Navigation und Service

Zielgruppeneinstiege

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Mit dem Klick auf "Erlauben" erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihren Aufenthalt auf der Seite anonymisiert aufzeichnen. Die Auswertungen enthalten keine personenbezogenen Daten und werden ausschließlich zur Analyse, Pflege und Verbesserung unseres Internetauftritts eingesetzt. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK

154. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 11.02.2020

1. Genehmigungsinhaber(in)

Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. für klonale Sub-Linien oder genetisch modifizierte Derivate) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Die genehmigten Forschungsarbeiten zielen auf die Klärung der Frage, ob und auf welchem Wege humanspezifische zirkuläre RNAs (circular RNAs, circRNAs) an der Regulation von frühen Entwicklungsprozessen menschlicher Zellen beteiligt sind, insbesondere an der Aufrechterhaltung von Pluripotenz und an der neuronalen Differenzierung. In einem ersten Schritt des Vorhabens sollen aus naiven und geprägten hES-Zellen einerseits sowie aus sich neuronal differenzierenden hES-Zellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Differenzierung andererseits verschiedene RNA-Seq-Bibliotheken hergestellt werden. Nach Sequenzierung der jeweiligen RNA-Seq-Bibliotheken sollen unter Nutzung bioinformatorischer Verfahren circRNAs identifiziert und quantifiziert sowie Referenzen für zirkuläres und lineares Spleißen erzeugt werden. Zudem sollen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen RNAs („trans-RNA-RNA-Interaktionen“), insbesondere zwischen circRNAs und linearen Transkripten, in hES-Zellen und neuronal differenzierten Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten der neuronalen Differenzierung vorhergesagt und Korrelationen zwischen der Präsenz und Quantität von circRNAs und dem Auftreten spezifischer Spleiß-Produkte bestimmt werden. Auf diesem Wege sollen circRNAs identifiziert werden, die ggf. an der Regulation des Spleißens beteiligt sind. Anschließend sollen die als relevant angesehenen antizipierten Wechselwirkungen zwischen circRNAs und linearen Transkripten experimentell bestätigt werden. Dabei sollen i. a. die linearen RNA-Wechselwirkungspartner spezifischer circRNAs angereichert, identifiziert und charakterisiert werden. Zudem sollen die Rolle spezifischer circRNAs für das Spleißen durch differentielle Analyse von Spleiß-Isoformen vor dem Hintergrund der Präsenz und Abwesenheit spezifischer circRNAs verifiziert und die Lokalisation der miteinander interagierenden RNAs bestimmt werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen dienen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) der Erreichung hochrangiger Forschungsziele im Rahmen der Grundlagenforschung.

Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten ist die Gewinnung eines besseren Verständnisses über die bislang nur wenig untersuchte Rolle von circRNAs beim Spleißen von RNA in humanen pluripotenten Stammzellen und während der neuronalen Differenzierung. circRNAs entstehen auf verschiedenen Wegen beim sog. backsplicing und werden den nicht-codierenden (nc)RNAs zugerechnet; neuere Studien zeigten jedoch, dass circRNAs ggf. auch für Proteine kodieren können. circRNAs treten im Zellkern und im Zytoplasma auf, und die Vielfalt der in Zellen anzutreffenden circRNAs nimmt mit der Komplexität des jeweiligen Organismus zu. Obwohl circRNAs bereits vor längerer Zeit beschrieben wurden, liegen zu möglichen Funktionen dieser RNA-Klasse bislang nur wenige gesicherte Kenntnisse vor. Neben einer Funktion als Regulator der Aktivität/Verfügbarkeit von micro-RNAs (miRNAs) können circRNAs auch die Expression ihres parentalen Gens modulieren und regulatorische Funktionen beim Spleißen ausüben.

Die im Rahmen der beantragten Forschungsarbeiten zu etablierenden vielfältigen RNA-Seq-Bibliotheken sollen im Hochdurchsatzverfahren sequenziert werden, wodurch Rohdaten für umfangreiche bioinformatorische Analysen verfügbar werden, anhand derer lineare und zirkuläre Spleißvarianten zuverlässig identifiziert und quantifiziert, die (subzelluläre) Lokalisierung der entsprechenden RNAs in der Zelle bestimmt und Transkripte verschiedener Größen untersucht werden können. Die RNA-Rohdaten sollen dann mittels (teils neuartiger) bioinformatischer Analyseverfahren ausgewertet, lineare und zirkuläre Spleißprodukte identifiziert sowie potentielle Wechselwirkungen  zwischen circRNAs und (prä-)mRNAs vorausgesagt werden. Auf der Grundlage von Korrelationsanalysen sollen zudem jene circRNAs identifiziert werden, die das Spleißen beeinflussen und damit die Expression des betreffenden Gens regulieren. Schließlich sollen die mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhergesagten (prä-)mRNA-circRNA-Interaktionen experimentell überprüft und ihre Relevanz insbesondere für die Regulation von Spleiß-Prozessen validiert werden.

Aus den Forschungsarbeiten können sich voraussichtlich vor allem neue Erkenntnisse darüber ergeben, ob, in welchem Ausmaß und auf welchem Wege circRNAs das Spleißen und damit einen grundlegenden Prozess der Genregulation eukaryontischer Zellen beeinflussen. Die Ergebnisse könnten ggf. zur Identifizierung bislang nicht bekannter Spleiß-Mechanismen beitragen. Durch die Einbeziehung von RNAs aus Zellen verschiedener zellulärer Entwicklungsstadien in die Analyse lassen sich zudem, unabhängig von einer möglichen Involvierung in die Regulation von Spleiß-Prozessen, Erkenntnisse über die entwicklungsbiologische Relevanz spezifischer circRNAs und ihrer Wechselwirkungen mit linearen Transkripten ziehen. Dies kann zu einem vertieften Verständnis von Prozessen der Aufrechterhaltung der Pluripotenz und der neuronalen Differenzierung während der frühen menschlichen Entwicklung beitragen.

Veränderungen des Spleißens und von dessen Regulation können grundsätzlich zu dysfunktionalen RNAs und Proteinen führen, und Mutationen, die ein fehlerhaftes Spleißen verursachen, sind mit einer Reihe genetischer Erkrankungen assoziiert. circRNAs sind bekanntermaßen insbesondere mit malignen Erkrankungen assoziiert; auch die Entstehung einiger neurodegenerativer Erkrankungen wurde ebenfalls mit einer Dysregulation der circRNA-Produktion in Verbindung gebracht. Ob und inwieweit Mutationen, die ein fehlerhaftes Spleißen infolge einer veränderten Produktion bestimmter circRNAs verursachen, ebenfalls zu spezifischen Erkrankungen führen können, ist bislang nicht geklärt. Da circRNAs aber insbesondere sowohl für die neuronale Entwicklung als auch für die Funktion der Synapsen von nicht unerheblicher Bedeutung zu sein scheinen und in jüngerer Zeit zunehmend Hinweise auf eine Regulation von Spleiß-Prozessen durch circRNAs gefunden wurden, könnten Mutationen in Sequenzen mit Relevanz für eine authentische Produktion von circRNAs und dadurch bedingte Veränderungen in Spleiß-Prozessen ggf. auch mit der Pathogenese neurodegenerativer Erkrankungen assoziiert sein. Insofern kann sich im Ergebnis der genehmigten Forschungsarbeiten auch ein relevanter Erkenntnisgewinn über molekulare Grundlagen bestimmter Erkrankungen des Menschen ergeben.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten hinreichend vorgeklärt ist.

circRNA-Datensätze aus RNA-Sequenzierungen liegen bereits für eine Vielzahl von Zelltypen und Organismen vor und sind öffentlich verfügbar. Bislang wurden für die Maus etwa 2800 circRNAs und für C. elegans mehr als 750 vorhergesagt. Für Drosophila wurde für den Bereich des Kopfes der Nachweis für über 4500 circRNAs per RNA-Sequenzierung erbracht. Zu den Funktionen von circRNAs liegen Erkenntnisse aus zahlreichen Studien vor, die unter Einsatz relevanter Modellorganismen (Maus, Drosophila, Arabidopsis) und muriner und humaner In-vitro-Zellkultursystemen durchgeführt wurden. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen deuten darauf hin, dass circRNAs u. a. als zytoplasmatische microRNA-Schwämme (sponges) fungieren und auf diesem Wege die Genexpression erheblich beeinflussen können. Sie können zudem auf verschiedenen Wegen eine Aktivierung der Transkription der parentalen Gene der circRNAs bewirken und eine Rolle bei der Regulation des Spleißens spielen. Zudem wurde unter Verwendung von verschiedenen Gewebeproben der Maus entdeckt, dass circRNAs im Gehirn erheblich angereichert sind und ein überproportionaler Anteil davon von Genen stammt, die für synaptische Proteine kodieren. Zudem ist bei vielen Transkripten in neuronalen Zellen die Zahl der circRNA-Kopien deutlich größer als die Zahl der korrespondierenden linearen Transkripte. In einer großen Untersuchungen an primären murinen neuralen Stammzellen zeigte sich zudem, dass während der neuralen Differenzierung die Zahl der circRNAs kontinuierlich zunimmt, so dass vermutet wird, dass sie eine wesentliche regulatorische Funktion bei der Entwicklung neuronaler Zellen haben. Die zum Einsatz kommenden Methoden, beispielsweise zur Differenzierung von hES-Zellen in neuronale Vorläuferzellen, zur Herstellung verschiedener transkriptomweiter RNA-Seq-Bibliotheken und ihre Sequenzierung im Hochdurchsatz, sind in der wissenschaftlichen Literatur vielfach beschrieben worden.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Vorrangiges Ziel der genehmigten Forschungsarbeiten ist die Klärung der funktionalen Rolle von circRNA beim Spleißen in humanen pluripotenten Stammzellen und in sich neuronal differenzierenden Zellen des Menschen. Da die für das humane Genom spezifischen Alu-Elemente bei der Bildung von circRNAs eine wesentliche Rolle spielen, können keine tierischen Zellen oder Tiermodelle zur Erreichung der Forschungsziele eingesetzt werden. Die Forschungsziele können auch nicht unter Verwendung anderer menschlicher Zellen als pluripotenter Stammzellen erreicht werden. Untersucht werden sollen Zellzustände und frühe Differenzierungsprozesse, die nicht-pluripotente humane Zellen wie somatische und fötale Stammzellen oder primäre Zellen bereits durchlaufen haben, so dass diese Zellarten für die Erreichung der Forschungsziele nicht genutzt werden können.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. Für die Entstehung von circRNAs beim Menschen sind Alu-Elemente offenbar von erheblicher Bedeutung. Die Aktivität der Alu-Elemente wird wiederum durch epigenetische Prozesse wie beispielsweise DNA-Methylierung reguliert. Folglich können für die Bearbeitung der hier interessierenden Forschungsfragen nur Zellen eingesetzt werden, die ein möglichst ursprüngliches Epigenom haben. hiPS-Zellen weisen jedoch teils reprogrammierungsbedingte epigenetische Veränderungen auf. Ferner ist bekannt, dass die Effizienz der neuronalen Differenzierung von hiPS-Zellen stärkeren Schwankungen unterliegt  als jene von hES-Zellen. In diesem Zusammenhang wurde im Antragsverfahren dargelegt, dass aus hiPS-Zellen abgeleitete neuronale Vorläuferzellen, deren Entwicklung (wie im Vorhaben vorgesehen) durch Retinsäure induziert wurde, eine höhere Aneuploidie-Rate aufweisen als aus hES-Zellen abgeleitete neuronale Progenitor-Zellen. Dies könnte einen Einfluss auf die Genexpression haben und zu Veränderungen der aus diesen Zellen gewonnenen Daten führen. Schließlich ist auch bekannt, dass zwischen hiPS-Zellen und hES-Zellen erhebliche Unterschiede in der Expression von Genen bestehen, deren Genprodukte bekanntermaßen am RNA-Stoffwechsel und am Spleißen beteiligt sind.

Stand: 11.02.2020

Zusatzinformationen

Gesundheits­monitoring

In­fek­ti­ons­schutz

Forschung

Kom­mis­sio­nen

Ser­vice

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit

© Robert Koch-Institut

Alle Rechte vorbehalten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt.