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134. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 15.03.2018

1. Genehmigungsinhaberin

Charité – Universitätsmedizin Berlin

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HUES 1 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 2 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 3 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 4 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 7 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 9 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 10 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 11 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES 14 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • I3 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I6 (Technion - Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • KhES-1 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan)
  • KhES-2 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan)
  • KhES-3 (Institute for Frontier Medical Sciences, Kyoto University, Japan

Die Genehmigung gilt jeweils auch für Sub-Linien (z.B. für klonale Sub-Linien oder genetisch modifizierte Derivate) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien..

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Hintergrund des Forschungsvorhabens sind Hinweise darauf, dass eine verstärkte Methylierung in bestimmten Regionen des Gens für Proopiomelanocortin (POMC) mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Adipositas einhergeht. Dies könnte durch die Eigenschaften der POMC-Region bedingt sein, die die Kriterien eines sogenannten metastabilen Epiallels erfüllt. Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten sollen daher neuronale Zell- und Organoidmodelle etabliert werden, an denen frühe Vorgänge der Methylierung des POMC-Gens untersucht werden können. Dabei soll geklärt werden, wie variabel die Methylierung bestimmter Regionen des POMC-Gens ist und ob eine verstärkte Methylierung mit einer verminderten Expression dieses Gens (und folglich mit einer verminderten Sekretion von Melanozyten-stimulierendem Hormon, MSH) assoziiert ist. Hierfür werden geeignete hES-Zellen in den naiven Status überführt, in Richtung von Neuronen des Hypothalamus bzw. neuronaler Organoide differenziert und umfassend hinsichtlich der Methylierung des POMC-Gens und dessen Expression charakterisiert. Zudem soll zu Kontrollzwecken die Methylierung weiterer (bereits bekannter) metastabiler Epiallele untersucht werden. Im nächsten Schritt des Forschungsvorhabens soll dann bestimmt werden, ob und inwieweit die Präsenz sog. C1-Metaboloite und das Vorhandensein oder Fehlen transposabler Elemente (Alu-Elemente) die Methylierung der POMC-Gen-Region in sich entwickelnden menschlichen Neuronen beeinflusst. Dabei sollen auch Veränderungen in der Methylierung der mit der POMC-Gen-Region assoziierten Histone und deren Variabilität in Abhängigkeit von den genannten Bedingungen bestimmt werden. Zu Kontrollzwecken soll die Methylierung des POMC-Gens sowie weiterer metastabiler Epiallele auch in anderen aus hES-Zellen gewonnenen Zelltypen untersucht werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) hochrangigen Forschungszielen in der Grundlagenforschung. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

In der Vergangenheit wurde bereits eine positive Korrelation zwischen Adipositas und einer verstärkten Methylierung bestimmter Regionen des POMC-Gens festgestellt. POMC, das an der Regulation des Körpergewichts beteiligt ist, wird zu Melanozyten-stimulierendem Hormon (MSH) prozessiert, das durch Aktivierung des Melanocortin-4(MC4)-Rezeptors im Hypothalamus ein Sättigungsgefühl vermittelt. Da genetische Ursachen für Adipositas selbst in komplexen Analysen bislang nicht eindeutig identifiziert werden konnten, sind in jüngerer Zeit potentielle epigenetische Regulationsmechanismen für das Körpergewicht in den Mittelpunkt des Interesses gerückt.

Auf Grundlage humaner embryonaler Stammzellen soll hier ein Zell- bzw. Organoidmodell etabliert werden, an dem die fast vollständige Demethylierung der DNA und deren anschließende Remethylierung im Differenzierungsprozess (wie sie in frühembryonalen Entwicklungsprozessen auftritt) detailliert untersucht werden soll. Dazu werden hES-Zellen in den nativen Zustand zurückgeführt und anschließend in Neuronen des Hypothalamus bzw. zu Hirn-Organoiden differenziert. Durch genomweite Methylierungsanalysen soll dann geklärt werden, ob und inwieweit dieses Modell die für metastabile Epiallele typische hohe Variabilität in der DNA-Methylierung (bei gleichzeitig geringer Variabilität in der Methylierung stabiler Epiallele) abbilden kann.

Nach erfolgreicher Etablierung des Zellmodells soll dieses dann zur Klärung der Fragestellung genutzt werden, ob eine stochastische Methylierung bestimmter Introns/Exons im POMC-Gen erfolgt und inwieweit diese mit einer veränderten Expression des POMC-Gens und Veränderungen in der MSH-Sekretion einhergeht. Dazu sollen aus naiven hES-Zellen erzeugte hypothalamische (MSH-positive) Neurone und neuronale Organoide in Bezug auf die DNA-Methylierung in der POMC-Gen-Region, die Expression des POMC-Gens und die Bildung/Sekretion von MSH hin untersucht werden. Weiterhin soll bestimmt werden, ob und in welchem Maße (ggf. stochastische) Chromatin-Modifikationen, wie z. B. Veränderungen in der Methylierung oder Azetylierung von Histonen, während des Differenzierungsprozesses in der POMC-Region auftreten. Zudem soll analysiert werden, ob und in welchem Maße Unterschiede in der Methylierung der POMC-Gen-Region zwischen unterschiedlichen Zellpopulationen auftreten. Die beantragten Arbeiten werden voraussichtlich zur weiteren Charakterisierung der POMC-Gen-Region als ein metastabiles Epiallel beitragen können und klären helfen, ob und inwieweit dessen stochastische Methylierung mit relevanten Unterschieden in der Produktion von für die Körpergewichtsregulation maßgeblichen Enzymen bzw. Hormonen in Neuronen des Hypothalamus einhergeht, woraus  ggf. auch grundsätzliche Erkenntnisse über die Funktion und Rolle metastabiler Epiallele bei der Körpergewichtsregulation erwartet werden können.

Im weiteren Verlauf des Vorhabens soll dann überprüft werden, durch welche Mechanismen die DNA-Methylierung in der POMC-Gen-Region beeinflusst wird. Dabei soll u. a. die Rolle von C1-Metaboliten analysiert werden. Da die Präsenz ausreichender Mengen an C1-Metaboliten Voraussetzung für eine korrekte Methylierung ist, kann ein Mangel an C1-Metaboliten ggf. mit Hypomethylierung einhergehen. Daher soll der Einfluss der entsprechenden Metabolite auf die DNA-Methylierung des POMC-Gens während der frühen Differenzierung bestimmt werden, woraus ggf. auch Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen der Präsenz solcher Metabolite während früher Phasen der Embryonalentwicklung und der Ausprägung einer Disposition für Adipositas gezogen werden können. Ferner soll überprüft werden, welche Rolle die Präsenz transposabler Alu-Elemente in den Introns des POMC-Gens für die Ausprägung der Methylierungsmuster in dieser Region hat. Bei verschiedenen Spezies (auch innerhalb der Primaten) ist die Präsenz von Alu-Elementen mit einer verstärkten Methylierung der POMC-Gen-Region assoziiert. Daher sollen die Alu-Elemente in hES-Zellen entfernt und die Konsequenzen für die Ausprägung spezifischer Methylierungsmuster in der POMC-Gen-Region von aus hES-Zellen abgeleiteten Neuronen und Gehirn-Organoiden überprüft werden. Diese Untersuchungen können ggf. – über  spezifische Erkenntnisse zur Rolle der Alu-Elemente für die Methylierung des POMC-Gens hinaus – zu einem vertieften Verständnis vom generellen Einfluss von transposablen Elementen auf die DNA-Methylierung führen.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Aus der Maus ist bekannt, dass metastabile Epiallele erheblich zu individuellen Unterschieden in der Regulation des Körpergewichts beitragen können. Dies wurde insbesondere am Beispiel des agouti-Gens gezeigt (sog. Avy-Locus). Hier wurde auch der Einfluss der Präsenz bestimmter Metabolite auf die Ausprägung der Methylierung nachgewiesen: die Supplementierung der Ernährung trächtiger Mäuse mit Folsäure, Betain, Vitamin B12 und Cholin führte zu einer verstärkten Methylierung des Avy-Locus, verbunden mit dunkler Fellfarbe und geringerem Körpergewicht im Erwachsenenalter. Für den Menschen ist ein Zusammenhang zwischen einer hohen interindividuellen Methylierungsvariabilität der POMC-Gen-Region und einem Risiko für die Entwicklung von Adipositas belegt: es wurde gezeigt, dass der Übergang zwischen Intron 2 und Exon 3 des POMC-Gens bei adipösen Kindern und Erwachsenen im Vergleich zu normalgewichtigen Individuen hypermethyliert ist, was mit einer verminderten Expression des POMC-Gens einhergeht. Dabei trat die veränderte Methylierung in von allen Keimblättern abgeleiteten Zelltypen auf, so dass die Veränderung während sehr früher embryonaler Entwicklungsschritte stattgefunden haben musste. Auch zum Zusammenhang zwischen der Präsenz transposabler Elemente und spezifischen Methylierungsmustern liegen publizierte Arbeiten vor. So wurde für den o. g. Avy-Locus gezeigt, dass (die ernährungsbedingte) Hypermethylierung von 6 CpG-Orten in einem upstream des Agouti-Gens gelegenen Retrotransposon in der Maus zu dunkler Fellfarbe und geringerem Körpergewicht führte. Im humanen POMC-Gen wurden im Intron 2 drei Alu-Elemente identifiziert; da Alu-Elemente die Methylierung in ihrer Umgebung beeinflussen, könnte das spezifische Methylierungsmuster der POMC-Gen-Region mit dem Vorhandensein dieser transposablen Alu-Elemente in Zusammenhang stehen. In menschlichen Zellen liegt eine Hypermethylierung in Intron 2 vor, während das Exon 3 eine nur geringe Methylierung aufweist. Bei der Maus und dem Menschen nicht nahe verwandten Primaten (Lemuren) enthält Intron 2 des POMC-Gens hingegen keine Alu-Elemente; das Intron ist hier hypomethyliert, was auf eine Rolle dieser transposablen Elemente bei der Regulierung der Methylierung hinweist.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass zur Erreichung des mit dem Forschungsvorhaben angestrebten Erkenntnisgewinns die Verwendung von hES-Zellen erforderlich ist.

Die Erreichung der Forschungsziele erfordert menschliche Zellen. Zwar ist die codierende Sequenz des POMC-Gens zwischen verschiedenen Spezies stark konserviert, jedoch zeigt das Methylierungsmuster des POMC-Gens im Menschen erhebliche Unterschiede zu anderen Spezies, beispielsweise zur Maus und zu bestimmten Primaten. Dies steht höchstwahrscheinlich mit der Präsenz von Alu-Elementen im Intron 2 des POMC-Gens höherer Primaten in Zusammenhang, die in Nagern oder niederen Primaten fehlen. Es ist daher nicht zu erwarten, dass an anderen als humanen Zellen gewonnene Erkenntnisse ohne weiteres auf die Situation im Menschen übertragen werden könnten.

Gegenstand der Forschungsarbeiten ist die Untersuchung von Prozessen, die während frühester Stadien der zellulären Differenzierung (noch vor der Segregation der Keimblätter) zu einer vermutlich stochastischen Methylierung bestimmter Gene/Genregionen führen. Die Forschungsziele können daher nicht unter Nutzung anderer als pluripotenter Stammzellen des Menschen erreicht werden, da solche Zellen (z. B. adulte oder fötale Stammzellen) das entsprechende Entwicklungsstadium bereits durchschritten haben.

Nach derzeitigem Kenntnisstand können die Forschungsziele auch nicht unter Verwendung humaner induzierter pluripotenter Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. Durch den für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftler wurde nachgewiesen, dass (geprägte) hiPS-Zellen eine selbst im Vergleich zu primären Zellen erhöhte Methylierung des POMC-Gens aufwiesen. Zwar konnte diese Methylierung durch Überführung der Zellen in den naiven Zustand deutlich vermindert werden; jedoch wiesen Neurone, die aus diesen naiven hiPS-Zellen differenziert wurden, erneut die ursprüngliche (und im Vergleich mit primären Zellen verstärkte) Methylierung im POMC-Gen auf. Die Ursachen für die hier in hiPS-Zellen beobachteten Phänomene sind bislang nicht geklärt, jedoch stellen hiPS-Zellen aufgrund ihrer epigenetischen Eigenschaften offenbar kein adäquates Zellmodell dar, an dem die hier aufgeworfenen Forschungsfragen geklärt werden könnten.

Stand: 15.03.2018

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