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29. Genehmigung nach dem Stammzellgesetz

Erteilt am 11. 04.2008. Genehmigung erweitert am 01.07.2010 (siehe 2.) Registereintrag zuletzt aktualisiert am 01.08.2012. Forschungsvorhaben beendet. Genehmigung erloschen am 01.07.2016.

1. Genehmigungsinhaber(in)

Herr Dr. med. Marcel Dihné (bis Mai 2011 Universitätsklinikum Düsseldorf, seit Mai 2011 Hertie Institut für Klinische Hirnforschung Universität Tübingen)

2. Zell-Linien

Die vorgesehenen Forschungsarbeiten basieren auf humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) der folgenden Linien:

  • H1 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H7 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)
  • H9 (Wicell Research Institute, Madison, WI, USA)

Im Rahmen der Erweiterung der Genehmigung vom 01.07.2010 wurden zur Durchführung der unten benannten Forschungsarbeiten die Einfuhr und Verwendung humaner embryonaler Stammzellen folgender weiterer Linien genehmigt.

  • HUES1 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES2 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES4 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES6 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES7 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES8 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)
  • HUES10 (Harvard University, Cambridge, MA, USA)

Die Genehmigungen gelten jeweils auch für die Einfuhr und Verwendung von Sub-Linien (z.B. von klonalen Sub-Linien oder genetisch modifizierten Derivaten) der genannten humanen embryonalen Stammzell-Linie(n).

3. Angaben zum Forschungsvorhaben

Für ein Vorhaben, das die Schaffung funktionaler neuronaler Netzwerke aus humanen embryonalen Stammzellen (hES-Zellen) zum Gegenstand hat, wurde die Einfuhr und Verwendung der oben genannten hES-Zellen genehmigt. Ziel der Arbeiten ist die Herstellung eines In-vitro-Modellsystems, das Eigenschaften humaner neuraler Netzwerke aufweist und das für Untersuchungen zur Entwicklungsbiologie menschlicher Nervenzellen, für die Testung neuroaktiver Substanzen sowie für die Aufklärung von neurodegenerativen Mechanismen genutzt werden soll. Außerdem sollen die etablierten neuronalen Netzwerke als Ausgangspunkt für Modelle neurodegenerativer Erkrankungen dienen, an denen die Transplantation von aus Stammzellen abgeleiteten neuronalen Zellen untersucht werden kann.

Das Projekt gliedert sich in drei Teile.

Im ersten Projektteil sollen neurale Vorläuferzellen aus hES-Zellen hergestellt und auf Micro Electrode Array (MEAs) zu neuronalen Zellen ausdifferenziert werden. Das neuronale Netzwerk, dessen Ausbildung dabei erwartet wird, soll zu verschiedenen Zeitpunkten hinsichtlich des Auftretens bestimmter neuronaler Marker sowie bezüglich der Ausprägung bestimmter Neurotransmitter-Systeme charakterisiert werden. Die Verwendung der MEAs ermöglicht dabei die gezielte Untersuchung der elektrophysiologischen Eigenschaften einzelner Zellen im Zellverband.

Im zweiten Projektteil sollen aus hES-Zellen neuronale Netzwerke geschaffen und charakterisiert werden, die überwiegend aus dopaminergen Neuronen bestehen. Die Netzwerkaktivität soll durch Substanzen moduliert werden, die am humanen Dopamin-Rezeptor wirken, und mögliche Veränderungen der Netzwerkaktivität sollen analysiert werden. Nach gezielter (pharmakologisch stimulierter) Degenerierung der dopaminergen Neuronen in diesen Netzwerken sollen dann Veränderungen der Netzwerkaktivität sowie mögliche positive Effekte von am Dopamin-Rezeptor wirkenden Pharmaka untersucht werden.

Im dritten Projektteil sollen dann die neuronalen Netzwerke pharmakologisch geschädigt und daraus resultierende Veränderungen in der Netzwerkaktivität untersucht werden. Durch Transplantation in vitro differenzierter neuronaler Zellen in das geschädigte Netzwerk soll überprüft werden, ob sich die ursprüngliche Netzwerkaktivität wiederherstellen lässt. Für die Transplantation sollen sowohl aus hES-Zell-abgeleitete Neuronen als auch Neuronen verwendet werden, die aus Nabelschnurblut differenziert werden.

4. Hochrangigkeit der Forschungsziele

Entsprechend der im Antragsverfahren erbrachten wissenschaftlich begründeten Darlegung dienen die genehmigten Forschungsarbeiten an hES-Zellen nach übereinstimmender Auffassung der Zentralen Ethik-Kommission für Stammzellenforschung (ZES) und des Robert Koch-Institutes (RKI) hochrangigen Forschungszielen für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagenforschung sowie, bei erfolgreicher Etablierung eines neuronalen Netzwerkes, der Erweiterung medizinischer Kenntnisse bei der Entwicklung therapeutischer Verfahren. Für diese Beurteilung sind folgende Gründe maßgeblich:

Über die Etablierung eines MEA-basierten, aus humanen neuralen Zellen bestehenden Netzwerkes und mittels detaillierter Analyse der Prozesse, die sich während der Ausreifung von Neuronen in diesem Netzwerk abspielen, sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Beiträge bestimmte neuronale Zell-Populationen in verschiedenen Phasen der Ausreifung eines humanen neuronalen Netzwerkes zu dessen Funktionalität leisten. Dies kann zu einem verbesserten Verständnis der molekularen Vorgänge führen, die sich beim Menschen während der Ausreifung von neuralen Vorläuferzellen zu funktionellen Neuronen abspielen. Im Unterschied zu vielen bislang üblichen Differenzierungsstrategien erfolgt die Untersuchung der elektrischen und molekularen Eigenschaften von Zellen während ihrer Differenzierung hier im Verbund eines Netzwerkes, das aus verschiedenen Typen neuronaler Zellen besteht, so dass im Netzwerk bestehende Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Typen von Neuronen erfasst werden. Daraus können gegebenenfalls auch neue, bislang nicht zugängliche Informationen über die neuronale Differenzierung beim Menschen gewonnen werden.

Im Falle einer erfolgreichen Etablierung der neuronalen Netzwerke sollen diese zur Untersuchung weiterer Fragestellungen genutzt werden, deren Beantwortung von großer wissenschaftlicher Relevanz ist. Dies betrifft zum Beispiel die Frage, ob und mit welchem Resultat sich die Netzwerkaktivität durch neuroaktive Substanzen beeinflussen lässt und ob die hier etablierten neuronalen Netzwerke als Modelle für die Untersuchung der Effekte solcher Substanzen verwendbar sind. Veränderungen der Netzwerkaktivität sollen mit Veränderungen im Genexpressionsmuster der Zellen korreliert werden, woraus sich Rückschlüsse auf den Zusammenhang zwischen molekularen Prozessen in den Zellen und Veränderungen ihrer elektrischen Aktivität ergeben können. Ferner soll überprüft werden, ob sich die etablierten neuronalen Netzwerke als Modelle für degenerative Vorgänge im ZNS nutzen lassen. Durch gezielte Schädigung bestimmter Neuronen und anschließende parallele Untersuchungen der (funktionellen) Netzwerkaktivität, morphologischer Eigenschaften der Zellen sowie deren Genexpressionsmuster lassen sich voraussichtlich Erkenntnisse darüber gewinnen, wie Veränderungen dieser Parameter im Rahmen eines degenerativen Geschehens miteinander gekoppelt sind.

Ferner besteht die Möglichkeit, zu überprüfen, ob und inwieweit die Applikation neuroprotektiver Substanzen oder die Transplantation nicht-geschädigter Neuronen in ein geschädigtes Netzwerk in der Lage sind, degenerative Prozesse im Rahmen eines humanen neuronalen Zellverbandes rückgängig zu machen. Diese Untersuchungen könnten zur Klärung der Frage beitragen, ob sich aus hES-Zellen abgeleitete neuronale Netzwerke als Modellsysteme für die Analyse degenerativer Prozesse im Nervensystem des Menschen und für die Untersuchung potentieller therapeutischer Strategien eignen könnten. So stünde im Erfolgsfall beispielsweise ein verbessertes Modell zur Verfügung, an dem die funktionelle Integration transplantierter Neuronen in einen humanen neuronalen Zellverband untersucht werden könnte. Auf dieser Basis könnten künftig verschiedene Eigenschaften von Zellen, die potentiell für den Gewebeersatz eingesetzt werden sollen, in einem qualitativ vollkommen neuen, auf humanen Zellen basierenden In-vitro-Modell eingeschätzt werden. Zudem soll durch Transplantation von Neuronen, die aus hES-Zellen bzw. aus Nabelschnurblut abgeleitet wurden, deren Fähigkeit, sich in ein neuronales Netzwerk zu integrieren, vergleichend eingeschätzt werden. Dies kann dazu beitragen, das Potential von Zellen aus dem jeweiligen Stammzelltyp für die Therapie neuro-degenerativer Erkrankungen besser einschätzen zu können.

5. Notwendige Vorarbeiten und Erforderlichkeit der Verwendung von humanen embryonalen Stammzellen für die mit dem Vorhaben verfolgten Fragestellungen

Im Antragsverfahren wurde dargelegt, dass das Projekt in allen wesentlichen Punkten ausreichend vorgeklärt und der Übergang zur Nutzung humaner ES-Zellen folglich gerechtfertigt ist.

Die Gewinnung neuraler Vorläuferzellen aus ES-Zellen ist für murine Zellen seit längerem etabliert. ES-Zell-abgeleitete Neuronen der Maus wurden darüber hinaus bereits von verschiedenen Gruppen zur Transplantation sowohl in situ als auch in vivo genutzt, dabei wurde teilweise die Funktionalität der transplantierten Zellen auf der Grundlage von Untersuchungen zu ihren elektrophysiologischen Eigenschaften und ihrer synaptischen Integration nachgewiesen. Es wurde ferner dargelegt, dass MEA-basierte neuronale Netzwerke bereits unter Nutzung muriner ES-Zellen hergestellt und getestet worden sind. Die an den Netzwerken beteiligten Neuronen zeigten synchrone Aktivität, reagierten auf externe Stimuli bzw. Inhibitoren und verhielten sich ähnlich wie entsprechende Netzwerke aus primären Nervenzellen der Maus.

Die weiteren experimentellen Fragestellungen des genehmigten Vorhabens wurden ebenfalls in verschiedenen tierexperimentellen bzw. In-vitro-Studien vorgeklärt. Dies betrifft Untersuchungen zu Prozessen der Degeneration von Neuronen und zur Wirkung neuroaktiver Substanzen, die beispielsweise im dopaminergen System wirksam sind. Untersuchungen zur Neurotoxizität und neuronalen Degeneration erfolgten bereits unter Nutzung von Nervenzell-Kulturen auf MEAs und sind in der Literatur beschrieben worden. Dasselbe gilt für die Untersuchung von Substanzen hinsichtlich neurotoxischer und neuroprotektiver Effekte an Gewebeverbänden (i.a. Schnittkulturen aus Nager-Gehirnen), deren Ergebnisse in der Vergangenheit ebenfalls mehrfach publiziert worden sind. Zudem gibt es eine Reihe publizierter Untersuchungen, die die Transplantation verschiedener neuronaler Zellen in die o. g. Gewebeschnitte beschreiben. Die Untersuchungen an diesen Schnittkulturen, die auch auf MEAs aufgebracht und dort analysiert werden konnten, werden als hinreichend für die Vorklärung der Fragestellung angesehen, ob aus Stammzellen gewonnene Neuronen in auf MEAs befindliche Zell- und Gewebeverbände transplantiert werden können.

Im Antragsverfahren wurde ferner dargelegt, dass sich der mit dem Forschungsvorhaben angestrebte Erkenntnisgewinn voraussichtlich nur unter Verwendung von hES-Zellen erreichen lässt.

Gerade hinsichtlich der Differenzierung des ZNS haben Tiermodelle nur eine beschränkte Aussagekraft für den Menschen. Trotz großer genetischer Ähnlichkeit bestehen schon zwischen Mensch und Schimpanse erhebliche Unterschiede im Transkriptom und Proteom neuronaler Zellen des ZNS. Insofern erlaubt voraussichtlich nur die Verwendung von menschlichen Zellen die Etablierung eines neuronalen Netzwerkes, mit dessen Hilfe sich die Prozesse in der neuronalen Entwicklung des Menschen untersuchen lassen. Zudem gibt es erhebliche Unterschiede in den biochemischen Eigenschaften von Nervenzellen unterschiedlicher Spezies, so dass toxische Substanzen nicht zwangsläufig gleiche Effekte in verschiedenen Spezies haben. Da das zu etablierende neuronale Netzwerk künftig auch zur Untersuchung von humanspezifischer Neurotoxizität dienen soll, ist auch aus diesen Gründen die Verwendung menschlicher Zellen notwendig.

Die Erreichung der Projektziele setzt voraus, dass reproduzierbar einheitliche neuronale Netzwerke entstehen, an denen künftig auch standardisierte Untersuchungen zur Neurotoxizität bzw. Neuroprotektion sowie Transplantationsexperimente durchgeführt werden können. Dazu sind neurale Vorläuferzellen konstanter Qualität und reproduzierbarer Eigenschaften notwendig. Vorläuferzellen aus abgetriebenen menschlichen Föten könnten zwar theoretisch zur Etablierung neuronaler Netzwerke genutzt werden. Schon wegen des unterschiedlichen Entwicklungsgrades der fötalen Gehirne zum Zeitpunkt der Abtreibung wäre – zusätzlich zu den mit der Gewinnung fötaler Stammzellen in Zusammenhang stehenden Problemen – jedoch nicht gewährleistet, dass fötale Zellen über die erforderlichen konstanten und reproduzierbaren Eigenschaften verfügen. Die gleichen Standardisierungsprobleme würden sich voraussichtlich auch im Falle der Nutzung adulter neuraler Stammzellen ergeben, die in den hier benötigten Mengen beim Menschen nur aus postmortalem Hirngewebe gewonnen werden könnten. Überdies wurde im Antragsverfahren dargelegt, dass adulte (neurale) Stammzellen der Maus nicht in der Lage waren, in vitro neuronale Netzwerke zu bilden. Es bestehen daher erhebliche Zweifel, ob adulte neurale Stammzellen des Menschen in der Lage sind, derartige Netzwerke zu bilden. Die Differenzierungsfähigkeit induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS-Zellen) des Menschen in neuronale Zellen verschiedener Spezialisierung ist derzeit nicht geklärt. Auch im Hinblick auf den derzeitigen Kenntnisstand über iPS-Zellen bleibt die Verwendung von hES-Zellen zur Erreichung der Projektziele daher erforderlich.

Stand: 01.07.2016

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