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113. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 12.07.2016.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Medizinische Hochschule Hannover

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • I3 (Technion ‒ Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion ‒ Israel Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • HES-2 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-4 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • RUES2 (Rockefeller University, New York, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linie(n).

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten sind die Weiterentwicklung und Optimierung von Protokollen für die Differenzierung humaner embryonaler Stammzellen (hES-Zellen) zu verschiedenen reifen Zelltypen der Lunge, die Herstellung (transplantierbaren) Lungengewebes und dessen Transplantation in Versuchstiere sowie die Nutzung von in vitro gewonnenen humanen Lungenzellen für die Etablierung von In-vitro-Testsystemen für pharmakologisch-toxikologische Fragestellungen.

In einem ersten Projektteil sollen hES-Zellen mit Reportergenen versehen werden, deren Expression von Promotoren kontrolliert wird (bzw. die in Loci eingeschleust wurden), die spezifisch in verschiedenen Lungenzelltypen aktiv sind. Die auf diesem Wege hergestellten Reporterzell-Linien sollen in verschiedene Typen von Lungen(vorläufer)zellen differenziert und u. a. im Hochdurchsatzverfahren zur Identifizierung von niedermolekularen Substanzen verwendet werden, die die Differenzierung in die Lungenzellen modulieren. In einem zweiten Projektteil soll ein Verfahren entwickelt werden, um möglichst reifes humanes Lungengewebe in vitro gewinnen zu können. Dazu sollen die entsprechenden Vorläuferzellen in dezellularisiertes (humanes) Lungengewebe eingebracht, die weitere Reifung der pulmonalen Zellen analysiert und das entsprechende Verfahren optimiert werden, u. a. in Abhängigkeit von der Positionierung der Zellen in der Matrix sowie von der gemeinsamen Applikation mit mesenchymalen Stammzellen und/oder endothelialen Zellen. Im dritten Projektteil soll untersucht werden, ob sich das gewonnene pulmonale Gewebe für die Nutzung in pharmakologisch-toxikologischen Screening-Verfahren eignet, wobei das Lungengewebe toxischen bzw. pharmakologisch aktiven Substanzen ausgesetzt und geeignete Endpunkte für die Bestimmung insbesondere von Lungenzelltoxizität ermittelt werden sollen. In einem vierten Projektteil soll das in vitro gewonnene Lungengewebe schließlich unter die Nierenkapsel von Mäusen bzw. intratracheal transplantiert und die weitere Reifung der Lungenzellen in vivo analysiert werden. Alle Untersuchungen sollen im Vergleich mit humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) erfolgen, wobei hES-Zellen und aus ihnen abgeleitete Zellen auch als Referenzmaterial verwendet werden sollen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn für die Grundlagenforschung, wobei ggf. auch Grundlagen für die Entwicklung neuer therapeutischer und ggf. diagnostischer Verfahren zur Anwendung beim Menschen. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Erfolgreiche Vorgehensweisen für die Gewinnung von Lungenzellen aus humanen pluripotenten Stammzellen sind erst in jüngerer Zeit entwickelt worden. Derzeit ist weitgehend ungeklärt, auf welche Weise, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Faktoren insbesondere die Spezifizierung von Zellen des erfolgen muss, um eine effiziente Gewinnung von Lungenvorläuferzellen zu ermöglichen. Bisherige Differenzierungsprotokolle führen zu Zellpopulationen, die zwar verschiedene Lungenzelltypen enthalten; jedoch sind die molekularen Grundlagen der Spezifizierung in die verschiedenen Lungenzelltypen und damit im Zusammenhang stehend die Frage, auf welchem Wege die jeweiligen Zelltypen gezielt in vitro gewonnen werden können, nur unzureichend geklärt. Mittels der im Forschungsvorhaben vorgesehene Strategie zur Reporterzell-basierten Differenzierung von hES-Zellen in Lungenzellen kann der Differenzierungserfolg sichtbar gemacht und eine Anreicherung spezifischer Lungenzelltypen vorgenommen werden. Ferner sollen niedermolekulare Substanzen identifiziert werden, die die Differenzierung von hES-Zellen in bestimmte pulmonale Zelltypen modulieren, was voraussichtlich dazu beitragen kann, verbesserte Protokolle für die In-vitro-Gewinnung menschlicher Lungenzellen zu etablieren. Durch die Analyse der Wirkung der identifizierten Substanzen auf sich differenzierende hES-Zellen könnten zudem Faktoren oder Signalwege identifiziert werden, die in die Entstehung der jeweiligen Zelltypen involviert sind, was ggf. zu neuen Erkenntnissen über die molekularen Grundlagen der Lungendifferenzierung beim Menschen führen kann.

Die genehmigten Forschungsarbeiten zielen ferner darauf, die funktionelle Reifung humaner hES-Zell-abgeleiteter Lungenzellen in vitro zu erreichen. Aus der Untersuchung des Einflusses biologischer Matrizes sowie der Rolle endothelialer und mesenchymaler Zellen auf die Reifung von humanen Lungenzellen sind u. a. Erkenntnisse über den Einfluss der biologischen Nische sowie darüber zu erwarten, welche Zell-Zell-Wechselwirkungen zwischen pulmonalen- und nicht-pulmonalen Zelltypen für eine optimale Lungenzellentwicklung erforderlich sind.

Im folgenden soll untersucht werden, ob und inwieweit sich die in vitro produzierten Lungenzellen zur Nutzung in Testsystemen für die Klärung pharmakologischer und toxikologischer Fragestellungen eignen. Dazu sollen u. a. Endpunkte bestimmt werden, die eine Bewertung insbesondere der Wirkungen lungenzelltoxischer Substanzen erlauben. Ziel ist die Etablierung eines In-vitro-Zellmodells, das reproduzierbar zur Untersuchung von Effekten von Pharmaka oder potentiell toxischen Substanzen auf menschliche Lungenzellen verwendet werden kann. Derartige Zellmodelle werden angesichts teils mangelhafter Therapieoptionen für bestimmte Lungenerkrankungen für die Wirkstofftestung sowie zur Detektion von Effekten von Pharmaka und Chemikalien auf Lungenzellen benötigt. Zudem sollen die gewonnenen Lungenzellen bzw. das gewonnene Lungengewebe in vivo untersucht und im Rahmen von Transplantationsexperimenten in Versuchstiere vor allem Fragen im Zusammenhang mit der weiteren Reifung hES-Zell-abgeleiteter Lungenzellen sowie deren Integration in das Wirtsgewebe beantwortet werden. Diese Arbeiten können voraussichtlich einen Beitrag zur Schaffung von Grundlagen für künftig vorstellbare Gewebeersatztherapien leisten.

Ein weiteres Ziel der Forschungsarbeiten ist es, zu überprüfen, ob sich hES- und hiPS-Zellen in gleicher Weise für die Differenzierung in Lungenzellen eignen. Die an hES-Zellen entwickelten Protokolle für die Lungenzelldifferenzierung sollen auf hiPS-Zellen übertragen und evaluiert werden. Dabei soll der für eine künftige Verwendung in der Gewebeersatztherapie besser geeignete Zelltyp bestimmt werden. Die erwarteten neuen Erkenntnisse über die Differenzierbarkeit von hiPS-Zellen in Lungenzellen sind auch deshalb von großer Relevanz, da die Verfügbarkeit von hiPS-Zell-abgeleiteten Lungenzellen aus Patienten mit (ggf. genetisch bedingten) Lungenerkrankungen für das Verständnis der Pathogenese der entsprechenden Erkrankung und für die Entwicklung neuer Wirkstoffe erheblich ist.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

Die erfolgreiche Differenzierung von pluripotenten Stammzellen des Menschen in pulmonale Zellen wurde in der Vergangenheit mehrfach beschrieben. Entsprechende Differenzierungsprotokolle bauen auf im Mausmodell gewonnenen Erkenntnissen auf und führten in Langzeitdifferenzierungsversuchen zu Lungenzellpopulationen, die verschiedene Zelltypen der Lunge mit spezifischen Charakteristika von Lungenzellen enthielten. Die Genehmigungsinhaberin selbst hat zur Vorklärung der Fragestellung nach der Differenzierbarkeit pluripotenter Stammzellen in pulmonale Zellen beigetragen. Hinsichtlich der Fragestellung der Besiedelung dezellularisierter Lungengewebe mit Lungenzellen liegt in der wissenschaftlichen Literatur ebenfalls eine große Zahl an Arbeiten vor, in denen Lungengewebe verschiedener Spezies mit Lungenzellen bzw. Lungenvorläuferzellen verschiedener Herkunft und auf verschiedenen Wegen wiederbesiedelt und die Entwicklung und Reifung der Zellen in vitro verfolgt wurden. Dabei konnte eine weitere Reifung der in das dezellularisierte Gewebe eingebrachten Lungenvorläuferzellen beobachtet werden. Die Möglichkeit, potentielle Wirkstoffe zur Behandlung von Lungenerkrankungen im Hochdurchsatzverfahren unter Nutzung zellbasierter In-vitro-Systeme zu identifizieren, wird u. a. durch die Entdeckung eines CFTR-Inhibitors mittels Screening einer Substanzbibliothek bestätigt, die mehr als 150.000 kleine Moleküle enthielt. Die geplante Verwendung von in vitro gewonnenen pulmonalen Zellen für die Transplantation in verschiedene Nagermodelle für Lungenschädigungen ist ebenfalls in mehreren Studien prinzipiell vorgeklärt worden. Die nach Lungenschädigung transplantierten pulmonalen (Vorläufer)Zellen bildeten teils vollständige respiratorische Einheiten, die die typischen Lungenzelltypen wie alveolare Zellen der Typen I und II sowie mesenchymale und vaskuläre Zellen enthielten.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die genehmigten Forschungsarbeiten zielen auf die Etablierung von Protokollen für die Gewinnung verschiedener Typen humaner Lungenzellen, die künftig in der Pharmakologie/Toxikologie zur Detektion von Substanzen mit Wirkung auf menschliche Lungenzellen sowie in Gewebeersatztherapien eingesetzt werden sollen. Im Hinblick auf diese Zielstellung ist die Verwendung humaner Zellen erforderlich. Zudem ist insbesondere die Entwicklung von Zellen des definitiven Entoderms in Richtung NKX2.1-positiver Zellen des ventralen Vorderdarm-Entoderms in hohem Maße vom Zeitpunkt der Induktion, von den Konzentrationen der hierfür erforderlichen Inhibitoren zellulärer Signalwege sowie von der verwendeten Zell-Linie abhängig, so dass bereits zwischen verschiedenen Stammzell-Linien des Menschen erhebliche Unterschiede in der Fähigkeit zur Entwicklung entsprechender Vorläuferzellen bestehen. Eine Optimierung der Differenzierungsprotokolle unter Nutzung von Zellen anderer Spezies ist daher nicht möglich. Die Forschungsziele können auch nicht unter Nutzung anderer humaner Zellen als pluripotenter Stammzellen erreicht werden. Zwar sind verschiedene humane (immortalisierte) Lungenzell-Linien verfügbar; jedoch können diese nur bestimmte Aspekte der Lungenzellfunktion rekapitulieren; zudem eignen sie sich nicht für die beabsichtigte Entwicklung von Differenzierungsprotokollen. Primäre Lungenepithelzellen sowie fötale Lungenzellen aus abgetriebenen Föten können zwar gewonnen und in Kultur gehalten werden. Es ist jedoch ungeklärt, ob diese Zellen zu für die Projektdurchführung ausreichenden Zellmengen vermehrt werden können. Zudem bestehen Probleme hinsichtlich der Reproduzierbarkeit und Standardisierbarkeit der mit solchem Material gewonnenen Resultate. Ferner soll im Forschungsvorhaben die Frage geklärt werden, ob hES- und hiPS-Zellen ein vergleichbares Potential zur Differenzierung in Lungenzellen haben. Folglich sind die Forschungsarbeiten nicht unter alleiniger Nutzung von hiPS-Zellen durchführbar. In verschiedenen kürzlich publizierten Arbeiten wurden zwar hiPS-Zellen erfolgreich als Ausgansmaterial für die Gewinnung von Lungenzellen verwendet. Jedoch zeigen die bislang publizierten Untersuchungen, in denen Wildtyp-hES- und -hiPS-Zellen parallel und unter Nutzung identischer Methoden in Lungenzellen differenziert wurden, dass die dort verwendeten hES-Zell-Linien ein höheres pulmonales Differenzierungspotential aufwiesen als die genutzten hiPS-Zellen.

Stand: 12.07.2016

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