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168. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 11.05.2021

1. Genehmigungsinhaber

Universitätsklinikum Erlangen

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HUES6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) ist die Etablierung von humanen neuralen Zellmodellen, an denen auf molekularer und zellulärer Ebene die Effekte von Mutationen untersucht werden können, die mit sog. präsynaptischen Synaptopathien assoziiert sind. Dabei sollen u.a. Mutationen in Genen untersucht werden, die für am Membrantransport, an der Membransortierung und an der metabolischen Homöostase der Synapse beteiligte präsynaptische Komponenten codieren. Mutationen in solchen Genen treten häufig bei neurologischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen auf.

Die mit entsprechenden Erkrankungen assoziierten Gene sollen in hES-Zellen jeweils mutiert, die mutierten hES-Zellen charakterisiert und anschließend in Richtung von kortikalen Neuronen, Motoneuronen, Astrozyten und Oligodendrozyten differenziert werden. Die differenzierten Zellen sollen dann zur Etablierung von verschiedeneren Ko-Kultursystemen genutzt werden, an denen die Effekte der jeweiligen Mutation auf die Eigenschaften der Neurone untersucht werden sollen. Dabei sollen u.a. Analysen der Morphogenese und der funktionalen Konnektivität vorgenommen werden, insbesondere aber Untersuchungen der Eigenschaften der Synapsen durchgeführt werden, beispielsweise zur Bildung und Reifung von Synapsen, zum präsynaptischen Membrantransport, zur Membransortierung sowie zum präsynaptischen Stoffwechsel, wobei die Ergebnisse mit den Resultaten von Untersuchungen an neuralen Zellen verglichen werden sollen, die aus Wildtyp-hES-Zellen abgeleitet wurden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) in erster Linie der Erreichung hochrangiger Forschungsziele in der Grundlagenforschung. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Die Integrität der Präsynapse ist für die Gehirnfunktion von entscheidender Bedeutung, und Störungen der Präsynapse stehen mit schwerwiegenden Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) des Menschen in Zusammenhang. Dies betrifft sowohl häufige Erkrankungen wie beispielsweise Morbus Parkinson oder die Alzheimer-Krankheit, aber auch seltener auftretende Krankheiten wie die Multisystematrophie (MSA) oder die progressive supranukleäre Blickparese (PSP). Die molekularen und zellbiologischen Prozesse, die den bei diesen Erkrankungen auftretenden präsynaptischen Störungen zugrundeliegen, sind bislang nicht oder nicht vollständig verstanden. Das Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten besteht darin, den Zusammenhang zwischen der Präsenz von mit präsynaptischen Synaptopathien assoziierten Mutationen und möglichen zellulären, molekularen und funktionalen Veränderungen aufzuklären, die in der humanen Präsynapse auftreten. Dabei soll insbesondere die Frage geklärt werden, welche spezifischen Effekte krankheitsassoziierte Mutationen in Genen für präsynaptische Komponenten auf den präsynaptischen Membrantransport, auf die präsynaptische Membransortierung sowie auf den synaptischen Energiehaushalt haben.

Nach Etablierung der krankheitsassoziierten Mutationen in hES-Zellen und der umfassenden Charakterisierung der mutierten Zellen bezüglich ihrer Pluripotenz sollen die genetisch veränderten hES-Zellen – ggf. auch in Ko-Kultur – in Neurone und Gliazellen differenziert und zur Etablierung und Optimierung neuraler Zellmodelle genutzt werden, die dann umfassend bezüglich der Morphologie und der (strukturellen) Konnektivität der neuralen Zellen analysiert werden, wobei Parameter wie die dendritische Konnektivität, die Axonlänge und die Synapsendichte bestimmt werden. Ferner sollen die Zellmodelle in elektrophysiologischer Hinsicht analysiert und auf diesem Wege auch die funktionelle Konnektivität der Netzwerke, ihre Aktivität und Plastizität ermittelt werden. Aus diesen Arbeiten werden bereits Erkenntnisse über Veränderungen bei der neuralen Differenzierung, der Neurogenese, der Synaptogenese und bei der Entstehung funktionaler neuraler Netzwerke infolge der Präsenz spezifischer Mutationen in den genannten präsynaptische Genen erwartet.

In einem zentralen Vorhabensteil sollen dann die von den Mutationen bedingten Veränderungen im Membrantransport und in der Membransortierung synaptischer Vesikel identifiziert sowie mögliche Beeinträchtigungen des endolysosomalen Kompartiments und der präsynaptischen Autophagie bestimmt werden. Ferner soll die Expression von Genen analysiert werden, deren Produkte mit der zellulären Bioenergetik und mit mitochondrialen Prozessen in Zusammenhang stehen; zudem sollen die respiratorische Aktivität im Basalzustand und nach Induktion von zellulärem Stress, die aktivitätsabhängige Motilität, die metabolische Aktivität und die Membrandynamik der Mitochondrien untersucht werden. Diese umfangreichen Untersuchungen sollen es ermöglichen, den Einfluss der jeweiligen Mutation auf für die korrekte Funktion der Präsynapse essentielle intrazelluläre Prozesse wie den Transport von synaptischen Vesikeln, auf deren Exo- und Endozytose, auf Transportwege für endosomale und lysosomale Strukturen, auf die Eigenschaften der Autophagosomen und auf mögliche Veränderungen im intrazellulären Metabolismus und Energiestoffwechsel zu bestimmen. Dies wird voraussichtlich zu einem besseren Verständnis der spezifischen Effekte führen, die die entsprechende Mutation auf jene molekularen und zellulären Vorgänge hat, die für die Aufrechterhaltung der Integrität und für die Gewährleistung der Funktion menschlicher Synapsen essentiell sind, und Schlussfolgerungen über den Beitrag der Mutation zur Pathogenese der entsprechenden Erkrankung erlauben. Diese Untersuchungen werden also aller Voraussicht nach neue Erkenntnisse darüber erbringen, auf welche Weise die Integrität der Präsynapse infolge der Präsenz bestimmter Mutationen gestört wird. Zudem werden die hier angestrebten humanen neuralen Zellmodelle voraussichtlich auch geeignet sein, weitere molekulare und zelluläre Prozesse zu erforschen, die bei der Entstehung von Synaptopathien und anderen neurologischen Erkrankungen ablaufen. Sie könnten künftig auch als In-vitro-Screening-Systeme für die Entwicklung neuer Pharmaka zur Behandlung der mit einer Fehlfunktion der Präsynapse in Zusammenhang stehenden Erkrankungen bzw. Entwicklungsstörungen genutzt werden.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Der Zusammenhang zwischen den im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten zu untersuchenden Mutationen und präsynaptischen Dysfunktionen bzw. Synaptopathien konnte bereits vielfach belegt werden. Die Produkte der hier in Blick genommenen krankheitsassoziierten Gene sind hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Funktionen bereits umfassend untersucht worden. Aus Studien an Zellkulturmodellen und Versuchstieren ist bekannt, dass diese Genprodukte eine erhebliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der synaptischen Funktion spielen, insbesondere beim Membrantransport und bei der Membransortierung, aber auch bei der Energieversorgung während der Freisetzung von Neurotransmittern und beim Recycling synaptischer Vesikel. Protokolle für die Herstellung verschiedener neuronaler Vorläuferzellen sowie von den hier interessierenden Typen von Neuronen und Gliazellen aus pluripotenten Stammzellen des Menschen sind in der Literatur beschrieben. Dies trifft auch für auf humanen pluripotenten Stammzellen basierende neurale Ko-Kulturmodelle zu, mit denen Neuron-Gliazell-Interaktionen in vitro nachgebildet werden können. Verfahren zur Analyse der neuronalen Entwicklung, der funktionalen Konnektivität, der Synaptogenese und Reifung sowie des synaptischen Membrantransports und der Membransortierung sind ebenfalls etabliert.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Ziel der Forschungsarbeiten ist die Analyse von zellulären, molekularen und funktionalen Veränderungen, die in humanen Synapsen infolge der Präsenz von mit präsynaptischen Synaptopathien assoziierten Mutationen auftreten. Neurone und Gliazellen von Nagern, die für Untersuchungen von Vorgängen im humanen ZNS als Modellorganismus dienen, unterscheiden sich in ihren zellbiologischen und molekularen Eigenschaften deutlich von denen im Menschen. Es ist ferner bekannt, dass – trotz der Konservierung einer Reihe synaptischer Gene in der Phylogenese – die entsprechenden Genprodukte in verschiedenen Spezies teils unterschiedliche Funktionen in den Synapsen haben. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass Erkenntnisse, die im Modellorganismus wie der Maus gewonnen werden, sich ohne Weiteres auf den Menschen übertragen lassen. Die Erreichung der Forschungsziele erfordert daher die Verwendung menschlicher Zellen.

Die Forschungsziele können voraussichtlich auch nur unter Nutzung pluripotenter Stammzellen des Menschen erreicht werden. Humane fötale neurale Stammzellen aus abgetriebenen Föten stehen zudem nicht reproduzierbar in für die Durchführung der anderen geplanten Forschungsarbeiten ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung. Dies trifft auch auf adulte neurale Stammzellen des Menschen zu, die zudem in vitro in nur geringen Mengen gewonnen und vermehrt werden können und nach ihrer Inkulturnahme häufig stark veränderte Teilungs- und Differenzierungseigenschaften aufweisen. Zudem sind diese Zellen den für die Projektdurchführung zwingend erforderlichen genetischen Veränderungen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht in gleicher Weise zugänglich wie pluripotente Stammzellen.

Die Forschungsziele lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreichen. Da Effekte von geringfügigen genetischen Veränderungen (z.B. Punktmutationen) in Genen für präsynaptische Komponenten untersucht werden sollen, ist ein möglichst ursprüngliches und wenig verändertes Zellmaterial für die Herstellung von Neuronen und Gliazellen erforderlich. Diese Voraussetzung erfüllen hiPS-Zellen nicht in gleichem Maße wie hES-Zellen. hiPS-Zellen können zum einen Mutationen enthalten, die bereits in den für ihre Herstellung genutzten somatischen Zellen angelegt waren. Zum anderen können im Reprogrammierungsprozess genetische Veränderungen erworben werden, deren Einfluss auf die hier zu analysierenden (ggf. subtilen) Veränderungen in der Biologie der Synapsen unbekannt ist. Derartige Unwägbarkeiten würden es aber ggf. erschweren oder sogar unmöglich machen, eindeutige Rückschlüsse auf die tatsächlichen molekularen und zellbiologischen Ursachen für die beobachteten Effekte zu ziehen.

Stand: 11.05.2021

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