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151. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 03.12.2019

1. Genehmigungsinhaber

Herr Prof. Dr. Dennis Schade, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HUES6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. für klonale Sub-Linien oder genetisch modifizierte Derivate) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten ist die Testung der Wirkung spezifischer Gruppen niedermolekularer Aktivatoren des bone morphogenic protein (BMP)-Signalwegs auf die mesodermale/kardiale Differenzierung humaner embryonaler Stammzellen. Substanzen aus den entsprechenden Stoffgruppen waren zuvor als BMP-Aktivatoren und Modulatoren der mesodermalen/kardialen Differenzierung in murinen ES-Zellen identifiziert worden. Ziel eines ersten Teilprojektes ist es, Vorgehensweisen für eine schrittweise effiziente mesodermale/kardiale Differenzierung humaner embryonaler Stammzellen zu entwickeln, die keine transgenen Zellen erfordern und bei denen BMP durch Substanzen aus den identifizierten Stoffklassen ersetzt werden soll. Hierfür sollen die interessierenden Substanzen in Kombination mit anderen Induktoren der Mesoderm-Entwicklung zur Differenzierung von hES-Zellen eingesetzt, das Zeitfenster ihrer effektiven Wirkung jeweils im Hochdurchsatzverfahren bestimmt, der Effekt der Substanzen auf die Induktion kardialen Mesoderms und die dabei ablaufenden zellulären Prozesse untersucht und ihr Einfluss auf die Strukturierung des kardialen Mesoderms analysiert werden. Anschließend sollen auch Prozesse der Weiterentwicklung des kardialen Mesoderms zu reifen kardialen Zellen optimiert und der Einfluss der Modulation beteiligter Signalwege näher untersucht werden. In einem zweiten Teilprojekt sollen dann die Effekte der BMP-Aktivatoren auf molekularer Ebene im Detail analysiert werden. Hierfür sollen die mit den niedermolekularen Aktivatoren wechselwirkenden Moleküle und die dadurch modulierten zellulären Prozesse identifiziert, die Effekte der BMP-Aktivatoren insbesondere auf das Transkriptom der sich mesodermal/kardial differenzierenden Zellen bestimmt und die Konsequenzen der Modulation der Expression jener Gene untersucht werden, die für mit den entsprechenden Substanzen wechselwirkende Proteine/Nucleinsäuren bzw. für Komponenten der involvierten Signalwege codieren. Die in hES-Zellen gewonnenen Resultate sollen dann in humanen induzierten pluripotenten Stammzellen überprüft werden, wobei hES-Zellen als Referenzmaterial genutzt werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen dienen nach übereinstimmender Auffassung des Robert Koch-Institutes (RKI) und der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) in erster Linie der Erreichung hochrangiger Forschungsziele im Rahmen der Grundlagenforschung.

Das bestimmende Ziel der beantragten Forschungsarbeiten ist die Entwicklung verbesserter Protokolle für die In-vitro-Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen in Derivate des Mesoderms, insbesondere in Kardiomyozyten, durch Modulation des BMP-Signalweges. Die Aktivierung des BMP-Signalweges, die zu einer zeitlich befristeten Stimulation des Wnt-Signalweges führt, ist für die Auslösung und den Fortgang der mesodermalen/kardialen Differenzierung von zentraler Bedeutung. Hintergrund des Forschungsvorhabens ist die bereits erfolgte Identifizierung verschiedener Klassen niedermolekularer Substanzen, die den BMP-Signalweg in embryonalen Stammzellen der Maus und in murinen Myoblasten stimulieren und die ggf. die derzeit für die kardiale In-vitro-Differenzierung humaner Stammzellen eingesetzten rekombinanten Proteine oder die ggf. erforderlichen genetischen Veränderungen an den Ausgangszellen verzichtbar machen könnten. Geplant ist die Untersuchung der Effekte dieser BMP-Aktivatoren auf verschiedene Phasen der Induktion und weiteren Spezifizierung des Mesoderms, wobei Zeitfenster der Wirkung, Aktivator-Konzentrationen und mögliche kooperative Effekte mit anderen Faktoren und deren molekularen Grundlagen beleuchtet werden sollen. Zudem soll auch geklärt werden, ob durch die ausschließliche Nutzung der BMP-Aktivatoren eine effiziente Induktion von kardialem Mesoderm erreichbar ist. Erwartet werden u. a. Erkenntnisse darüber, ob und inwieweit bislang genutzte Substanzen bzw. Bedingungen, die zu einer effizienten Differenzierung von hES-Zellen zu Mesoderm führen, durch synthetische BMP-Aktivatoren ganz oder teilweise ersetzt werden können. Zudem sollen Einblicke in die molekularen Prozesse gewonnen werden, die durch die zu untersuchenden BMP-Aktivatoren in verschiedenen Stadien der Differenzierung moduliert werden. Zudem soll auch die Frage geklärt werden, auf welchem Wege die Strukturierung des sich entwickelnden kardialen Mesoderms beeinflusst werden kann. Durch Modulation des BMP-Signalwegs kann eine verstärkte Entwicklung von Vorläuferzellen des ersten Herzfeldes und damit eine Subtyp-Spezifizierung zugunsten ventrikulärer Kardiomyozyten erzielt werden, was nun unter Verwendung von synthetischen BMP-Aktivatoren erreicht werden soll. Schließlich soll der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Maße die über BMP-Aktivatoren vermittelte Mesoderm-Induktion letztlich auch zu einer effizienten Differenzierung des kardialen Mesoderms zu reifen Kardiomyozyten führt, was für die Bereitstellung reifer Herzzellen, die z. B. für pharmakologisch-toxikologische Zwecke benötigt werden, von großer Relevanz ist.

Im zweiten Projektteil sollen molekulare Grundlagen der Wirkung der BMP-Aktivatoren ermittelt werden. Dabei sollen vor allem die Bindungspartner der BMP-Aktivatoren in hES-Zellen und in sich mesodermal/kardial differenzierenden Zellen identifiziert werden. Hierfür sollen hES-Zellen unter optimierten, im ersten Projektteil ermittelten Bedingungen zu mesodermalen/kardialen Zellen differenziert und die zellulären targets der niedermolekularen BMP-Aktivatoren bestimmt werden. Die identifizierten Moleküle sollen dann umfassend in zellulären und biochemischen Experimenten charakterisiert und Untersuchungen über ihre Wirkung auf den BMP-Signalweg durchgeführt werden. Diese schließen vergleichende Analysen des Transkriptoms zwischen BMP4- und BMP-Aktivator-stimulierten Zellen ein, wobei hier insbesondere Gene untersucht werden sollen, die den Differenzierungsweg modulieren, beispielsweise BMP-SMADS und TGFβ-SMADS. Ferner soll die Expression von Genen, die für targets der BMP-Aktivatoren codieren, moduliert und der Effekt auf die Genexpression und die mesodermale/kardiale Differenzierung untersucht werden. Aus diesen Arbeiten werden wichtige neue Erkenntnisse über die Aktivität von Genen/Signalwegen während der mesodermalen/kardialen Differenzierung erwartet, die durch die BMP-Aktivatoren ausgelöst wird.

Insgesamt können die Ergebnisse dieser Arbeiten voraussichtlich zu neuen Erkenntnissen über die Aktivität und Regulation der Signaltrübertragungs-Kaskade von BMP während spezifischer Stadien der Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen zu Mesoderm, bei der Spezifizierung und Strukturierung des kardialen Mesoderms sowie bei der Reifung von Kardiomyozyten führen. Dies und das genaue Verständnis der Wirkmechanismen der BMP-Aktivatoren kann Grundlage für die Entwicklung verbesserter Differenzierungsprotokolle sein, in denen rekombinant hergestellte Proteine durch chemische Substanzen mit genau definierter Aktivität ersetzt werden. Dies wird aller Voraussicht nach die Produktion insbesondere kardialer, aber ggf. auch anderer aus Mesoderm abgeleiteter Zellen (z. B. Osteoblasten), für weitere Forschungszwecke, aber auch für die absehbare klinische Nutzung, erleichtern.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten vorgeklärt ist.

Die maßgebliche Rolle des BMP/SMAD1- und des Wnt/β-Catenin-Signalweges für die Spezifizierung von Mesoderm ist vielfach belegt, und die Mechanismen der Mesoderm-Induktion wurden auch in humanen pluripotenten Stammzellen bereits umfassend untersucht. Protokolle für eine effiziente Mesoderm-Induktion durch Modulation der genannten Signalwege sind beschrieben worden. Die hier interessierenden BMP-Aktivatoren gehören fünf neuartigen, chemisch distinkten Stoffklassen an. Sie wurden vom Genehmigungsinhaber selbst im Rahmen eines High-Content-Screening-Verfahren unter Einschluss von ca. 12.000 Substanzen in ES-Zellen der Maus unter Nutzung von Reportern der mesodermalen Differenzierung identifiziert und anschließend in anderen Zellsystemen validiert. Für einen der zu untersuchenden Wirkstoffe wurde beispielsweise gezeigt, dass er selektiv für Smad1/5/8-abhängies BMP signaling ist und nur eine sehr geringe Anzahl an Kinasen hemmt, woraus sich bereits Hinweise auf den Wirkmechanismus der Substanz ergeben. Die Substanz aktiviert die BMP-abhängige Differenzierung von murinen Myoblasten, zeigt aber in Abwesenheit von BMP oder Sättigung mit BMP keine Effekte. Zudem bewirkte sie die mit einer BMP-Aktivierung zusammenhängende Ventralisierung der dorsoventralen Achse im Zebrafisch-Embryo sowie eine Zunahme mesodermaler Marker während der Gastrulation. Die geplanten experimentellen Vorgehensweisen, beispielsweise zur Differenzierung von hES-Zellen in die mesodermale Linie, zur Analyse der Identität der differenzierten Zellen und der an der Differenzierung beteiligten Signalwege sowie zur Bestimmung der Wechselwirkung der BMP-Aktivatoren mit zellulären Bindungspartnern, sind in der wissenschaftlichen Literatur vielfach beschrieben worden.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Da die zu testenden Substanzen den Übergang vom Stadium der Pluripotenz in ein Stadium mesodermaler Differenzierung anstoßen sollen, ist die Nutzung tierischer (z. B. muriner) embryonaler Stammzellen nicht möglich, da sich die Wachstumsfaktoren und Zytokine, die die Pluripotenz embryonaler Stammzellen aufrechterhalten, zwischen verschiedenen Spezies unterscheiden. Zudem ist es ausdrückliches Ziel der Forschungsarbeiten, unter Nutzung der BMP-Aktivatoren verbesserte Vorgehensweisen für die mesodermale/kardiale Differenzierung beim Menschen zu entwickeln, um sie in Zukunft beispielsweise für die Herstellung klinisch nutzbarerer mesodermaler Zellen und ihrer Derivate einsetzen zu können. Differenzierungsprotokolle lassen sich aber nicht ohne weiteres von pluripotenten Stammzellen der einen Spezies auf die einer anderen übertragen, sondern müssen für Zellen der jeweils interessierenden Spezies (hier: Mensch) überprüft und ggf. optimiert werden. Für die Erreichung der Forschungszeile ist folglich der Einsatz menschlicher Zellen erforderlich. Das Forschungsziel lässt sich auch nicht unter Nutzung anderer als pluripotenter menschlicher Zellen erreichen (beispielsweise primärer Zellen aus geborenen Menschen oder fötaler Stammzellen aus abgetriebenen menschlichen Föten). Im Forschungsvorhaben sollen teils sehr frühe Prozesse untersucht werden, die bei der Determinierung/Spezifizierung in Richtung Mesoderm, kardiales Mesoderm und Kardiomyozyten ablaufen. Diese Entwicklungsstadien haben nicht-pluripotente Stammzellen aus den genannten Quellen aber bereits durchlaufen. Auch unter ausschließlicher Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) lassen sich die Forschungsziele nach gegenwärtigem Kenntnisstand voraussichtlich nicht erreichen. Die hier geplanten Forschungsarbeiten dienen der Untersuchung der Wirkung der Aktivatoren des BMP-Signalwegs während sehr früher Prozesse der Differenzierung menschlicher Stammzellen. Hierfür sind aber Zellen erforderlich, die zweifelsohne einen möglichst ursprünglichen Charakter haben. hiPS-Zellen weisen jedoch, wie eine Vielzahl publizierter Studien belegt, oft reprogrammierungsbedingte genetische und epigenetische Veränderungen auf. So zeigten genomweite Sequenzierungsstudien verschiedener hiPS-Zellen beispielsweise, dass in hiPS-Zellen Single Nucleotide Variations (SNVs) und Copy Number Variations (CNVs) auftreten können, die in den zur Reprogrammierung genutzten somatischen Zellen nicht präsent waren. Derartige genetische Veränderungen wurden auch in Stammzell-regulatorischen Elementen und Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren gefunden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass derartige genetische Veränderungen phänotypische Effekte haben und ggf. die im Forschungsvorhaben vorgesehene Untersuchung von entwicklungsbiologisch relevanten Signalwegen beeinflussen. Zudem ist der Vergleich der Wirkung der BMP-Aktivatoren auf die mesodermale Differenzierung von hES- und hiPS-Zellen ausdrücklicher Projektgegenstand.

Stand: 03.12.2019

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