Navigation und Service

Zielgruppeneinstiege

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Mit dem Klick auf "Erlauben" erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihren Aufenthalt auf der Seite anonymisiert aufzeichnen. Die Auswertungen enthalten keine personenbezogenen Daten und werden ausschließlich zur Analyse, Pflege und Verbesserung unseres Internetauftritts eingesetzt. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz

OK

Arbeitsbereiche des NRZ Poliomyelitis und Enteroviren

Molekularepidemiologische Analyse ausgewählter Picornavirus-Serotypen

Die molekulare Feincharakterisierung zirkulierender Enteroviren ermöglicht Aussagen zur phylogenetischen Verwandtschaft und zur Aufklärung von Infektketten. Über die Methoden der Nukleinsäureamplifikation und Se­quen­zierung in verschiedenen Genomregionen werden Aussagen zur Erreger­variabilität, insbesondere zum antigenen Drift innerhalb eines Entero­virus­typs getroffen und mit biologischen Eigenschaften (z. B. im Neutralisationstest) verglichen. Zudem wird auch das Ziel verfolgt, über Amplifikationstechniken mit anschließender Se­quen­zierung in der proteinkodierenden Region Informationen zum Enterovirustyp direkt aus klinischem Originalmaterial unter Umgehung der Virusanzucht zu erhalten. Beispiele für aktuell am NRZ PE bearbeitete Picorna­virus­typen sind Enterovirus Typ A71 (EV-A71) und humane Parechoviren (HPeV).

Enterovirus Typ A71 (EV-A71)

Enterovirus A71 ist weltweit verbreitet und verursacht vor allem in Südostasien immer wieder große Hand-Fuß-Mund-Epidemien mit teilweise fatalen Krankheits­verläufen. In Deutschland wird EV-A71 vorrangig bei aseptischen Meningitiden/ Enzephalitiden nachgewiesen, seltener bei Patienten mit akuten schlaffen Paresen.

Die im Rahmen der bundesweiten Enterovirussurveillance (EVSurv) eingehenden EV-A71-positiven Proben werden im NRZ PE molekularbiologisch und virologisch untersucht. Die EV-A71-spezifische PCR in der VP1-Region ermöglicht nicht nur die Bestimmung des Typs, sondern auch die Zuordnung zu einer Genogruppe. Dabei zeigte sich beispielweise, dass im Jahr 2011 zusätzlich zur bis dahin dominierenden Genogruppe C2 auch C4-Viren nachgewiesen werden konnten, die hohe Homologien zu den in Südostasien zirkulierenden Viren aufwiesen. 2015 wurde in Deutschland eine neue Variante innerhalb der Genogruppe C1 nach­gewiesen. Diese rekombinanten Viren verursachten 2016 in Spanien/Katalonien einen Ausbruch (Hirnstammenzephalitis) und wurden auch in anderen europäischen Ländern (z. B. Frankreich, Niederlande, Dänemark) sowie weltweit (z. B. USA, Japan, Australien, Afrika) nachgewiesen.

Für ein besseres Verständnis der Epidemiologie enteroviraler Infektionen ist eine Überwachung zirkulierender Enteroviren von großer Bedeutung. Da es sich hierbei nicht um bundesweit meldepflichtige Erkrankungen bzw. Erreger nach Infektions­schutz­gesetz (IfSG) handelt (außer bei Verdacht auf Poliomyelitis), ist das NRZ PE auf die Unterstützung der Gesundheitsämter sowie der einsendenden Kliniken angewiesen. Im Rahmen der bundesweiten Enterovirussurveillance sowie bei HFMK-Ausbruchsgeschehen erfolgt der Nachweis/Typisierung von Enteroviren im NRZ PE kostenlos.

Humane Parechoviren (HPeV)

Parechoviren verursachen in der Regel milde Infektionen des Gastrointestinal- und Respirationstrakts. Neben Meningitis/Enzephalitis aber auch Myokarditis stellen sich vor allem Infektion bei Kindern unter 3 Monaten als neonatale Sepsis dar. Infektionen mit Parechoviren sind weit verbreitet und treten vor allem in den ersten fünf Lebensjahren auf. Neonatale Infektionen stellen sich meist als Sepsis dar. Während die Parechovirustypen 1 und 2 bereits seit langem bekannt sind, konnten in jüngster Zeit mit Hilfe molekularer Verfahren mindestens 15 weitere Parechovirustypen detektiert werden. Die Sequenzierung der proteinkodierenden VP1-Region sowie bei besonderen Fragestellungen des Gesamtgenoms ermöglicht molekularepidemiologische Untersuchungen zu den in Deutschland zirkulierenden Parechoviren.

Mitarbeit im Europäischen Netzwerk für Nicht -Polioviren (ENPEN)

Das Europäische Netzwerk für Nicht-Polio-Enteroviren (ENPEN) wurde unter der Schirmherrschaft der Europäischen Gesellschaft für klinische Virologie (ESCV) eingerichtet. ENPEN bringt Fachleute aus verschiedenen klinischen Fach­bereichen (Pädiatrie, Neurologie, Virologie), aus Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitswesens, nationalen Referenzlaboratorien und Hoch­schulen aus über 20 europäischen Ländern zusammen. Das NRZ PE beteiligt sich seit Beginn aktiv an diesem Netzwerk, dessen Hauptziel die Sensibilisierung für eine wirksamere Erkennung von Erkrankungen durch Enteroviren, Austausch von Daten zu Ausbrüchen und neu auftretende Entero­viren sowie die Verbesserung entsprechender Surveillancemaßnahmen ist.

Aktuelle Themenbereiche umfassen:

  • Empfehlungen für die Diagnostik und Charakterisierung von Enteroviren
  • Multizentrische Bewertung von Nachweis- und Typisierungsmethoden für humane Enteroviren und Parechoviren unter Verwendung von RNA-Transkripten
  • Empfehlungen für die Nomenklatur von Enteroviren und Rhinoviren
  • Erfassung von Daten zur Zirkulation von Nicht-Polioviren
  • Studien zur Zirkulation klinisch relevanter Typen (E30, EV-D68)

Intratypische Differenzierung der Polioviren (Unterscheidung zwischen Impf- und Wildviren)

Als Regionales Referenzlabor der WHO/EURO für Poliomyelitis ist das NRZ Poliomyelitis und Enteroviren zuständig für Mittel- und Westeuropa (Polen, Ungarn, Spanien, Portugal, Frankreich, Schweiz, Belgien, Luxemburg, Republik Moldau). Die Hauptaufgabe besteht hierbei in der Sequenzierung der proteinkodierenden VP1 Region der eingeschickten Poliovirusisolate. Europa wurde vor über 20 Jahren (Juni 2002) als poliofrei zertifiziert. Da jedoch die globale Eradikation noch nicht erreicht werden konnte, besteht die Gefahr der Wiedereinschleppung von Poliowildviren in poliofreie Länder. In der Endphase der Polioeradikation sind vakzineabgeleitete Polioviren (VDPV) von besonderem Interesse. Wie die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, können solche Viren bei nicht ausreichender Populationsimmunität in der Bevölkerung zirkulieren (cVDPV) und Polioepidemien hervorrufen (z. B. Hispaniola, Philippinen). Aber auch bei Personen mit Immundefizienz können Polioviren über viele Jahre ausgeschieden werden (iVDPV).

Deshalb muss auch weiterhin die Zirkulation von Polioviren überwacht werden. Von der WHO wird gefordert, dass alle Polioviren (unabhängig von ihrer Herkunft) einer Impf-/Wildvirusdifferenzierung unterzogen werden. Dabei kommen PCR-basierte Methoden zum Einsatz (z. B. Sabin-Impfvirusspezifische PCR oder Screening von VDPV). Auch die Sequenzierung von Polioviren in verschiedenen Genomregionen ist am NRZ PE etabliert (VDPV weisen 1 - 15% Nukleotid­sequenz­abweichung in der proteinkodierenden Region VP1 im Vergleich zum Sabin-Impfstamm auf).

Nachweis von Polioviren in Abwasserproben (PIA)

Derzeit wird in Deutschland zur Überwachung der Poliofreiheit eine syndromische Surveillance hospitalisierter Patienten mit Verdacht auf aseptische Meningitis/ Enzephalitis oder akuten schlaffen Paresen (AFP) durchgeführt (Enterovirus­surveillance, EVSurv). In der Endphase der Polioeradikation könnte jedoch zusätzlich auch die virologische Untersuchung von Abwasserproben als Früh­warn­system eine zunehmende Rolle spielen. Um auf die perspektivischen Veränderungen der WHO-Anforderungen adäquat reagieren zu können, wurde am NRZ PE im Rahmen eines BMG-geförderten Pilotprojektes eine Methode zum sicheren Nachweis von Polioviren aus Abwassserproben etabliert. Diese Machbarkeitsstudie erfolgt in enger Kooperation mit dem Umweltbundesamt (UBA). Seit Mai 2021 werden wöchentlich Abwasserproben aus mehreren Klärwerken auf Polioviren untersucht. Dabei liefert die Anzucht auf verschiedenen Zelllinien (RD, L20B) mit anschließender Sequenzierung der proteinkodierenden VP1 Region die sensitivsten Ergebnisse. Erste Ergebnisse der Testung finden sich hier.

Es wird angestrebt, perspektivisch weitere Partner zu akquirieren, die ebenfalls eine für den Poliovirusnachweis geeignete Abwasserkonzentrierung durchführen können. Durch Ringversuche soll eine hohe Sensitivität und Qualität der verwendeten Labormethoden sichergestellt werden. Beim Verdacht auf eine Zirkulation von Polioviren könnten somit Abwassertestungen an verschiedenen Standorten in Deutschland dazu beitragen, das Ausmaß der Verbreitung der Polioviren besser zu beurteilen.

Stand: 13.10.2023

Zusatzinformationen

Gesundheits­monitoring

In­fek­ti­ons­schutz

Forschung

Kom­mis­sio­nen

Ser­vice

Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit

© Robert Koch-Institut

Alle Rechte vorbehalten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt.