Navigation und Service

Zielgruppeneinstiege

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Mit dem Klick auf "Erlauben" erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihren Aufenthalt auf der Seite anonymisiert aufzeichnen. Die Auswertungen enthalten keine personenbezogenen Daten und werden ausschließlich zur Analyse, Pflege und Verbesserung unseres Internetauftritts eingesetzt. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK

90. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 30.01.2014. Genehmigung erweitert bzw. geändert am 30.09.2014 und 27.06.2017 (siehe 2.) sowie am 10.02.2021 (siehe 6.)

1. Genehmigungsinhaberin

Technische Universität Dresden

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • hESBGN-01 (BresaGen, a Division of Novocell, Athens, GE, USA)
  • hESBGN-02 (BresaGen, a Division of Novocell, Athens, GE, USA)
  • hESBGN-03 (BresaGen, a Division of Novocell, Athens, GE, USA)
  • H1 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (WiCell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HES3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HS181 (Karolinska University Hospital, Stockholm, Schweden)
  • HS401 (Karolinska University Hospital, Stockholm, Schweden)
  • HS415 (Karolinska University Hospital, Stockholm, Schweden)

Im Rahmen der Änderung bzw. Erweiterung der Genehmigung vom 30.09.2014 und 27.06.2017 wurden zur Durchführung der unten benannten Forschungsarbeiten die Einfuhr und Verwendung humaner embryonaler Stammzellen der folgenden weiteren Linien genehmigt:

  • VUB07 (Vrije Universiteit Brussel, Brüssel, Belgien)
  • I3 (Technion – Israeli Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • I6 (Technion – Israeli Institute of Technology, Haifa, Israel)
  • Shef-3 (University of Sheffield, Sheffield, Großbritannien)
  • Shef-6 (University of Sheffield, Sheffield, Großbritannien)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Im genehmigten Forschungsvorhaben sollen Vorgehensweisen für die effiziente Differenzierung von hES-Zellen in pankreatische Beta-Zellen und in Motoneurone entwickelt werden. Dabei sollen in einem ersten Teilprojekt reife und funktionsfähige Beta-Zellen aus hES-Zellen gewonnen, der Differenzierungsprozess optimiert und insbesondere jene Prozesse aufgeklärt und in vitro nachvollzogen werden, die bei der Entwicklung von Zellen des definitiven Entoderms in endokrine pankreatische Zellen und während der Reifung zu Insulin-sekretierenden Beta-Zellen ablaufen. Dabei soll u. a. die Rolle von Signalrezeptoren aufgeklärt werden, deren Genexpression durch bestimmte entodermale bzw. pankreatische Transkriptionsfaktoren reguliert wird. Nach terminaler Differenzierung sollen die entstandenen pankreatischen Beta-Zellen sowohl in vitro als auch nach Verkapselung und Transplantation in diabetische Tiermodelle bezüglich ihrer Eigenschaften und Funktionalität umfassend überprüft werden. Zudem soll die Reifung pankreatischer Vorläuferzellen auch nach Transplantation in die Augenkammer von Mäusen in vivo analysiert werden.

Im zweiten Teilprojekt soll die Frage geklärt werden, auf welchem Wege spezifische Subtypen von Motoneuronen aus hES-Zellen gewonnen werden können. Dazu soll in aus hES-Zellen generierten neuralen Vorläuferzellen die Expression verschiedener Gene für bestimmte Transkriptionsfaktoren moduliert und dies mit einer Modulation der Aktivität spezifischer Signalwege kombiniert werden, was zur Entwicklung von Vorläuferzellen verschiedener Subtypen von Motoneuronen führen soll. Zudem soll der Effekt von Agonisten bzw. Antagonisten bestimmter Signalrezeptoren auf die Regionalisierung und Reifung von neuralen Vorläuferzellen zu Motoneuron-Vorläufern bestimmt werden. Nach Charakterisierung und Passagierung der entstandenen Vorläuferzellen sollen diese in Motoneurone differenziert und dann in funktioneller Hinsicht, insbesondere bezüglich ihrer Fähigkeit zur Synapsenbildung, in vitro untersucht werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung und des RKI vor allem hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung. Sie können darüber hinaus zur Schaffung von Grundlagen für die Entwicklung neuer therapeutischer Verfahren zur Anwendung beim Menschen beitragen. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Frühe Schritte der entodermalen Differenzierung sind zwar mittlerweile gut verstanden, so dass Populationen polyhormonaler endokriner Vorläuferzellen reproduzierbar aus hES-Zellen in vitro gewonnen werden können, jedoch liegen zu den Prozessen der Ausreifung dieser Zellen zu funktionsfähigen Zellen des Pankreas derzeit nur wenige Erkenntnisse vor, und diese lassen sich in vitro nur mit geringer Effizienz nachvollziehen. Im ersten Teilprojekt soll die Rolle von Signalrezeptoren untersucht werden, deren Genexpression durch für die pankreatische Entwicklung maßgebliche Transkriptionsfaktoren differentiell reguliert wird. Die aus der Stimulation bzw. Blockade dieser Rezeptoren erwarteten Effekte auf die Reifung endokriner Vorläuferzellen zu Beta-Zellen sollen Erkenntnisse über Signalwege erbringen, die an der Reifung pankreatischer Zellen beteiligt sind und ggf. Rückschlüsse auf Prozesse zulassen, die während der Entwicklung des menschlichen Pankreas ablaufen. Die Kenntnis von Signalrezeptoren, die die Entwicklung endokriner Vorläuferzellen zu spezifischen Typen pankreatischer Zellen wie Beta-Zellen fördern oder hemmen, kann zudem zur Entwicklung verbesserter Protokolle für die Bereitstellung reifer Beta-Zellen in vitro beitragen. Damit würde auch eine notwendige Voraussetzung für eine künftige Gewebeersatztherapie des Diabetes mellitus geschaffen.

Im zweiten Vorhabensteil soll die Differenzierung von hES-Zellen zu Motoneuronen untersucht werden. Auf der Grundlage von im Mausmodell gewonnenen Erkenntnissen über die regionale Spezifizierung neuraler Vorläuferzellen und daran beteiligter Genprodukte soll überprüft werden, ob hES-Zellen bei induzierter Expression verschiedener entwicklungsspezifischer Gene ebenfalls in neurale Vorläuferzellen verschiedener regionaler Spezifität differenziert und diese anschließend in spezifische Typen von Motoneuronen differenziert werden können. Ferner soll auch in diesem Teilprojekt der Einfluss einer Stimulation bzw. Blockade differentiell regulierter Signalrezeptoren auf die Differenzierung von Vorläuferzellen, hier von neuralen Vorläuferzellen zu Motoneuronen bestimmt werden. Aus diesen Untersuchungen sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Signalwege an der Spezifizierung humaner neuraler Vorläuferzellen für verschiedene Subtypen von Motoneuronen beteiligt sind. Diese Erkenntnisse könnten einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis von Prozessen der Neurogenese während der Embryonalentwicklung des Menschen leisten, der auf anderem Wege als durch Forschung an hES-Zellen nicht erlangt werden kann.

Die Forschungsarbeiten zielen ferner auf die Entwicklung von Protokollen für die effiziente In-vitro-Herstellung spezifischer Typen humaner Motoneurone. Die Verfügbarkeit reproduzierbar herstellbarer, gut charakterisierter und regional spezifizierter Motoneurone ist für die Modellierung menschlicher Erkrankungen, bei denen Motoneurone verschiedener Subtypen betroffen sind, von erheblicher Bedeutung. Derartige Modelle könnten künftig zur Aufklärung von Pathogenese-Mechanismen der jeweiligen Erkrankung und zur Identifizierung neuer targets für neue Medikamente genutzt werden.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und die Nutzung humaner ES-Zellen gerechtfertigt ist.

Zur Vorklärung des ersten Teilprojektes wurde dargelegt, dass Protokolle für die Differenzierung von hES-Zellen in Zellen des definitiven Entoderms und frühe endokrine Vorläuferzellen in der Vergangenheit publiziert worden sind. Untersuchungen des Genehmigungsinhabers unter Nutzung von murinen ES-Zellen zeigen, dass die induzierbare Expression von Genen für bestimmte pankreatische Transkriptionsfaktoren, wenn sie mit spezifischen extrazellulären Signalen kombiniert wird, das Potential der Zellen zur Differenzierung in endokrine Zellen mit glukoseabhängiger Insulinsekretion erheblich verstärkten konnte. Zudem wurden potentielle neue Zielgene der betreffenden Transkriptionsfaktoren identifiziert und die Rolle G-Protein-gekoppelter Rezeptoren in der pankreatischen Differenzierung während der Maus-Embryogenese bestimmt. Ferner wurden in murinen ES-Zellen Signalrezeptoren identifiziert, die durch differentielle Expression von für die endokrine/pankreatische Differenzierung relevanten Transkriptionsfaktoren reguliert werden. Diese Ergebnisse sollen nun auf das humane System übertragen werden.

Bezüglich der Vorklärung des zweiten Teilprojektes wurde dargelegt, dass Protokolle für die Differenzierung muriner und humaner pluripotenter Stammzellen in Motoneurone in der Vergangenheit etabliert wurden und zu Zellen führten, die Axone ausbildeten und in der Lage waren, Muskelzellen zu innervieren. Molekulare Vorgänge, die zur Regionalisierung neuraler Vorläuferzellen bei der Entwicklung des Nervensystems führen, wurden in der Vergangenheit ebenfalls beschrieben. Untersuchungen des Genehmigungsinhabers unter Nutzung muriner ES-Zellen legen nahe, dass die induzierte Expression von Genen für entwicklungsspezifische Transkriptionsfaktoren zu einer Regionalisierung neuraler Stammzellen führt und deren Differenzierung in spezifische Subtypen von Motoneuronen ermöglicht. Ferner wurden im Maussystem Signalrezeptoren identifiziert, die in Vorläuferzellen von Motoneuronen differentiell reguliert werden. Im genehmigten Forschungsvorhaben soll nun untersucht werden, welche extrazellulären Signale für die Differenzierung in verschiedene Typen humaner Motoneurone nötig sind, wobei die an murinen ES-Zellen gewonnenen Ergebnisse auf humane ES-Zellen übertragen werden sollen.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die wissenschaftlichen Fragestellungen wurden bereits unter Nutzung von murinen ES-Zellen bzw. im Mausembryo umfassend untersucht. Die in der Maus gewonnenen Erkenntnisse sollen nun hinsichtlich ihrer Relevanz für sich differenzierende humane Zellen überprüft werden, was die Nutzung humaner Zellen erforderlich macht. Eine Übertragung von Ergebnissen aus dem Tiermodell auf den Menschen ist auf Grund von Unterschieden in der pankreatischen und neuralen Differenzierung nicht ohne weiteres möglich. Zudem zielen die Arbeiten langfristig auch auf die Bereitstellung von Zellen für die Gewebeersatztherapie beim Menschen, woraus sich ebenfalls die Notwendigkeit der Verwendung humaner Zellen ergibt.

Untersuchungen am Mausmodell legen nahe, dass sich die formulierten Forschungsziele des ersten Teilprojektes nicht unter Nutzung adulter oder fötaler pankreatischer Stammzellen erreichen lassen. Zwar konnten beispielsweise Stammzellen aus dem adulten bzw. sich entwickelnden Maus-Pankreas isoliert, propagiert und in pankreatische Zellen differenziert werden, jedoch war die Effizienz der Differenzierung sehr gering. Es ist außerdem nicht geklärt, inwieweit die entsprechenden Zellen des Menschen in Kultur ausreichend vermehrbar und differenzierungsfähig sind. Geeignete humane Stammzellen aus diesen Quellen stehen derzeit nicht in für die Projektdurchführung ausreichenden Mengen und reproduzierbarer Qualität zur Verfügung. Aus ähnlichen Gründen lassen sich die Forschungsziele auch des zweiten Projektteils voraussichtlich nicht unter Verwendung neuraler (adulter oder fötaler) Stammzellen des Menschen erreichen. Zudem haben auch diese Zellen eine nur eingeschränkte Differenzierungsfähigkeit in vitro.

Nach aktuellem Kenntnisstand ist auch nicht davon auszugehen, dass die Forschungsziele unter Verwendung humaner induzierter pluripotenter Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden können. hiPS-Zellen haben ein im Vergleich zu hES-Zellen stärker variierendes und teils deutlich geringeres pankreatisches und neuronales Differenzierungspotential. Hinzu kommen weiterhin ungeklärte Fragen nach ihrem epigenetischen Status sowie dem Einfluss der Produkte der zur Reprogrammierung genutzten Gene auf die Eigenschaften von iPS- Zellen.

6. Genehmigte Erweiterungen des Forschungsvorhabens
Genehmigungserweiterung vom 10.02.2021

Die Genehmigungserweiterung bezieht sich auf die Durchführung folgender zusätzlicher Forschungsarbeiten:

Angaben zu den Forschungsarbeiten

Zur Vertiefung der bislang genehmigten Arbeiten sollen nunmehr auch Gene, deren Produkte an spezifischen physiologischen Funktionen von Beta-Zellen beteiligt sind, in hES-Zellen mit Reportergenen fusioniert, diese Zellen in Richtung pankreatischer Betazellen differenziert und die Aktivität der Reportergene als Endpunkt für eine weitere Optimierung der Differenzierungsbedingungen im Hochdurchsatzverfahren genutzt werden. Dabei soll auch die Bildung und der Turnover insulinhaltiger sekretorischer Granula untersucht werden, die mit den hier untersuchten Genprodukten assoziiert sind. Ferner sollen hES-Zellen mit einer induzierbaren und an ein Reportergen gekoppelten Variante eines Gens für einen Transkriptionsfaktor versehen werden, dessen Präsenz in pankreatischen Beta-Zellen mit deren Sekretionskapazität assoziiert ist. Die Vorgehensweisen für die Beta-Zell-Differenzierung sollen dann anhand der Aktivität dieses Gens optimiert, Zielgene der Aktivität dieses Faktors in Beta-Zellen identifiziert und die identifizierten Zielgene ggf. zur Etablierung von „gain-of-function“-Zelllinien (Überexpression der identifizierten Gene in hES-Zellen) oder zur Etablierung von „loss-of-function“-Zelllinien (Ausschaltung der Expression der identifizierten Gene in hES-Zellen) verwendet werden. Zudem sollen hES-Zellen nun auch für die Herstellung endothelialer Zellen verwendet und deren Einfluss auf die Reifung und Funktion von Beta-Zellen im Kontext pankreatischer Cluster untersucht werden. Hierfür sollen hES-Zelllinien etabliert werden, in denen Gene für endotheliale Transkriptionsfaktoren induzierbar exprimiert werden, die Zellen zu endothelialen (Vorläufer)Zellen differenziert und diese – gemeinsam mit aus hES-Zellen differenzierten pankreatischen Zellen – zur Bildung von Inselzell-Clustern verwendet werden. Der Effekt der Präsenz von Endothelzellen auf die Reifung und Funktion der Cluster soll dann in vitro und in vivo überprüft werden

Hochrangigkeit der Forschungsziele

Die genehmigten Forschungsarbeiten dienen weiterhin der Erreichung jener Forschungsziele, die im Rahmen der Prüfung des ursprünglichen Antrags bereits als hochrangig sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Schaffung der Grundlagen für künftige Gewebeersatztherapien bewertet worden waren. Im Rahmen der nunmehr genehmigten Forschungsarbeiten wird zudem ein verbessertes Verständnis der molekularen Grundlagen der Prozesse angestrebt, die bei der Reifung pankreatischer Vorläuferzellen zu funktionsfähigen Zellen des Pankreas ablaufen. Durch die im ersten Teilprojekt geplante Kopplung von Reportergenen an Gene, deren Produkte für reife pankreatische Beta-Zellen charakteristisch sind und eine wesentliche Rolle für deren physiologische Funktion haben, kann voraussichtlich besser als bislang bestimmt werden, welche Kulturbedingungen die Bildung von reifen, funktionsfähigen Beta-Zellen begünstigen. Dies kann zur Etablierung verbesserter Protokolle für die In-vitro-Differenzierung von hES-Zellen zu pankreatischen Beta-Zellen führen, die im Hochdurchsatzverfahren entwickelt werden sollen. Dies ist angesichts der weiterhin bestehenden Probleme, humane pankreatische Zellen in für therapeutische Verfahren hinreichenden Mengen zu gewinnen, von erheblicher Bedeutung. Insbesondere in Hinblick auf die geplante Untersuchung der Entstehung und des Turnovers von insulinhaltigen sekretorischen Granula, die mit den in Blick genommenen Genprodukten assoziiert sind, können sich ggf. auch Erkenntnisse über Prozesse ergeben, die in humanen Beta-Zellen im Vorfeld und während der Insulinsekretion ablaufen. Außerdem sollen hES-Zellen genetisch so modifiziert werden, dass sie loss of function-Mutationen von Genen enthalten, deren Produkte als für die pankreatische Entwicklung bedeutsam identifiziert wurden. Die Effekte eines knock out der entsprechenden Gene auf die Entwicklung, Reifung und Funktion pankreatischer Beta-Zellen soll im Detail untersucht werden, woraus sich Erkenntnisse über molekulare Grundlagen der genannten Prozesse sowie über daran beteiligte Genprodukte und Signalwege ergeben können. Diese Untersuchungen sollen vor allem zu einem besseren Verständnis der Grundlagen der Beta-Zell-Differenzierung beim Menschen beitragen.

Ferner sollen induzierbare Gene für Transkriptionsfaktoren, die in reifen pankreatischen Beta-Zellen aktiv sind, in hES-Zellen stabil eingebaut werden. Missense-Mutationen in den in Blick genommenen Genen sind mit Erkrankungen des Pankreas wie Diabetes mellitus assoziiert. Zielgene dieser Transkriptionsfaktoren sollen identifiziert, deren Funktion untersucht und so zum besseren Verständnis der Rolle der hier interessierenden Transkriptionsfaktoren für die Aufrechterhaltung der Funktionalität von Beta-Zellen beigetragen werden. Zudem sollen hES-Zellen zur Gewinnung endothelialer Zellen genutzt werden. Die endothelialen Zellen, die bekanntermaßen die Entstehung, Entwicklung und Reifung von Beta-Zellen fördern, sind für die bei Gewebeersatztherapien angestrebte Vaskularisierung des Transplantats erforderlich. Daher sollen die endothelialen Zellen mit hES-Zell-abgeleiteten Beta-Zellen in Clustern vereinigt, die Reifung der Beta-Zellen in diesen Clustern analysiert und die Funktion der in den Clustern gereiften Beta-Zellen untersucht und mit Beta-Zellen verglichen werden, die ohne Präsenz endothelialer Zellen gewonnen wurden. Durch Analysen der molekularen Eigenschaften (z. B. des Transkriptoms) lassen sich aller Voraussicht nach Rückschlüsse auf die Effekte der Kokultur auf intrazelluläre Prozesse in Beta-Zellen ziehen, die durch die Präsenz von Endothelzellen angestoßen oder verstärkt werden. Zudem soll überprüft werden, ob und inwieweit die Anwesenheit von Endothelzellen in derartigen Clustern das Überleben und die Funktion der Beta-Zellen nach Transplantation in Versuchstiere verbessern kann, wodurch auch zur Schaffung von Grundlagen für die Entwicklung von Zellersatztherapien beigetragen werden kann.

Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und die Nutzung humaner ES-Zellen erforderlich ist.

Zur Vorklärung von geeigneten Vorgehensweisen für die Differenzierung von hES-Zellen in pankreatische Beta-Zellen wurde im ursprünglichen Antragsverfahren umfänglich vorgetragen. Die an der pankreatischen Funktion beteiligten Genprodukte, die hier mit Reportergenen fusioniert werden sollen, sind bekannt, ihre Funktion ist aber nur unvollständig erforscht und soll erst hier näher untersucht werden. Die konditionale Expression von Genen für entwicklungsspezifische Transkriptionsfaktoren ist eine in der Stammzellbiologie übliche Vorgehensweise, um Differenzierungsprozesse verstärken und spezifische Zellpopulationen anreichern zu können. Die im Mittelpunkt der Untersuchungen stehenden Gene für pankreatische Transkriptionsfaktoren sind bezüglich ihrer Rolle für die Entwicklung, Reifung und Funktion pankreatischer Zellen umfassend untersucht worden. Vorgehensweisen für die endotheliale Differenzierung von hES-Zellen sind vielfach in der Literatur beschrieben worden. Auch das Zusammenspiel von endothelialen Zellen und entodermalen Zellen in verschiedenen Phasen der pankreatischen Entwicklung ist in verschiedenen Zell- und Tiermodellen umfassend untersucht worden. Methoden für die genetische Modifikation von hES-Zellen mittels CRISPR/Cas sind in der wissenschaftlichen Literatur mittlerweile vielfach beschrieben worden.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich auch weiterhin nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die Argumente, die im ursprünglichen Antragsverfahren zur Begründung der Notwendigkeit der Verwendung von hES-Zellen vorgetragen wurden, gelten im Wesentlichen unverändert fort. Demnach ist eine Übertragung von Ergebnissen aus dem Tiermodell auf den Menschen auf Grund von Unterschieden in der pankreatischen Differenzierung, aber auch in der Struktur des Pankreas, nicht ohne weiteres möglich. Zudem zielen die Arbeiten weiterhin auch auf die Bereitstellung von Zellen für die Gewebeersatztherapie beim Menschen, woraus sich ebenfalls die Notwendigkeit der Verwendung humaner Zellen ergibt.

Die Notwendigkeit der Nutzung pluripotenter Stammzellen ist weiterhin dadurch begründet, dass die hier ebenfalls interessierenden frühen Entwicklungsstadien pankreatischer Zellen von adulten und fötalen Stammzellen zumindest teilweise durchschritten wurden. Ferner ist die Frage nach der Existenz pankreatischer Stammzellen im adulten Pankreas des Menschen nach wie vor umstritten; Bedingungen für eine effiziente In-vitro-Kultivierung und -Vermehrung potentieller pankreatischer Stammzellen sind nicht hinreichend bekannt. Aussagen über ein mögliches regeneratives Potential pankreatischer Beta-Zellen lassen sich gegenwärtig nur eingeschränkt treffen.

Nach aktuellem Kenntnisstand können die Forschungsziele voraussichtlich auch nicht unter Verwendung humaner induzierter pluripotenter Stammzellen (hiPS-Zellen) erreicht werden. hiPS-Zellen haben ein stark variierendes und offenbar deutlich geringeres pankreatisches Differenzierungspotential als hES-Zellen, was beispielsweise durch eine unvollständige Reprogrammierung und ein damit einhergehendes epigenetisches Gedächtnis der hiPS-Zellen bedingt sein kann. Im direkten Vergleich von hES- und hiPS-Zellen wurde zudem eine deutlich geringere Effizienz der pankreatischen Differenzierung festgestellt, wenn hiPS-Zellen verwendet wurden. Die geplante Untersuchung der molekularen Grundlagen pankreatischer Entwicklungsprozesse erfordert aber weiterhin ein Ausgangsmaterial, das sich effizient und reproduzierbar in die für die geplanten Untersuchungen erforderlichen pankreatischen Zellen differenzieren lässt.

Stand: 10.02.2021

Zusatzinformationen

Gesundheits­monitoring

In­fek­ti­ons­schutz

Forschung

Kom­mis­sio­nen

Ser­vice

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit

© Robert Koch-Institut

Alle Rechte vorbehalten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt.