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81. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 06.08.2013. Registereintrag zuletzt aktualisiert am 26.02.2014.

1. Genehmigungsinhaberin

Frau PD Dr. Beate Winner, Universitätsklinikum Erlangen

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • HUES6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • NCL-3 (Newcastle Fertility Centre, Newcastle upon Tyne, Großbritannien)
  • NCL-4 (Newcastle Fertility Centre, Newcastle upon Tyne, Großbritannien)

Die Genehmigung gilt jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Im Rahmen der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen sollen das Potential humaner pluripotenter Stammzellen zur Differenzierung in periphere Nervenzellen analysiert und In-vitro-Zellmodelle etabliert werden, an denen zelluläre und molekulare Grundlagen von neurologischen Erkrankungen, insbesondere von Neuropathien sowie die Aktivität neuer Wirkstoffe, untersucht werden können.

Dazu sollen zunächst verschiedene Protokolle für die Differenzierung von hES-Zellen in Neuralleisten-Zellen verglichen und ggf. optimiert werden. Anschließend sollen Neuralleisten-Zellen in verschiedene Typen peripherer, insbesondere sensorischer Neuronen differenziert werden, wobei der Schwerpunkt auf der Erzeugung von Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) liegt. Die Neurone sollen dann umfassend bezüglich ihrer biochemischen, molekularen, elektrophysiologischen und pharmakologischen Eigenschaften charakterisiert und insbesondere hinsichtlich der Präsenz bestimmter Natriumkanäle untersucht werden, deren Funktion bei erblich bedingten Neuropathien verändert ist.

Ferner sollen in hES-Zellen (bzw. daraus abgeleiteten Vorläuferzellen) Gene mutiert werden, deren Produkte an der Entstehung von (erblich bedingten) Schmerzsyndromen beteiligt sind. Die entsprechend mutierten Zellen sollen dann hinsichtlich möglicher Veränderungen während der Differenzierung in sensorische Neurone analysiert und bezüglich der o. g. Eigenschaften untersucht werden.

Schließlich sollen die an hES-Zellen entwickelten und optimierten Vorgehensweisen zur Erzeugung sensorischer Neurone auf humane induzierte pluripotente Stammzellen (hiPS-Zellen) angewandt werden, die aus Patienten mit erblich bedingten Schmerzsyndromen gewonnen werden. Die Eigenschaften der aus diesen hiPS-Zellen abgeleiteten Neuronen sollen dann mit den Eigenschaften von Neuronen verglichen werden, die aus von gesunden Probanden gewonnenen hiPS-Zellen oder aus hES-Zellen differenziert wurden.

Die Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen sind mit den im Rahmen der 82. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz genehmigten Forschungsarbeiten identisch.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung und des RKI hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung und können darüber hinaus zur Schaffung von Grundlagen für die Entwicklung neuer therapeutischer Verfahren zur Anwendung beim Menschen beitragen. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Mit den genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von hES-Zellen werden drei wesentliche Zielstellungen verfolgt. Erstens sollen effiziente Verfahren zur Differenzierung von pluripotenten Stammzellen des Menschen in Neurone des peripheren Nervensystems, insbesondere in sensorische Neurone, entwickelt bzw. bereits bekannte Vorgehensweisen so optimiert werden, dass große Mengen sensorischer Neurone in hoher Reinheit reproduzierbar gewonnen werden können. Dazu sollen zunächst Zellen mit Eigenschaften von Neuralleisten-Zellen erzeugt und angereichert werden, woraus sich bereits ein Erkenntnisgewinn über Faktoren und Signalwege ergeben kann, die bei der Entstehung, Segregation und Migration der Zellen der Neuralleiste eine Rolle spielen. Neuralleisten-Zellen sollen dann in die verschiedene Zelltypen des peripheren und somatosensorischen Nervensystems weiterentwickelt und die entstehenden Zellen jeweils umfassend charakterisiert werden, wobei maßgebliche Faktoren und Signalwege insbesondere für die Differenzierung in Schmerzrezeptoren identifiziert werden sollen. Aus den vorgesehenen Analysen der Genexpressionsmuster von verschiedenen sensorischen Neuronen und ihren jeweiligen Vorläuferzellen lassen sich voraussichtlich Erkenntnisse darüber gewinnen, welche intrazellulären Signalwege am jeweiligen Differenzierungsprozess beteiligt sind, woraus gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf Vorgänge bei der Entstehung sensorischer Neurone während der menschlichen Individualentwicklung gezogen werden können.Ferner können die Forschungen Grundlage für die Entwicklung von humanen Zellmodellen für die Untersuchung der Wirkung neuer Arzneimittel, beispielsweise auf periphere Neuronen, sein.

Zweitens sollen die Protokolle zur Differenzierung sensorischer Neurone aus hES-Zellen dann auf hiPS-Zellen übertragen und die entstandenen Zellen auf den Ebenen des Transkriptoms, des Proteoms und des Epigenoms untersucht sowie hinsichtlich ihrer molekularen, elektrophysiologischen, pharmakologischen und biochemischen Eigenschaften mit hES-Zellen verglichen werden. Aus den Ergebnissen dieser Arbeiten wird ein Erkenntnisgewinn über das Potential von hiPS-Zellen zur Differenzierung in periphere Neurone erwartet. Ferner können sich ggf. neue Kenntnisse über Unterschiede im Differenzierungspotential von ES- und hiPS-Zellen sowie über deren molekulare Ursachen ergeben.

Drittens ist ein wesentlicher Aspekt des Forschungsvorhabens die vergleichende Analyse der Expression und Aktivität unterschiedlicher Subtypen spannungsabhängiger Natriumkanäle in Nozizeptoren. Neuropathische Schmerzen gehen mit Veränderungen in der Regulation bestimmter Natriumkanäle einher. Daher sollen Mutationen in Genen erzeugt werden, die für Natriumkanäle oder mit diesen assoziierte Proteine codieren und die in Patienten mit erblich bedingten Neuropathien mutiert sind. Auf diesem Wege sollen Zellmodelle für neuropathische Schmerzer­krankungen bereitgestellt werden. Durch vergleichende elektrophysiologische Untersuchungen sollen Veränderungen auf zellulärer Ebene bestimmt werden, die ggf. zur Schmerzentstehung beitragen können, und die molekularen Konsequenzen einer veränderten Regulation der betreffenden Natriumkanäle sollen analysiert werden. Ferner sollen hiPS-Zellen aus Patienten mit Schmerzsyndromen hergestellt, in Nozizeptoren differenziert und diese mit wildtyp-Zellen verglichen werden. Diese Untersuchungen können ggf. Aufschluss darüber erbringen, ob und inwieweit Mutationen in bestimmten Natriumkanälen mit schmerzassoziierten Veränderungen in der Elektrophysiologie der Zellen einhergehen. Dies kann zur Aufklärung der zellbiologischen und molekularen Ursachen von Schmerzen beitragen sowie längerfristig auch von Bedeutung für die Identifizierung neuer zellulärer Zielstrukturen sein, die beispielsweise für die Entwicklung von Wirkstoffen zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen genutzt werden könnten.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen em­bryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und die Nutzung humaner ES-Zellen gerechtfertigt ist.

Protokolle für die Gewinnung von Zellen der Neuralleiste aus ES-Zellen der Maus, beispielsweise durch Ko-Kultivierung mit Stromazellen, sind in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht worden. Diese Protokolle wurden bereits in der Vergangenheit auf hES-Zellen übertragen und für diese teils optimiert. Sie führten unter weiter modifizierten Bedingungen zur Entwicklung sensorischer Nervenzellen.

Die erhebliche Rolle bestimmter Natriumkanäle für die Schmerztransduktion ist in der wissenschaftlichen Literatur ebenfalls gut belegt. Ein knock out entsprechender Gene in Mäusen führt beispielsweise zu einer deutlich verringerten Sensitivität gegenüber durch Entzündungsmediatoren bedingten Schmerzen sowie zu einer erheblichen Verringerung der Hitzeempfindlichkeit nach Verbrennungen. Beim Menschen bewirken entsprechende Funktionsverlustmutationen eine vollständige Schmerz­un­empfindlichkeit, während aktivierende Mutationen, die zu einer erhöhten elektrischen Erregbarkeit der betroffenen Neurone führen, verschiedene Schmerzsyndrome bedingen. Im genehmigten Forschungsvorhaben sollen die Kenntnisse über die Rolle dieser Natriumkanäle an der Schmerzentstehung nun an einem auf humanen Zellen basierenden In-vitro-Modell vertieft und die molekularen Ursachen für eine veränderte Funktion des Ionenkanals näher untersucht werden.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Für Untersuchungen, die in ihrer Zielstellung die Komplexität des Schmerzphänomens beim Menschen berühren, können nur humane Zellen genutzt werden. Obwohl davon auszugehen ist, dass die frühe neurale Entwicklung bei den Säugetieren nach grundlegend ähnlichen Prinzipien abläuft, bestehen speziesspezifische Unterschiede in der Schmerztransduktion sowie in der Funktionalität der daran beteiligten Faktoren. Untersuchungen in Mausmodellen haben zudem gezeigt, dass mit Schmerz­syndromen verbundene Mutationen im Mausmodell teilweise andere elektrophysiologische Reaktionen hervorrufen als im humanen Zellmodell. Ferner ist bekannt, dass auch analgetische Substanzen teils unterschiedliche Effekte in verschiedenen tierischen Zellsystemen haben. Insofern sind für die geplanten Untersuchungen menschliche Zellen erforderlich.

Neuralleistenzellen, die für die Gewinnung sensorischer Neuronen erforderlich sind, weisen eine starke Differenzierungstendenz und eine ausgeprägte Wanderbereitschaft auf. Da sie zusätzlich nur sehr früh und nur kurzzeitig während der embryonalen Entwicklung auftreten, sind entsprechende primäre Zellen des Menschen im allgemeinen nicht verfügbar. Die wenigen derzeit verfügbaren menschlichen Neuralleisten-Zell-Linien wurden durch Immortalisierung mittels Onkogenen hergestellt und sind folglich möglicherweise genetisch instabil. Fraglich ist zudem, ob diese Zellen noch ein zu primären Zellen vergleichbares Differenzierungspotential aufweisen. Auch andere etablierte neurale Zellen, die aus Teratomen oder Neuroblastomen abgeleitet wurden, sowie kommerziell erhältliche neurale Vorläuferzellen erfüllen die für die Durchführung des Forschungsvorhabens notwendigen Anforderungen nicht, insbesondere die Fähigkeit zur Ausbildung von Neuriten, Vermehrbarkeit zu hohen Zellzahlen, reproduzierbare Differenzierbarkeit in periphere und sensorische Neurone, geringe genetische Variabilität sowie einfache Kultivierbarkeit auch über längere Zeiträume.

Die Forschungsziele sind nach derzeitigem Kenntnisstand auch nicht unter alleiniger Nutzung von hiPS-Zellen zu erreichen. Die Frage, ob und inwieweit hiPS-Zellen ein zu hES-Zellen vergleichbares Differenzierungspotential in Richtung peripherer und insbesondere sensorischer Neurone aufweisen, ist zur Zeit nur in Ansätzen untersucht worden und soll erst im Rahmen der hier genehmigten vergleichenden Differenzierungsstudien geklärt werden. In den bisher publizierten Arbeiten, in deren Rahmen sensorische Neurone aus hiPS-Zellen gewonnen wurden, zeigte sich eine starke Variabilität des Differenzierungserfolges in Abhängigkeit von den genutzten hiPS-Zell-Linien. Die beobachtete große Variabilität innerhalb der hiPS-Zellen kann u. a. mit der jeweils gewählten Reprogram­mierungs­methode zur Herstellung der Zellen sowie mit dem als Ausgangsmaterial für die Reprogrammierung verwendeten Zelltyp und folglich ggf. mit dem epigenetischen Gedächtnis von hiPS-Zellen in Zusammenhang stehen. Hinzu kommen Unwägbarkeiten infolge einer möglichen Insertion der vielfach zur Reprogrammierung genutzten (Onko)Gene in das Genom der hiPS-Zellen und damit verbundene Veränderungen im Expressionsprofil der Zellen.

Stand: 26.02.2014

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