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135. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 05.07.2018.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Universitätsklinikum Essen

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-4 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • I3 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I6 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • KhES-1 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan)
  • KhES-2 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan)
  • KhES-3 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. für klonale Sub-Linien oder genetisch modifizierte Derivate) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Das Forschungsvorhaben ist Teil einer Gruppe von Projekten am Universitätsklinikum Essen, in denen molekulare Ursachen von syndromalen Erkrankungen des Menschen aufgeklärt werden sollen, die mit Intelligenzminderung einhergehen.

Gegenstand der hier genehmigten Forschungsarbeiten ist die Erforschung molekularer Ursachen von mentalen Retardierungssyndromen, die infolge des funktionalen Verlustes von Genen bzw. Genregionen auftreten, die einem genomischem Imprinting unterliegen. Beispielhaft sollen hier die Ursachen des Prader-Willi-Syndroms ergründet werden, das mit dem Expressionsverlust einer bestimmten Region des väterlichen Allels von Chromosom 15 assoziiert ist. Dazu sollen die in der betreffenden Region lokalisierten Gene (einzeln oder in Kombination) in hES-Zellen funktional deletiert bzw. ektopisch überexprimiert oder in ihrer Expression vermindert und die Effekte dieser genetischen Veränderungen auf die neurale Differenzierung der so modifizierten Zellen untersucht werden. In diesem Zusammenhang soll die Effizienz der neuralen Differenzierung bestimmt, die Expressionsprofile und die Funktionalität der neuronalen Zellen analysiert sowie potentielle Zielgene, deren Expression in aus den genetisch modifizierten hES-Zellen abgeleiteten Neuronen verändert ist, bezüglich ihrer Funktion bei der neuralen Differenzierung näher untersucht werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen dienen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung.

Der Schwerpunkt der genehmigten Forschungsarbeiten liegt auf der Untersuchung der molekularen Konsequenzen von genetischen Veränderungen, die mit dem Prader-Willi-Syndrom assoziiert sind. Das Prader-Willi-Syndrom zählt zu den Imprinting-Erkrankungen und wird durch Deletionen/Mutationen auf dem väterlichen Chromosom 15 verursacht. Für das Angelman-Syndrom, bei dem Veränderungen auf dem mütterlichen Chromosom 15 vorliegen, wurde der Verlust eines funktionellen UBE3A-Proteins im Gehirn als ursächlich erkannt. Arbeiten zur Etablierung eines humanen Zell-Modells für das Angelman-Syndrom unter Verwendung von hES-Zellen wurden dem Universitätsklinikum Essen bereits in der Vergangenheit genehmigt (96. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz). Im Rahmen der hier beantragten Forschungsarbeiten soll nun untersucht werden, ob und auf welche Weise Veränderungen von Genen, die beim Prader-Willi-Syndrom deletiert bzw. mutiert sein können (beispielsweise SNORD116, MAGEL2 und MKRN3), die Entwicklung von hES-Zellen zu neuronalen (Vorläufer)Zellen und die Eigenschaften der differenzierten Neurone beeinträchtigen.

Hierfür sollen die relevanten krankheitsassoziierten Gene einzeln oder in Kombination in hES-Zellen funktional ausgeschaltet, patientenspezifisch mutiert oder hinsichtlich ihrer Expressionsstärke verändert werden. Anschließend sollen die genetisch veränderten hES-Zellen zu neuronalen Zellen (Vorläuferzellen, Neuronen verschiedener Subtypen) bzw. zu dreidimensionalen kortikalen Organoiden differenziert und die differenzierten Zellpopulationen/Organoide hinsichtlich der Präsenz verschiedener Typen neuraler/neuronaler Zellen analysiert werden. Auf diesem Wege sollen mögliche Veränderungen in der Effizienz der neuralen Differenzierung bei Vorliegen von mit dem Prader-Willi-Syndrom assoziierten genetischen Veränderungen bestimmt werden. Die entstandenen Zellen/Organoide sollen dann zu verschiedenen Zeitpunkten ihrer Entwicklung umfassend charakterisiert werden, beispielsweise hinsichtlich ihrer Genexpressionsmuster, ihres Epigenoms, ihrer morphologischen und ultrastrukturellen Eigenschaften sowie ihrer elektrischen Aktivität. Ferner sollen in den Transkriptomanalysen identifizierte weitere Gene, deren Expression durch Produkte der überexprimierten oder in ihrer Aktivität verminderten bzw. ausgeschalteten/mutierten Gene verändert wurde, bezüglich ihrer Rolle bei der Differenzierung in neuronale Zellen detailliert untersucht werden.

Die Arbeiten sollen zu neuen Erkenntnissen über die Funktion der Produkte von Genen führen, deren funktionale Deletion mit dem Prader-Willi-Syndrom assoziiert sind. Der Antragsteller vermutet, dass der Verlust der Expression einzelner oder mehrerer väterlich exprimierter Gene in der Prader-Willi/Angelmann-Syndrom-Region auf Chromosom 15 verschiedene Phasen der neuronalen Differenzierung beeinträchtigen könnte und/oder aber zu Neuronen führt, die von Wildtyp-Neuronen abweichende Eigenschaften aufweisen. Dies würde zu einem verbesserten Verständnis der molekularen Ursachen des Prader-Willi-Syndroms beitragen, indem Genprodukte, Signalwege und intrazelluläre Prozesse identifiziert werden, die bei dem Prader-Willi-Syndrom verändert sind. Bei erfolgreicher Durchführung des Projektes kann sich ein vertieftes Verständnis von den molekularen Vorgängen ergeben, die bei der Pathogenese des Prader-Willi-Syndroms ablaufen. Zudem könnten Prozesse bzw. Moleküle identifiziert werden, die ggf. Angriffspunkte für Pharmaka zur Behandlung dieser Erkrankung darstellen. Im Zusammenhang mit den angestrebten Ergebnissen weiterer dem UK Essen genehmigter Forschungsvorhaben lassen sich voraussichtlich zudem Rückschlüsse auf Moleküle und Signalwege ziehen, die ggf. bei Intelligenzminderungssyndromen verschiedener Ätiologie verändert sind, was zur Identifizierung molekularer Grundlagen von neuralen Entwicklungsstörungen insgesamt beitragen kann.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Der Zusammenhang zwischen Defekten in den im Rahmen dieses Projektes zu untersuchenden Genen und dem Prader-Willi-Syndrom ist gut belegt. Es ist bekannt, dass das Prader-Willi-Syndrom durch einen Funktionsverlust von Genen in der Region 15q11q13 hervorgerufen wird, die einem genomischem Imprinting unterliegen und bei denen nur das väterliche Allel aktiv ist. In ca. 70% der Fälle sind große Deletionen, die mehrere Megabasen und den ganzen Prader-Willi/Angelman-Lokus umfassen, die Ursache der Erkrankung. Dabei scheint insbesondere der Funktionsverlust des SNORD116-Genclusters vom väterlichen Chromosom für die Ausprägung der Hauptmerkmale der Erkrankung verantwortlich zu sein. Die Funktionen von SNORDs bei der Methylierung ribosomaler RNA und bei der Regulation der RNA-Stabilität sind in der Literatur beschrieben. Allerdings zeigen nur sehr wenige Patienten mit Prader-Willi-Syndrom eine isolierte Deletion des SNORD116-Genclusters. Bei den meisten Patienten werden auch weitere Gene nicht korrekt exprimiert, wie z. B. NDN, MKRN3, MAGEL2, SNURF-SNRPN, SNORD115. Isolierte Mutationen, die zu einem verkürzten Genprodukt des MAGEL2-Gens führen, bedingen hingegen das Schaaf-Young-Syndrom, das auch als Prader-Willi-Like-Syndrom bezeichnet wird.
Protokolle für die Gewinnung von neuronalen (Vorläufer)Zellen und Gehirn-Organoiden wurden in der wissenschaftlichen Literatur publiziert und sind beim Genehmigungsinhaber bereits teilweise etabliert. Effektive Vorgehensweisen für die genetische Modifikation von hES-Zellen, beispielsweise unter Einsatz der CRISPR/Cas9-Technologie, sind vielfach publiziert worden. Die Vorgehensweisen für die Charakterisierung der differenzierten neuronalen Zellen sind ebenfalls etabliert.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.
Im Rahmen der Forschungsarbeiten sollen molekulare Veränderungen analysiert werden, die bei Vorliegen bestimmter, mit der Ausprägung des Prader-Willi-Syndroms in Zusammenhang stehender genetischer Veränderungen vorliegen. Zwar konnten bestimmte genetische und zellbiologische Aspekte des Prader-Willi-Syndroms in Tiermodellen aufgeklärt werden. Aufgrund der bestehenden speziesspezifischen Unterschiede zwischen dem zentralen Nervensystem (ZNS) des Menschen und dem anderer Spezies, insbesondere hinsichtlich von Größe, Struktur und Komplexität des Neokortex, haben diese Ergebnisse jedoch nur eine eingeschränkte Aussagekraft, so dass tierische Zellen oder Tiermodelle zur Erreichung der Forschungsziele nicht geeignet sind.

Die Forschungsziele können voraussichtlich auch nicht unter Nutzung anderer humaner Zellen als pluripotenter Stammzellen erreicht werden, da hier auch Prozesse der frühen neuralen Differenzierung untersucht werden sollen, die andere humane Stammzellen (beispielsweise neurale Vorläuferzellen aus abgetriebenen menschlichen Föten, somatische neurale Stammzellen aus Autopsie-Material etc.) bereits durchlaufen haben. Zudem sollen verschiedenste Typen neuraler Zellen gewonnen werden. Das dafür erforderliche Differenzierungspotential weisen primäre Zellen, adulte oder fötale Stammzellen des Menschen oder neuronale Tumorzell-Linien nicht auf. Zudem gibt es derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass andere als humane pluripotente Stammzellen erfolgreich für die hier auch vorgesehene Herstellung von Vorderhirn-spezifischen Organoiden genutzt und damit zur Erreichung der Forschungsziele eingesetzt werden könnten.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. Da Effekte von krankheitsauslösenden Mutationen auf das neurale Differenzierungspotential untersucht werden sollen, sind Zellen erforderlich, die möglichst ursprüngliche Charakteristika aufweisen. hiPS-Zellen können jedoch zum einen Mutationen enthalten, die bereits in den zur Reprogrammierung genutzten somatischen Zellen vorhanden sind. Zum anderen wurde in der Literatur vielfach darauf hingewiesen, dass zwischen hiPS- und hES-Zellen Unterschiede im Epigenom bestehen können. So kann beispielweise die DNA-Methylierung regulatorischer Elemente von Genen, die einem genomischem Imprinting unterliegen, durch die Reprogrammierung verändert werden. Die hier zu klärenden Forschungsfragen erfordern aber ein möglichst ursprüngliches Epigenom der genutzten Zellen.

Stand: 05.07.2018

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