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EHEC-Erkrankung

RKI-Ratgeber

Präambel

Die Herausgabe der RKI-Ratgeber erfolgt durch das Robert Koch-Institut (RKI) auf der Grundlage des § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zielgruppe der RKI-Ratgeber sind Fachkreise, u.a. Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Informationen zu wichtigen Infektionskrankheiten sollen aktuell und konzentriert der Orientierung dienen. Die Beiträge werden in Zusammenarbeit mit den Nationalen Referenzzentren (NRZ), Konsiliarlaboren (KL) sowie weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet. Die RKI-Ratgeber sind auf der Internetseite des RKI (www.rki.de/ratgeber) abrufbar. Neu erstellte RKI-Ratgeber und deutlich überarbeitete Folgeversionen werden im Epidemiologischen Bulletin (www.rki.de/epidbull) veröffentlicht.

Erstveröffentlichung im Epidemiologischen Bulletin 31/1999, überarbeitete Fassung vom Juni 2011. Letzte Aktualisierungen:

  • Abschnitte "Gesetzliche Grundlage" und "Beratung und Spezialdiagnostik", Februar 2018
  • Abschnitte "Erreger", "Pathogenese", "Vorkommen", "Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen", "Infektionsweg", "Dauer der Ansteckungsfähigkeit", "Diagnostik", November 2019

Erreger

Enterohämorrhagische Escherichia (E.) coli sind Bakterien (gramnegative Stäbchen), welche die grundsätzliche Eigenschaft zur Bildung bestimmter Zytotoxine, der Shigatoxine – Stx (Synonyme: Shiga-like-Toxine – SLT, Verotoxine – VT) besitzen. Sie werden unter dem Begriff Shigatoxin- bzw. Verotoxin-produzierende E. coli (STEC bzw. VTEC) zusammengefasst. Historisch wurden diejenigen STEC als EHEC bezeichnet, die in der Lage waren, schwere Erkrankungen (hämorrhagische Kolitis und hämolytisch-urämisches Syndrom – HUS) hervorzurufen. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher STEC-Stämme auch von Patienten mit milden gastroenteritischen Symptomen isoliert, so dass im Infektionsschutzgesetz (IfSG) unter dem Begriff EHEC diejenigen STEC verstanden werden, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserscheinungen auszulösen und damit humanpathogen sind. Aufgrund ihrer Antigenstruktur gehören sie verschiedenen Serogruppen (Einteilung nach Oberflächen-O-Antigenen) an. Die weltweit bedeutendste EHEC-Serogruppe ist O157. Dies trifft auch auf Deutschland zu. Weitere häufig isolierte Serogruppen sind O26, O91, O103 und O145. Da im Zusammenhang mit EHEC-Erkrankungen des Menschen immer noch neue Serogruppen bzw. Serovare (Einteilung nach O- und H-Antigenen, z.B. O157:H7) ermittelt werden, ist eine Definition ausschließlich humanpathogener STEC auf dieser Basis nicht möglich. Es gibt zwei Typen von Shigatoxinen, die an unterschiedlichen Genloci (stx1-Gen und stx2-Gen) codiert sind. Die stx-Gene können in weitere Subtypen unterteilt werden (stx1a bis stx1c und stx2a bis stx2i). Schwere Erkrankungen, insbesondere blutige Durchfälle und Komplikationen wie das HUS, werden fast ausschließlich durch durch stx2-positive EHEC-Stämme des Subtyps stx2a und seltener stx2c oder stx2d hervorgerufen.

Pathogenese

Shigatoxine binden sich an spezielle Zellmembranrezeptoren, vor allem im kapillaren Endothel, blockieren dort die Proteinsynthese und führen zum schnellen Zelltod. Zusätzlich besitzen viele EHEC eine sogenannte Pathogenitätsinsel (LEE – locus of enterocyte effacement), die für einen Typ-III-Sekretionsapparat verantwortlich ist. Mit dessen Hilfe können EHEC zelltoxische bzw. inhibierende oder modulierende Proteine – in der Art einer Injektionsnadel – direkt in die Zielzelle applizieren. Das kann zu weiteren klinisch-pathogenen Effekten führen und dadurch die Virulenz der EHEC erhöhen. Leitmerkmal für diesen Typ-III-Sekretionsapparat ist das eae-Gen. Dessen Genprodukt, das Protein Intimin, befähigt den Erreger u.a., sich eng an Darmepithelzellen anzuheften. EHEC, die kein eae-Gen besitzen, bilden mitunter andere Adhärenzsysteme aus - wodurch eine ähnliche Wirkung erzielt wird. Neben ihrer besonderen Virulenz besitzen EHEC eine relativ große Umweltstabilität und eine gute Überlebensfähigkeit in saurem Milieu.

Vorkommen

EHEC-Infektionen treten weltweit auf. Die nach IfSG registrierte Häufigkeit in Deutschland ist gegenwärtig sehr von der Inanspruchnahme labordiagnostischer Möglichkeiten abhängig.
Die Inzidenz von übermittelten EHEC-Erkrankungen ist bei Kindern unter 5 Jahren am höchsten.

Aktuelle Fallzahlen zu EHEC-Erkrankungen und weitere epidemiologische Kenngrößen finden sich 14-tägig im Statistikteil des Epidemiologischen Bulletin und im aktuellen Infektionsepidemiologischen Jahrbuch unter www.rki.de/jahrbuch. Ein vereinfachter Datenbestand der gemäß IfSG meldepflichtigen Krankheitsfälle und Erregernachweise kann mit Hilfe von SurvStat@RKI unter www.rki.de/survstat abgefragt werden.

Reservoir

Wiederkäuer, vor allem Rinder, Schafe und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer (z.B. Rehe und Hirsche) werden als wichtiges Reservoir und Hauptinfektionsquelle für EHEC beim Menschen angesehen. Vereinzelt wurde nachgewiesen, dass auch andere landwirtschaftliche Nutztiere sowie Heimtiere EHEC ausscheiden. Die Bedeutung von Nichtwiederkäuern für die Verbreitung des Erregers und für Infektionen beim Menschen wird aber als gering eingeschätzt.

Infektionsweg

EHEC-Infektionen können auf vielfältige Art und Weise übertragen werden. Dabei handelt es sich stets um die unbeabsichtigte orale Aufnahme von Fäkalspuren, wie z.B. bei Kontakt zu Wiederkäuern oder beim Verzehr kontaminierter Lebensmittel. Darüber hinaus können EHEC durch kontaminiertes Wasser (z.B. beim Baden) übertragen werden. Auch Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind im Gegensatz zu anderen bakteriellen Gastroenteritis-Erregern ein bedeutender Übertragungsweg – wahrscheinlich begünstigt durch die sehr geringe Infektionsdosis von EHEC (< 100 Erreger für EHEC O157).

In Deutschland sind gemäß einer vom RKI durchgeführten Fall-Kontroll-Studie die Übertragungswege für sporadische EHEC-Erkrankungen altersabhängig. Demnach birgt bei Kindern unter drei Jahren – der Altersgruppe mit der höchsten Meldeinzidenz für EHEC- und HUS-Erkrankungen – der direkte Kontakt zu einem Wiederkäuer (Rind, Schaf oder Ziege) das höchste Erkrankungsrisiko. Weitere Risikofaktoren sind der Konsum von Rohmilch und das Vorkommen von Durchfall bei Familienmitgliedern. Bei Kindern über neun Jahren und Erwachsenen hingegen handelt es sich wahrscheinlich in erster Linie um lebensmittelbedingte Erkrankungen, wobei insbesondere der Verzehr von Lammfleisch und von streichfähigen Rohwürsten (Zwiebelmettwurst, Streichmettwurst, Teewurst) mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko behaftet ist.

International wurden seit der Erstbeschreibung der Erreger im Jahr 1977 insbesondere durch Ausbruchsuntersuchungen eine Vielzahl von Vehikeln bzw. Übertragungswegen für menschliche EHEC-Erkrankungen nachgewiesen. In den USA beispielsweise waren über 50% der Ausbrüche lebensmittelbedingt, und Rinderhackfleisch (z.B. in Hamburgern) war das am häufigsten identifizierte Lebensmittel. Aber auch andere Lebensmittel wie Salami, Mettwurst, Rohmilch, nicht pasteurisierter Apfelsaft und roh verzehrtes grünes Blattgemüse (z.B. Sprossen, Spinat, Blattsalate) waren für Ausbrüche verantwortlich, wie epidemiologische und mikrobiologische Untersuchungen gezeigt haben.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit beträgt ca. 2 bis 10 Tage (durchschnittlich 3 bis 4 Tage). Diese Erkenntnisse beruhen im Wesentlichen auf Untersuchungen zu EHEC der Serogruppe O157. Symptome EHEC-assoziierter HUS-Erkrankungen beginnen ungefähr 7 Tage (5 bis 12 Tage) nach Beginn des Durchfalls.

Dauer der Ansteckungs­fähigkeit

Solange EHEC-Bakterien im Stuhl ausgeschieden werden, ist eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung prinzipiell möglich. Angaben zur durchschnittlichen Dauer der Keimausscheidung liegen nur für die Serogruppe O157 vor und variieren deutlich von einigen Tagen bis zu mehreren Wochen. Allgemein gilt, dass der Erreger bei Kindern länger im Stuhl nachgewiesen werden kann als bei Erwachsenen. Mit einer Ausscheidungsdauer von über einem Monat bei klinisch unauffälligem Bild muss daher gerechnet werden. Die EHEC-Konzentration im Stuhl nimmt mit der Dauer der Ausscheidung ab, so dass auch das Übertragungsrisiko deutlich zurückgeht.

Klinische Symptomatik

EHEC-Infektionen können klinisch inapparent verlaufen und somit unerkannt bleiben. Die Mehrzahl der manifesten Erkrankungen tritt als unblutiger, meistens wässriger Durchfall in Erscheinung. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Abdominalschmerzen, seltener Fieber. Bei 10–20% der Erkrankten entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis mit krampfartigen Abdominalschmerzen, blutigem Stuhl und teilweise Fieber. Säuglinge, Kleinkinder, alte Menschen und abwehrgeschwächte Personen erkranken häufiger schwer. Gefürchtet ist das vor allem bei Kindern vorkommende HUS, das durch die Trias hämolytische Anämie, Thrombozytopenie und Nierenversagen bis zur Anurie charakterisiert ist. Diese schwere Komplikation tritt in etwa 5–10% der symptomatischen EHEC-Infektionen auf und ist der häufigste Grund für akutes Nierenversagen im Kindesalter. Hierbei kommt es häufig zur kurzzeitigen Dialysepflicht, seltener zum irreversiblen Nierenfunktionsverlust mit chronischer Dialyse. In der Akutphase liegt die Letalität des HUS bei ungefähr 2%.

Diagnostik

Eine EHEC-Infektion sollte bei jeder akuten Gastroenteritis im Kindesalter differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Dies gilt, unabhängig vom Alter, auch für Ausbrüche von Gastroenteritis (zwei oder mehr Erkrankungen, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird). In folgenden Situationen besteht stets die Indikation zur mikrobiologischen Untersuchung einer Stuhlprobe auf EHEC:

  • Diarrhoe und eine der folgenden Bedingungen:
    a) wegen Diarrhoe hospitalisierte Kinder bis zum 6. Lebensjahr
    b) sichtbares Blut im Stuhl
    c) endoskopisch nachgewiesene hämorrhagische Kolitis
    d) Patient ist direkt mit Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln befasst oder arbeitet in Küchen von Gaststätten oder sonstigen Einrichtungen mit/zur Gemeinschaftsverpflegung (§ 42 Abs. 1 Nr.3 lit. a und b IfSG)
  • HUS
  • Kontaktpersonen von Patienten mit HUS
  • pädiatrische Patienten mit akutem Nierenversagen

Empfehlungen zur Labordiagnostik von EHEC-Infektionen

Das wichtigste diagnostische Merkmal ist der Nachweis der Shigatoxine bzw. der Toxingene stx1 und/oder stx2. Der Toxingennachweis soll mittels PCR (konventionell oder RT-PCR) aus Kolonieabschwemmung oder Stuhlanreicherung erfolgen; dabei sollen PCR-Assays verwendet werden, mit denen eine Unterscheidung von stx1 und stx2 möglich ist. der Toxinnachweis soll mittels ELISA (EIA) aus der E.-coli-Kultur erfolgen (der Nachweis von Shigatoxin mittels ELISA direkt aus dem Stuhl ist zu unspezifisch).

Die weitergehende Charakterisierung der Erreger mittels Serotypisierung und/oder Genomsequenzierung ist, für epidemiologische Fragestellungen, insbesondere Ausbruchserkennung, dringend wünschenswert. Deshalb soll eine Erregerisolierung angestrebt und das Isolat an eines der unten aufgeführten spezialisierten Laboratorien eingeschickt werden. Bei HUS sollte zusätzlich eine Untersuchung des Serums auf LPS-Antikörper gegen E. coli O157 u. a. erfolgen.

Therapie

Die Behandlung der Krankheitssymptome erfolgt symptomatisch. Eine Antibiotika-Therapie kann die Bakterien­ausscheidung verlängern und zur Stimulierung der Toxin­bildung führen und ist daher nur selten und unter bestimmten Voraussetzungen angezeigt. Das RKI verweist hierzu auf die Empfehlungen der entsprechenden Fachgesellschaften. Bei Vorliegen eines HUS werden in der Regel forcierte Diurese und bei globaler Niereninsuffizienz Hämo- oder Peritonealdialyse angewendet. Bei atypischen Verlaufsformen (insbesondere bei extrarenaler Manifestation des HUS) wird eine Plasmatherapie empfohlen. Der Nutzen dieser Therapieform müsste noch durch Studien untermauert werden. Bei Patienten, bei denen die von-Willebrand-Faktor-spaltende Protease ADAMTS13 (VWF-CP) erniedrigt ist bzw. bei denen Antikörper gegen die VWF-CP vorliegen, ist eine immunsuppressive Therapie empfohlen. Die Behandlung sollte in spezialisierten Zentren erfolgen.

Infektionsschutz und Hygienemaßnahmen

1. Präventive Maßnahmen

Besonderes Augenmerk sollte auf Maßnahmen zur Vermeidung von EHEC-Infektionen durch Tierkontakt gelegt werden. Für Streichelzoos oder Bauernhöfe mit Publikumsverkehr gelten spezielle Empfehlungen (Epid. Bull. 1/2005). Der wesentliche Aspekt hierbei ist die enge Supervision von Kindern; Finger sollten nach Tier- oder Bodenkontakt nicht in den Mund gesteckt, sondern gründlich mit warmem Wasser und Seife gereinigt werden. Speisen und Getränke sollten nur außerhalb der Tierkontaktzonen eingenommen werden.

Weitere Präventionsmaßnahmen betreffen die Vermeidung von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen (siehe unter 2.) und den sicheren Umgang mit Lebensmitteln. Im Besonderen sollten rohe Lebensmittel tierischer Herkunft und andere leicht verderbliche Lebensmittel (z.B. Fleisch, Mettwurst, Wurstaufschnitt, Milch und Milcherzeugnisse, Feinkostsalate) stets bei Kühlschranktemperatur gelagert werden. Bei der Zubereitung von Lebensmitteln (insbesondere Fleisch) sollte beachtet werden, dass die Speisen gut durchgegart sind (Kerntemperatur mindestens 70°C für 10 min). Zudem sollten Fleisch und andere rohe Lebensmittel zur Vermeidung von Kreuzkontaminationen möglichst nicht zeitgleich mit anderen, unmittelbar zum Verzehr bestimmten Lebensmitteln, auf keinen Fall jedoch unter Verwendung derselben Arbeitsgeräte und Arbeitsflächen zubereitet werden, solange letztere nicht vor Weiterverwendung gründlich gereinigt wurden. Die Hände sollten zwischenzeitlich ebenfalls gewaschen werden.

Milch sollte nicht in rohem Zustand, sondern nur nach Wärmebehandlung verzehrt werden. Die Abgabe von Rohmilch, Rohrahm oder nicht ausreichend erhitzter Milch an Verbraucher ist in Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung rechtlich untersagt. Deren Verarbeitung (z.B. zu Milcherzeugnissen) ist in diesen Einrichtungen zwar rechtlich zulässig, aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes wird jedoch davon abgeraten. Insbesondere Kinder und ältere Menschen sollten Lebensmittel tierischer Herkunft grundsätzlich nur durchgegart oder nach Anwendung eines anderen Bakterien abtötenden Verfahrens zu sich nehmen. In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass sich auch Schwangere und immunsupprimierte Personen daran halten sollen. Auf den Genuss von Lebensmitteln tierischer Herkunft, die weder bei der Herstellung noch vor dem Verzehr erhitzt oder einem anderen Bakterien abtötenden Verfahren unterzogen werden können, z.B. frische Mettwurst oder Rohmilchkäse, sollten diese Personen (auch wegen der Möglichkeit anderer bakterieller Kontaminanten) verzichten. Wenn nicht bekannt ist, ob es sich im konkreten Fall um ein Rohfleischerzeugnis bzw. um ein Rohmilchprodukt handelt, sollten entsprechende Informationen eingeholt werden.

2. Vermeidung der Weiter­verbreitung – Maßnahmen für Patienten, Ausscheider und Kontaktpersonen

In Krankenhäusern, Pflegeheimen und anderen Einrichtungen des Gesundheits­wesens

Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung von EHEC beruhen neben der Beachtung der Lebensmittelhygiene (s. hierzu die entsprechenden Hinweise des Bundesinstituts für Risikobewertung) auf vier Säulen:

  • strikte Einhaltung der Händehygiene und weiterer Maßnahmen der Standardhygiene,
  • Isolierung der Patienten,
  • regelmäßige Desinfektion aller Handkontaktflächen und des Sanitärbereiches,
  • hygienischer Umgang mit kontaminierter Wäsche.

Die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention enthalten wichtige Aussagen zur:

  • Händehygiene
  • Flächendesinfektion.

Die Dokumente sind unter www.rki.de, Rubrik Infektionsschutz, Stichwort Krankenhaushygiene, Unterverzeichnis Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene einzusehen. Auch auf die Empfehlung zur „Infektionsprävention in Heimen“ wird ausdrücklich hingewiesen.

Im Haushalt

Die Erreger werden mit dem Stuhl und ggf. auch mit dem Urin ausgeschieden und können bereits in geringer Anzahl zu einer Erkrankung führen. Zur Vermeidung von Sekundärinfektionen ist die strenge Einhaltung von Hygienemaßnahmen erforderlich. Dies bedeutet, dass insbesondere in Küche und Sanitärbereich äußerste Reinlichkeit geboten ist. Außer durch die direkte Aufnahme von verunreinigten Speisen können die Bakterien auch über die Hand oder verunreinigte Küchenutensilien übertragen werden. Dies ist besonders bedeutsam, wenn die so kontaminierten Speisen anschließend nicht erhitzt werden. Aufmerksamkeit gebührt auch dem Umgang mit entsprechend verunreinigter Bett- und Unterwäsche. 

  • Das Risiko kann daher vermindert werden, wenn Hände und Küchenzubehör vor der Zubereitung von Speisen, insbesondere solchen, die anschließend nicht gekocht werden, gründlich mit Wasser und Seife gewaschen und sorgfältig abgetrocknet werden. (Die Empfehlungen des BfR finden sich unter: www.bfr.bund.de > A–Z Index > EHEC.)
  • Mit Stuhl oder Erbrochenem kontaminierte Gegenstände, Kleidungsstücke oder Flächen sollten umgehend gewaschen oder gereinigt werden; bei Kontakten damit sollten die im Haushalt üblichen Schutzhandschuhe getragen werden.
  • Die Wäsche sollte bei Temperaturen über 60 °C mit einem Vollwaschmittel  gewaschen werden.
  • Darüber hinaus sollte die frühzeitige räumliche Trennung der erkrankten Person von den Haushaltskontakten erwogen werden. Da die Übertragung von Indexpersonen auf Kontaktpersonen häufig sehr früh im Erkrankungsverlauf stattfindet, ist diese Maßnahme umso wirkungsvoller, je frühzeitiger sie erfolgt.

Übertragungen von gastroenteritischen Infektionen im Haushalt betreffen häufig (Geschwister-)Kinder. Da sie zudem das höchste Risiko zur Ausbildung eines HUS tragen, sollte der primäre Fokus der Maßnahmen zur Vermeidung der Weiterverbreitung im Haushalt auf Kinder ausgerichtet sein. Hierbei spielt insbesondere die Zeitnähe der Maßnahmen eine wichtige Rolle.

In Schulen und anderen Gemeinschafts­einrichtungen inkl. Säuglings­heimen und Kindergärten

Gemäß § 34 IfSG dürfen Personen, die an EHEC erkrankt oder dessen verdächtig sind, in Gemeinschaftseinrichtungen keine Tätigkeiten ausüben, bei denen sie Kontakt zu den dort Betreuten haben, bzw. als in Gemeinschaftseinrichtungen Betreute die Gemeinschaftseinrichtung nicht betreten. Dies gilt auch für Haushaltsmitglieder von EHEC-Erkrankten und für Ausscheider von EHEC.

Gemäß § 34 Abs. 7 kann die für die Gemeinschaftseinrichtung zuständige Behörde im Einvernehmen mit dem Gesundheitsamt Ausnahmen von diesem Verbot zulassen, wenn Maßnahmen durchgeführt werden oder wurden, mit denen eine Übertragung der Erkrankung verhütet werden kann.

Dabei soll dabei berücksichtigt werden, dass nur stx2-positive EHEC-Stämme mit dem Risiko einer HUS-Entwicklung assoziiert sind. Personen, die mit einem nachweislich stx2-negativen, also nicht-HUS-assoziierten EHEC-Stamm infiziert sind oder waren, können in der Regel 48 Stunden nach klinischer Genesung ohne Stuhlkontrollen wieder zur Gemeinschaftseinrichtung zugelassen werden. Personen mit Nachweis eines stx2-positiven, also HUS-assoziierten EHEC oder Nachweis eines EHEC ohne stx-Gendifferenzierung, sollen dagegen erst nach zweimalig negativen Stuhlkontrollen wieder zugelassen werden. Entsprechendes gilt für Ausscheider und Kontaktpersonen. Für weitere Informationen siehe die Empfehlungen des RKI für die Wiederzulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 34 IfSG.

Die Einschränkung der Tätigkeit bzw. des Besuchs der Gemeinschaftseinrichtung gilt, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist. Das ärztliche Urteil kann das Urteil des behandelnden Arztes oder eines Arztes des zuständigen Gesundheitsamtes sein. Das ärztliche Urteil kann mündlich erfolgen. § 34 IfSG fordert keine schriftliche Bescheinigung über das ärztliche Urteil, dennoch kann diese zur Absicherung aller Beteiligten zweckmäßig sein.

In Lebensmittel­betrieben und Einrichtungen zur Gemeinschafts­verpflegung

Gemäß § 42 IfSG dürfen Personen, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind, sowie Personen, die EHEC ausscheiden, beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen bestimmter, in § 42 Abs. 2 aufgelisteten Lebensmittel nicht tätig sein oder beschäftigt werden, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen. Dies gilt auch für Beschäftigte in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung.

Hinweis auf EU-Verordnung 852/2004 über Lebensmittelhygiene
Gemäß Anhang 2 Kapitel VIII ("Persönliche Hygiene") Nr. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004, die allgemeine Lebensmittelhygienevorschriften für Lebensmittelunternehmer enthält, ist Personen, die an einer Krankheit leiden, die durch Lebensmittel übertragen werden kann, oder Träger einer solchen Krankheit sind, sowie Personen mit beispielsweise infizierten Wunden, Hautinfektionen oder –verletzungen oder Diarrhö der Umgang mit Lebensmitteln und das Betreten von Bereichen, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird, generell verboten, wenn die Möglichkeit einer direkten oder indirekten Kontamination besteht.

3. Maßnahmen bei Ausbrüchen

Bei EHEC-Ausbrüchen ist eine schnelle Identifizierung und Eliminierung der Infektionsquelle erforderlich. Bei Verdachts-, Krankheits- oder Todesfällen muss daher das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich informiert werden und auf schnellstem Weg die Meldung erfolgen. Wenn der Verdacht auf eine Infektion durch bestimmte Lebensmittel oder Tiere besteht, sollte das Gesundheitsamt die zuständige Lebensmittelbehörde und das zuständige Veterinäramt unverzüglich informieren. Umgekehrt ist es erforderlich, dass Veterinär- und Lebensmittelbehörde auch das Gesundheitsamt unverzüglich informieren, wenn sie Kenntnis von Erkrankungen bei Menschen erhalten, die im Zusammenhang mit Lebensmittelverzehr oder Tierkontakt stehen bzw. wenn Befunde aus Lebensmittel- oder Tieruntersuchungen vorliegen, die Erkrankungen beim Menschen befürchten lassen.

Gesetzliche Grundlage

Meldepflicht gemäß IfSG

Dem Gesundheitsamt wird gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG der Krankheitsverdacht, die Erkrankung sowie der Tod an enteropathischem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) sowie gemäß § 7 Abs. 1 IfSG der direkte oder indirekte Nachweis von EHEC, soweit er auf eine akute Infektion hinweist, namentlich gemeldet.

Des Weiteren ist gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 IfSG der Verdacht auf und die Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis meldepflichtig,

  • wenn die betroffene Person Umgang mit Lebensmitteln hat oder in Einrichtungen zur Gemeinschaftsverpflegung (z.B. Küchen, Gaststätten) beschäftigt ist (siehe Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen), oder
  • wenn zwei oder mehr gleichartige Erkrankungen auftreten, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird.

Die Meldungen müssen dem Gesundheitsamt spätestens 24 Stunden nach erlangter Kenntnis vorliegen.

In § 8 IfSG werden die zur Meldung verpflichteten Personen benannt (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__8.html). In § 9 IfSG ist festgelegt, welche Angaben die namentliche Meldung an das Gesundheitsamt enthalten darf (https://www.gesetze-im-internet.de/ifsg/__9.html).

Benachrichtigungspflicht gemäß IfSG

Leiterinnen und Leiter von Gemeinschaftseinrichtungen haben gemäß § 34 Abs. 6 IfSG das zuständige Gesundheitsamt unverzüglich zu benachrichtigen,

  • wenn in ihrer Einrichtung betreute oder betreuende Personen an EHEC-Enteritis erkrankt oder dessen verdächtig sind,
  • wenn in ihrer Einrichtung betreute oder betreuende Personen EHEC ausscheiden oder
  • wenn in den Wohngemeinschaften der in ihrer Einrichtung betreuten oder betreuenden Personen nach ärztlichem Urteil eine Erkrankung an oder ein Verdacht auf EHEC-Enteritis aufgetreten ist.

Übermittlung

Das Gesundheitsamt übermittelt gemäß § 11 Abs. 1 IfSG an die zuständige Landesbehörde nur Erkrankungs- oder Todesfälle und Erregernachweise, die der Falldefinition gemäß § 11 Abs. 2 IfSG entsprechen.

Die vom RKI erstellten Falldefinitionen sind auf den Internetseiten des RKI unter www.rki.de/falldefinitionen veröffentlicht.

Weitergehende Mitteilungspflichten

Es bestehen ergänzende Verordnungen in Sachsen.

Beratung und Spezialdiagnostik

Das Robert Koch-Institut führt keine individuelle medizinische Beratung zu Klinik, Therapie oder Impfungen durch. Bitte wenden Sie sich diesbezüglich an Ärzte oder Kliniken in Ihrer Nähe, bei denen möglichst eine Spezialisierung für Infektionskrankheiten besteht.

Bezüglich Fragen zu Infektionsschutz und -prävention, kontaktieren Sie bitte Ihr zuständiges Gesundheitsamt (https://tools.rki.de/plztool/).

Beratung zur Epidemiologie

Robert Koch-Institut
Abteilung für Infektionsepidemiologie
Fachgebiet 35 - Gastroenterologische Infektionen, Zoonosen und tropische Infektionen
Seestraße 10, 13353 Berlin
Ansprechpartner: Prof. Dr. Klaus Stark
Tel.: 030 18754 3432
E-Mail: Kontaktformular

Beratung zur Spezialdiagnostik

Nationales Referenzzentrum für Salmonellen und andere bakterielle Enteritiserreger
Robert Koch-Institut
Abteilung für Infektionskrankheiten
Fachgebiet 11 - Bakterielle darmpathogene Erreger und Legionellen
Burgstraße 37, 38855 Wernigerode
Ansprechpartner: Prof. Dr. Antje Flieger
Tel.: 030 18754 4522 / -4206
Fax: 030 18754 4207
E-Mail: Kontaktformular

Ansprechpartner EHEC:
Dr. Angelika Fruth
Tel.: 030 18754 4241
E-Mail: Kontaktformular

Weitere Beratung zur Spezialdiagnostik

Konsiliarlaboratorium für Hämolytisch-Urämisches Syndrom (HUS)
Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster
Robert-Koch-Str. 41, 48149 Münster
Ansprechpartner: Univ.-Prof. Dr. med. Alexander Mellmann (Leiter)
Tel.: 0251 83 55361
Fax: 0251 83 55341
E-Mail: mellmann@uni-muenster.de
Homepage: www.ehec.org

Nationales veterinärmedizinisches Referenzlabor für E. coli (NRL-EC)
Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin-Marienfelde
Diedersdorfer Weg 1, 12277 Berlin
Ansprechpartner: Dr. Elisabeth Schuh
Tel.: 030 8412 2259
Fax: 030 8412 2983
E-Mail: VTEC@bfr.bund.de

Ausgewählte Informationsquellen

  1. Heymann D. L. (ed): Control of Communicable Diseases Manual. American Public Health Association, 20th ed.2015, 158-163.
  2. Falldefinitionen des Robert Koch-Instituts zur Übermittlung von Erkrankungs- oder Todesfällen und Nachweisen von Krankheitserregern. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2000; 43:845–869. Springer-Verlag 2000 (im Internet: http://www.rki.de); aktuelle Version März 2019
  3. Händehygiene. Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 2016; 59: 230–233. Springer-Verlag 2016 (im Internet: http://www.rki.de).
  4. Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018. Robert Koch-Institut, Berlin, 2018
  5. Robert Koch-Institut: Risikofaktoren für sporadische STEC(EHEC)-Erkrankungen. Ergebnisse einer bundesweiten Fall-Kontroll-Studie. Epid Bull 2004; 50:433–436
  6. Robert Koch-Institut: Risikofaktoren für sporadische STEC-Erkrankungen: Empfehlungen für die Prävention. Epid Bull 2005; 1:1–3
  7. Tarr PI, Gordon CA and Chandler WL: Shiga-toxin-producing Escherichia coli and haemolytic uraemic syndrome. Lancet 2005; 365:1073-1086
  8. Buchholz U, Bernard H, Werber D, et al. German outbreak of Escherichia coli O104:H4 associated with sprouts. N Engl J Med 365(19);2011:1763-1770.
  9. Bielaszewska M, Mellmann A, Zhang W, Köck R, Fruth A, Bauwens A, Peters G, Karch H. Characterisation of the Escherichia coli strain associated with an outbreak of haemolytic uraemic syndrome in Germany, 2011: a microbiological study. Lancet Infect Dis. 2011, 11(9):671-6
  10. Mellmann A, Bielaszewska M, Kock R, et al.: Analysis of collection of hemolytic uremic syndro­me-associated enterohemorrhagic Escherichia coli. Emerg Infect Dis 2008;14(8):1287 – 90
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  12. Fruth A, Prager R, Tietze E, et al.: Molecular epidemiological view on Shiga toxin-producing Escherichia coli causing human disease in Germany: Diversity, preva­lence, and outbreaks. Int J Med Microbiol, 2015;305(7):697 – 704
  13. Lang C, et al.: Whole-Genome-Based Public Health Surveillance of Less Common Shiga Toxin-Producing Escherichia coli Serovars and Un­typeable Strains Identifies Four Novel O Genotypes. J Clin Microbiol 2019;57(10)
  14. Veneti L, Lange H, Brandal L, et al: Mapping of control measures to prevent secondary trans­mission of STEC infections in Europe during 2016 and revision of the national guidelines in Norway. Epidemiol Infect 2019;147:e267
  15. Werber D, Scheutz F: The importance of integrating genetic strain infor­mation for managing cases of Shiga toxin-producing E. coli infection. Epidemiol Infect 2019;147:e264
  16. Dabke G, et al.: Duration of shedding of Verocytotoxin-producing Esche­richia coli in children and risk of transmission in childcare facilities in England. Epidemiol Infect 2014;142(2):327 – 34
  17. Vygen-Bonnet S, Rosner B, Wilking H, et al. Ongoing haemolytic uraemic syndrome (HUS) outbreak caused by sorbitol-fermenting (SF) Shiga toxin-producing Escherichia coli (STEC) O157, Germany, December 2016 to May 2017. Euro Surveill. 2017;22(21) pii: 30541. doi: 10.2807/1560-7917.ES.2017.22.21.30541.

Redaktion der Reihe "RKI-Ratgeber"

Hinweise zur Reihe "RKI-Ratgeber" richten Sie bitte an das Robert Koch-Institut, Abteilung für Infektionsepidemiologie (Kontaktformular) oder an die Redaktion des Epidemiologischen Bulletins (Kontaktformular).

Stand: 01.06.2011

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