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100. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 10.03.2015. Forschungsvorhaben beendet. Genehmigung erloschen am 31.03.2023.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Herr Prof. Dr. Jürgen Rohwedel, Universität zu Lübeck

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linie(n).

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Ziel der Forschungsarbeiten unter Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) ist es, ein humanes Nierenzellmodell zu entwickeln, an dem zum einen die Zilienbildung in Nierenepithelzellen untersucht und zum anderen molekulare und zellbiologische Vorgänge analysiert werden können, die der polyzystischen Nierenerkrankung (polycystic kidney diease, PKD) zugrunde liegen. Dabei sollen zunächst geeignete Differenzierungsprotokolle für die Gewinnung von Zellen des intermediären Mesoderms (IM-Zellen) aus hES-Zellen etabliert und optimiert und die IM-Zellen dann weiter zu den wesentlichen Zelltypen der Niere (insbes. tubuläre Nierenepithelzellen) differenziert werden. Diese sollen dann u. a. bezüglich ihrer Fähigkeit zur Zilienbildung und hinsichtlich ihres Genexpressionsmusters untersucht werden. Die entwickelten Differenzierungsmethoden sollen dann auf humane induzierte pluripotente Stammzellen (hiPS-Zellen) angewandt werden, die aus Patienten mit PKD gewonnen wurden und die (ggf. noch näher zu charakterisierende) für PKD ursächliche Mutationen aufweisen. Das Differenzierungsvermögen der hiPS-Zellen soll mit jenem von isogenen Zellen aus denselben Patienten sowie von hES-Zellen verglichen werden. Um den Einfluss spezifischer PKD-Mutationen auf die Zilienbildung untersuchen zu können, sollen in hES-Zellen zudem Mutationen in den PKD-Genen erzeugt und ihre Relevanz für den Phänotyp der aus diesen Zellen differenzierten Nierenepithelzellen bestimmt werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten an hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des RKI hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Erweiterung medizinischer Kenntnisse bei der Entwicklung präventiver und therapeutischer Verfahren zur Anwendung beim Menschen. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Die polyzystische Nierenerkrankung (PKD) führt infolge der Verdrängung des normalen Nierenparenchyms durch tubuläre epitheliale Zysten zu einer fortschreitenden Störung der Nierenfunktion mit teils fatalen Folgen. PKD ist in der westlichen Welt die häufigste zum Tode führende Erbkrankheit; eine kausale Therapie existiert nicht. Obwohl die genetischen Grundlagen der PKD weitgehend verstanden sind, besteht in Teilen Unklarheit über die molekularen und zellbiologischen Vorgänge, die zur Zystenbildung führen. Die bei der autosomal-dominanten polyzystischen Nierenerkrankung (ADPKD) betroffenen Gene (Pkd1 bzw. Pkd2) codieren für die Proteine Polyzystin-1 (PC1) bzw. Polyzystin-2 (PC2), die in den Zilien lokalisiert sind und eine wichtige Rolle bei der Signalübertragung in den Zilien von Nierenepithelzellen spielen. Die unmittelbaren molekularen Folgen einer Fehlfunktion dieser Proteine sind derzeit aber nur teilweise bekannt.

Um die Prozesse der Bildung und Funktion von Zilien analysieren und die molekularen Ursachen von Störungen infolge von Mutationen im Pkd1- und Pkd2-Gen im Detail untersuchen zu können, bedarf es eines geeigneten menschlichen Nierenzellmodells, auf dessen Etablierung die genehmigten Forschungsarbeiten zielen. Auf Grundlage der wenigen bislang publizierten Protokolle für die renale Differenzierung sollen hES-Zellen zunächst in Richtung intermediärer Mesoderm-Zellen differenziert, diese insbesondere hinsichtlich ihres Genexpressionsprofils charakterisiert und das experimentelle Vorgehen bei der Differenzierung ggf. optimiert werden. Die IM-Zellen sollen dann zu terminal differenzierten Nierenzellen weiterentwickelt werden, insbesondere zu tubulären Nierenepithelzellen. Auch diese sollen umfassend charakterisiert werden, wobei der Differenzierungserfolg u. a. an der adäquaten Fähigkeit der Zellen zur Bildung von Zilien gemessen werden soll. Das an hES-Zellen etablierte Vorgehen zur Nierenzell-Differenzierung soll dann auf hiPS-Zellen übertragen werden. Neben der Schaffung von ggf. verbesserten Protokollen für die renale Differenzierung humaner pluripotenter Stammzellen können diese Arbeiten auch dazu beitragen, ggf. bestehende Unterschiede zwischen hES- und hiPS-Zellen bezüglich ihrer Fähigkeit zur Differenzierung in Nierenepithelzellen zu bestimmen.

Ferner werden hES-Zellen zu Vergleichszwecken für Forschungsarbeiten verwendet, mit denen die molekularen Konsequenzen von Mutationen im Pdk1- bzw. Pdk2-Gen für die renale Differenzierung von hiPS-Zellen aus Patienten mit den entsprechenden genetischen Defekten untersucht und insbesondere die Folgen für die Zilienbildung in Nierenzellen analysiert werden sollen. Dabei sollen hES-Zellen zum einen als Referenzmaterial für Differenzierungsstudien mit hiPS-Zellen dienen, zum anderen sollen sie genutzt werden, um Paare isogener pluripotenter Stammzellen zu erzeugen, die patientenspezifische Mutationen im Pdk1- bzw. Pdk2-Gen tragen bzw. genetisch unverändert sind. Diese Zellen sollen u. a.  mit isogenen Paaren von (patientenspezifischen und genetisch korrigierten) hiPS-Zellen vor allem bezüglich ihrer Genexpressionsprofile sowie hinsichtlich der Eigenschaften der Zilien untersucht werden. Es wird angestrebt, anhand dieses Differenzierungsmodells zumindest Teilaspekte der zystischen Nierenerkrankung auf zellulärer Ebene nachbilden und mögliche Zusammenhänge zwischen den genetischen und epigenetischen Eigenschaften der patientenspezifischen Zellen, dem Expressionsniveau von Pkd1 und Pkd2 und der Fähigkeit der Zellen zur Zilienbildung im Kontext ihrer renalen Differenzierung aufdecken zu können. Die geplanten Analysen können ggf. erste Anhaltspunkte über den Effekt spezifischer, mit ADPKD assoziierter Mutationen im Pkd1- und Pkd2-Gen auf den Phänotyp der entsprechenden Nierenzellen und insbes. auf die Zilienbildung erbringen und so zu einem besseren Verständnis über die Ursachen der Zystenbildung bei ADPKD auf molekularer Ebene beitragen. Auch für sich anschließende Untersuchungen zu möglichen Veränderungen, die durch Mutationen in den Pdk-Genen auf molekularer Ebene verursacht werden, kann das hier zu etablierende Zellmodell von erheblicher Bedeutung sein.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt ist. Für die Differenzierung von hES-Zellen in renale Zellen wurden in der jüngeren Vergangenheit bereits verschiedene Methoden veröffentlicht. So wurde beispielsweise kürzlich ein Protokoll für die effiziente Gewinnung von IM-Zellen aus pluripotenten Stammzellen des Menschen publiziert, und es wurdegezeigt, dass aus hES-Zellen differenzierte IM-Zellen weiter zu renalen Zellen differenziert werden konnten, die in der Lage waren, in vitro frühe Nephrone zu bilden. Insofern ist bereits hinreichend belegt, dass hES-Zellen in der Lage sind, sich in vitro in verschiedene Zelltypen der Niere zu differenzieren. Die Forschungsarbeiten zielen ferner auf die Etablierung eines Zellmodells, in dem in hES-Zellen die der ADPKD zugrundeliegenden Gendefekte erzeugt, die genetisch veränderten Zellen renal differenziert und mögliche Effekte der genetischen Veränderungen auf den Phänotyp der Zellen untersucht werden. Die für ADPKD ursächlichen Gendefekte sind bereits seit längerem bekannt. Es existiert eine Vielzahl von Mausmodellen für die ADPKD, die jedoch die verschiedenen Aspekte der humanen Erkrankung nur in Teilen nachbilden können. Die biologischen Funktionen von PC1 und PC2 wurden in den letzten Jahren  zwar umfassend untersucht, jedoch sind die unmittelbaren targets von PC1 und PC2 sowie die unmittelbaren molekularen Folgen einer verminderten/gestörten Expression der entsprechenden Gene nicht bekannt. Allerdings wurde gezeigt, dass verschiedene Mutationen in den Pkd-Genen teils verschiedene unmittelbare Effektor-Moleküle und verschiedene Funktionen der Polyzystine betreffen können, die ggf. für die unterschiedliche Penetranz der jeweiligen Mutationen bestimmend sind. Insofern ist es auf der Grundlage bisheriger Erkenntnisse plausibel, Zellmodelle für verschiedene (patientenspezifische) Mutationen der Pkd-Gene zu etablieren und an ihnen den Effekt der jeweiligen Mutation auf zellulärer und molekularer Ebene zu untersuchen.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die Differenzierung muriner ES-Zellen in Nierenzellen erfolgt üblicherweise unter Bedingungen, die teils erheblich von jenen abweichen, unter denen humane ES-Zellen in renale Zellen differenziert werden. Genetische Mausmodelle für die ADPKD bilden die humane Erkrankung zwar in Teilen nach. Homozygot Pdk1-defiziente Mäuse entwickeln sich jedoch nicht über das Embryonalstadium hinaus, während Tiere, die eine heterozygote Mutation in Pdk1 tragen, nur einen sehr milden Phänotyp im fortgeschrittenen Alter aufweisen. Ein induzierter Verlust beider funktioneller Pdk1-Allele in Mäusen führt zu einer rapiden Zystenentwicklung, die den allmählichen Verlauf der Krankheit im Menschen nicht widerspiegelt. Insofern sind murine ES-Zellen (und daraus abgeleitete Nierenzellen) für die Untersuchung der molekularen Konsequenzen bestimmter Mutationen auf menschliche Zellen nicht in gleichem Maße geeignet wie entsprechende humane Zellen.

Es liegen auch keine Hinweise dafür vor, dass andere Stammzellen des Menschen als pluripotente Stammzellen geeignet sind, die Forschungsziele zu erreichen. Belege dafür, dass Nierenepithelzellen in für die Projektdurchführung ausreichender Menge reproduzierbar aus somatischen Stammzellen in vitro differenziert werden könnten, existieren nicht. Fötale Stammzellen des Menschen, die ggf. zur Differenzierung in Nierenepithelzellen genutzt werden können, lassen sich nicht in der für die Projektdurchführung erforderlichen Menge reproduzierbar gewinnen. Zudem haben somatische und fötale Stammzellen bereits die frühen Differenzierungsschritte in Richtung von IM-Zellen und Zellen des metanephrischen Mesoderms durchlaufen und können folglich nicht für Vergleichszwecke bei der frühen renalen Differenzierung von hiPS-Zellen verwendet werden. Ferner ist nicht bekannt, ob und inwieweit sie den vorgesehenen genetischen Modifikationen zugänglich sind, die zur Erzeugung von Paaren isogener krankheitsspezifischer Zellen erforderlich sind.

Auch liegen keine hinreichenden Belege dafür vor, dass die Erreichung der Forschungsziele allein unter Verwendung humaner iPS-Zellen möglich wäre. Wie im Antragsverfahren dargelegt wurde, sind Protokolle für die erfolgreiche Differenzierung von menschlichen pluripotenten Stammzellen in renale Zellen erst jüngst entwickelt worden. Die Mehrzahl der Vorgehensweisen wurde an hES-Zellen etabliert und bislang nur teilweise auf hiPS-Zellen übertragen. Insofern kann nach gegenwärtigem Kenntnisstand nicht davon ausgegangen werden, dass humane ES- und iPS-Zellen bezüglich ihrer Fähigkeit, in renale Zellen zu differenzieren, identisch sind. Hinzu kommt, dass erhebliche Zell-Linien-spezifische Unterschiede im Differenzierungsvermögen von hiPS-Zellen bestehen, die deutlich ausgeprägter sind als jene zwischen verschiedenen hES-Zell-Linien, was ggf. mit dem postulierten epigenetischen Gedächtnis von hiPS-Zellen in Zusammenhang steht. Dagegen ist die renale Differenzierbarkeit der im Forschungsvorhaben zum Einsatz kommenden hES-Zell-Linien H1 und H9 bereits prinzipiell belegt.

Stand: 31.03.2023

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