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74. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 31.10.2012. Genehmigung erweitert am 01.11.2016 (siehe 6).

Genehmigungsinhaber(in)

Medizinische Hochschule Hannover

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • I3 (Technion, Haifa, Israel)
  • I4 (Technion, Haifa, Israel)
  • HES-3 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HES-4 (ES Cell International Pte Ltd, Singapur)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)

Die Genehmigung gilt auch für die Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten ist die vergleichende Untersuchung der Glykosylierungsmuster in sich neuroektodermal differenzierenden humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) und humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen). Dazu sollen beide Zelltypen in die neuroektodermale Linie differenziert und anschließend bezüglich globaler Veränderungen in ihrem Glykom analysiert werden. Durch Untersuchung der Veränderungen im Transkriptom und Proteom soll zudem festgestellt werden, welchen Veränderungen Genprodukte, die an Glykosylierungsprozessen beteiligt sind, während der Differenzierung unterliegen. Hierbei soll insbesondere die Rolle des Zuckermoleküls Polysialinsäure (PolySia) in neuralen Vorläuferzellen untersucht werden,  die das Gen für neuron-glial antigen 2 (NG2) exprimieren. Ferner soll an einem auf hiPS-Zellen basierenden zellulären Krankheitsmodell für eine erblich bedingte Erkrankung der Glykosylierung (congenital disorder of glycosylation Ia, CDG-Ia) untersucht werden, welche Effekte der für die Erkrankung ursächliche Defekt, eine Mutation im Gen für Phosphomannomutase II (PMM2), auf molekularer Ebene bewirkt. Dazu soll zunächst das Genexpressionsprofil von entsprechenden krankheitsspezifischen hiPS-Zellen auf den Ebenen des Transkriptoms, des Proteoms sowie des Glykoms mit den Expressionsprofilen von hES-Zellen sowie von hiPS-Zellen aus von der Krankheit nicht betroffenen Individuen verglichen werden. Ferner soll analysiert werden, welchen Veränderungen PMM2-abhängige Stoffwechselvorgänge in sich neuroektodermal differenzierenden Zellen im Vergleich zu hES-Zellen unterliegen.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten an hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des RKI hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung sowie der Erweiterung von Kenntnissen bei der Entwicklung diagnostischer, präventiver oder therapeutischer Verfahren zur Anwendung beim Menschen. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Bislang liegen nur wenige Studien zu der Frage vor, welche spezifischen Veränderungen sich im Glykom und Glykoproteom humaner pluripotenter Stammzellen im Verlaufe ihrer Differenzierung vollziehen. Aus der geplanten globalen Analyse des Transkriptom, des Proteoms und des Glykosylierungsmuster undifferenzierter pluripotenter Stammzellen des Menschen werden zunächst Erkenntnisse darüber erwartet, ob und inwieweit die an Glykosylierungsprozessen beteiligten Moleküle und Signalwege in hES- und hiPS-Zellen identisch sind. Im weiteren Verlauf des Projektes soll dann geklärt werden, wie sich das Transkriptom, das Proteom und das Glykom von pluripotenten humanen Zellen im Verlaufe ihrer neuralen Differenzierung verändern. Hier richtet sich das Augenmerk insbesondere auf die Präsenz und die Eigenschaften von an Glykosylierungsprozessen beteiligten Enzymen sowie deren Substraten. Viele Oberflächenproteine, die an Zell-Zell-Erkennung und zellulärer Kommunikation beteiligt sind, werden durch Glykosylierung in ihrer Funktionalität moduliert, und es wird erwartet, dass zelluläre Differenzierungsprozesse mit spezifischen Veränderungen des Glykosylierungsmusters beispielsweise von Rezeptoren einhergehen und somit zumindest teilweise durch Glykosylierungsprozesse gesteuert werden. Insgesamt könnten die aus dem Vorhaben erwarteten Forschungsergebnisse folglich zu einem verbesserten Verständnis von Prozessen beitragen, die während der neuralen Differenzierung auf der Ebene der Glykosylierung ablaufen und die bislang wenig verstanden sind. Zudem könnten auch neue zelluläre Oberflächenantigene identifiziert werden, die für bestimmte Phasen der neuralen Differenzierung charakteristisch sind und über die ggf. spezifische Vorläuferzelltypen identifiziert und künftig angereichert werden könnten. Insofern könnten die genehmigten Forschungsarbeiten auch zur Verbesserung von Differenzierungsprotokollen für die Gewinnung neuraler Zellen aus humanen pluripotenten Stammzellen beitragen.

Ein besonderer Schwerpunkt der genehmigten Forschungsarbeiten liegt auf der Untersuchung der Rolle von PolySia während der Differenzierung von pluripotenten Zellen zu Oligodendrozyten. PolySia tritt vor allem in Zellen auf, die zur Bildung von Myelinscheiden um Axone von Neuronen beitragen und sowohl eine entscheidende Rolle bei der Myelinisierung von Axonen während der Entwicklung als auch bei der Wiederherstellung von Myelinscheiden nach krankheitsbedingter Degeneration spielen. Die molekularen Grundlagen der Rolle von PolySia in diesen Prozessen sind bislang wenig verstanden. Aus dem genehmigten Forschungsvorhaben wird ein verbessertes Verständnis der Effekte einer Glykosylierung mit PolySia auf die Myelinisierung und auf die Entwicklung von neuralen Zellen insgesamt erwartet. Angesichts der großen Bedeutung von Demyelinisierungsprozessen bei neurodegenerativen Erkrankungen des Menschen wie z.B. multipler Sklerose könnten die Ergebnisse auch zu einem verbesserten Verständnis der Ursachen derartiger Erkrankungen auf zellulärer Ebene beitragen.

Ferner sollen das Transkriptom, das Proteom und das Glykom sich neural differenzierender hiPS-Zellen, die eine für die Krankheit CDG-Ia ursächliche Mutation im Gen für PPM-2 tragen, im Vergleich mit hES-Zellen analysiert werden. CDG-Ia ist eine Erkrankung aus der Gruppe erblich bedingter Glykosylierungsstörungen, die sich bereits in der Embryonalentwicklung manifestieren und zu teils schweren neurologischen Störungen führen kann. Die genehmigten Forschungsarbeiten sollen dazu beitragen, die zellbiologischen und molekularen Ursachen für diese Erkrankung im Hinblick auf die Glykosylierung und deren mögliche Veränderung infolge der Mutationen im PPM2-Gen in erkrankten Zellen besser als bislang zu verstehen. Gegebenenfalls können künftig auf Grundlage eines besseren Verständnisses der entwicklungsbiologischen Bedeutung der durch PPM2 verursachten fehlerhaften Glykosylierung auch neue Strategien zur Therapie dieser Erkrankung entwickelt werden.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und die Nutzung von hES-Zellen gerechtfertigt ist.

Gegenstand des genehmigten Forschungsvorhabens ist zunächst die Charakterisierung von Änderungen im Glykom (und damit zusammenhängend ggf. im Transkriptom, Proteom und Glykoproteom) humaner pluripotenter Stammzellen, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf der Identifizierung von Molekülen und Signalwegen liegt, die im Zusammenhang mit Glykosylierung mit PolySia stehen. Die Funktion des maßgeblichen Trägermoleküls für PolySia, neural cell adhesion molecule (NCAM), ist für die neurale Entwicklung gut untersucht. In der Vergangenheit wurde ferner SynCam 1 als Trägermolekül für PolySia identifiziert, wobei im sich entwickelnden Maushirn Polysialinisierung ausschließlich in für NG2 positiven Oligodendrozyten-Vorläufern beobachtet wurde. Es ist daher naheliegend, zu überprüfen, ob sich eine derartige Glykosylierung auch in den entsprechenden Vorläuferzellen des Menschen nachweisen lässt. Protokolle für die Differenzierung von hES-Zellen in NG2-positive neurale Vorläuferzellen sind etabliert.

Ferner sollen molekulare Grundlagen der durch Mutationen im PPM2-Gen verursachten neurologischen Defekte erforscht werden. Die aus der Mutation des Gens für PPM2 resultierende unzulängliche Glykosylierung während der Embryogenese ist in der Literatur umfangreich beschrieben. Ferner wurde gezeigt, dass Zufütterung von Mannose in trächtigen Mäusen, die einen entsprechenden Gendefekt tragen, zu einer deutlichen Minderung der Symptome in der F1-Genertaion führte. Die molekularen Konsequenzen des genetischen Defektes, d.h. z.B. welche Glykosylierung welcher Moleküle in welcher Phase der neuralen Entwicklung beeinträchtigt ist, sind noch ungeklärt. Es wurde dargelegt, dass sich  ̶  aufgrund der teils deutlichen Spezies-Unterschiede bei der Glykosylierung  ̶  voraussichtlich keine für das humane System und damit die hier interessierende Fragestellung wesentlichen Erkenntnisse durch weitere Untersuchungen in Tiermodellen oder an tierischen Zellen ableiten lassen. Eine hiPS-Zell-Linie, die einen Defekt im PPM2-Gen aufweist, wurde bereits in der Vergangenheit abgeleitet und charakterisiert.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die Erreichung der angestrebten Forschungsziele ist nicht unter Verwendung tierischer Zellen möglich. Spezies-spezifische Besonderheiten in der Glykosylierung, die nicht nur zwischen Maus und Mensch sondern in erheblichem Maße auch innerhalb der Primaten bestehen, sind in der Literatur umfangreich beschrieben. Daher können Erkenntnisse über Glykosylierungsvorgänge im Menschen nur durch Untersuchungen an menschlichen Zellen gewonnen werden.

Die Verwendung anderer menschlicher (Stamm)Zellen als hES-Zellen kommt für die im genehmigten Projekt zu klärenden Fragestellungen ebenfalls nicht in Frage. Eine erste hier wesentliche Forschungsfrage ist jene nach Veränderungen im Glykosylierungsmuster während der (frühen) neuroektodermalen Differenzierung. Zur Klärung dieser Frage werden hES-Zellen benötigt, weil nur mit diesen Zellen frühe Prozesse der zellulären Differenzierung beim Menschen in vitro nachgebildet werden können. Andere menschliche Zelltypen (beispielsweise fötale neurale Zellen) haben frühe Differenzierungsprozesse hingegen schon durchlaufen. Weiterer wesentlicher Gegenstand des Forschungsvorhabens ist die Untersuchung der Glykosylierung in NG2-positiven neuralen Vorläuferzellen. Dieser frühe Vorläuferzelltyp lässt sich jedoch nicht reproduzierbar in den für die Projektdurchführung erforderlichen Mengen aus anderem Material (z.B. abgetriebenen menschlichen Föten) gewinnen. Es ist ferner bekannt, dass die Differenzierung von hiPS-Zellen in diesen Zelltyp sehr ineffizient ist, während die Differenzierung aus hES-Zellen Ausbeuten von bis zu 80% erbrachte.

Insgesamt ist das Forschungsvorhabens als vergleichende Studie angelegt, in der hES- und hiPS-Zellen bezüglich ihres Glykosylierungsmusters bei der neuroektodermalen Differenzierung verglichen und Schlussfolgerungen für humane pluripotente Stammzellen im allgemeinen gezogen werden sollen. hES-Zellen dienen dabei auch als Referenzmaterial. Im Vorfeld der hier genehmigten Untersuchungen ist nicht bekannt, ob  hES- und hiPS-Zellen in Bezug auf die Glykosylierung identisch sind und welche Unterschiede zwischen beiden Zelltypen bestehen. Eine ausschließliche Nutzung von hiPS-Zellen zur Erreichung der angestrebten Forschungsziele ist nicht möglich.

6. Genehmigte Erweiterungen des Forschungsvorhabens

Genehmigungserweiterung vom 01.11.2016

Angaben zu den Forschungsarbeiten

Im Rahmen der genehmigten zusätzlichen Forschungsarbeiten sollen zum einen die Konsequenzen der Deletion des Gens für Phosphomannomutase II(PMM2) vertieft analysiert werden. Dazu sollen Gene, die für Fragmente sezernierter Glykoproteine codieren, in hES-Zellen sowie in hiPS-Zellen, die aus PMM2-CDG-Patienten und gesunden Probanden abgeleitet wurden, zur Expression gebracht und die Glykosylierungsmuster vertieft untersucht werden. Ferner sollen potentielle Veränderungen in der Lipidzusammensetzung infolge der Mutation im PMM2-Gen in pluripotenten Stammzellen sowie in daraus abgeleiteten neuralen Zellen bestimmt werden. Da PMM2-CDG neben mentaler und psychomotorischer Retardierung auch zu Störungen des Leberstoffwechsels führt, sollen des weiteren mögliche Unterschiede in den Glykosylierungsmustern in PMM2-defizienten hepatischen Zellen mit jenen in hepatischen Zellen verglichen werden, die aus hES-Zellen abgeleitet werden. Zum anderen sollen Fragen zur Rolle der C-Mannosylierung in humanen pluripotenten Stammzellen und in aus diesen abgeleiteten neuralen und hepatischen Zellen näher untersucht werden. Dazu soll zunächst das C-Mannosylom von hES- und hiPS-Zellen vergleichend bestimmt werden. Ferner sollen in hES-Zellen Gene ausgeschaltet werden, deren Produkte für die C-Mannosylierung essentiell sind. Die entsprechend genetisch modifizierten Zellen sollen dann während und nach ihrer neuralen und hepatischen Differenzierung bezüglich ihres C-Mannosyloms mit Wildtyp-Zellen verglichen und potentielle Effekte der Ausschaltung dieser Gene auf die C-Mannosylierung und N-Glykosylierung bestimmt werden. Schließlich sollen die Effekte der Ausschaltung spezifischer Gene auf funktionelle Eigenschaften der aus den betreffenden Zellen differenzierten Neurone, insbesondere auf ihr Migrationsverhalten, bestimmt werden.

Hochrangigkeit der Forschungsziele

Die genehmigten Forschungsarbeiten stellen eine Weiterentwicklung des bereits in der Vergangenheit genehmigten Forschungsvorhabens dar, in dem Arbeiten mit dem Ziel der Identifizierung spezifischer Glykosylierungsmuster auf aus hES-Zellen abgeleiteten neuronalen Zellen genehmigt worden sind. Diese Fragestellung soll hier – unter Einbeziehung zusätzlicher Aspekte – mit gleicher Zielstellung vertieft untersucht werden, so dass die o. g. Gründe für die Hochrangigkeit der Forschungsziele fortgelten. Die vertiefte Untersuchung der Veränderungen im globalen Glykosylierungsmuster infolge von Mutationen im PMM2-Gen erfolgt unter Beibehaltung der Zielstellung, die zellbiologischen und molekularen Vorgänge zu erforschen, die zu Veränderungen im Glykoproteom bei der durch die PMM2-Gen-Mutation verursachten Erkrankung (CDG-Ia) führen.

Ferner sollen Veränderungen im Glykoproteom sich hepatisch differenzierender Zellen pluripotenter Stammzellen erfasst werden. Da die durch die PMM2-Gen-Mutation verursachte komplexe Stoffwechselerkrankung CDG-Ia auch zu Funktionsstörungen der Leber führt, ist die Kenntnis von möglichen Veränderungen im Glykoproteom der entsprechenden hepatischen Zellen ggf. von erheblicher Relevanz für das Verständnis der Pathogenese dieser Erkrankungen. Die zusätzlich geplante vergleichende Analyse des Lipidoms von hES-Zellen, Wildtyp-hiPS-Zellen und hiPS-Zellen aus Patienten mit CDG-Ia (und daraus differenzierten Zellen) soll zudem Einblicke in mögliche Veränderungen der Lipidzusammensetzung sowie des Lipidstoffwechsels in Zellen mit Mutationen im PMM2-Gen erbringen, was ebenfalls zu einem verbesserten Verständnis der molekularen Grundlagen von CDG-Ia beitragen könnte. Weiterhin liegt ein Schwerpunkt der genehmigten Arbeiten in der Analyse des Mannosyloms humaner pluripotenter Stammzellen, die vergleichend zwischen hES- und hiPS-Zellen sowie in aus pluripotenten Stammzellen abgeleiteten neuronalen und leberzellähnlichen Zellen durchgeführt werden soll. Aus diesen Forschungsarbeiten werden wesentliche Erkenntnisse über die O- und C-Mannosylierung von Proteinen in humanen pluripotenten Stammzellen und deren Veränderung während der neuronalen und hepatischen Differenzierung erwartet. Weiterhin sollen die Arbeiten Aufschluss über die bislang nicht bekannten Effekte von Mutationen im PMM2-Gen auf die Mannosylierung erbringen. Die Arbeiten könnten ggf. dazu beitragen, durch Bestimmung einer gestörten Mannosylierung ggf. Genprodukte zu identifizieren, deren Glykosylierung bei CDG-Ia gestört ist, was ggf. für die Entwicklung des Krankheitsbildes relevant ist. Schließlich können – durch konditionale Ausschaltung von Genen mit Relevanz für die C-Mannosylierung – spezifische Funktionen der entsprechenden Genprodukte bestimmt, ihre Zielproteine identifiziert und ggf. deren Rolle für die Aufrechterhaltung von Pluripotenz sowie für die Differenzierung in die hier interessierenden somatischen Zelltypen entschlüsselt werden.

Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Die Vorklärung wesentlicher, mit dem Vorhaben verfolgter wissenschaftlicher Fragestellungen wurde im ursprünglichen Antragsverfahren bereits umfangreich dargelegt. Zur Frage, dass sich auf humanen pluripotenten Stammzellen basierende Zellmodelle zur Untersuchung der CDG-Ia eignen, wurden Daten vorgelegt, die bei der Genehmigungsinhaberin in Rahmen der bereits zuvor genehmigten Forschungsarbeiten erhoben und publiziert wurden. Zur bislang wenig verstandenen Rolle insbesondere der C-Mannosylierung in humanen Zellen wurde dargelegt, dass nach gegenwärtigem Kenntnisstand ca. 60 humane Proteine bekanntermaßen C-Man-Glykosylierungsstellen enthalten, dass aber unter Nutzung bioinformatorischer Methoden eine potentielle C-Mannosylierung für mehr als 2000 Proteine vorhergesagt werden kann. Bekanntermaßen spielen C-mannosylierte Proteine eine wesentliche Rolle bei der axonalen Wegfindung und sind Bestandteile des Komplement-Systems. Die Rolle von Genen, deren Produkte in die Mannosylierung involviert sind und die im Zuge der Forschungsarbeiten in hES-Zellen (ggf. konditional) ausgeschaltet werden sollen, ist sowohl in C. elegans als auch im Mausmodell eingehend untersucht und u. a. mit der Orientierung bzw. Migration der Neurone im sich entwickelnden Nervensystem in Zusammenhang gebracht worden. Bei der Antragstellerin sind bereits Versuche unter Nutzung von hiPS-Zellen durchgeführt worden.

Die im ursprünglichen Antragsverfahren vorgetragenen Argumente zur Notwendigkeit der Ver­wendung von hES-Zellen gelten unverändert fort. Dies gilt zum einen für die Unmöglichkeit, den angestrebten Erkenntnisgewinn aufgrund speziesspezifischer Besonderheiten der Glykosylierung unter Nutzung tierischer Zellen zu gewinnen. Zum anderen sollen hES-Zellen, wie in den bereits zuvor genehmigten Arbeiten, als Referenzmaterial für die hiPS-Zell-basierte Modellierung der CDG-Ia genutzt werden. Die Frage nach dem Auftreten und dem Muster von O- und C-Mannosylierungen in pluripotenten Stammzellen sowie die Frage danach, welchen Veränderungen die C- und O-Mannosylierung bei der neuronalen und hepatischen Differenzierung pluripotenter Stammzellen unterliegt, ist bislang weder an hES- noch an hiPS-Zellen  untersucht worden und soll hier vergleichend für beide Zelltypen bestimmt werden, was die Nutzung von hES-Zellen erforderlich macht. Ob und inwieweit sich hES- und hiPS-Zellen hier gleichen oder unterscheiden, ist derzeit offen.

Stand: 01.11.2016

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