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Schutzimpfung gegen Poliomyelitis: Häufig gestellte Fragen und Antworten

Stand: 13.10.2022

Wer und wie soll gegen Polio geimpft werden?

Die Polioimpfung mit einem inaktiviertem Poliomyelitis-Impfstoff (IPV) wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Grundimmunisierung bei allen Säuglingen, Kindern und Jugendlichen und zur Auffrischung bei Jugendlichen und Erwachsenen empfohlen. Als vollständig immunisiert gelten Erwachsene, die im Säuglings- und Kleinkindalter eine vollständige Grundimmunisierung und mit einem 10-Jahres-Abstand zur Grundimmunisierung mindestens eine Auffrischimpfung erhalten haben oder Erwachsene, die zu einem späteren Zeitpunkt nach Angaben des Herstellers grundimmunisiert wurden und 10 Jahre nach Abschluss der Grundimmunisierung eine Auffrischimpfung erhalten haben. Die STIKO empfiehlt bei Personen mit fehlender oder unvollständiger Immunisierung gegen Poliomyelitis, die jeweils fehlenden Impfstoffdosen zu verabreichen. Es sind unterschiedliche Polioimpfstoffe mit unterschiedlichen Impfstoffschemata für den deutschen Markt zugelassen. Diese sind gemäß den beigefügten Fachinformationen des Herstellers anzuwenden. Es gibt aktuell einen IPV-Einzelimpfstoff (IPV Mérieux), bei dem drei Dosen zur Grundimmunisierung benötigt werden.

Bei Verwendung von IPV-haltigen gut verträglichen MehrfachKombinationsimpfstoffen für die Grundimmunisierung im Kindesalter sind nach dem neuen von der STIKO empfohlenen 2+1-Schema insgesamt 3 Impfstoffdosen in den ersten beiden Lebensjahren zu verabreichen (siehe Fachinformationen). Das neue Impfschema gilt seit dem 25.06.2020 und wird ab der 8. Lebenswoche angewendet. Durch die Sechsfach-Impfung wird neben Poliomyelitis auch gegen Diphterie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b, Tetanus und Hepatitis B immunisiert, bei der Fünffach-Impfung entsprechend unter Auslassung von Hepatitis B. Die ersten beiden Impfstoffdosen der Mehrfach-Impfung werden im Alter von 2 und 4 Monaten empfohlen, wobei ein Mindestabstand von 2 Monaten eingehalten werden sollte. Dazu kommt eine dritte Impfstoffdosis im Alter von 11 Monaten. Es ist wichtig, diese dritte Impfstoffdosis im Abstand von mindestens 6 Monaten zur vorangegangenen Dosis zu geben, damit ein optimaler Langzeitschutz aufgebaut werden kann. Die bislang im 6. Lebensmonat verabreichte Impfstoffdosis (ehemals 3+1) entfällt, womit auch die praktische Umsetzung der Grundimmunisierung erleichtert wird.

Frühgeborene sollen aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems weiterhin nach dem bisher empfohlenen 3+1-Impfschema mit vier Impfstoffdosen im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten geimpft werden. Zwischen den ersten drei Impfstoffdosen soll jeweils ein Mindestabstand von 4 Wochen liegen; zwischen der dritten und vierten Impfstoffdosis ist ein Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten.

Bereits begonnene Impfserien, bei denen die ersten beiden Impfstoffdosen im Abstand von einem Monat verabreicht wurden, müssen nach dem 3+1-Schema beendet werden.

Personen, die im Säuglings- und Kleinkindalter nicht grundimmunisiert wurden, sollten entsprechend den Nachholimpfempfehlungen der STIKO ihre Grundimmunisierung erhalten (siehe Kapitel 6 der STIKO-Empfehlungen). Für das Nachholen der Impfungen kann in Abhängigkeit von eventuell darüber hinaus bestehenden Impflücken ggf. ein IPV-haltiger Kombinationsimpfstoff oder ein IPV-Einzelimpfstoff verwendet werden. Reisende in Regionen mit potentiellem Infektionsrisiko oder Länder, für die von der WHO temporäre Empfehlungen ausgesprochen werden, sollen eine Auffrischimpfung gemäß der jeweiligen aktuell geltenden Bestimmung erhalten (siehe "WHO statements on Poliovirus", die jeweils alle 3 Monate erscheinenden Aktualisierungen sind zu beachten). Die vollständigen STIKO-Empfehlungen sind abrufbar unter www.rki.de/stiko-empfehlungen.

Stand: 10.07.2020

Warum wird noch gegen Polio geimpft, auch wenn die Erkrankung in Deutschland nicht mehr vorkommt?

Die letzte in Deutschland erworbene Poliomyelitis durch ein Wildvirus wurde 1990 erfasst. Die letzten beiden importierten Fälle (aus Ägypten und Indien) wurden 1992 registriert. Seit dieser Zeit traten nur noch wenige Fälle mit zirkulierenden vaccine-derived (Impfstoff-abgeleiteten) Polioviren (cVDPV) auf. Da jedoch trotz des weltweit starken Rückgangs der Poliomyelitis eine Einschleppung von Poliowildviren und cVDPV z. B. durch internationalen Reiseverkehr und Migration nach Deutschland nicht völlig ausgeschlossen werden kann, ist die Impfung gegen Polio nach wie vor wichtig. Die Impfung ist solange notwendig, bis die Eradikation der Poliomyelitis erreicht ist und nirgendwo auf der Welt mehr Polioviren zirkulieren.

Stand: 10.07.2020

Soll die Impfung regelmäßig aufgefrischt werden?

Um einen lang anhaltenden Impfschutz zu erzielen, sollte nach der vollständigen Grundimmunisierung im Kindesalter eine Auffrischimpfung mit einem trivalenten Impfstoff im Alter von 9-16 Jahren erfolgen.

Darüber hinaus wird eine routinemäßige Auffrischimpfung nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nicht empfohlen. Wurde die Grundimmunisierung im Erwachsenenalter durchgeführt, so sollte eine einmalige Auffrischimpfung in einem Mindestabstand von 10 Jahren nach der letzten Impfstoffdosis der Grundimmunisierung erfolgen. Bei gegebener Indikation (z.B. bei Reisen in Gebiete mit erhöhtem Infektionsrisiko oder beruflichen Tätigkeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko) sind ggf. weitere Auffrischimpfungen notwendig .

Stand: 10.07.2020

Gibt es eine sichere Aussage über die Immunität nach durchgemachter Poliomyelitis?

Erreger der spinalen Kinderlähmung sind Poliomyelitisviren der Typen 1, 2 oder 3, die zur Gattung der Enteroviren gehören. Nicht nur die Wildpolioviren, sondern auch die in manchen Ländern zirkulierenden Impfstoff-abgeleiteten Polioviren (circulating vaccine-derived poliovirus, cVDPV) können Symptome verursachen. Die meisten Infektionen mit Poliomyelitisviren verlaufen asymptomatisch. Nach durchgemachter Infektion ist nicht von einem lebenslangen Schutz gegen andere Poliovirustypen auszugehen, da keine Kreuzprotektion besteht; dies gilt sowohl für die Wildpolioviren als auch für die Impfstoff-abgeleiteten Polioviren. Selbst nach durchgemachter Erkrankung ist deshalb die Indikation zu einer Impfung mit dem Totimpfstoff gegeben, die trivalent (gegen alle drei Polio-Typen) erfolgt. Eine Antikörperbestimmung kann gegebenenfalls Auskunft darüber geben, ob eine Teilimmunität vorliegt, dies ist jedoch nur von theoretischem Interesse, da die Impfindikation unabhängig davon besteht. Bei einer früher durchgemachten Erkrankung ergibt sich grundsätzlich kein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer Impfkomplikation bei der Impfung mit inaktiviertem Polioimpfstoff (IPV).

Stand: 10.07.2020

Wie werden Grundimmunisierungen unter Verwendung von monovalenten Polio-Impfstoffen korrekt bewertet?

Die STIKO empfiehlt die Grundimmunisierung gegen Poliomyelitis möglichst mit Kombinationsimpfstoffen durchzuführen, um dem Säugling Impftermine und zusätzliche Injektionen zu ersparen. Je nachdem welcher Impfstoff verwendet wird (2-, 3-, 5- oder 6-fach Impfstoffe), sind unterschiedliche Impfschemata anzuwenden.

Seit dem 25.06.2020 empfiehlt die STIKO bei Verwendung des 5-oder 6-fach Impfstoffs für die Grundimmunisierung bei reifgeborenen Säuglingen das neue reduzierte 2+1-Impfschema. Reifgeborene Säuglinge erhalten somit drei Mehrfach-Impfungen: Die ersten beiden Impfstoffdosen der Mehrfach-Impfung im Alter von 2 und 4 Monaten (= 2 Impfstoffdosen im Mindestabstand von 2 Monaten), die dritte Impfstoffdosis im Alter von 11 Monaten (+ 1 Impfstoffdosis im Mindestabstand von 6 Monaten zur zweiten Impfung). Um einen Langzeitschutz aufzubauen, ist es besonders wichtig, zwischen der zweiten und dritten Impfung einen Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten. Bei diesem neuen Impfschema entfällt die bisherige Impfstoffdosis im 3. Lebensmonat (ehemals „3+1“-Impfschema).

Frühgeborene, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren sind, sollen aufgrund des noch nicht ausgereiften Immunsystems die Mehrfach-Impfung auch weiterhin nach dem bisher empfohlenen 3+1-Impfschema mit vier Impfstoffdosen erhalten und zwar im Alter von 2, 3, 4 und 11 Monaten. Zwischen den ersten drei Impfstoffdosen soll jeweils ein Mindestabstand von 4 Wochen liegen; zwischen der dritten und vierten Impfstoffdosis ist ein Mindestabstand von 6 Monaten einzuhalten.

Bereits begonnene Impfserien nach altem Schema unter Verwendung eines Mehrfach-Impfstoffs müssen nach dem 3+1-Schema beendet werden.

Für die 6-fach-Impfung nach dem 2+1-Schema stehen zurzeit die folgenden Impfstoffe zur Verfügung: Hexyon, Infanrix hexa und Vaxelis. Von den 5-fach-Impfstoffen ist nur Infanrix-IPV+Hib für ein 2+1-Impfschema zugelassen.

Die anderen 5-fach Impfstoffe sind nur unter Verwendung eines 3+1-Impfschemas zugelassen.

Die STIKO weist daraufhin, dass ein rechtzeitiger Beginn der Impfserie und das Einhalten der empfohlenen Impftermine sowie der Mindestabstände zwischen den Impfungen für einen sicheren Impfschutz besonders wichtig sind. Die erste Auffrischimpfung sollte im Alter von 5-6 Jahren erfolgen und die zweite Auffrischimpfung im Alter von 9-17 Jahren mit einem Mindestabstand von 10 Jahren zur letzten Impfstoffdosis. Weitere Auffrischimpfungen sind nur bei entsprechender Indikation wie z. B. berufliche der private Reisen in Gebiete mit erhöhtem Infektionsrisiko notwendig, siehe Epid Bull 34/2020.

Bis zur Einführung der Impfempfehlung mit inaktivierten Polioimpfstoffen (IPV) im Jahr 1998 wurde die Grundimmunisierung mit oralen Lebendimpfstoffen (OVP) nach den folgenden Impfschemata durchgeführt:
Neue Bundesländer (ehemalige DDR): 3 x monovalent (Typen I-III) und 2 x trivalent
Alte Bundesländer (ehemalige BRD): 3 x trivalent

Hierbei ist zu beachten, dass drei Impfungen mit den ehemals eingesetzten monovalenten Polioimpfstoffen (Typen I-III) nur als eine Impfung gelten. Für eine komplette Grundimmunisierung sind daher mindestens zwei weitere Impfungen mit einem trivalenten Impfstoff erforderlich. Die dreimalige Impfung mit jeweils einem trivalenten Impfstoff gilt als komplette Grundimmunisierung.

Stand: 10.07.2020

Welche Bedeutung hat die OPV-Impfung gegenüber der IPV-Impfung?

Die letzte in Deutschland erworbene Poliomyelitis durch ein Wildvirus wurde 1990 erfasst. Die letzten beiden importierten Fälle (aus Ägypten und Indien) wurden 1992 registriert. In den Folgejahren traten aber jährlich bis zu 3 Fälle vakzinassoziierter Poliomyelitis (VAPP) auf. Eine VAPP kommt nach Anwendung des attenuierten Lebendimpfstoffs (OPV, „Schluckimpfung“) mit einer Häufigkeit von ca. 1-2 Fällen pro 1 Million Erstimpfungen vor. Daher hat die Ständige Impfkommission (STIKO) 1998 empfohlen, in Deutschland nur noch inaktivierte Polio-Impfstoffe (IPV) zu verwenden, bei denen kein VAPP-Risiko besteht.

Die IPV-Impfung, die inzwischen überall in Europa Standard ist, schützt die Geimpften zuverlässig vor einer Erkrankung. Mit IPV geimpfte Personen können sich aber dennoch mit Polio-Viren infizieren, diese unbemerkt ausscheiden und dadurch weiterverbreiten. Bei Auftreten von Poliomyelitis-Fällen empfiehlt die STIKO die Impfung von Kontaktpersonen mit IPV unabhängig vom Impfstatus sowie bei Auftreten von Sekundärfällen Riegelungs-impfungen mit IPV.

Stand: 10.07.2020

Was sind vaccine-derived (Impfstoff-abgeleitete) Polioviren (cVDPV)? 1

Der orale Polio-Impfstoff (OPV; orale Poliovakzine) ist ein attenuierter (abgeschwächter) Lebendimpfstoff. Die Verwendung von OPV hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Kinderlähmung in den meisten Regionen der Welt heutzutage ausgerottet ist.

Nach oraler Gabe von OPV vermehren sich die Lebendviren gewöhnlich für 6-8 Wochen im Magen-Darmtrakt der geimpften Person. Sie aktivieren das Abwehrsystem und regen die Antikörper-Produktion an. Gleichzeitig werden Impfviren mit dem Stuhl ausgeschieden. Diese können sich über Schmierinfektionen im Umfeld verbreiten und andere Personen infizieren. Hygienemängel können die Verbreitung begünstigen. Da es sich um ein Impfvirus handelt, entwickeln die infizierten Personen keine Symptome, sondern bauen vielmehr – wie der Impfling selbst – einen Schutz gegen die Erkrankung auf. Zirkulierende Polio-Impfviren tragen somit zum Aufbau eines Gemeinschaftsschutzes in der Bevölkerung und zur Elimination der Erkrankung bei.

Wenn die Bevölkerung aufgrund zu niedriger Polio-Impfquoten nicht ausreichend geschützt ist, können Impfviren über einen längeren Zeitraum zirkulieren und sich dabei genetisch verändern. Je länger das Virus zirkuliert, umso größer ist die Gefahr, dass veränderte Viren auftreten, die nach Infektion eine symptomatische Erkrankung hervorrufen können. Diese Viren nennt man „circulating vaccine-derived polioviruses“ (cVDPV), d.h. Impfstoff-abgeleitete Viren. Personen, die vollständig gegen Polio geimpft sind, sind sowohl vor Erkrankungen durch Poliowildviren als auch durch cVDPV geschützt.

Da weltweit nur noch sehr wenige durch Wildvirus verursachte Polio-Fälle auftreten, ist es wichtig, durch gezielte Impfkampagnen die Zirkulation von cVDPV im Ausbruchsfall schnellstmöglich zu unterbrechen. (1)

In den letzten Jahren ist es vermehrt zu Ausbrüchen durch cVDPV2, vor allem die Ausbrüche in Afrika mit internationaler Ausbreitung sind besorgniserregend. Auch der 2019 durch cVDPV1 verursachte Ausbruch an der thailändischen Grenze im Myanmar bei einer Bevölkerung, die durch regierungsgesteuerte Immunisierungsprogramme nicht erreicht werden kann, zeigt, wie Krisenregionen ein zusätzliches Risiko für Ausbrüche darstellen können (Statement of the Twenty-Second IHR Emergency Committee Regarding the International Spread of Poliovirus).

Im Rahmen der globalen „Polio Endgame Strategy“ der Weltgesundheitsorganisation ist daher beabsichtigt, bis 2020 OPV weltweit in allen Nationalen Impfprogrammen durch inaktivierte Polio-Impfstoffe (IPV) zu ersetzen, bei denen die Entstehung von cVDPV ausgeschlossen ist. In Deutschland wird bereits seit 1998 auf Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) ausschließlich IPV zur Polio-Impfung verwendet.

1 World Health Organization (WHO) Online Questions and Answers: What is vaccine-derived Polio?

Stand: 10.07.2020

Welche Bedeutung hat die Ausrufung einer „Gesundheitlichen Notlage mit internationaler Tragweite“ durch die WHO am 5. Mai 2014 für die Polio-Impfempfehlungen in Deutschland

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte angesichts der internationalen Ausbreitung der Poliomyelitis am 5. Mai 2014 eine "Public Health Emergency of International Concern“ (PHEIC) erklärt, zu Deutsch „Gesundheitliche Notlage mit internationaler Tragweite“. Der Status wurde bis heute beibehalten, wobei 2019 die höchsten Fallzahlen seit dem Zeitpunkt der Erklärung verzeichnet wurden. Der initiale Fortschritt bei der Ausrottung des Poliovirus scheint wieder verloren, da weiterhin mit Wildpoliovirus Typ 1 infizierte Fälle in Afghanistan und Pakistan sowie Ausbrüche durch Impfstoff-abgeleitete Viren (circulating vaccine-derived polioviruses, cVDPV) registriert werden.

Als mit Wildpoliovirus-infizierte Länder gelten laut WHO aktuell Pakistan und Afghanistan. Um einen möglichen Export von Polio-Wildviren aus diesen Ländern zu verhindern, hat die WHO die dringende Empfehlung ausgesprochen, dass Personen vor Ausreise aus einem dieser Länder gegen Polio geimpft werden sollten. Dies betrifft Einheimische und Personen, die sich mehr als 4 Wochen in einem dieser Länder aufgehalten haben, sofern ihre letzte Polio-Impfung mehr als 12 Monate zurückliegt. Aktuelle Informationen über den Status eines Landes, ob noch Poliowildviren oder cVDPV zirkulieren oder ob ein Land als vulnerabel eingestuft wird, sind unter "Public Health Emergency status" zu finden.

Für poliofreie Länder wie Deutschland ist die Ausrufung der PHEIC mit keinen spezifischen Impfempfehlungen verbunden. Falls die WHO-Empfehlungen in den betroffenen Ländern konsequent umgesetzt werden, würde dies allerdings bedeuten, dass Reisende, die sich länger als 4 Wochen in einem der genannten Länder aufgehalten haben, bei Abreise zu einer Polio-Impfung (vermutlich überwiegend mit einem oralen Lebendimpfstoff, OPV) verpflichtet werden könnten, sofern sie in den letzten 12 Monaten keine Polio-Impfung bekommen haben.

Von daher sollte Reisenden, die einen längeren Aufenthalt in einem der genannten Länder planen, die Situation erklärt und eine Impfung mit inaktiviertem Polio-Impfstoff (IPV) vor Abreise angeboten werden, sofern ihre letzte Polio-Impfung am Ende des Aufenthalts mehr als 12 Monate zurückliegen wird. Die Impfung sollte in einem internationalen Impfpass dokumentiert werden. Diese Impfempfehlung weicht von der bestehenden STIKO-Empfehlung ab, der zufolge eine Auffrischimpfung vor Reisen in Polio-Endemiegebiete frühestens 10 Jahre nach der letzten Impfung empfohlen wird.

Die Empfehlung der WHO galt ab dem 5. Mai 2014 zunächst zeitlich befristet für 3 Monate. Sie wurde seitdem regelmäßig um 3 Monate verlängert. Im Hinblick auf die PHEIC, die durch COVID-19 entstanden ist, geht die WHO von einer außergewöhnlichen Situation mit erhöhtem Risiko einer Ausbreitung der Polioviren aus, sodass der Status PHEIC für Polio vermutlich noch länger beibehalten wird. Über eventuelle weitere Verlängerungen der PHEIC entscheidet die WHO alle 3 Monate nach erneuter Situationsbeurteilung. Eine Änderung der STIKO-Empfehlungen ist derzeit nicht beabsichtigt.

Stand: 10.07.2020

Welche Bedeutung haben Poliofälle in Ländern, in denen die Polio bereits als eradiziert galt?

Das Auftreten von zirkulierenden impfstoffabgeleitete Polioviren (circulating Vaccine Derived Poliovirus, cVDPV) in Ländern, in denen die Poliomyelitis schon seit Jahrzehnten als eradiziert gilt, zeigt die Bedeutung einer hohen Impfquote in der Bevölkerung. Eine Impfquote von > 95 % kann eine Ausbreitung des Virus und somit größere Ausbrüche verhindern. Die Impfquote in Deutschland für drei Dosen Polioimpfstoff liegt für Kinder im Alter von 15 Monaten bei 90,1 % (Ergebnisse der Impfsurveillance der Kassenärztlichen Vereinigung, Geburtsjahr 2018; Stand Dezember 2021), mit deutlichen Schwankungen zwischen den einzelnen Bundesländern. Die niedrigsten Impfquoten wurden in Baden-Württemberg (87,0 %) und Bayern (87,3 %) ermittelt. Jeder Arztbesuch sollte daher genutzt werden, um den Impfausweis zu überprüfen und eventuelle Impflücken rasch zu schließen.

Stand: 13.10.2022

Wo steht die weltweite Eradikation der Poliomyelitis 2022?

Nachdem im Jahr 2015 der Typ 2 der Poliowildviren (Wild Polio Virus Type 2, WPV2) als eradiziert erklärt wurde, folgte 2019 der Typ 3. Aktuell zirkuliert nur noch WPV1 (Stand Oktober 2022).

Der erfolgreiche Rückgang der weltweiten Poliofälle seit 1988 um über 99 % war durch den Einsatz des oralen Polio-Impfstoffs (OPV) möglich. In unzureichend geimpften Populationen können die abgeschwächten Impfviren allerdings mutieren und wieder die Fähigkeit gewinnen, Nervenzellen zu infizieren. Eine solche Infektion der Nervenzellen im Rückenmark kann zu den gleichen Symptomen führen wie eine Infektion mit WPV, z.B. zu einer aseptischen Meningitis/Enzephalitis oder einer akuten schlaffen Parese (Acute Flaccid Paralysis, AFP). Nur eine vollständige Impfung kann vor einer Erkrankung schützen, wobei in Deutschland seit 1998 ausschließlich der inaktivierte Polio-Impfstoff (IPV) verwendet wird.

Im Jahr 2022 traten weltweit bislang 29 AFP-Fälle nach Infektion mit WPV1 auf (Afghanistan, Mosambik und Pakistan) sowie 391 Fälle mit zirkulierenden impfstoffabgeleitete Polioviren (circulating Vaccine Derived Poliovirus, cVDPV), vor allem cVDPV2-Fälle in afrikanischen Ländern (Datenstand 04. Oktober 2022). Die wöchentlich aktualisierten Zahlen können hier abgerufen werden.

Seit der Erklärung der „Gesundheitlichen Notlage mit internationaler Tragweite“ (Public Health Emergency of International Concern, PHEIC) im Mai 2014 wird die internationale Polio-Situation alle drei Monate vom IHR- (International Health Regulations) Notfallkomitee der WHO für Polio (Polio IHR Emergency Committee) neu bewertet. Länder mit nachgewiesener Viruszirkulation werden je nach epidemiologischer Situation einer von insgesamt drei Kategorien zugeordnet. Die Zuordnung beinhaltet eine Konsequenz für die jeweilige Impfindikation sowohl für die Bevölkerung des betroffenen Landes als auch für Reisende.

Stand: 13.10.2022

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