an transgenen Knockout-Mausmodellen haben gezeigt, dass Ferroptose zum neuronalen Zelltod bestimmter Neuronen-Subpopulationen und in der Folge zu kognitiven Beeinträchtigungen führt. Zudem liegen Ergebnisse eigener Arbeiten der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin unter Verwendung von hES-Zellen vor, die im Ausland durchgeführt wurden. Diese weisen darauf hin, dass die Unterdrückung der Ferroptose für die erfolgreiche Differenzierung von hES-Zellen zu kortikalen Neuronen essentiell ist. Die im Vorhaben zum Einsatz kommenden Methoden, beispielsweise für die Differenzierung von hES-Zellen in neuronale (Vorläufer)Zellen und Gehirn-Organoide sowie für die Untersuchung der durch Ferroptose induzierten Effekte auf die Zellen, sind in der wissenschaftlichen Literatur vielfach beschrieben worden.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die beantragten Forschungsarbeiten zielen auf die Aufklärung einer möglichen Rolle von Ferroptose in der neuralen Differenzierung und in der frühen Entwicklung des Gehirns des Menschen. Zwar haben Studien mit Mausmodellen zum Erkenntnisgewinn über den neuronalen ferroptotischen Zelltod im ZNS beigetragen, jedoch können Tiermodelle aufgrund der unterschiedlichen Biologie des Gehirns verschiedener Spezies – beispielsweise in Hinblick auf Größe, Struktur und Komplexität – die humane Situation nur sehr eingeschränkt nachbilden und für die Klärung der Forschungsfragen nicht verwendet werden. Die Forschungsziele können auch nicht unter Nutzung anderer als humaner pluripotenter Stammzellen erreicht werden, da hier Prozesse untersucht werden sollen, die ggf. auch in frühen Stadien der neuronalen Differenzierung des Menschen ablaufen. Nicht-pluripotente humane Zellen haben die hierbei relevanten Entwicklungsstadien aber bereits durchschritten. Stammzellen aus abgetriebenen menschlichen Föten könnten zwar zur Untersuchung bestimmter Entwicklungs- und Differenzierungsphasen genutzt werden, jedoch stehen abgetriebene Föten für die Gewinnung solcher Zellen nicht in ausreichender Menge und hinreichend reproduzierbarer Qualität zur Verfügung. Immortalisierte neurale Stammzellen weisen wiederum nicht das hier erforderliche Differenzierungsvermögen auf.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzelle (hiPS-Zellen) erreicht werden. Da Effekte der Ferroptose auf die Aufrechterhaltung der Pluripotenz humaner embryonaler Stammzellen sowie auf die Entwicklung und die Eigenschaften neuronaler Zellen und neuraler Organoide untersucht werden sollen, sind Zellen erforderlich, die einen möglichst ursprünglichen Charakter haben. hiPS-Zellen weisen jedoch ggf. Mutationen auf, die bereits in der somatischen Zelle, aus der sie abgeleitet wurden, vorhanden sind, wodurch eindeutige Rückschlüsse auf die Ursache der erwarteten ferroptotischen Veränderungen ggf. nicht oder nicht zweifelsfrei möglich sind. Aus der Literatur ist zudem bekannt, dass zwischen hiPS- und hES-Zellen reprogrammierungsbedingte Unterschiede im Metabolom bestehen. Angesichts der Tatsache, dass im Vorhaben auch der Einfluss von Ferroptose-Inhibitoren/Aktivatoren auf das Metabolom untersucht werden soll, ist ein möglichst ursprüngliches Metabolom der genutzten Zellen aber von essentieller Bedeutung für die hier zu klärenden Forschungsfragen.

Stand: 31.08.2021

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