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107. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 10.03.2016. Forschungsvorhaben beendet. Genehmigung erloschen am 11.05.2023.

1. Genehmigungsinhaberin

Frau Prof. Dr. Katja Schenke-Layland, Universitätsklinikum Tübingen

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES-2 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten ist die Untersuchung des Einflusses mechanischer und elektrischer Stimuli auf die Differenzierung von hES-Zellen zu Kardiomyozyten und deren Reifung in vitro. Dazu sollen hES-Zellen auf zuvor optimierte Trägermaterialen aufgebracht und anschließend in einem multifunktionalen Bioreaktorsystem in Richtung kardialer Zellen differenziert werden, wobei u. a. die mechanische Dehnung, der Medienfluss und das angelegte elektrische Feld variiert werden sollen. Die entstehenden kardialen Zellen sollen dann umfassend auf die Präsenz von Markern reifer humaner Kardiomyozyten hin untersucht sowie elektronenmikroskopisch und im Vergleich mit primären menschlichen Kardiomyozyten charakterisiert werden. In einem zweiten Projektteil soll dann die Reifung von aus hES-Zellen abgeleiteten Kardiomyozyten-Vorläuferzellen durch mechanische Stimulation in einem biodynamischen Testinstrument (sog. „Bose-Apparatur“) untersucht und die Bedingungen evaluiert und optimiert werden, unter denen sich kardiale Vorläuferzellen in Richtung spezifischer kardiomuskulärer Zelltypen (ventrikulär, atrial, nodal) differenzieren. Dazu sollen die Zellen nach Einbringung in die Bose-Apparatur bestimmten Arten biomechanischer Beanspruchungen ausgesetzt und nach Abschluss der Differenzierung umfassend charakterisiert werden. Dies umfasst u. a. die Bestimmung des Expressionsprofils sowie biochemische, elektrophysiologische und mikroskopische Analysen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung und des Robert Koch-Institutes (RKI) vorrangig hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn für die Grundlagenforschung, wobei auch Erkenntnisse mit Relevanz für die Entwicklung neuer therapeutischer Verfahren zur Anwendung bei Menschen erwartet werden können. Für diese Beurteilung sind die folgenden Gründe maßgeblich:

Aus humanen pluripotenten Stammzellen abgeleitete kardiale Zellen haben ein erhebliches Potential in der Forschung, beispielsweise im Hinblick auf die Identifizierung und Validierung neuer Arzneimittel-targets, in Bezug auf die Testung neuer Wirkstoffe hinsichtlich möglicher unerwünschter Nebenwirkungen auf die elektrophysiologischen Eigenschaften humaner Herzmuskelzellen sowie in der Möglichkeit ihrer Nutzung zur Überprüfung potentieller kardiotoxischer Eigenschaften von Medikamenten und Umweltgiften. Zudem haben sie ein erhebliches Potential für künftig vorstellbare regenerative therapeutische Verfahren, insbesondere zur Behandlung des Myokard-Infarktes. Trotzdem die Entwicklung von Protokollen für die In vitro-Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen zu kardialen Zellen Gegenstand intensiver Forschung ist, ist die Gewinnung von reifen humanen Herzmuskelzellen bislang nicht gelungen. Aus pluripotenten Stammzellen abgeleitete Kardiomyozyten weisen derzeit meist einen für fötale Herzmuskelzellen charakteristischen Phänotyp auf, jedoch werden für zahlreiche Anwendungen auch Herzzellen benötigt, die bezüglich ihrer phänotypischen und funktionellen Eigenschaften reifen (adulten) menschlichen Kardiomyozyten entsprechen.

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten sollen daher die Bedingungen für die Reifung von Kardiomyozyten optimiert werden, wobei die Untersuchung des Einflusses mechanischer und elektrischer Stimuli auf die Herzzellreifung im Mittelpunkt des Interesses steht. Dazu sollen hES-Zellen zunächst unter 3D-Bedingungen in einem Bioreaktor unter Nutzung zuvor optimierter Trägermaterialien in Richtung kardialer Zellen differenziert und der Einfluss einer variierenden mechanischen Beanspruchung sowie verschiedener elektrischer Felder auf die Reifung der kardialen Zellen analysiert werden. Dies kann aller Voraussicht nach zu einem tieferen Verständnis des Einflusses biophysikalischer Parameter auf die Herzzellreifung sowie zu verbesserten Protokollen für die Bereitstellung humaner Herzmuskelzellen aus pluripotenten Stammzellen führen, mittels derer dann humane kardiale Zellen für die o. g. Anwendungen gewonnen werden könnten.

Zudem sollen biomechanische Stimulationsexperimente an aus hES-Zellen abgeleiteten kardialen Vorläuferzellen auch in einer sog. „Bose-Apparatur“ durchgeführt werden, in der bestimmte Aspekte der in vivo vorliegenden Bedingungen für die Herzzellentwicklung simuliert werden können, insbesondere bestimmte Arten mechanischen Stresses. Ziel ist es, durch Modulation von Amplitude, Frequenz sowie Dauer und Art der mechanischen Stimulation jene Bedingungen zu ermitteln, unter denen kardiale Vorläuferzellen sich zu reifen Herzmuskelzellen entwickeln, und zu bestimmen, in welchem Maße sich aus (multipotenten) kardialen Vorläuferzellen spezifische Typen kardiovaskulärer Zellen bilden (ventrikuläre, atriale oder Schrittmacherzellen). Dies wird voraussichtlich erste Fragen danach beantworten können, welche Arten mechanischer Stimulation die Segregation kardialer Vorläuferzellen und ihre Spezifizierung in verschiedene Typen von Herzmuskelzellen begünstigen können. Neben der Erlangung eines besseren Verständnisses über den Zusammenhang von biophysikalischen Bedingungen und Herzzellentwicklung können diese Untersuchungen im Ergebnis ebenfalls dazu beitragen, bessere als bislang verfügbare Protokolle für die kardiale Differenzierung zu entwickeln, und sind daher von Relevanz für wissenschaftliche Fragestellungen, für deren Beantwortung reife menschliche Kardiomyozyten benötigt werden.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen em­bryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist.

In der wissenschaftlichen Literatur ist gut etabliert, dass mechanische Stimulation die Morphologie und Orientierung der Zellen sowie deren Entwicklung und Differenzierung beeinflusst. Bezüglich der Entwicklung kardialer Zellen aus pluripotenten Stammzellen liegen zahlreiche Erkenntnisse aus Arbeiten mit murinen ES-Zellen vor. Die Genehmigungsinhaberin selbst hat in Voruntersuchungen gezeigt, dass die kardiale Differenzierung von murinen ES-Zellen im zur Nutzung vorgesehenen Bioreaktor, also unter dem Einfluss von mechanischen Stimuli, zu Zellen führte, die einen reiferen Phänotyp aufwiesen als statisch kultivierte Kontrollzellen. Auch an humanen ES-Zellen wurde die Frage nach dem Einfluss mechanischer Stimuli auf die Differenzierung zu Kardiomyozyten bereits in verschiedenen Studien untersucht. So wurde beispielsweise gezeigt, dass hES-Zell-abgeleitete Kardiomyozyten sich in einer dreidimensionalen Matrix sowohl bei statischer als auch bei periodischer Dehnung in Richtung der Dehnung orientierten, eine stärkere Expression kardialer Gene zeigten und zudem stärker proliferierten als Kontrollzellen, die keinem mechanischen Stress unterworfen waren.

Auch hinsichtlich der Wirkung elektrischer Felder auf die kardiale Differenzierung liegen mehrere Studien vor, die teils unter Nutzung muriner ES-Zellen, teils unter Verwendung humaner ES-Zellen durchgeführt wurden. Grundsätzlich führte eine elektrische Stimulation zur Erhöhung der Anzahl kontrahierender embryoid bodies. Eine eingehende Analyse des Effektes einer Stimulation der kardialen Differenzierung von hES-Zellen mit alternierenden elektrischen Feldern ergab, dass die entstehenden Zellen sowohl frühe als auch späte kardiale Markergene in höherem Maße exprimierten als (nicht-stimulierte) Kontrollzellen; zudem wiesen sie eine dem adulten zellulären Phänotyp ähnlichere Morphologie und Ultrastruktur auf. Ferner führte die elektrische Stimulation zu einer erheblichen Steigerung der Zahl ventrikulärer Kardiomyozyten, während sich der Anteil der Schrittmacherzellen verringerte, was darauf hindeutet, dass durch geeignete biophysikalische Stimuli auch der Anteil an bestimmten Herzmuskelzelltypen verändert werden kann, was im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten im Detail untersucht werden soll.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Im genehmigten Vorhaben soll der Einfluss physikalischer Stimuli auf die Reifung humaner kardialer Zellen untersucht werden. Angesichts der großen Unterschiede in Größe, Schlagfrequenz und Druckverhältnissen zwischen den Herzen in verschiedenen Spezies ist davon auszugehen, dass gerade die Reifungsprozesse kardialer Zellen in verschiedenen Spezies teils verschieden ablaufen. Eine Nutzung beispielsweise muriner Zellen ist daher für die Beantwortung der aufgeworfenen Fragestellung nicht möglich. Humane adulte Stammzellen des Herzens, die aus bei Herzoperationen anfallendem Material isoliert werden können, stehen nicht in der für die Projektdurchführung erforderlichen Menge zur Verfügung; zudem bestehen ggf. erhebliche Unterschiede in der Qualität – und abhängig vom genetischen Hintergrund des Spenders – auch in ihren Eigenschaften verschiedener Präparationen, so dass die für die Projektdurchführung erforderliche Reproduzierbarkeit in den Eigenschaften des Ausgangsmaterials nicht gewährleistet werden kann. Dasselbe trifft für fötale kardiale Vorläuferzellen zu, die aus abgetriebenen Föten gewonnen werden könnten. Immortalisierte humane kardiale Zellen haben kein zu humanen pluripotenten Stammzellen vergleichbares Differenzierungspotential. Für alle genannten Zelltypen liegen zudem keine Daten darüber vor, ob und inwieweit eine mechanische oder elektrische Stimulation ihre kardiale Differenzierbarkeit beeinflusst. Die Erreichung der Forschungsziele ist unter Nutzung der genannten Zellarten nicht möglich; sie erfordert die Nutzung pluripotenter menschlicher Stammzellen.

Es wurde ferner dargelegt, dass keine ausreichenden Belege dafür vorliegen, dass die Forschungsziele unter Verwendung humaner induzierter pluripotenter Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden können. Zwar haben hiPS-Zellen i. allg. ein gutes kardiales Differenzierungsvermögen, jedoch sind die Unterschiede zwischen verschiedenen hiPS-Zell-Linien deutlicher ausgeprägt, als dies bei hES-Zellen der Fall ist, was mit einem teils variierenden kardialen Differenzierungspotential einhergeht. Dies kann durch die Eigenschaften der für die Reprogrammierung genutzten somatischen Zellen, die Reprogrammierungsmethode oder die für die Reprogrammierung verwendeten Faktoren begründet sein. Hinzu kommen ungeklärte Fragen nach der epigenetischen Identität von hES- und hiPS-Zellen. Ferner liegen aus mehreren Studien Hinweise darauf vor, dass - trotz großer Ähnlichkeit ihres Transkriptoms zu jenem von hES-Zellen – aus hiPS-Zellen abgeleitete kardiale Zellen teils andere elektrophysiologische Eigenschaften aufweisen können als aus hES-Zellen abgeleitete Kardiomyozyten. Es ist derzeit nicht belegt, dass hES- und hiPS-Zellen bezüglich ihres kardialen Differenzierungspotentials identisch sind; hiPS-Zellen sind demnach nicht in gleicher Weise zur Erreichung der Forschungsziele geeignet wie hES-Zellen.

Stand: 11.05.2023

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