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131. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 02.11.2017.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen ist es, die Funktion genregulatorischer Elemente insbesondere während früher Stadien der kardiovaskulären Differenzierung beim Menschen aufzuklären. Dazu sollen zunächst Zellen des sog. ersten Herzfeldes (First Heart Field, FHF) gewonnen und angereichert werden. Das Transkriptom dieser Zellen soll umfassend analysiert werden, um ggf. Gene zu identifizieren, die als Marker für FHF dienen können. Die Validierung der Relevanz dieser Kandidatengene soll einerseits durch Kopplung ihrer Expression an die Aktivität eines Reportergens erfolgen, andererseits durch Mutation bzw. funktionale Deletion des jeweiligen Gens und anschließende Bestimmung des Effektes der genetischen Veränderung auf die kardiale Differenzierung der Zellen. Ferner soll das Epigenom der Zellen des FHF umfassend analysiert werden. Neben der Bestimmung der Position verschiedener Histon-Modifikationen sollen dabei vor allem mutmaßliche sog. Super-Enhancer in Zellen des FHF lokalisiert werden, die die Entwicklung kardialer Zellen maßgeblich steuern. Potentielle, in FHF-Zellen identifizierte Super-Enhancer sollen – nach Validierung ihrer Funktion in heterologen Zellsystemen – anschließend in bestimmten Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren mutiert bzw. vollständig deletiert und der jeweilige Effekt auf die kardiale Differenzierung der genetisch veränderten hES-Zellen bestimmt werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) hochrangigen Forschungszielen in der Grundlagenforschung, wobei auch Grundlagen für die Entwicklung neuer diagnostischer Verfahren zur Anwendung bei Menschen geschaffen werden können. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Mit den genehmigten Forschungsarbeiten werden verschiedene konkrete Zielstellungen verfolgt, die auf neue Erkenntnisse über die Herzzellentwicklung beim Menschen und – damit in Zusammenhang stehend – auf ein besseres Verständnis über die Ursachen angeborener Herzfehler gerichtet sind.

Zum einen sollen kardiale Vorläuferzellen des FHF beim Menschen identifiziert und Möglichkeiten für deren In-vitro-Anreicherung erarbeitet werden. Zellen des FHF sind im Menschen bislang nicht im Detail charakterisiert worden. Zur Anreicherung potentieller FHF-Zellen sollen genetisch veränderte hES-Zellen genutzt werden, in denen die Produktion von zwei FHF-Zell-Markern jeweils an ein Reportergen gekoppelt ist. Auf diesem Wege sollen humane kardiale Vorläuferzellen des menschlichen FHF besser als bislang möglich angereichert, umfassend charakterisiert und (Kandidaten)Gene identifiziert werden, die in humanen FHF-Zellen spezifisch exprimiert werden und die folglich für die Entstehung/Aufrechterhaltung dieser Vorläuferzellpopulation bedeutsam sein könnten. Die funktionale Bedeutung einzelner Kandidatengene für die Entstehung bzw. für die Aufrechterhaltung der Identität der FHF-Zellen soll dann durch gezielte Mutagene bzw. durch ein knock out der entsprechenden Gene in hES-Zellen und anschließende Differenzierung der genetisch veränderten Zellen in Richtung kardialer Zellen überprüft werden. Zudem sollen durch knock in von Reportergenen in die entsprechenden  Loci (bzw. durch Fusion der betreffenden Kandidatengene mit Reportergenen) weitere Reporter-Zell-Linien hergestellt werden, die für die Anreicherung potentieller FHF-Zellen genutzt werden können. Die hier geplanten Untersuchungen können von erheblicher Relevanz für das Verständnis der molekularen Vorgänge während der frühen Herzentwicklung des Menschen sein. Die Frage danach, durch welche spezifischen Marker das erste Herzfeld beim Menschen charakterisiert wird, ist bislang nur unvollständig geklärt. Diese Wissenslücke über menschliche FHF-Zellen soll nun geschlossen und über die Identifizierung von für FHF-Zellen spezifischen Genexpressionsmuster und zu in diesen Zellen aktiven Signalübertragungskaskaden die Charakteristika dieser Zellen genauer als bislang bestimmt werden. Auf dieser Grundlage könnten weitere Strategien erarbeitet werden, mit denen FHF-Zellen angereichert und in Kultur zu großen Zellzahlen vermehrt werden könnten, was im Hinblick auf die Notwendigkeit der Verfügbarkeit großer Zellmengen für künftige regenerative Therapien kardialer Erkrankungen von großer Relevanz ist.

Ein zweiter Schwerpunkt des Vorhabens liegt in der Identifizierung genregulatorischer Elemente, die die Entwicklung von FHF-Zellen aus embryonalen Stammzellen des Menschen steuern. Hintergrund dieser Fragestellung ist die Tatsache, dass bei verschiedenen angeborenen Herzerkrankungen keine Veränderungen in der Sequenz der codierenden DNA festgestellt werden konnte und aus diesem Grunde die Vermutung besteht, dass Veränderungen in nicht-codierenden Sequenzen für die Erkrankungen ursächlich sind. Insbesondere sollen potentielle Super-Enhancer identifiziert werden.  Super-Enhancer sind (i. allg. zelltypspezifische) Regulatoren der Genexpression, die die Aktivität funktioneller Gruppen von Genen kontrollieren und offenbar essentielle Funktionen in Differenzierungsprozessen haben. Die Identifizierung von Super-Enhancern soll zu neuen Erkenntnissen über die molekularen Grundlagen der frühen Herzentwicklung beim Menschen führen, insbesondere über die Regulation von Differenzierungsvorgängen auf genetischer und epigenetischer Ebene. Die beabsichtigte Identifizierung von Super-Enhancern in FHF-Zellen soll Aufschluss darüber geben, in welchem Maße die Entstehung dieser Zellen durch derartige Knotenpunkte transkriptioneller Netzwerke kontrolliert wird, welche Transkriptionsfaktoren für deren Aktivität erforderlich sind und inwiefern die Integrität dieser übergeordneten regulatorischen Elemente für eine normale Entwicklung des FHF von Bedeutung ist. Dies kann von grundlegender Bedeutung für ein verbessertes Verständnis der Herzentwicklung beim Menschen sein und überdies dazu beitragen, das relativ neue Konzept von der zentralen Rolle von Super-Enhancern in Entwicklungsvorgängen zu untermauern. Zudem kann die Identifizierung von genregulatorischen Elementen, die die frühe Herzentwicklung beim Menschen steuern, voraussichtlich auch für das Verständnis kongenitaler kardialer Erkrankungen relevant sein, bei denen keine Mutation in codierenden Sequenzen  festgestellt werden konnte. Im Zusammenhang mit den hier genehmigten Forschungsarbeiten soll daher auch genetisches Material von Patienten mit angeborenen Herzerkrankungen bzw. Herzfehlbildungen gezielt auf Mutationen oder Deletionen in den hier identifizierten genregulatorischen Elementen hin untersucht werden, um ggf. Rückschlüsse auf eine genetische Ursache der jeweiligen Erkrankung ziehen zu können. Dies würde erheblich zum Verständnis der Entstehung solcher angeborener Herzerkrankungen beim Menschen beitragen.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Das Konzept der zwei Herzfelder, die verschiedene Typen von Vorläuferzellen enthalten und zu verschiedenen Regionen und Zelltypen des Vertebraten-Herzens beitragen, ist in der Literatur gut etabliert. Insbesondere liegen zur transkriptionellen Regulation der Entstehung kardialer Vorläuferzellen beider Herzfelder umfangreiche Daten aus nichthumanen Spezies vor, beispielsweise der Maus und dem Zebrafisch. Studien unter Verwendung muriner ES-Zellen, an denen die für die genehmigten Forschungsarbeiten verantwortliche Wissenschaftlerin maßgeblich beteiligt war, legten beispielsweise die spezifischen Charakteristika der Vorläuferzellen des zweiten Herzfeldes offen. Für Zellen des ersten Herzfeldes sind ebenfalls Marker beschrieben worden. Für einen der Transkriptionsfaktoren, der für die Positivselektion FHF-Zellen genutzt werden soll, wurde gezeigt, dass seine Überexpression die Kardiomyogenese beschleunigt, während Mutationen in diesem Gen zu Fehlbildungen des Herzens in Maus und Mensch führen.

Die Rolle von sog. Super-Enhancern für die Entstehung und Identität spezifischer Zelltypen ist in der Literatur gut belegt. Super-Enhancer regulieren funktionelle Gruppen von Genen und sind in sehr viel stärkerem Maße mit einer Vielzahl von   für die Transkriptionsinitiation erforderlichen Faktoren und Kofaktoren assoziiert als herkömmliche Enhancer. So wurde unter Verwendung muriner ES-Zellen und somatischer Zellen der Maus gezeigt, dass an Super-Enhancern beispielsweise ungewöhnlich hohe Konzentrationen an Mediator, aber auch an gewebespezifischen Transkriptionsfaktoren auftreten. Es wird derzeit davon ausgegangen, dass Super-Enhancer zelltypspezifische Transkriptionsnetzwerke regulieren, unterschiedliche Informationen integrieren und damit Knotenpunkte im transkriptionellen Netzwerk der Zelle darstellen. Super-Enhancer wurden auch in verschiedenen Zelltypen und Geweben humanen Ursprungs gefunden und tragen jeweils wesentlich zur gewebespezifischen Genexpression bei.

Die Vorgehensweisen zur spezifischen Markierung kardialer Vorläuferzellen des ersten Herzfeldes, zur Identifizierung von Super-Enhancern und zur Differenzierung von kardialen Vorläuferzellen und Kardiomyozyten sind beim Genehmigungsinhaber etabliert. Die zum Einsatz kommenden Methoden für die genetischen Veränderungen an hES-Zellen sind vielfach erprobt.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Da die genehmigten Forschungsarbeiten auf die umfassende Charakterisierung von FHF-Zellen des Menschen sowie auf die Identifizierung und Funktionsbestimmung genregulatorischer Regionen, insbesondere von Super-Enhancern, während früher Phasen der humanen kardialen Entwicklung zielen, ist die Verwendung menschlicher Zellen erforderlich. Zahlreiche Arbeiten zur Erforschung der kardialen Entwicklung sowie der Funktion des nicht-kodierenden Genoms bei der Herzentwicklung wurden zwar unter Verwendung von Nagermodellen und -Zellen durchgeführt. Jedoch bestehen grundlegende speziesspezifische Unterschiede in der Kardiogenese zwischen Maus und Mensch. So finden sich beispielsweise deutliche Unterschiede hinsichtlich der Entwicklungszeit, Größe und Physiologie des Herzens. Darüber hinaus ist die Konservierung im hier interessierenden nicht-kodierenden Genom zwischen den Spezies grundsätzlich gering.

Primäre menschliche Zellen oder fötale und adulte Stammzellen kommen für das Erreichen der Forschungsziele nicht in Frage. Die Forschungsarbeiten zielen auf die Analyse der molekularen und zellbiologischen Mechanismen, die während der frühesten Schritte der menschlichen Herzentwicklung ablaufen (der Segregation kardialer Vorläuferzellen vom Mesoderm).  Alle nicht-pluripotenten Zelltypen, die in für die Klärung der Forschungsfragen ausreichender Menge und reproduzierbarer Qualität gewonnen werden können, haben dieses Entwicklungsstadium bereits durchlaufen und können folglich für die Erreichung der Forschungsziele nicht verwendet werden.

Die Forschungsziele lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht unter Verwendung von humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erreichen. Das für die geplanten Untersuchungen erforderliche rekombinante Zellmodell basiert auf hES-Zellen; die Existenz entsprechender rekombinanter hiPS-Zellen ist nicht bekannt, und es konnte trotz intensiver Forschungsbemühungen, u. a. der für die Forschung verantwortlichen Wissenschaftlerin, bislang kein entsprechendes Reportersystem unter Verwendung von hiPS-Zellen etabliert werden. Ferner bleiben bei der Herstellung von hiPS-Zellen ggf. epigenetische Eigenschaften der zur Reprogrammierung genutzten somatischen Zellen bestehen (sog. epigenetisches Gedächtnis), dessen funktionelle Konsequenzen derzeit nicht vollständig geklärt sind. Mit Blick auf die Tatsache, dass insbesondere genregulatorische Elemente, deren Aktivität entscheidend durch das Epigenom bestimmt werden, sowie epigenetische Veränderungen während der kardialen Entwicklung untersucht werden sollen, ist ein möglichst ursprüngliches Epigenom der genutzten Zellen aber von essentieller Bedeutung für die hier zu klärenden Forschungsfragen.

Stand: 02.11.2017

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