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60. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 27.01.2011. Forschungsvorhaben beendet. Genehmigung erloschen am 28.02.2017.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Max-Planck-Gesellschaft, Institut für Infektionsbiologie, Berlin

2. Zell-Linien

Die genehmigten Forschungsarbeiten erfolgen unter Verwendung der folgenden humanen embryonalen Stammzell-Linien:

  • H1 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • KhES3 (Kyoto University, Kyoto, Japan)

Die Genehmigung gilt auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linien.

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Gegenstand der genehmigten Forschungsarbeiten unter Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) ist die Untersuchung von zellulären und molekularen Vorgängen, die bei der Entstehung sog. extrazellulärer Fallen ablaufen, die von neutrophilen Granulozyten gebildet werden (Neutrohphile Extracellular Traps, NETs). Die Bildung von NETs ist ein erst kürzlich identifizierter Mechanismus der zellulären Immunantwort, wobei der Prozess der Entstehung von NETs (NETosis) derzeit noch wenig verstanden ist. Im beantragten Projekt sollen hES-Zellen zunächst zu Neutrophilen differenziert, die dazu notwendigen Vorgehensweisen optimiert und hier insbesondere die Rolle von IFN-g bei der Differenzierung zu Neutrophilen untersucht werden. Gene, deren Produkte (potentiell) in Zusammenhang mit der NET-Bildung stehen, sollen dann in hES-Zellen gezielt ausgeschaltet und die aus diesen Zellen differenzierten Neutrophilen hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur NET-Bildung untersucht werden. In einem nächsten Schritt sollen dann weitere Gene identifiziert werden, die bei der NET-Bildung eine Rolle spielen. Dazu soll eine auf lentiviralen Vektoren basierende Bibliothek von siRNAs im Hochdurchsatzverfahren in aus hES-Zellen gewonnenen Neutrophilen-Vorläufer eingeschleust werden und die NET-Bildung in den aus diesen Vorläuferzellen gewonnenen Neutrophilen analysiert werden. Schließlich sollen im beantragten Projekt aus humanen ES-Zellen gewonnene Neutrophile hinsichtlich der Präsenz voneinander unterscheidbarer Subpopulationen untersucht, diese voneinander getrennt und umfassend charakterisiert werden, insbesondere hinsichtlich ihrer Fähigkeit zur NET-Bildung.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten an hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethikkommission für Stammzellforschung (ZES) und des RKI hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Neutrophile Granulozyten bilden einen Großteil der menschlichen Immunzellen und spielen eine wesentliche Rolle bei der unspezifischen Immunantwort. Ihre Biologie ist derzeit nur unvollständig verstanden, insbesondere wegen der schlechten Verfügbarkeit primärer Neutrophiler in vitro infolge ihrer nur kurzen Lebensdauer und ihrer Instabilität. Das Projekt zielt darauf ab, Neutrophile in vitro aus hES-Zellen zu differenzieren und die differenzierten Zellen umfassend zu charakterisieren. Im Ergebnis sollen Neutrophile definierter Herkunft in solchen Mengen zur Verfügung stehen, wie sie für die Untersuchung wesentlicher biologischer Fragestellungen benötigt werden. In diesem Zusammenhang sollen auch Protokolle für die Bereitstellung genetisch veränderter Neutrophiler etabliert werden, an denen dann spezifische Aspekte der Entwicklung Neutrophiler untersucht werden können. Neutrophile sind aufgrund ihrer kurzen Lebensspanne einer genetischen Modifikation in vitro bislang nicht zugänglich. Die Einführung genetischer Veränderungen ist jedoch ein verbreitetes und häufig alternativloses Vorgehen für die Erlangung eines tieferen Verständnisses der Biologie eines bestimmten Zelltyps, beispielsweise hinsichtlich der Rolle bestimmter Genprodukte für die Entstehung und die Funktion einer Zelle. Insofern ist die Entwicklung von Strategien für die Verfügbarmachung von genetisch modifizierten humanen Neutrophilen von erheblicher Bedeutung für die Untersuchung der Biologie dieser Zellen.

Ein Schwerpunkt des Projektes ist die Untersuchung der NETosis, eines bislang wenig verstandenen Prozesses, der neben Phagozytose und Degranulierung eine dritte und erst kürzlich entdeckte antimikrobielle Strategie der Neutrophilen darstellt. Im Projekt sollen zunächst durch Hemmung der Expression bestimmter Gene Faktoren und Signalwege näher charakterisiert werden, die nach bisheriger Kenntnis an der NET-Bildung beteiligt sind. In einem nächsten Schritt sollen dann durch Screening einer auf lentiviralen Vektoren basierenden siRNA-Bibliothek weitere Gene identifiziert werden, deren Expression bei der Bildung von funktionsfähigen NETs eine Rolle spielt, woraus neue Erkenntnisse über die der NET-Bildung zugrundeliegenden molekularen Mechanismen erwartet werden. Da der Transfer von siRNAs auf sich aus hES-Zellen differenzierende Neutrophile im Stadium von Vorläuferzellen  erfolgen soll, kann dieser experimentelle Ansatz zudem neue Erkenntnisse über Faktoren und Signalwege erbringen, die an der Bildung und Reifung von menschlichen Neutrophilen beteiligt sind. Schließlich gibt es Hinweise darauf, dass die Bildung von NETs auch an der Pathogenese verschiedener Autoimmunerkrankungen beteiligt sein könnte, beispielsweise der Zystischen Fibrose (CF) oder des systemischen Lupus erythematodes. Auch hier können sich ggf. neue Erkenntnisse im Hinblick auf die Rolle bestimmter Genprodukte bei der  Genese von NET-assoziierten Erkrankungen ergeben.

Ein weiteres wesentliches Projektziel besteht in der Identifizierung von Subpopulationen innerhalb der humanen neutrophilen Granulozyten. Die Charakteristika und die biologische Relevanz mutmaßlicher Subpopulationen innerhalb der humanen Neutrophilen ist bisher – vornehmlich wegen des Fehlens homogener und reproduzierbar verfügbarer humaner Neutrophiler – wenig untersucht worden. Unter Nutzung von aus hES-Zellen differenzierten Neutrophilen sollen im beantragten Projekt die potentiellen Subpopulationen genauer als bislang, beispielsweise anhand ihrer Oberflächenmarker, spezifiziert sowie nach Möglichkeit angereichert und umfassend bezüglich möglicher funktioneller Unterschiede charakterisiert werden. So soll unter anderem ihre Fähigkeit zur NET-Bildung sowie die Zusammensetzung der NETs untersucht werden. Im Ergebnis sollen neue Erkenntnisse über den Beitrag spezifischer Zellpopulationen innerhalb der humanen Neutrophilen zu deren Funktion in der menschlichen Immunantwort vorliegen.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und die Nutzung humaner ES-Zellen gerechtfertigt ist.

Die Fähigkeit von hES-Zellen, in vitro zu funktionalen Neutrophilen zu differenzieren, ist jüngst durch mehrere Publikationen belegt worden. Die im Forschungsvorhaben vorgesehenen Vorgehensweisen für die Gewinnung Neutrophiler aus hES-Zellen basieren auf den entsprechenden publizierten Protokollen, die ggf. modifiziert und optimiert werden sollen. Andere im Projekt zum Einsatz kommende Methoden und Vorgehensweisen sind ebenfalls ausreichend vorgeklärt. Die Identifizierung von möglicherweise an der NET-Bildung beteiligten Genprodukten soll durch  Hemmung der Genexpression mittels siRNAs erfolgen, wobei eine bereits in der Literatur beschriebene, auf lentiviralen Vektoren basierende siRNA-Bibliothek zum Einsatz kommen soll. Die prinzipielle Funktionsfähigkeit des Ansatzes wurde von den Entwicklern der siRNA-Bibliothek gezeigt. Weitere Vorgehensweisen, beispielsweise zur Charakterisierung von Neutrophilen bezüglich biochemischer, molekularbiologischer und funktioneller Eigenschaften, sind bei der Genehmigungsinhaberin etabliert.

Bestimmte spezifische Fragestellungen des Vorhabens, vornehmlich jene nach den Mechanismen der NET-Bildung, lassen sich nicht an anderen Zellsystemen vorklären, so dass dabei ein für die Vorklärung des Projektes wesentlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten wäre. Zwar sind NETs auch für andere Spezies als den Menschen beschrieben worden, jedoch sind aufgrund einer unterschiedlichen Ausstattung mit wesentlichen antimikrobiellen Proteinen erhebliche Unterschiede in der Biologie der Neutrophilen, beispielsweise zwischen Maus und Mensch, zu erwarten. Es ist daher nicht zu erwarten, dass sich aus Ergebnissen einer Untersuchung zur NET-Bildung mit Zellen anderer Spezies (beispielsweise mit aus murinen ES-Zellen differenzierten Neutrophilen) Schlussfolgerungen mit Relevanz für die Hypothesen des Projektes und für die geplanten experimentellen Vorgehensweisen ziehen ließen.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Die genehmigten Forschungsarbeiten an hES-Zellen dienen der Aufklärung der Eigenschaften menschlicher Neutrophiler. Es wurde dargelegt, dass sich die Forschungsziele nicht unter Verwendung tierischer Zellen erreichen lassen, insbesondere nicht unter Verwendung von Zellen aus der Maus. Es ist derzeit offen, ob Neutrophile im Menschen und in der Maus eine vergleichbare Rolle in der Immunantwort spielen: Während beim Menschen ca. 70% aller Immunzellen Neutrophile sind, beträgt dieser Anteil in der Maus nur etwa 10-20 %. Zudem bestehen hinsichtlich der NET-Bildung, also eines zentralen Untersuchungsgegenstandes der genehmigten Forschungsarbeiten, qualitative und quantitative Unterschiede. An Mauszellen gewonnene Erkenntnisse können folglich nicht ohne weiteres auf das humane System übertragen werden.

Primäre humane Neutrophile aus Patienten eignen sich ebenfalls nicht zur Klärung der hier aufgeworfenen wissenschaftlichen Fragestellungen, da diese Zellen eine nur sehr kurze Lebensdauer von ca. acht Stunden haben und eine nur geringe Transkriptionsaktivität aufweisen. Zudem werden Gene, deren Produkte für die Funktion von Neutrophilen essentiell sind, nur im Stadium von Vorläuferzellen transkribiert. Auch die Nutzung etablierter menschlicher Zell-Linien ist für die Erreichung der formulierten Forschungsziele ungeeignet. Diese Zellen spiegeln grundsätzliche Eigenschaften Neutrophiler nicht, produzieren keine granulären Proteine und sind nicht zur NET-Bildung befähigt. Adulte Stammzellen des Knochenmarks können zwar in Richtung Neutrophiler differenziert werden, jedoch haben diese Zellen nicht die funktionellen Eigenschaften primärer Neutrophiler. So zeigen sie z.B. eine vergleichsweise geringe bakteriozide Aktivität und weisen Defizite bei der Entwicklung von Granula auf.

Die Gewinnung von Neutrophilen aus humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen) ist zwar singulär in der Literatur beschrieben worden. Jedoch wurde dabei die Funktionsfähigkeit der differenzierten Zellen nicht vollständig nachgewiesen; insbesondere werden für die Bildung der Granula notwendige Proteine offenbar nur unzureichend produziert. Darüber hinaus zeigen hiPS-Zellen und hES-Zellen auf epigenetischer Ebene teils Unterschiede, deren Ursachen nicht oder nur unzureichend geklärt sind und die ggf. zu Unterschieden im Differenzierungsvermögen führen können. Es ist derzeit offen, ob hiPS-Zellen ein zu hES-Zellen identisches Potential besitzen, zu Neutrophilen zu differenzieren. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist es daher voraussichtlich nicht geeignet, die wissenschaftlichen Ziele des Forschungsvorhabens unter Nutzung von hiPS-Zellen zu erreichen.

Stand: 28.02.2017

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