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Echinokokkose

RKI-Ratgeber

Präambel

Die Herausgabe der RKI-Ratgeber erfolgt durch das Robert Koch-Institut (RKI) auf der Grundlage des § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zielgruppe der RKI-Ratgeber sind Fachkreise, u.a. Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Informationen zu wichtigen Infektionskrankheiten sollen aktuell und konzentriert der Orientierung dienen. Die Beiträge werden in Zusammenarbeit mit den Nationalen Referenzzentren (NRZ), Konsiliarlaboren (KL) sowie weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet. Die RKI-Ratgeber sind auf der Internetseite des RKI (www.rki.de/ratgeber) abrufbar. Neu erstellte RKI-Ratgeber und deutlich überarbeitete Folgeversionen werden im Epidemiologischen Bulletin (www.rki.de/epidbull) veröffentlicht.

Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 45/2005 im November 2005, letzte Aktualisierung der Abschnitte „Gesetzliche Grundlage“ und „Beratung und Spezialdiagnostik“ vom Februar 2018.

Echinokokkose

Im vorliegenden Ratgeber werden zunächst grundsätzliche Angaben zum Erreger und zum Vorkommen gemeinsam abgehandelt, danach werden die beiden wesentlichen Krankheitsbilder zystische Echinokokkose und alveoläre Echinokokkose getrennt dargestellt. In den Kapiteln zu Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen und zur Meldepflicht werden beide Krankheitsbilder gemeinsam abgehandelt.

Die Echinokokkose wird durch Vertreter der Gattung Echinococcus (E.) hervorgerufen – die zystische Echinokokkose durch den Kleinen Hundebandwurm (E. granulosus) und die alveoläre Echinokokkose durch den Kleinen Fuchsbandwurm (E. multilocularis). E. vogeli kommt nur in Zentral- und Südamerika vor, Infektionen beim Menschen sind sehr selten.

Die Gattung Echinococcus ist durch einen obligaten Wirtswechsel charakterisiert, bei dem die geschlechtsreifen, sehr kleinen Bandwürmer im Dünndarm von Endwirten (Fleischfresser, in Europa vor allem Hundeartige, selten Katzen) parasitieren, während sich das Larvenstadium in Organen von Zwischenwirten (meist Nagetiere und Schafe sowie Tiere, die den Endwirten als Nahrung dienen) entwickelt. Der Mensch kann als Fehlwirt von dem Larvenstadium befallen werden.

In Deutschland wurden beispielsweise für das Jahr 2004 an das Robert Koch-Institut 66 Erkrankungsfälle an zystischer Echinokokkose und 16 Erkrankungen an alveolärer Echinokokkose gemeldet. In 15 Fällen wurde eine Echinokokkose ohne Differenzierung gemeldet (Datenstand: 01.03.2005). Generell ist bei der Echinokokkose von einer bisher nicht quantifizierbaren Untererfassung auszugehen. Weitere Informationen zu Erkrankungszahlen finden sich im Internet unter www.rki.de > Infektionsschutz > Jahrbuch bzw. > SurvStat (aktueller Datenstand).

Zystische Echinokokkose

Erreger

E. granulosus ist ein 4–7 mm langer Bandwurm (Cestoda) mit häkchenbesetztem Skolex, er besteht typischerweise aus 3 (2–6) Gliedern (Proglottiden). Diese enthalten einen mit seitlichen Aussackungen versehenen Uterus, der in reifem Zustand bis zu 1.500 Eier beherbergt. Die eigefüllten reifen Endglieder lösen sich vom Wurm ab und werden mit dem Kot ausgeschieden. Nach oraler Aufnahme der Eier durch den Zwischenwirt bilden sich Larven, die in der Regel hämatogen in die Leber, aber auch in die Lunge und sehr selten in andere Organe gelangen und dort verbleiben. Es bildet sich eine Zyste (Hydatide), die einen Durchmesser von einigen Dezimetern erreichen kann. Im Gegensatz zur alveolären Echinokokkose induziert die zystische Echinokokkose die Bildung einer wirtsseitigen Bindegewebskapsel. Die Zystenwand besteht aus mehreren Schichten – einer äußeren Bindegewebsschicht, die vom Wirt gebildet wird, einer laminierten Membran (Cuticula) und einer Keimschicht. Aus der Keimschicht entwickeln sich Knospen (Brutkapseln), in denen sich die Protoscolices (Kopfanlagen) entwickeln.

Vorkommen

E. granulosus ist weltweit verbreitet. In Europa kommt der Parasit vor allem in Mittelmeerländern und auf dem Balkan vor, wo die Schafhaltung von großer Bedeutung ist.

In Deutschland gibt es wahrscheinlich kaum mehr autochthone Infektionen, die überwiegende Zahl der hier beobachteten Erkrankungen tritt vermutlich bei Migranten auf, die sich in ihren Herkunftsländern infiziert haben. Auch Infektionen durch importierte Hunde sind möglich. Erkrankungen von Touristen, die sich auf Reisen in endemischen Gebieten infiziert haben, sind eine Seltenheit.

Reservoir

Hauptendwirt von E. granulosus ist der Hund, selten die Katze. Nach Fressen von rohen larvenhaltigen Innereien entwickeln sich beim Hund die adulten Bandwürmer. Wiederkäuer (v.a. Schafe, Rinder) dienen als Zwischenwirt. Sie nehmen die Eier beim Grasen auf kontaminierten Weiden auf. In Polen ist der Zwischenwirt für E. granulosus das Schwein (besonderer Stamm).

Der Mensch kann als Fehlwirt mit dem Larvenstadium befallen werden.

Infektionsweg

Als Übertragungswege des Parasiten über die mit dem Kot des Hauptwirtes ausgeschiedenen Eier kommen für den Menschen direkte Kontakte (Fell des Hauptwirtes), Schmierinfektionen, der Umgang mit kontaminierter Erde oder die Aufnahme kontaminierter Nahrungsmittel in Betracht. Infektionsgefahr besteht vor allem in Hochendemiegebieten dort, wo unter schlechten hygienischen Bedingungen enge Kontakte mit dem Hauptwirt (Hund) bestehen.

Im Darm schlüpfen die Larven und erreichen über die Pfortader die Leber und von dort auch andere Organe wie z.B. die Lunge.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit ist variabel und kann einen Zeitraum von mehreren Monaten bis zu vielen Jahren umfassen.

Ansteckungsfähigkeit

Eine Ansteckungsfähigkeit von Mensch zu Mensch besteht nicht. Operationsmaterial ist nicht infektiös.

Klinische Symptomatik

Von der zystischen Echinokokkose sind alle Altersgruppen betroffen, auch Kleinkinder, Kinder und Jugendliche. Der klinische Verlauf ist sehr variabel und hängt von der Lokalisation der Zysten, ihrer Größe und der Wirtsreaktion ab. Das Krankheitsbild ist durch langsam größer werdende Zysten (insbesondere in Leber und Lunge) gekennzeichnet, die über mehrere Jahre symptomlos bleiben können und erst durch ihre Raum fordernde Wirkung, sekundäre bakterielle Infektion der Zysten, zystobiliäre bzw. -bronchiale Fisteln oder anaphylaktische Reaktionen nach Ruptur symptomatisch werden. Bei den meisten Patienten ist nur ein Organ betroffen. Am häufigsten finden sich Zysten der Leber (70%) und der Lunge (20%). Größere Leberzysten können als Resistenz im rechten Oberbauch getastet werden. Bauchschmerzen treten häufig als erste Symptome auf. Die Kompression von Gallengängen und der Übertritt von Zysteninhalt über zystobiliäre Fisteln in die Gallenwege führen zur Gallenwegsobstruktion, evtl. begleitet von einer Cholangitis. Austritt von Hydatidenflüssigkeit aus einer Zyste kann von leichten allergischen Reaktionen bis hin zum anaphylaktischen Schock führen.

Sekundäre Echinokokkosen können beispielsweise durch den Austritt von Hydatidenflüssigkeit in die Pleura- oder Peritonealhöhle entstehen. Die klinische Symptomatik der seltenen Zystenlokalisationen (u.a. zerebral, spinal, kardial, ossär) ist organbezogen und vielfältig.

Remissionen ohne Therapie werden häufig beobachtet und zeigen die Gutartigkeit dieser Erkrankung, solange keine der oben aufgeführten Risikokonstellationen vorliegen. Die Differenzialdiagnosen sind vielfältig und umfassen dysontogenetische Zysten, benigne und maligne Tumoren, Abszesse, die Tuberkulose und die alveoläre Echinokokkose.

Diagnostik

Im Frühstadium der Erkrankung ist eine Diagnosestellung sehr schwierig. Die Diagnostik beruht auf bildgebenden Verfahren (in erster Linie Ultraschall, für bestimmte Fragestellungen Computer- und Magnetresonanztomographie). Die ultraschallbasierte Stadieneinteilung ist ein außerordentlich hilfreiches Instrument für die Diagnose, die Therapieentscheidung und die Verlaufsbeurteilung. Als serologische diagnostische Methoden finden IHA, ELISA, IFT und Western Blot zum Nachweis von Antikörpern Verwendung. Die serologische Unterscheidung von E. granulosus und E. multilocularis ist mit spezifischen Banden im Western Blot und in einem spezifischen ELISA-Test möglich. Ein negatives Ergebnis der Serologie schließt eine Erkrankung nicht aus.

Aus Operationsmaterial kann die Diagnose histologisch gestellt werden, aus Punktionsmaterial mikroskopisch (Protoscolices, Häkchen). Diagnostische Punktionen sollten nur unter Berücksichtigung von besonderen Vorsichtsmaßnahmen durchgeführt werden (s. a. unter Therapie).

Therapie

Prinzipiell sollten Patienten nur in ausgewiesenen Zentren behandelt werden, in denen eine interdisziplinäre Betreuung gewährleistet ist.

In Abhängigkeit vom Erkrankungsbild und Zystenstadium existieren mehrere therapeutische Optionen:

  • Watch-and-wait-Strategie bei inaktiven Zysten, die keine funktionellen Probleme verursachen.
  • Alleinige medikamentöse Behandlung mit Albendazol (unter begleitenden Kontrolluntersuchungen).
  • Operative Therapie, z.B. bei der häufigsten Manifestation, den Leberzysten, entweder mit einer Endozystektomie und Omentoplastik oder mit resezierenden Verfahren. Perioperativ wird mit Albendazol behandelt. Eine intraoperative Sterilisierung mit 20%iger Kochsalzlösung erfolgt wegen der Gefahr einer chemischen sklerosierenden Cholangitis nur nach sicherem Ausschluss zystobiliärer Fisteln.
  • Punktion-Aspiration-Injektion-Reaspiration (PAIR), wobei die Injektion der sterilisierenden Substanz (95%iger Alkohol) nur nach sicherem Ausschluss zystobiliärer Fisteln (s.o.) durchgeführt wird. Periinterventionell wird mit Albendazol behandelt.

Alveoläre Echinokokkose

Erreger

Der adulte E. multilocularis ist ein 2–4 mm langer Bandwurm (Cestoda), der typischerweise 5 (2–6) Glieder (Proglottiden) aufweist und einen sackförmigen Uterus, der ca. 200 Eier enthält, besitzt. Zwischen- und Fehlwirte infizieren sich durch orale Aufnahme der Eier. Fast stets ist ausschließlich die Leber von der Larve befallen. Im Gegensatz zu E. granulosus bildet sich jedoch keine geschlossene Zyste, sondern es kommt zu einem infiltrativen Wachstum der Larve, vergleichbar mit dem Wachstum eines malignen Tumors. Das Keimepithel bildet Sprossen, die das Lebergewebe durchsetzen. Im natürlichen Zwischenwirt bilden sich zahlreiche Protoscolices (Kopfanlagen) aus, beim Menschen (Fehlwirt) kommt dies nur in Ausnahmefällen vor.

Vorkommen

E. multilocularis ist nur auf der nördlichen Hemisphäre verbreitet. In Europa gilt insbesondere das Gebiet als hochendemisch, das Süddeutschland (Baden-Württemberg, Bayern), die Nordschweiz, Westösterreich und Ostfrankreich umfasst. Der Großteil der in Deutschland bekannt gewordenen Fälle stammt aus ländlichen Regionen der südlichen Bundesländer, einzelne Erkrankungen wurden aber auch aus anderen Bundesländern gemeldet.

Als Folge der zunehmenden Besiedlung von Städten und bewohnten Gebieten durch Füchse, aber auch durch Infektionen bei Hunden oder Katzen können Eier des Kleinen Fuchsbandwurms auch in das städtische Umfeld des Menschen gelangen.

Außerhalb Europas befinden sich hochendemische Gebiete in Nordchina und Sibirien. Des Weiteren gibt es einen Focus in Nordjapan (Hokkaido).

Reservoir

Hauptendwirt für E. multilocularis ist der Fuchs. Die epidemiologische Rolle der vor allem in Ostdeutschland neu etablierten, für den Erreger empfänglichen Marderhundpopulation ist noch offen. Infektionen bei Hunden sind möglich, Katzen scheinen als Wirt eine untergeordnete Bedeutung zu haben, da der Parasit sich in ihrem Darm nur langsam entwickelt und nur wenige Eier produziert.

Das Larvenstadium (Metazestode) befällt Nagetiere als Zwischenwirt (z.B. Feld-, Wühlmäuse, Bisamratten) oder auch den Menschen als Fehlwirt. Die Infektion der Endwirte erfolgt durch den Verzehr infizierter Nagetiere. Eine Infektion des Menschen durch Kontakt mit infizierten Nagetieren ist jedoch nicht möglich.

Infektionsweg

Der Mensch nimmt die Wurmeier durch kontaminierte Hände entweder nach direktem Kontakt mit infizierten Endwirten (Fuchs, Hund, Katze), an deren Fell die Eier haften können, oder durch Umgang mit kontaminierter Erde auf. Die Möglichkeit der Übertragung durch kontaminierte Nahrungsmittel (Waldbeeren, Pilze) bzw. kontaminiertes Wasser ist nicht geklärt.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit ist nicht bekannt, man geht aber von einem Zeitraum von 10–15 Jahren aus.

Ansteckungsfähigkeit

Eine Ansteckungsfähigkeit von Mensch zu Mensch besteht nicht. Operationsmaterial ist nicht infektiös.

Klinische Symptomatik

Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen 50 und 60 Jahren. Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sind sehr selten und wurden überwiegend bei Immunschwäche beobachtet. Der klinische Verlauf bei der alveolären Echinokokkose kann sehr variabel sein. Nach einer peroralen Aufnahme von Eiern des Kleinen Fuchsbandwurms kommt es zu einer meist über viele Jahre unbemerkten Infektion der Leber. Die Larve wuchert im Lebergewebe und bildet einen alveolären Tumor. Meist treten lediglich unspezifische Oberbauchbeschwerden auf. Im weiteren Verlauf kann das befallene Organgebiet nekrotisch zerfallen. Es bilden sich Pseudozysten, die aber auf Grund der fehlenden Zystenwand bildgebend von der zystischen Echinokokkose unterschieden werden können. Die Kompression wichtiger Gefäße führt zu einer Reihe von Komplikationen, wie Cholestase, portale Hypertension, sekundäre Leberzirrhose. Durch infiltratives Wachstum oder durch lymphogene bzw. hämatogene Streuung kann es zu einem Befall anderer Organe (Peritoneum, Lunge, Gehirn) kommen. Die wichtigste Differenzialdiagnose ist das Leberzellkarzinom.

Insgesamt weist der Krankheitsverlauf eine stetige Progredienz auf. Unbehandelt führt die Erkrankung zum Tod.

Diagnostik

Für den Nachweis der tumorartigen Prozesse spielen bildgebende Verfahren (v. a. Ultraschall) eine bedeutende Rolle. Serologische Verfahren zum Nachweis von Antiköpern (ELISA, IHA, Western Blot) sind ebenfalls möglich, negative Ergebnisse schließen jedoch eine Erkrankung nicht aus. Bei Verwendung von Echinococcus-Rohantigen kann eine Echinokokkose in ELISA-Verfahren mit einer Sensitivität von ca. 95% nachgewiesen werden. Eine Differenzierung zwischen zystischer und alveolärer Echinokokkose ist über serologische Verfahren relativ schwierig. Bei hohen Antikörper-Titern ist jedoch auch hier eine Spezifität von 80–90% unter Verwendung rekombinanter Antigene zu erzielen. Aus Operationsmaterial kann die Diagnose histologisch gestellt werden. Zu beachten ist jedoch, dass Protoscolizes von E. multilocularis, anders als bei E. granulosus, im Fehlwirt Mensch nur sehr selten gebildet werden. Der Nachweis von Echinococcus-spezifischer DNA und mRNA aus Operationsmaterialien ist zwar möglich, bislang sind jedoch keine entsprechenden Verfahren validiert.

Therapie

Wie bei der zystischen Echinokokkose wird dringend empfohlen, Patienten in einem ausgewiesenen Zentrum zu behandeln.

Viele Patienten sind zum Zeitpunkt der Diagnose nicht mehr radikal operabel. Die medikamentöse Therapie mit Benzimidazolen (Mebendazol, Albendazol) ist daher Therapie der Wahl und wird bei diesen inoperablen Fällen lebenslang eingesetzt. Bei kurativ resezierbaren Befunden wird die Benzimidazoltherapie über mindestens 2 Jahre verabreicht.

Zystische und Alveoläre Echinokokkose

Präventiv- und Bekämpfungsmaßnahmen

1. Präventive Maßnahmen

Als Basis effektiver Verhütungs- und Bekämpfungsmaßnahmen ist eine eingehende Surveillance von Erkrankungsfällen und Infektionen sowohl beim Menschen als auch bei Tieren unabdingbar. Im Fall der Erkrankungen beim Menschen bietet das IfSG ein wirksames Instrumentarium, dessen Möglichkeiten umfassend ausgeschöpft werden sollten.

Die Bevölkerung sollte generell über das Infektionsrisiko aufgeklärt und darüber informiert werden, dass Infektionen durch die Einhaltung allgemeiner Hygienemaßnahmen (insbesondere Hände- und Nahrungsmittelhygiene) vermieden werden können.

Eier, die von infizierten Tieren ausgeschiedenen werden, haben eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Umwelteinflüssen und Desinfektionsmitteln. Sie können unter günstigen klimatischen Bedingungen über mehrere Monate infektiös bleiben. Dagegen überleben die Eier kurzzeitiges Aufkochen nicht und auch gegen Austrocknung sind sie sehr empfindlich. Zur Abtötung durch tiefe Temperaturen sind bei der alveolären Echinokokkose –80 °C über mehrere Tage erforderlich, bei der zystischen Echinokokkose ist dies nicht durch Studien gesichert.

Die regelmäßige Entwurmung von Hunden mit Praziquantel, Fleischbeschau und die sachgerechte Entsorgung von Schlachtabfällen sind die wichtigsten Maßnahmen, um die zystische Echinokokkose in Endemiegebieten unter Kontrolle zu bekommen bzw. die erreichte Kontrolle bzw. Eradikation aufrechtzuerhalten. Die Möglichkeiten und Grenzen einer Beköderung der regionalen Fuchspopulationen mit Praziquantel müssen weiter wissenschaftlich geprüft werden.

Alle bodennah wachsenden Nahrungsmittel, die möglicherweise mit dem Kot infizierter Endwirte kontaminiert sind, z.B. Beeren, Pilze, Gemüse, Salat und Fallobst, sollten vor dem Verzehr gründlich gewaschen und insbesondere in Gebieten mit erhöhtem Infektionsrisiko möglichst gekocht oder getrocknet werden. Nach Arbeiten, bei denen Kontakt zu Erde bestanden hat, müssen die Hände gründlich gewaschen werden.

Zusätzliche erregerspezifische Maßnahmen können sein:

E. granulosus - Aus südlichen Ländern sollten keine Hunde nach Deutschland mitgebracht werden bzw. wenn dies doch geschieht, sollten sie unbedingt entwurmt werden. Unabhängig davon muss das Tier über einen Tollwut-Impfschutz verfügen.

E. multilocularis - Tot aufgefundene oder bei der Jagd erlegte Füchse und Marderhunde dürfen nur mit Schutzhandschuhen angefasst und müssen für den Transport in Plastiksäcke verpackt werden. Hunde, die von Jägern in Fuchsbauten eingesetzt wurden, sollen anschließend zur Minimierung des Risikos gründlich abgeduscht werden. Hunde sollten von möglicherweise infizierten Beutetieren ferngehalten werden. Kot von Hunden, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich darin Bandwurmeier befinden, sollte vergraben oder verbrannt werden. Das gilt prinzipiell für den Kot von Nager verzehrenden Hunden, der nach Bandwurmbehandlungen abgesetzt wird, insbesondere in Hochendemiegebieten.

Der Zugang von Füchsen und Marderhunden zu bodennah wachsenden Obst- und Gemüsekulturen sollte durch eine entsprechende Umzäunung eingeschränkt oder vermieden werden.

2. Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen

Für erkrankte Personen sind neben der frühzeitigen Diagnostik und ggf. Einleitung einer Therapie keine spezifischen Maßnahmen erforderlich.

Kontaktpersonen von infizierten Tieren (z.B. Hund, Fuchs, Katze) sollten nach 4 Wochen sowie 6, 12 und 24 Monate nach dem wahrscheinlichen Kontakt serologisch untersucht werden, da so im Falle einer Infektion eine frühzeitige Überwachung und ggf. rechtzeitige Therapieeinleitung möglich wird. Bei anhaltendem Infektionsrisiko sollten die Kontrollen zweimal jährlich weitergeführt werden. Positive Testergebnisse müssen mit bildgebenden Verfahren verifiziert werden.

3. Maßnahmen bei Ausbrüchen

Ausbrüche durch eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung kommen nicht vor, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch nicht erfolgt. Es ist jedoch möglich, dass durch infizierte Tiere u. U. regional vermehrt Erkrankungsfälle auftreten könnten.

Gesetzliche Grundlage

Meldepflicht gemäß IfSG

Dem RKI wird gemäß § 7 Abs. 3 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von Echinococcus sp. nichtnamentlich gemeldet.
Die Meldungen müssen dem RKI spätestens 2 Wochen nach erlangter Kenntnis vorliegen.

In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichteten Personen benannt (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__8.html). In § 10 IfSG ist festgelegt, welche Angaben die nichtnamentliche Meldung an das RKI enthalten darf (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__10.html).

Meldebögen und Freiumschläge für die Rücksendung der Meldebögen für die nichtnamentliche Meldung können im RKI angefordert werden: www.rki.de > Infektionsschutz > Infektionsschutzgesetz > Meldebögen

Hinweis

Eindeutige Ultraschallbefunde oder eindeutige Befunde mit anderen bildgebenden Verfahren sind auch ohne serologische Bestätigung meldepflichtig.

Übermittlung

entfällt

Weitergehende Mitteilungspflichten

Es bestehen ergänzende Verordnungen in Sachsen.

Beratung und Spezialdiagnostik

Das Robert Koch-Institut führt keine individuelle medizinische Beratung zu Klinik, Therapie oder Impfungen durch. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an Ärzte oder Kliniken in Ihrer Nähe, bei denen möglichst eine Spezialisierung für Infektionskrankheiten besteht.

Bezüglich Fragen zu Infektionsschutz und -prävention, kontaktieren Sie bitte Ihr zuständiges Gesundheitsamt (https://tools.rki.de/plztool/).

Beratung zur Epidemiologie

Robert Koch-Institut
Abteilung für Infektionsepidemiologie
Fachgebiet 35 - Gastroenterologische Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen
Seestraße 10, 13353 Berlin
E-Mail: Kontaktformular

Beratung zur Spezialdiagnostik

Konsiliarlaboratorium für Echinokokken
Universitätsklinikum Würzburg
Institut für Hygiene und Mikrobiologie
Ansprechpartner: Prof. Dr. Klaus Brehm
Tel.: 0931 31 46168
E-Mail: kbrehm@hygiene.uni-wuerzburg.de 

Ausgewählte Informationsquellen

  1. Deplazes P, Hegglin D, Gloor S, Roming T: Wilderness in the city: the urbanization of Echinococcus multilocularis. Trends Parasitol 2004; 20:77–84
  2. DGPI-Handbuch: Infektionen bei Kindern und Jugendlichen: 4. Aufl., Futuramed-Verlag, München, 2003; 280–286
  3. Eckert et al. (eds): Prevention of echinococcosis in humans and safty precautions. WHO/OIE Manual on Echinococcosis in Humans and Animals: a Public Health Problem of Global Concern. 2001; 20–71 at 238–247
  4. Heymann D. L. (ed): Control of Communicable Diseases Manual. American Public Health Association 2004; 183–187
  5. Hosch W, Junghanss T, Werner J, Düx M: Zystische Echinokokkose: Die Schlüsselrolle bildgebender Verfahren in Diagnostik und Therapie. Fortschr Röntgenstr 2004; 176:679–687
  6. Kern P: Echinococcus granulosis infection: clinical presentation, medical treatment and outcome. Langenbecks Arch Surg 2003; 388:413–420
  7. Kern P, Ammon A, Kron M, Sinn G, Sander S, Petersen LP, Gaus W, Kern P: Risk Factors for Alveolar Echinococcosis in Humans. Emerg Inf Dis 2004; 10:2088–2093
    (www.cdc.gov/ncidod/EID/vol10no12/03-0773.htm)
  8. Kern P, Bardonnet K, Renner E, Auer H, Pawlowski Z, Amman RW, Vuitton DA, Kern P: European echinococcus registry: human alveolar echinococcus, Europe, 1982-2000. Emerg Infect Dis 2003; 9:343–349
  9. RKI: Zoonosen. Jahresbericht 2004.
    Epid Bull 2005; 28: 237–238
  10. RKI: Zystische Echinokokkose: Eine Befragung von Pathologen dient der Surveillance und führt zu praktischen Schlussfolgerungen.
    Epid Bull 2005; 38:347–349
  11. World Health Organization (WHO): Puncture aspiration injection reaspiration – an option for the treatment of cystic echinococcus.
    (https://apps.who.int/iris/handle/10665/67207)

Besonderer Dank gilt nachfolgend aufgeführten Kollegen, die als externe Experten an der Erstellung dieses Ratgebers mitgewirkt haben: Herrn Dr. T. Junghannss, Universitätsklinikum Heidelberg, Herrn Prof. Dr. P. Kern, Universitätsklinikum Ulm, Herrn PD Dr. J. Richter, Universitätsklinikum Düsseldorf, sowie Frau Dr. K. Tackmann, Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Wusterhausen.

Redaktion der Reihe "RKI-Ratgeber"

Hinweise zur Reihe "RKI-Ratgeber" richten Sie bitte an das Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie (Kontaktformular) oder an die Redaktion des Epidemiologischen Bulletins (Kontaktformular).

Stand: 25.11.2005

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